Polen (Land)


Polen (poln. Polska), Kurzform für Republik Polen (Rzeczpospolita Polska).

Inhaltsverzeichnis

1 Statistische Angaben


Lage:
Staat im östlichen Mitteleuropa, grenzt im Westen an Deutschland (Grenzlänge 467 km), im Norden an die Ostsee (440 km), im Nordosten an das zu Russland gehörende Gebiet Kaliningrad (210 km) und an Litauen (103 km), im Osten an Weißrussland (418 km) und die Ukraine (529 km) und im Süden an die Slowakische (541 km) und die Tschechische Republik (762 km). Die Fläche des Staatsterritoriums beträgt 312.683,2 km².
Einwohner (2006):
38.125.479, davon 51,7 % Frauen, 48,3 % Männer; Altersstruktur: 0-14 Jahre 15,8 %, 15-64 Jahre 70,8 %, 65 Jahre und älter 13,4 %; Bevölkerungsdichte: 121,9 Einwohner/km²; 64,0 % im arbeitsfähigen Alter (Männer 15–64, Frauen 15–59); 68,5 % Beschäftigte (von den Personen im erwerbsfähigen Alter); 14,9 % Arbeitslose; Bevölkerungsentwicklung 1950-2005: 0,75 %, 1990-2006 0,1 %; Nationalitäten (Volkszählung 2002): Polen 36.983.720 (96,7%), „Schlesier“ 173.153 (0,5 %), Deutsche 152.900 (0,4 %), Weißrussen 48.737 (0,1 %), Ukrainer 30.957 (0,1 %), 834.513 ohne Angabe u. a (2,2 %). Religionszugehörigkeit (Schätzung): ca. 92 % römisch-katholisch, ca. 1,5 % Polnische Autokephale Orthodoxe Kirche, ca. 0,5 % Zeugen Jehovas, 0,5 % Polnisch-Katholische Kirche, ca. 0,3 % Griechisch-Katholische Kirche, ca. 0,2 % Evangelisch-Augsburgische Kirche, kleinere andere protestantische Gemeinden, Buddhismus, Judaismus sowie Islam (v. a. Tataren) u. a.
Hauptstadt und größere Städte (2006):
Warschau (1.702.139), Lodz (760.251), Krakau (756.267), Breslau (634.630), Posen (564.951), Danzig (456.658), Stettin (409.068), Bromberg (363.468), Lublin (353.483), Kattowitz (314.500)
Währung: 1 Zloty (zł.) = 100 Groszy (gr.)
Wappen:
left
Ein nach rechts blickender weißer Adler mit goldener Krone und goldenen Krallen auf einem roten Schild. Die Farben Rot und Weiß tauchen Anfang des 13. Jh. in Militäruniformen auf. Die Krone symbolisiert die Zeit, als Polen ein Königreich war. Der zunächst nur dem König zustehende Adler wurde im Laufe der Zeit zum Hoheitszeichen des polnischen Staates.
Flagge:
left
Die Farben weiß (oben) und rot (unten) sind waagerecht angeordnet. Sie wurden vom polnischen Wappen übernommen. Ihre Proportionen betragen 5:8.
Hymne:
Mazurek Dąbrowskiego (Jeszcze Polska nie zginęła [„Noch ist Polen nicht verloren”]), Text von Józef Wybicki (1747-1822). Der Autor der Musik ist unbekannt.
Feiertage:
Staatliche Feiertage: 1. Januar (Neujahr), 1. Mai (Tag der Arbeit), 3. Mai (Jahrestag der ersten Verfassung Polens), 11. November (Unabhängigkeitstag); sonstige Feiertage: Ostersonntag und -montag (beweglich), 15. August (Mariä Himmelfahrt), Fronleichnam (beweglich), 1. November (Allerheiligen), 25. und 26. Dezember (katholisches Weihnachten, 1. und 2. Weihnachtsfeiertag).
Zeit: Mitteleuropäische Zeit
Staatssprache: Polnisch
Staatsform: Parlamentarisch-präsidiale Republik
Staatsoberhaupt: Präsident (derzeit Lech Kaczyński)
Regierungschef: Ministerpräsident (derzeit Donald Tusk)
Politische Parteien:
Liga Polskich Rodzin (LPR, „Liga der polnischen Familien“), Platforma Obywatelska (PO, „Bürgerplattform“), Polskie Stronnictwo Ludowe (PSL, „Polnische Bauernpartei“), Prawo i Sprawiedliwość (PiS, „Recht und Gerechtigkeit“), Samoobrona („Selbstverteidigung“), Sojusz Lewicy Demokratycznej (SLD, „Bündnis der Demokratischen Linken“).
Bruttoinlandsprodukt (2006): 340,400 Mrd. US-Dollar; pro Kopf der Bevölkerung 8925 US-Dollar
Bruttosozialprodukt (2006): 332,520 Mrd. US-Dollar; pro Kopf der Bevölkerung: 8718 US-Dollar
Auslandsverschuldung (2006): 157,448 Mrd. US-Dollar
Haushaltsdefizit (2006): 13,375 Mrd. US-Dollar (3,9 % des BIP)
Außenhandel (2006):
Import 125,645 Mrd. US-Dollar: 26,9 % Maschinen- und Transportmittel, 13,5 % Mineralstoffe und Öle, 10,6 % Metallerze und Metallerzeugnisse; Hauptlieferländer: 24,0 % Deutschland, 9,7 % Russland, 6,8 % Italien, 6,1 % China, 5,5 % Frankreich; Export 109,584 Mrd. US-Dollar: 23,5 % Maschinen- und -teile, 17,4 % Transportmittel, 11,6 % Metallerze und Metallerzeugnisse; Hauptabnehmerstaaten: 27,2 % Deutschland, 6,5 % Italien, 6,2 % Frankreich, 5,7 % Großbritannien, 5,5 % Tschechien.
Mitgliedschaften:
Central European Free Trade Association (CEFTA), EU, Europarat; European Bank for Reconstruction and Development (EBRD), International Labor Organisation (ILO), International Monetary Fund (IMF), Interpol, Inter-Parliamentary Union (IPU), International Telecommunications Union (ITU), Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), IOC, NATO, OSZE, UNESCO, United Nations Industrial Development Organisation (UNIDO), UN, Weltbank, WHO, World Trade Organisation (WTO).


Anmerkung der Redaktion: Stand der statistischen Angaben ist, wenn nicht anders vermerkt, das Publikationsdatum des Artikels.

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2 Geographie

2.1 Naturraum

P. befindet sich in Mitteleuropa zwischen der Ostsee (Morze Bałtyckie) im Norden und den Karpaten im Süden bzw. zwischen der Oder (Odra) im Westen und dem Bug im Osten. Die größte Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 649 km und die größte Ost-West-Ausdehnung 689 km. Mit einer Fläche von 312.683,15 km² ist es das neuntgrößte Land in Europa. Es nimmt den Ostteil des Mitteleuropäischen Tieflands(Równina Środkowoeuropejska) ein und ist mit Ausnahme des Höhen- und Gebirgsgürtels im Süden ein niedrig gelegenes Land. Der Anteil der Tiefebenen mit Höhen bis 300 m ü. d. M. beläuft sich auf 91,3 % der gesamten Landesfläche, bei Hochebenen zwischen 300 und 500 m ü. d. M. sind es 5,6 % und lediglich 3,1 % nehmen Gebirge mit Höhen über 500 m ü. d. M. ein. Die mittlere Höhe über dem Meeresspiegel beträgt zwar landesweit nur 173 m, dennoch ist die Reliefbeschaffenheit vielgestaltig: Es wechseln Moränenlandschaften, Sanderflächen, größere Flusstäler sowie Hochflächen und Schichtstufenländer wie die Heiligkreuzberge bei Kielce. Die für die über 520 km lange Ostseeküste typische Landschaft ist ausgedehnter Strand mit fast weißem Sand, Dünen, Nehrungen und Uferseen. Daran schließt sich das von den pleistozänen Eisvorstößen geprägte Tiefland an. Es erstreckt sich von der Ostseeküste bis zur Oder bei Breslau (Wrocław) und zur Weichsel (Wisła) bei Krakau (Kraków). In P. gibt es ca. 9300 vorwiegend postglaziale Seen mit einer Fläche über 1 ha. Parallel zur Küste befindet sich die Pommersche Seenplatte (Pojezierze Pomorskie), an die sich südlich die Großpolnische Seenplatte (Pojezierze Wielkopolskie) anschließt. Im Osten liegt die Masurische Seenplatte (Pojezierze Mazurskie). Die kleine Mittelgebirgszone im Süden des Landes gliedert sich in die aus mehreren Höhenzügen bestehenden Sudeten im Westen u. a. mit dem Riesengebirge (Karkonosze) und der Schneekoppe (Śnieżka, 1602 m) und in die Beskiden im Osten, welche geologisch zum Karpatenbogen gehören. Deren östlichster Teil im äußersten Südosten P. s sind die westlichen Teile der Ostbeskiden (Bieszczady), eine waldreiche und heute sehr dünn besiedelte Region. In den Beskiden befindet sich das Massiv Babia Góra (1.725 m). Zu den Karpaten gehört auch die Hohe Tatra, P. s einziges Hochgebirge mit dem höchsten Gipfel, der 2.499 m hohen Meeraugspitze (Rysy) sowie 19 weiteren Bergen über 2000 m.

99,7 % des gesamten Territorium P.s gehört zum Wassereinzugsgebiet der Ostsee: 55,7 % entfallen auf das Einzugsgebiet der Weichsel, 33,9 % der Oder, 9,3 % unmittelbar auf die Ostsee und 0,8 % auf die Memel (litau. Nemunas, russ. Neman, weißruss. Nëman; poln. hist. Niemen). Längster Fluss ist die Weichsel mit 1047 km. Weitere bedeutende Flüsse sind die Oder mit 854 km, davon 742 km in P., die Warthe (Warta) mit 808 km sowie die Flüsse Bug mit 772 km (davon 587 km in P.) und Narew mit 484 km (davon 448 km in P.). 0,2 % des Landesgebiets gehören zum Wassereinzugsgebiet der Nordsee und 0,1 % – des Schwarzen Meeres. Viele polnische Flüsse sind nicht bzw. nur z. T. reguliert, so dass sie einen günstigen Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bieten. Die aus biologischer Sicht wertvollsten Fluss- und Auegebiete bilden u. a. die Flüsse Biebrza, Weichsel, Oder und Narew. In P. sind 29,5 % der Fläche bewaldet (2006). Während in den Seenplatten im Westen Buchenwälder dominieren, wachsen im Osten dichte Fichtenmischwälder und im südlichen P. sind Eichenmischwälder verbreitet. Im Bereich der wasserarmen Kalk- und Sandtafeln Mittelost- und Ostp.s gibt es Elemente von Steppenvegetation, wie z. B. Trockenrasen. Im Grenzraum von P. zu Weißrussland existieren Relikte eines mitteleuropäischen Urwaldes (Puszcza Białowieska). Hier gelang es, den Wisent wieder auszuwildern. Zur Tierwelt gehören u. a. Rot-, Reh- und Schwarzwild wie auch Wölfe, Luchse, Braunbären und Gämsen (in höheren Gebirgslagen). Nennenswert sind außerdem große Storchpopulationen (v. a. Weißstorch). 32,1 % der Landesfläche werden in 23 Nationalparks (3172,3 km²), 120 Landschaftsparks, 449 Naturparks sowie 1395 Naturschutzgebieten (2006) u. a. geschützt.

In P. herrscht gemäßigtes Klima mit charakteristischen Übergangsmerkmalen vom Seeklima bis zum Kontinentalklima. Kennzeichnend sind warme Sommer und kalte Winter. Während in Westp. an der Oder der Winter im Jahr durchschnittlich 65 Tage dauert, sind es in Białystok im Nordosten im Schnitt 115 Tage. Die Niederschlagsverteilung ist sehr unterschiedlich. Sie schwanken im Jahresverlauf zwischen 500–550 mm in Großpolen (Wielkopolska) sowie Kujawien (Kujawy) und 1500–2000 mm und mehr im Gebirge. Die Durchschnittstemperaturen liegen im Januar tlw. unter –5 °C im Nordosten und im Südosten und bei 0–1 °C an der Westküste sowie zwischen 16 °C in der Tatra als auch an der Küste und 18 °C in Kleinpolen (Małopolska) und Masowien (Mazowsze) im Juli.

P. ist reich an Bodenschätzen, von denen über 70 Arten abgebaut werden. Die wichtigsten Vorkommen befinden sich in Oberschlesien (Górny Śląsk) und westliches Kleinpolen (Steinkohle, Blei, Zink), in Polesie Lubelskie (Steinkohle östlich von Lublin) und Niederschlesien (Dolny Śląsk; Steinkohle bei Waldenburg [Wałbrzych], die jedoch nicht mehr gefördert wird, Braunkohle, v. a. im Zittauer Becken sowie Kupfer bei Legnica [Leignitz]) und bei Bełchatów (Braunkohle), um Tarnobrzeg (Schwefel) und bei Bochnia und Wieliczka sowie bei Inowrocław in Kujawien (Steinsalz). In der letzten Zeit spielt die Salzgewinnung aus dem Meereswasser im Putziger Wiek (Zatoka Pucka) eine immer größere Rolle. 2006 wurden u. a. 95.158 Tsd. t Stein- und 60.762 Tsd. t Braunkohle, 25,4 Mio. t Kupfer, 4,5 Mio. t Zink und Blei, 3,9 Mio. t Steinsalz sowie 5647 Mio. m³ Erdgas gefördert.

Etwa die Hälfte des Landes ist durch eine intensive ackerbaulich geprägte Nutzung gekennzeichnet. Jedoch ist seit Jahrzehnten eine Reduzierung der Ackerbau- und Weideflächen zu beobachten (von 65,5 % der Landesfläche 1960 auf 50,9 % 2005). Die Umweltsituation weist regionale Unterschiede auf. Neben stark kontaminierten Gebieten besitzt P. ausgedehnte Territorien mit weitgehend gut erhaltener Natur, die unter gesetzlichem Schutz steht. Die partiell hohe Schwermetallbelastung der Böden ist zu großen Teilen durch Industrieemissionen verursacht worden. In den Gebirgsregionen, v. a. in den Sudeten, kam es infolge der hohen Säurelast in Böden und Gewässern zu einem massiven Waldsterben sowie einer verstärkten Bodenerosion. Dies war eine entscheidende Ursache für die verheerenden Ausmaße des Hochwassers von 1997. Seit Beginn des Transformationsprozesses weisen die Emissionen jedoch u. a. durch Stilllegung unrentabler Produktionsanlagen und durch den Einbau von modernen Filteranlagen eine fallende Tendenz auf. Der Anteil physikalisch-chemisch übermäßig belasteter Fließgewässer sank in P. von 35,8 % 1990 auf 12,6 % im Jahr 2003. 2006 haben nur 2,2 % der Flüsse die Wasserqualitätsklasse 2 (=gut) erreicht. Die schlechteste Wasserqualitätsklasse (5) wurde für 19,4 % der Flüsse bescheinigt. Infolge des wirtschaftlichen Strukturwandels und der Übernahme sowie der Durchsetzung der Umweltstandards der EU ist in den letzten Jahren eine deutliche Verbesserung des Umweltzustands zu verzeichnen. Dennoch gibt es weiterhin zahlreiche ökologisch gefährdete Regionen, welche ca. 11% der Landesfläche einnehmen. Zu diesen zählen u. a. das Oberschlesische Industriegebiet und das benachbarte Industriegebiet um Rybnik, der Raum Stettin (Szczecin) bis zum Oderhaff, die Umgebung der Braunkohletagebaugebiete Konin und Umgebung sowie Turoszów (Worek Turoszowski) bei Bogatynia an der Grenze zu Deutschland und Tschechien wie auch das Iser- (Góry Izerskie) und Riesengebirge. Die Ballungsräume Krakau und Warschau (Warszawa) gehören ebenfalls zu den ökologisch gefährdeten Gebieten.

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2.2 Bevölkerung

In P. leben 38.125.479 Einwohner (Ende 2006). Während seit 1948 ein vergleichsweise hoher natürlicher Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen war, sind seit Mitte der 1980er Jahre fast kontinuierlich sinkende Geburtenraten festzustellen (1980: 16,9 Geburten pro 1000 Einwohner; 1990: 14,4; 2006: 9,8). Seit Ende der 1990er Jahre entspricht die Geburtenrate etwa der Sterberate, so dass die natürliche Bevölkerungsentwicklung stagniert. 2002–2005 war sogar einen Sterbeüberschuss zu verzeichnen. Seit 2003 steigt die Geburtenrate allerdings wieder leicht an, so dass es 2006 wieder eine natürliche Bevölkerungszunahme gab. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt bei Frauen 79 und bei Männern 71 Jahre (2006). Der Anteil der jüngeren Altersgruppen geht zurück, so dass sich P.s demographische Entwicklung der Tendenz in westlichen Industrienationen annähert. 61,3 % der Bevölkerung des Landes lebt in Städten (2006), wobei sich das Verhältnis zwischen Stadt- und Landbevölkerung von 1945 bis heute von etwa 1:2 in das Verhältnis 2:1 umgekehrt hat. V. a. in Kleinpolen (Karpatenvorland) ist der Anteil der Stadtbevölkerung deutlich niedriger (unter 40 %). Den höchsten Anteil der Stadtbevölkerung weist die Woiwodschaft Schlesien auf.

Die durchschnittliche Familien- bzw. Haushaltsgröße ist rückläufig, die Zahl der Einpersonen-Haushalte nimmt besonders in den Städten zu. Die Bevölkerungsdichte beträgt im Durchschnitt 121,9 Ew./km², es gibt jedoch beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Landesteilen. Am dichtesten (über 500 Ew./km²) sind Oberschlesien sowie die Ballungsräume von Warschau und Lodz (Łódź), am schwächsten (um 50 Ew./km²) die nordostpolnische Woiwodschaft Podlachien sowie Teile der Masuren und Pommerns besiedelt. Ca. 60 % der Bevölkerung leben auf nur 50.000 km². Zahlreiche periphere ländliche Gebiete sind Depopulationsgebiete, sie sind von einem ständigen Wanderungsverlust betroffen. Zu ihnen zählen v. a. Gemeinden in Zentral- und Ostp.

P. ist ethnisch betrachtet ein sehr homogener Staat. Das war jedoch bis zum Zweiten Weltkrieg nicht der Fall. Laut der Angaben über die Muttersprache und Religion der Volkszählung von 1931 waren es damals 68,9 % Polen, ca. 14 % Ukrainer, 9,8 % Juden, ca. 4 % Weißrussen und 2,3 % Deutsche. Diese Situation änderte sich dramatisch infolge der deutschen, nationalsozialistischen Besatzung ab 1939. Ca. ein Sechstel aller polnischen Staatsbürger wurde ermordet, darunter fast die gesamte jüdische Bevölkerung, die Besatzer nahmen auch zahlreiche Aus- und Umsiedlungsaktionen und Vertreibungen vor. Durch die Westverschiebung der polnischen Grenze nach 1945, Flucht und Vertreibung u. a. der deutschen Bevölkerung änderte sich die demographische Lage erheblich. Die vormals deutschen Gebiete mussten z. T. vollständig neu besiedelt werden, zumeist durch Polen, die aus den östlichen Landesgebieten vertrieben worden waren sowie im Zusammenhang mit der „Aktion Weichsel“ durch Ukrainer, die zuvor v. a. im Südosten P.s lebten (der Schwerpunkt der Ukrainischen Besiedlung lag im Norden des ehemaligen Reichsgebiets). Über 40 % der Einwohner P.s wohnen nicht in ihrem Geburtsort. Heute entfallen auf die Titularnation 96,7 % der Bevölkerung. Zu den ethnischen Minderheiten zählen laut der letzten Volkszählung (2002) „Schlesier“, die jedoch nicht als Nation sondern als ethnische (Unter)gruppe der Polen gelten (173.153), Deutsche (152.900), Weißrussen (48.737), Ukrainer (30.957), Roma (12.855), ferner u. a. Russen (6103), Lemken (5863), Litauer (5846), Kaschuben (5062), Slowaken (2001), Juden (1133), Armenier (1082), Tschechen (831), Tataren (495) und Karäer (45). Angesichts des Assimilationsdrucks und der Tatsache dass insgesamt über 774.885 Personen (2,1 %) keine Angaben gemacht wurden, dürften mehr Einwohner nichtpolnischer Abstammung sein (v. a. ukrainischer, weißrussischer und kaschubischer). Die deutsche Minderheit lebt v. a. in der Woiwodschaft Oppeln und die weißrussische in der Woiwodschaft Podlachien nahe Białystok. Außerdem leben in P. Nachkommen von griechischen Flüchtlingen aus dem Bürgerkrieg von 1946-49 sowie ausländische Staatsangehörige. Seit 1992 haben 68.198 Ausländer ein ständiges Aufenthaltsrecht bekommen, darüber hinaus gibt es ca. 50–80 Tsd. Personen mit einem eingeschränkten Aufenthaltsrecht in P. Zu den häufigsten Ausländergruppen gehören Ukrainer, Weißrussen, Russen, Armenier, Vietnamesen, Deutsche, Chinesen, Bulgaren, Kasachen und Inder. Darüber hinaus wurden 1997-2005 in P. 5924 Repatrianten aus den Ländern der ehemaligen UdSSR (v. a. Kasachstan und der Ukraine) aufgenommen. 2000-2005 wurde 10.129 Personen die polnische Staatsangehörigkeit verliehen.

Die Bevölkerung P.s gehörte seit dem 18. Jh. zu den bedeutendsten europäischen Auswanderungsländern und nach dem Zweiten Weltkrieg zu den mobilsten in Europa. Doch in den 1950er Jahren wurde dieser Trend bis etwa Ende der 1990er gestoppt, als im Zuge von Lockerungen der Ausreisebestimmungen eine Auswanderungswelle aus den westlichen Gebieten, die sich bis 1937 innerhalb des Deutschen Reiches befanden (insbesondere aus Oppelner Schlesien und Oberschlesien), in die BRD einsetzte. Diese Welle ebbte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre ab. Eine neue Auswanderungswelle begann kurz vor dem Beitritt P.s in die EU und betraf v. a. jüngere und besser gebildete Bevölkerungsschichten.

Die Diaspora (genannt „Polonia“) beträgt über 20 Mio. Polen und Personen polnischer Abstammung. Sie leben u. a. in den USA (ca. 9 Mio.), Deutschland (361.696 polnische Staatsangehörige 2006 sowie 1,44 Mio. Aussiedler nach 1950, davon 673 Tsd. nach 1985, die zumindest polnisch sozialisiert waren, Ruhrpolen u. a.), Kanada (820 Tsd.), Großbritannien (254 Tsd.), Australien (164 Tsd.), Frankreich (ca. 100 Tsd.), Russland (73 Tsd.), Irland (ca. 70 Tsd.), Österreich (55 Tsd.), Niederlanden, Schweden, Spanien (jeweils ca. 50 Tsd.), Kasachstan, Tschechien, Norwegen, Dänemark, Argentinien, Brasilien, Neuseeland und Südafrika. Die Auslandspolen haben für das Mutterland eine große Bedeutung, bleiben doch viele durch familiäre Kontakte, privates Wirtschaftsengagement und finanzielle Transferleistungen an Verwandte und Bekannte bzw. gesellschaftlichen Organisationen ihrer Heimat verbunden. In den östlichen Nachbarländern gibt es polnische Minderheiten, die seit Jahrhunderten dort leben, so in Weißrussland (396 Tsd.), Litauen (235 Tsd.), der Ukraine (144 Tsd.) und Lettland (57 Tsd.). Schätzungen weichen von diesen Zahlen allerdings erheblich ab. Die in den übrigen ehemaligen Sowjetrepubliken lebenden Polen sind zum großen Teil Nachkommen der v. a. nach Sibirien und in die kasachischen Steppen Verbannten. Polnische Verbannte gab es seit Beginn des 17. Jh. Zu den ersten gehörten die Kriegsgefangenen. Nach weiteren Auseinandersetzungen mit Russland kam es zu weiteren Verbannungswellen, insbesondere jedoch nach den Aufständen im russischen Teilungsgebiet.

Eine große Bedeutung besitzt die saisonale Erwerbsmigration der Bevölkerung ins westliche Ausland, z. B. nach Großbritannien, Irland, Deutschland und Spanien. Seit Ende der 1989 haben über 1,5 Mio. polnische Staatsbürger das Land verlassen. Die polnische Sprache ist in P. Amtssprache, wobei in einigen Gemeinden die deutsche, die kaschubische und die litauische Sprache Hilfsamtssprachen sind. Die Erhaltung und Verwendung der Sprachen der ethnischen Minderheiten ist gesetzlich geschützt.

Mit 34,16 Mio. Gläubigen (2005) ist die römisch-katholische Kirche die mit Abstand größte Konfession. Sie ist in 14 Erzbistümer und 45 Diözesen unterteilt. 29.490 Geistliche betreuen die Gläubigen in ca. 10.016 Pfarrbezirken. Nach dem Ende des Sozialismus konnte die katholische Kirche ihren Einfluss im Bildungs- und Sozialwesen erheblich ausbauen. An 69 kirchlichen Hochschulen und Universitäten studieren ca. 100.000 Menschen. Zudem gibt es mehr als 1.200 katholische Grundschulen sowie über 400 mittlere und weiterführende Schulen. Religiöse Minderheiten gehören der Polnischen Autokephalen Orthodoxen Kirche (506.800), verschiedenen protestantischen Kirchen (ca. 160.000, davon 77,5 Tsd. Evangelisch-Augsburger Kirche), den Zeugen Jehovas (127.729), der Griechisch-Katholischen Kirche (53 Tsd.), der Polnisch-Katholischen Kirche (19.137), dem Judentum, Islam, sowie weiteren Religionsgemeinschaften an. Orthodoxe Christen sind v. a. die in P. lebenden Weißrussen und Ukrainer, die protestantische Kirche hingegen besitzt die meisten Gläubigen in den Gebieten, in denen es deutsche Kolonisation gegeben hat (Ermland und Masuren, westliche Beskiden).

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2.3 Staat und Gesellschaft

1989/90 vollzog sich in P. ein politischer Wandel, der grundlegende wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen nach sich zog. Es sollte jedoch acht Jahre dauern, bis am 2.4.1997 die beiden Kammern der Nationalversammlung (Sejm und Senat) als die oberste Vertretung des Volkes die neue demokratische Verfassung annahm, welche die Bevölkerung am 25.5.1997 in einem zur Ratifizierung notwendigen Referendum bestätigte. Ursache für diesen langen Zeitraum waren die stark divergierenden politischen Ansichten der handelnden Akteure. Die Verfassung trat schließlich am 17.10.1997 in Kraft und ersetzte die bis dahin geltende vorläufige, sog. Kleine Verfassung aus dem Jahre 1992, welche eine modifizierte Version der Verfassung vom Jahr 1952 darstellte. Die geringe Teilnahme beim Referendum (42,9 % der Bevölkerung) und die äußerst knappe Mehrheit von 52,7 % der abgegebenen Stimmen signalisierten jedoch, dass die Verfassung die Gesellschaft polarisierte. Die jahrelange Verfassungsdiskussion war von zwei Grundfragen bestimmt: Sollte P. ein präsidentielles oder ein parlamentarisches Regierungssystem erhalten und wie viel Einfluss darf die katholische Kirche auf Staat und Gesellschaft ausüben. Letzteres war von besonderer Bedeutung, denn die katholische Kirche genießt bei einem großen Teil der Bevölkerung als Symbol für die Einheit der Nation eine hohe moralische Autorität, die sie sich besonders während der Zeit der Teilungen und in der kommunistischen Periode erworben hat. Die starke politische Polarisierung findet ihren Ausdruck im Kompromisscharakter der Verfassung, der sich besonders in der sehr ausführlichen Präambel zeigt. Diese bezieht sich zum einen auf Gott als „Quelle der Wahrheit, Gerechtigkeit, des Guten und der Schönheit“ sowie das christliche Erbe des Volkes und zum anderen auf universelle, allgemeinmenschliche Werte.

Die polnische Verfassung garantiert die Würde des Menschen, seine Rechte und Freiheiten, so z. B. die Gewissens- und Religionsfreiheit. P. ist demzufolge ein Rechtsstaat, der den Prinzipien der Gewaltenteilung, der Demokratie und der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet ist P. bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft als Grundlage der Wirtschaftsordnung. Bemerkenswert ist, dass der Umweltschutz in der Verfassung verankert ist. Das deklarierte Ziel der Staatspolitik ist Vollbeschäftigung. Der Staat verpflichtet sich darüber hinaus, dem Wohl der Familie zu dienen und der Obdachlosigkeit entgegenzuwirken, wobei diese Staatsziele nicht einklagbar sind.

Die neue Verfassung konkretisierte und reduzierte die Machtbefugnisse des Staatspräsidenten, wohingegen die Kompetenzen des Parlaments erweitert worden. Die Verfassung sieht ein parlamentarisch-präsidentielles Mischsystem vor, wobei jetzt nicht mehr der Staatspräsident, sondern das Parlament und die Regierung eine dominante Position hinsichtlich der Staatsleitung einnehmen. Zur Regelung von Fragen, die für den Staat von besonderer Bedeutung sind, kann eine landesweite Volksabstimmung (Referendum) durchgeführt werden. Das Ergebnis ist bindend, wenn mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten an ihr teilnahm.

Der Staatspräsident ist der oberste Repräsentant P.s, er garantiert die Kontinuität der Staatsgewalt. Er wird vom Volk in allgemeinen und direkten Wahlen für fünf Jahre geheim gewählt. Die Kandidaten müssen das 35. Lebensjahr vollendet haben. Zur Nominierung benötigen sie im 1. Wahlgang die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Wenn keiner diese Mehrheit erhält, treten in einem 2. Wahlgang die beiden bestplatzierten Kandidaten noch einmal an. Dann reicht die relative Mehrheit der gültigen Stimmen. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Während seiner Amtszeit darf er kein anderes Amt oder eine andere öffentliche Funktion ausüben. Er ist der Oberbefehlshaber der Armee, ernennt den Chef des Generalstabs und die Befehlshaber der militärischen Truppengattungen. In Friedenszeiten übt jedoch der Verteidigungsminister die Befehlsgewalt über die Armee aus. Bei der Benennung des Premierministers kommt zunächst dem Staatspräsidenten die Initiative zu, wobei er die parlamentarischen Mehrheiten berücksichtigen muss. Der Premierminister unterbreitet daraufhin eine Kabinettsliste, die der Präsident vereidigt. Er besitzt das Recht der Gesetzesinitiative und kann vom Sejm verabschiedete Gesetze (außer zum Staatshaushalt) zurückweisen. Dieses Vetorecht hat jedoch nur aufschiebende Wirkung, da der Sejm mit einer Dreifünftelmehrheit der Abgeordneten den Präsidenten überstimmen kann. Dennoch ist das Vetorecht das stärkste Machtinstrument des Präsidenten. Den Kriegs- und Ausnahmezustand kann er nur auf Antrag des Ministerrates und mit Zustimmung des Sejms verhängen. In der Außenpolitik muss sich der Staatspräsident mit dem Premierminister und dem Außenminister inhaltlich abstimmen. Ansonsten wird die Exekutivgewalt ausschließlich von der Regierung ausgeübt. Die Verantwortung für die Regierungsbildung ist klar dem Parlament zugewiesen. Eine Trennung von Abgeordnetenmandat und Regierungsamt ist nicht vorgesehen.

Seit 1989 ist das Parlament P.s in zwei Kammern gegliedert. Die Nationalversammlung besteht zum einen aus dem Sejm mit 460 Abgeordneten und zum anderen aus dem Senat mit 100 Abgeordneten. Die Nationalversammlung tagt unter dem Vorsitz des Parlamentspräsidenten, dem Sejm-Marschall. Sie beschließt die polnische Verfassung und vereidigt den Präsidenten. Beide Kammern werden für eine vierjährige Wahlperiode gewählt.

Zu den Wahlen zum Sejm dürfen polnische Staatsbürger antreten, die das 21. Lebensjahr vollendet haben. Die Altersgrenze für den Senat liegt bei 30 Jahren. Während der Sejm in 41 Wahlkreisen (7 bis 19 Sitze pro Wahlkreis) aufgrund des Verhältniswahlrechtes gewählt wird, erfolgt die Wahl der Senatoren anteilig nach Bevölkerungszahl in den Wahlkreisen durch die relative Mehrheitswahl.

Gesetzentwürfe können der Sejm, der Senat, die Regierung, der Staatspräsident sowie per Volksinitiative 100.000 Wahlberechtigte einbringen. Der Sejm verabschiedet nach eingehender Beratung die Gesetze mit einfacher Mehrheit. Internationale Verträge, die eine Abtretung nationalstaatlicher Kompetenzen zur Folge haben, können nur mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden. Der Sejm hat 25 ständige Ausschüsse, die mit umfangreichen Kompetenzen ausgestattet sind. In den Ausschüssen sind die Fachpolitiker der Parteifraktionen vertreten. Die Regierung, bestehend aus dem Premierminister und seinen Ministern, ist dem Sejm gegenüber verantwortlich und von diesem abhängig. Die Abgeordneten können mit dem Instrument der parlamentarischen Anfragen die Regierung zur Rechtfertigung ihres Handelns auffordern. Der Sejm kann mit absoluter Mehrheit seiner Mitglieder ein konstruktives Misstrauensvotum beschließen und so eine neue Regierung bilden. Im Falle eines einfachen Misstrauensvotums gegen einzelne Kabinettsmitglieder erfolgt lediglich die Abberufung des Ministers. Der Sejm hat das Recht, sich selbst aufzulösen, sofern zwei Drittel seiner Mitglieder dafür stimmen, allerdings nicht während eines Ausnahmezustandes. Der am 25. September 2005 gewählte Sejm hat folgende Zusammensetzung: PiS 155 Sitze (27,0 % der Wählerstimmen); PO 133 Sitze (24,1 %); Samoobrona 56 Sitze (11,4 %); SLD 55 Sitze (11,3 %); LPR 34 Sitze (8,0 %); PSL 25 Sitze (6,7 %); Deutsche Minderheit 2 Sitze (0,5 %). Für die Wahl zum Sejm gilt für Parteien eine 5-Prozent-Hürde (sowie eine 8-Prozent-Hürde für Listenverbindungen). Nationale Minderheiten sind von diesen Regelungen befreit.

Die Amtsperiode des Senats, der zweiten Kammer, ist an die des Sejms gekoppelt. Die Senatoren fungieren als Repräsentanten der Woiwodschaften. Der Senat hat das Recht, alle vom Sejm angenommenen Gesetzentwürfe zu überprüfen, sie innerhalb von 30 Tagen anzunehmen, gegebenenfalls Änderungsvorschläge zu unterbreiten oder sie mit einfacher Mehrheit abzulehnen. Änderungen oder die Ablehnung eines Gesetzes kann der Sejm mit einer absoluten Stimmenmehrheit zurückweisen. Während der Abstimmung muss mindestens die Hälfte der Abgeordneten anwesend sein. In der politischen Diskussion wurde in den letzten Jahren wiederholt die Abschaffung des Senats erwogen.

Seit 1989 waren alle Regierungen instabil. Dies lag zum einen an der Unfähigkeit der fragmentierten Fraktionen, dauerhafte Mehrheiten zu bilden, zum anderen aber auch an persönlichen Konflikten und Kompetenzstreitigkeiten zwischen Staatspräsident, Regierung und Parlament. In jeder Wahl wurde bis heute die regierende Koalition abgewählt. Lediglich die Amtszeiten von drei Premierministern wurden durch reguläre Parlamentswahlen beendet. Nur ein Premierminister, Jerzy Buzek, überstand eine ganze Legislaturperiode. Alle bisherigen Staatspräsidenten waren in ihren Amtszeiten teilweise mit Premierministern konfrontiert, die einer anderen politischen Partei angehörten. Kennzeichnend für das Wählerverhalten in P. ist eine seit vielen Jahren zu beobachtende hohe Wahlabstinenz. Das Parteiensystem bildete sich relativ spät heraus. Nachdem die bis 1989 staatstragende Polska Zjednoczona Partia Robotnicza (PZPR) ihre führende Rolle im Staat einbüßte und sie sich selbst auflöste, entwickelte sich in P. zunächst ein breites politisches Spektrum. Das Parteiensystem erwies sich jedoch als sehr fragil. Geprägt war es besonders durch die Spaltung in postkommunistische und Post-Soldarność-Parteien, wobei sich diese Konfliktlinie nicht am klassischen Links-Rechts-Schema orientierte. Politische Debatten entzündeten sich v. a. um den Umgang mit der kommunistischen Vergangenheit, die Rolle der katholischen Kirche im öffentlichen Leben, die Identität der Gesellschaft (weltoffen oder national-katholisch) sowie um die Integration in die EU. Derzeit scheint sich das Parteiensystem etwas stabilisiert zu haben, aber es ist erneut eine gewisse Umgruppierung der politischen Akteure zu beobachten. Wichtige politische Parteien sind gegenwärtig die liberal-konservative PO mit Donald Tusk und Jan Rokita, die national-konservative und stark antikommunistisch geprägte PiS um die Zwillingsbrüder Jarosław und Lech Kaczyński, das neue Wahlbündnis Lewica i Demokraci (LiD, „Die Linken und Demokraten“; u. a. SLD und Partia Demokratyczna – demokraci.pl [Demokratische Partei – demokraci.pl]), in dem der ehemalige Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski eine führende Rolle spielen könnte, die radikal-populistische Bauernpartei Samoobrona um Andrzej Lepper, die national-klerikale, antiwestliche und bisweilen antisemitische Ansichten vertretende LPR um Roman Giertych sowie die traditionelle Bauernpartei PSL.

Die einst machtvolle Gewerkschaftsbewegung hat in den letzten Jahren insgesamt beträchtlich an Bedeutung eingebüßt. Der Organisationsgrad ging stark zurück. An Mitgliedern etwa gleich stark sind die einst der PZPR nahe stehende und später in der SLD organisierte Ogólnopolskie Porozumienie Związków Zawodowych (OPZZ) als gesamtpolnische Dachorganisation weitgehend autonomer Branchen- und Betriebsorganisationen sowie die Solidarność. Die Anfang der 1980er Jahre machtvolle erste freie Gewerkschaft im kommunistischen P. (und im ganzen sog. Ostblock) vermochte es nach 1989 nicht, ihre frühere Bedeutung zurückzugewinnen. Die Repräsentativität der Arbeitgeberverbände ist noch gering. Generell ist ein im Vergleich zu westlichen Ländern geringeres Interesse an Zusammenschlüssen in Verbänden und Vereinen innerhalb der Gesellschaft festzustellen.

Die seit Beginn der Eigenstaatlichkeit aufs engste mit P. verbundene römisch-katholische Kirche stand im Frühjahr 1989 auf dem Höhepunkt ihres gesellschaftlichen Ansehens. Seitdem bereitet es ihr gewisse Schwierigkeiten, mit ihrer neuen Rolle in einem völlig veränderten politischen und sozio-ökonomischen Umfeld zurechtzukommen.

Das polnische Justizwesen ist 1990 grundlegend reformiert worden. Es verfügt im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit wieder über einen dreigliedrigen Gerichtsaufbau. Die Funktion des Obersten Gerichts als das höchste Gerichtsorgan ist mit der Errichtung der Appellationsgerichte (Oberlandesgerichte) reduziert und auf die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtssprechung konzentriert worden. Das Hauptverwaltungsgericht übt die Kontrolle über die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung aus. Bereits seit 1986 existiert der Verfassungstribunal genannte Verfassungsgerichtshof. Seine Entscheidungen sind laut Verfassung endgültig und können nicht mehr durch den Sejm aufgehoben werden. Die Stellung der im Sozialismus sehr einflussreichen Staatsanwaltschaft wurde neu gefasst, ihr wurde die übliche Aufgabe des Schutzes der Gesetzlichkeit sowie der Überwachung der Verbrechensbekämpfung zugewiesen.

Nach einer Verfassungsänderung wurde 1990 die territoriale Selbstverwaltung auf Gemeindeebene eingeführt. Mit der Verwaltungsreform vom 1. Januar 1999 besteht in P. eine dreistufige Staatsverwaltung. Die Zahl der Woiwodschaften wurde von 49 auf 16 reduziert, wobei man sich mehr oder weniger an historisch-geographische Regionen orientierte; gleichzeitig wurden Kreise wiedereingeführt. Am 1.1.2007 gab es 314 ländliche und 65 städtische Kreise (powiaty) gebildet. Kleinste Selbstverwaltungseinheiten sind die 2478 Gemeinden (gminy). Die Woiwodschaft ist durch eine doppelte, nach Sachgebieten unterteilte Administration gekennzeichnet: Das direkt gewählte Regionalparlament (sejmik) verfügt über eigene Haushaltskompetenzen und wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden (marszałek). Daneben wird die Zentralregierung durch den Woiwoden (wojewoda) vertreten. Er hat mit dem ihm unterstehenden Woiwodschaftsamt für die Umsetzung der regionalen Regierungsvorhaben zu sorgen. Die Regionalparlamente erarbeiten konkrete Entwicklungsstrategien. Durch diese duale Form der öffentlichen Verwaltung soll der unitaristische Charakter des Staates gestärkt werden. In der Praxis kommt es dabei durchaus zu Kompetenzkonflikten.

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2.4 Wirtschaft

P.s Wirtschaft hat seit Beginn des Transformationsprozesses und der radikalen „Schocktherapie“ bis 1992/1993 eine dynamische Entwicklung durchlaufen. Seit Mai 2004 ist P. EU-Mitglied. Auch nach dem Beitritt zeichnet sich eine kräftige gesamtwirtschaftliche Entwicklung ab. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg 2006 um 3,5 %.

Die Wirtschaftsstruktur hat sich deutlich verändert. Mittlerweile entfallen mehr als 60 % der Bruttowertschöpfung auf den Privatsektor, der 63,0 % der Arbeitskräfte beschäftigt. Zu 63,9 % erfolgt die Wertschöpfung mittlerweile im Dienstleistungssektor und nur noch zu 31,7 % in der Industrie (davon entstehen 6,7 % in der Bauwirtschaft). Die Landwirtschaft trägt zwar nur noch 4,4 % bei, doch sie beschäftigt immer noch 15,8 % der Erwerbstätigen. Somit bleibt sie das größte Sorgenkind P.s. Zwar sind die Landwirte die erste große gesellschaftliche Gruppe, die infolge der Direktzahlungen die Vorzüge der EU-Mitgliedschaft erfahren konnte. Dieser Posten macht immerhin mehr als 50 % der Strukturfondsmittel aus, die P. insgesamt von der EU erhält. Im EU-weiten Wettbewerb werden nur wenige großflächige Betriebe bestehen bleiben. Die Landwirtschaft ist aber weiterhin von einem sehr hohen Anteil kleiner Höfe, oft mangelhafter Infrastruktur und fehlenden Beschäftigungsalternativen geprägt. Von 2.598.624 Landwirtschaftsbetrieben (2006), ist fast ein Drittel kleiner als 1 ha und lediglich 13,9 % haben eine Fläche von über 10 ha.

Die landwirtschaftliche Nutzfläche P.s beträgt 51,0 % der Landesfläche, davon sind 77,4 % Ackerfläche, die v. a. in den zentralen Landesteilen einen großen Flächenanteil einnimmt. Haupterzeugnisse sind Getreide (insgesamt 45.920,7 Tsd. t, v. a. Mais 24.144,8 Tsd. t, Weizen 7059,7 Tsd. t, Triticale 3197,0 Tsd. t, Gerste 3161,0 Tsd. t, Roggen 2621,6 Tsd. t und Hafer 1034,7 Tsd. t), Zuckerrüben (11.474,8 Tsd. t), Kartoffeln (8982,0 Tsd. t), Gemüse (4408,0 Tsd. t, v. a. Kohl 1189,4 Tsd. t, Möhren 833,2 Tsd. t, Zwiebeln 590,2 Tsd. t), Tabak (3819,1 Tsd. t), Obst (3210,9 Tsd. t, v. a. Äpfel 2304,9 Tsd. t, Sauerkirschen 194,9 Tsd. t, Pflaumen 93,6 Tsd. t) und Ölpflanzen (insgesamt 1681,8 Tsd. t, davon Raps und Odermennige zusammen 1651,5 Tsd. t).

In der Viehhaltung dominiert Geflügel- (122.895 Tsd., davon 111.653 Tsd. Hühner, 6855 Tsd. Puten, 3560 Tsd. Enten u. a. sowie 827 Tsd. Gänse), Schweine- (18.813 Tsd.) Rinder- (5281 Tsd.) vor Pferde- (307 Tsd.), Schaf- (301 Tsd.) und Ziegenhaltung (129 Tsd.). Der Viehbestand ist seit 1990 stark zurückgegangen.

Die Industrie P.s durchlief innerhalb weniger Jahre einen tief greifenden Strukturwandel. In der kommunistischen Zeit bildeten Großbetriebe der Rohstoff- und Chemieindustrie ihr Rückgrat, die schon in den 1980er Jahren ineffizient und mit veralteten Anlagen ausgestattet waren. Hier ging die Produktion nach 1990 entscheidend zurück. Wichtige polnische Industriezweige sind heute die Lebensmittelerzeugung, die Energieversorgung, aber auch weiterhin der Bergbau und die Hüttenindustrie sowie die Chemieindustrie (in der letzten Zeit gewannen insbesondere die Raffinerien in Płock und Danzig u. a. an Bedeutung), gefolgt von Maschinenbau, Elektroindustrie, Fahrzeugbau, die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie der Holz- und Papierverarbeitung. In den letzten Jahren entwickelten sich aber auch die Computerindustrie (Hard- und Software) und der Dienstleistungssektor.

Zu den wichtigsten Produkten der Lebens- und Genussmittelindustrie zählten 2006 Milch (2180,9 Mio. l), Zucker (1571 Tsd. t), Geflügelfleisch (1107 Tsd. t), Schweinefleisch und -produkte (953 Tsd. t), Rindfleisch und Rinderprodukte (143 Tsd. t), Wurstwaren (720 Tsd. t), Käse (544 Tsd. t), Margarine (345 Tsd. t), Butter (166 Tsd. t), Bier (3323,3 Mio. l), Obstwein (128,8 Mio. l) und Zigaretten (111 Mrd. Stück) hergestellt.

Bereits vor dem Beitritt P.s in die EU wurde die Steinkohleförderung gedrosselt. Betrug die geförderte Menge 1989 noch 316,3 Mio. t, fiel sie 2006 auf 95.158 t. Im Bergbau werden noch 179 Tsd. Personen (0,1 % aller Erwerbstätigen) beschäftigt, davon 141 Tsd. im Steinkohlebergbau. Die Produktion der Energieträger erreichte 9734 Tsd. t Koks, 4257 Tsd. t Benzin, 7460 Tsd. t Treibstoff- und 5237 Tsd. t Heizöl. Es wurden 2295 Tsd. t Düngemittel, 36.471 Tsd. Reifen und 6765 Tsd. Autobatterien hergestellt. Die wichtigsten Erzeugnisse der Schwerindustrie waren Zement (14.372 Tsd. t), Roh- (9981 Tsd. t) und Walzstahl (7666 Tsd. t), Kupfer (557 Tsd. t) und Aluminium (38,7 Tsd. t). Des Weiteren wurden in P. Pkw (632 Tsd.), Lkw (76,1 Tsd.), Fahrräder (1195 Tsd.), Fernsehgeräte (8862 Tsd.), Waschmaschinen (2102 Tsd.), Kühlgeräte (1976 Tsd.), Staubsauger (1230 Tsd.), Gas- und Elektroherde (822 Tsd.) und Telefonapparate (665 Tsd.) hergestellt. Die wichtigsten Holzprodukte waren 408.252 Tsd. m² Hartfaserplatten sowie 2427 Tsd. m³ Schnittholz.

Die Verflechtung der Wirtschaft mit den Märkten der Industriestaaten schritt voran. Inzwischen gehen etwa 80 % aller Exporte in die EU. Wichtigster Handelspartner seit Mitte der 1990er Jahre ist Deutschland. Sowohl beim Export, als auch beim Import steht es an erster Stelle. P. führt zunehmend Fertigwaren aus. Für den EU-Binnenmarkt werden insbesondere Autos, Flüssigkristallbildschirme, Haushaltswaren, Möbel und Lebensmittel produziert. Dieser Erfolg beruht jedoch u. a. auf den niedrigen Arbeitskosten und dem Effekt des EU-Beitritts. Man kann erwarten, dass bei deutlicher Steigerung des Lohnniveaus Unternehmen ihre Standorte in andere Billiglohnländer verlagern. Der Durchschnittsbruttolohn im ersten Halbjahr 2007 betrug in P. 2775 Zloty (ca. 720 Euro). Die Einkommensunterschiede in der Gesellschaft sind seit 1989 stark gewachsen.

Die Kapitalverflechtung mit dem Ausland ist stark gewachsen. Ende 2006 betrugen die ausländischen Direktinvestitionen bereits 172,25 Mrd. USD. Führend waren bis Ende 2005 die Niederlande mit 21,7 %, dann folgten Deutschland (16,3 %), Frankreich (12,6 %), die USA (7,4 %) sowie Österreich (5,0 %). Nach Branchen gegliedert erhielten 2005 u. a. die verarbeitende Industrie 37 % der Direktinvestitionen, Finanzdienstleistungen 20 %, das Handel und Reparaturgewerbe 18 % sowie Verkehr, Transport und Logistik 17 %. Zunehmend fließt auch polnisches Kapital ins Ausland, 2006 beliefen sich die Direktinvestitionen im Ausland auf 10,3 Mrd. USD. Zurückzuführen ist dies v. a. auf Investitionen des Raffineriekonzerns PKN Orlen in Deutschland und Tschechien sowie auf Großinvestitionen von Bauunternehmern auf dem russischen Markt.

Der Wohnungsmangel wurde in P. noch nicht behoben. Es fehlt v. a. an billigem Wohnraum wobei der Wohnungsnot auf einer Seite Leerstände auf der anderen Seite gegenüberstehen. 2002 wurden landesweit 492.568 leer stehende Wohnungen ermittelt. 2006 wurden 115.353 Wohnungen gefertigt.

In P. ist ein Finanzsystem mit einem modernen Kapitalmarkt geschaffen worden, das Bankenwesen wurde grundlegend reformiert. Die Polnische Nationalbank (Polski Bank Narodowy) ist für die Wirtschaftsliquidität, die Geldemission und den Währungskurs verantwortlich. Jedes Jahr bestimmt der Rat für Geldpolitik, ein Organ der NBP, die Grundsätze der Geldpolitik. P. gehörte im Jahr 2006 mit einer jahresdurchschnittlichen Inflationsrate von rund 1,5 % zu den preisstabilsten Ländern der EU.

Die Wertpapierbörse (Giełda Papierów Wartościowych) begann ihre Tätigkeit im April 1991. In P. gibt es 96 kommerzielle Banken, die meisten gehören ausländischen Investoren. Des Weiteren sind in P. 896 Genossenschaftsbanken tätig.

Die Energiepolitik und energiewirtschaftliche Fragen gehören auch zu den Prioritäten der außenpolitischen Agenda. Das Land versucht, die in diesen Bereichen vorhandene übermäßige Abhängigkeit von Russland zu vermindern. Zwar verfügt P. über eigene Erdgasvorkommen, die ein Drittel des Landesbedarfs abdecken, doch dominieren Gasimporte aus Russland. P. verfügt zwar über ergiebige Kohlevorkommen, doch wenn man deren Anteil an der Energiegewinnung erhöht, kollidiert P. mit den eigenen Klimaschutzverpflichtungen. Reserven bestehen bei der Nutzung erneuerbarer Energien. Seit den 1980er Jahren wird der Bau eines ersten Kernkraftwerkes diskutiert. Die produzierte Menge der Elektroenergie belief sich auf 160.489 GWh. Zu ihrer Herstellung trugen v. a. stein- (58,6 % 2005) und braunkohlebetriebene Kraftwerke (26,0 %) bei. Der Anteil von wasserbetriebenen Kraftwerken betrug 6,9 %.

Das Territorium P.s bildet einen wichtigen Kommunikationskorridor zwischen West- und Osteuropa. Verschiedene west-östliche Transitwege durchqueren das Land, zu den wichtigsten zählen die Achsen Berlin – Posen – Warschau – BrėstMinsk – Moskau sowie Görlitz – Breslau – Oberschlesien – KrakauPrzemyślLembergKiewOdessa. Die wichtigsten Süd-Nord-Verbindungen führen zu den wichtigsten polnischen Ostseehäfen (Stettin und Danzig).

Die räumliche Differenzierung des Schienen- und Straßennetzes widerspiegelt die Bevölkerungs- und Siedlungsdichte P.s, aber auch die unterschiedliche Entwicklung der einzelnen Landesteile während der Zeit der Teilungen. Der Straßenverkehr ist heute der wichtigste Verkehrsträger. Er hat den Schienenverkehr von dieser Position verdrängt. Die Anzahl von Pkw und Lkw hat sich seit 1990 mehr als verdoppelt (1990: 5261 Tsd. bzw. 1045 Tsd., 2006: 13.384 Tsd. bzw. 2393). Allerdings erweist sich das geringe Tempo beim Ausbau des Autobahn- und Fernstraßennetzes als Investitionshemmnis. Die gesamte Straßenlänge ist zwar von 218 Tsd. km (1990) auf 255,5 Tsd. km gestiegen, doch 2006 waren lediglich 663 km Autobahn und 271 km Schnellstraßen im Betrieb, wobei die meisten davon erst in diesem Jahrzehnt modernisiert bzw. erbaut wurden. Zurzeit befinden sich weitere Autobahnen und Schnellstraßen im Bau bzw. die vorhandenen Abschnitte werden erweitert.

1995 wurde in Warschau nach 22 Jahren Bauarbeiten die erste U-Bahnlinie des Landes eröffnet, die zurzeit auf 18,1 km Passagiere befördert. Die Agglomerationen von Warschau und Danzig werden von S-Bahnlinien bedient. Darüber hinaus gibt es in allen größeren Städten Straßenbahn-, Bus- und in einigen auch O-Busverbindungen. 76,8 % der Stadtbevölkerung P.s wohnt in den Städten mit lokalem, öffentlichem Transportnetz.

Die Länge des Schienennetzes ist seit 1985 von 27.095 km auf 20.176 km geschrumpft. Davon entfallen 413 km auf Schmalspurbahnen, deren Gesamtlänge 1985 noch 2734 km betrug. V. a. zahlreiche kleinere Orte, auch an den befahrenen Strecken, werden von der Bahn nicht mehr bedient. Ca. 60 % der Bahnlinien sind elektrifiziert. Die Transportleistungen der Bahn sind hingegen gestiegen in den letzten Jahren. 2006 wurden 291.640 Tsd. t Waren und 265.323 Tsd. Passagiere befördert.

Während die Binnenschifffahrt in P. eine marginale Bedeutung hat – von 3660 km der Gesamtlänge die Binnenschifffahrtsstraßen haben lediglich 5,5 % (auf der Weichsel und der Oder) internationale Bedeutung. Die Binnenflotte ist veraltet und die Anzahl der Transportschiffe sank 2001–6 um fast 6 %. Die Frachtmenge hingegen steigt, trotz der geringeren Anzahl der Schiffe. 2006 wurden insgesamt 9271 Tsd. t Waren verfrachtet, wobei die Rolle des internationalen Transports (v. a. nach Deutschland, Belgien und in die Niederlande) deutlich zugenommen hat. Die Anzahl der beförderten Passagiere steigt neulich aufgrund der steigenden Bedeutung wieder leicht an. 2005 wurden 1016 Tsd. Personen im Binnenschiffsverkehr befördert, v. a. bei Stettin, Breslau (Oder – mit Haff), Warschau, Krakau und Płock (Weichsel), Oberlandkanal und auf den Masurischen Seen.

Die Bedeutung des Ostseeschiffsverkehrs ist in der letzten Zeit wieder gestiegen: Der Jahresumsatz der Seehäfen belief sich 2006 auf 60.319 Tsd. t. In den polnischen Seehäfen wurden 1.736.720 Passagiere abgefertigt, 93,7 % davon im internationalen Verkehr (v. a. Schweden, Deutschland, Dänemark, Russland und Finnland). Die wichtigsten polnischen Seehäfen sind Danzig (24.207,1 Tsd. t Umschlag 2006), Gdynia (14.182,7 Tsd. t), Stettin (9965,3 Tsd. t), Swinemünde (9241,5 Tsd. t) und Police (2445,5 Tsd. t). Die Seeflotte polnischer (Mit-)Besitzer bestand 2006 aus 121 Schiffen, von denen allerdings nur 14 unter polnischer Fahne fuhren. Die anderen Schiffe waren v. a. auf Zypern, Malta, den Bahamas, Panama, Liberia und auf Vanuatu registriert. Die Fangmenge der polnischen Hochseeflotte belief sich auf 125,6 Tsd. t Meeresfische und andere Tierarten.

Die Bedeutung des Flugverkehrs ist in den letzteren Jahren deutlich gestiegen. Die Zahl der beförderten Passagiere stieg von 5.622.071 im Jahr 2000 auf 15.44.571 im Jahr 2006, die Mengen der Luftfracht – entsprechend von 61.225 t auf 79.106 t. In P. gibt es inzwischen elf internationale Flughäfen, sieben davon werden im regulären Linienbetrieb angeflogen. Neben dem Warschauer Okęcie (8.031.729 Passagiere und 60.715 t Fracht 2006), gehören die Flughäfen von Balice bei Krakau (2.353.813 Passagiere und 3437 t Fracht), Pyrzowice bei Kattowitz (1.445.641 Passagiere und 6113 t Fracht) und in Danzig (1.249.753 Passagiere und 4037 t Fracht) zu den größten des Landes. Darüber hinaus wird die Öffnung von weiteren Flughäfen für den zivilen Verkehr geplant.

Nach dem EU-Beitritt ist P. verpflichtet, den Euro einzuführen, wobei die bisherigen Bemühungen in diese Richtung eher schleppend verlaufen sind. Größtes Hindernis hierfür ist die hohe jährliche Verschuldung, die zu einem immer höheren Anstieg der Staatsverschuldung führt (49,4 % von BIP). Außerdem wurde dieses Ziel bisher von keiner polnischen Regierung vorrangig behandelt.

Der Arbeitsmarkt ist der schwächste Teil der Volkswirtschaft P.s. Eine niedrige Erwerbsquote, eine hohe Arbeitslosenquote und eine erhebliche Schwarzarbeit machen dies deutlich. Die Ursachen für die Arbeitslosigkeit, v. a. unter jungen und älteren Menschen, liegen zum Teil in einem hohen Produktivitätszuwachs des privaten Sektors auf Kosten des staatlichen Sektors (Entlassungen), der strukturellen Probleme der Landwirtschaft und der Schwerindustrie sowie dem nach 2001 zu beobachtenden Zuwachs an jungen Leuten auf dem Arbeitsmarkt aufgrund geburtenstarker Jahrgänge. Auch wenn die Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist (von 20,6 % Anfang 2004 auf 12,2 % Juli 2007), ist das hauptsächlich auf eine Auswanderungswelle zurückzuführen, v. a. von jüngeren und gut gebildeten Polen, die gegenwärtig zum strukturellen Arbeitskräftebedarf geführt hat. Lediglich 13,5 % aller Arbeitslose hatten Ende 2006 Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.

Der Tourismus nimmt in der Wirtschaft P.s einen immer bedeutenden Platz ein und trägt gegenwärtig mit 7,6 % zum BIP bei. Von besonderer touristischer Bedeutung ist das Gebiet der Pommerschen und Masurischen Seeplatten im Norden und Nordosten des Landes mit über 6500 Seen. Auch die Berge verfügen über ein beachtliches touristisches Potential mit engen Talschluchten, Karstlandschaften und Felsnadeln. Die Städtetouristik hat einen internationalen Rang v. a. in Krakau, Warschau und Danzig. 2006 wurden 7.209.469 Übernachtungen ausländischer Touristen in P. registriert. Die meisten von ihnen kamen aus Deutschland (1.305.798), dem Vereinigten Königreich (334.298), Russland (226.694), Italien (217.221) und der USA (210.158). P. wurde 2006 von 65.114,9 Tsd. ausländischer Gäste besucht, die größten Gruppen bildeten dabei Staatsangehörige von Deutschland (37191,1 Tsd.), Tschechien (7101,5 Tsd.), der Ukraine (5641,9 Tsd.), Weißrussland (3911,8 Tsd.), Slowakei (3421,9 Tsd.), Russland (1722,2 Tsd.) und Litauen (1459,4 Tsd.). In der gleichen Zeit haben 44.695,9 Tsd. Polen eine Auslandsreise unternommen.

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2.5 Bildung und Kultur

1999 fand in P. eine Schulreform statt. Das Bildungswesen besteht seitdem aus folgenden Schulformen: der Grundschule, dem Gymnasium, der weiterführenden Schule, die nach der Gymnasialstufe besucht wird (Lyzeum, Technische sowie Berufsschule) sowie der Hochschule. Die Schulbildung ist in öffentlichen Schulen kostenlos und bis zum 18. Lebensjahr obligatorisch. Die Schulpflicht beginnt bereits im 6. (für Kinder, die vorher keinen Kindergarten besucht haben – in der Null-Klasse, wo die Grundfähigkeiten Schreiben, Lesen und Rechnen erworben sowie einfache Begriffe vermittelt werden) bzw. 7. Lebensjahr. Die Grundschule dauert sechs Jahre, an das sich das dreijährige Gymnasium anschließt. Danach bieten sich ein drei Jahre dauerndes allgemeinbildendes Lyzeum, eine vier Jahre dauernde technische Berufsschule sowie eine zwei oder drei Jahre dauernde allgemeine Berufsschule an. Im Schuljahr 2006/7 gab es 2484,9 Tsd. Schüler an 13.733 polnischen Grundschulen, außerdem besuchten 1541,5 Tsd. in die 7409 Gymnasien. 904,6 Tsd. Personen besuchten die 3550 allgemein bildenden Sekundarschulen, und 1067,4 Tsd. die 5616 berufsbildenden Einrichtungen. Nach der Reifeprüfung kann ein Hochschulstudium aufgenommen werden. In den letzten Jahren hat sich bei der Trägerschaft von Schulen eine Veränderung vollzogen: Nichtstaatliche und private Schulen gewinnen an Popularität. Während der Schulbesuch an staatlichen Schulen kostenlos ist, werden für die Ausbildung an nichtöffentlichen Schulen Gebühren erhoben („Schulgeld“).

Das Hochschulsystem ist zweigeteilt. Es besteht aus Universitäten und Fachhochschulen. Im Jahre 2006/7 gab es 441 Hochschulen, darunter 18 Universitäten mit 1.927.699 Studierenden (550.494 an den Universitäten). Die Hochschulen bieten ein Magisterstudium, Fachstudium und ein Lizentiatstudium an, das dem amerikanischen Bachelor ähnelt. Außerdem besteht die Möglichkeit, ein Abend-, Fern- oder externes Studium aufzunehmen. Das Regelstudium ist unentgeltlich, das Fernstudium und andere Arten sind ganz oder teilweise kostenpflichtig. Seit 1990 wächst die Zahl der nichtstaatlichen Hochschulen Studierende aus sozial schwächeren Familien haben die Möglichkeit, ein staatliches Stipendium zu erhalten.

Die Medien in P. haben seit 1989 beim Aufbau demokratischer Verhältnisse eine bedeutende Rolle gespielt. 2003 gab es 10 überregionale und 40 regionale Zeitungen. Das finanzielle Engagement ausländischer Investoren ist sehr stark. Auflagenstärkste Zeitungen sind die 1989 als Wahlkampfzeitung der Gewerkschaft Solidarität gegründete ›Gazeta Wyborcza‹ („Wahlzeitung“, Auflage: ca. 600.000), die ›Rzeczpospolita‹ (253.000), an der die Regierung beteiligt ist und die internationale kostenlose Zeitung ›Metro‹ (181.000) sowie die Boulevardblätter ›Fakt‹ (778.000) und ›Super Express‹ (345.000). Die wichtigsten Wochenzeitungen heißen ›Agora‹ (415.030), ›Wprost‹ („Direkt“, 264.500), ›Polityka‹ („Politik“, 262.700), die polnische Ausgabe von ›Newsweek‹ (240.000) und ›Nie‹ („Nein“, 210.000). Die Mehrheit der polnischen Druckmedien wird von ausländischen bzw. internationalen Konzernen kontrolliert.

Die Oberste Instanz und die Regulierungsbehörde für Rundfunk und Fernsehen ist der Landesrat für Rundfunk und Fernsehen (Krajowa Rada Radiofonii i Telewizji). Seine Mitglieder werden durch Politiker berufen. Im Land kann man zwischen mehr als 600 Fernseh- und Radioprogrammen wählen. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen strahlt landesweit mehrere und regionale Programme sowie zahlreiche Programme über Satellit wie das v. a. für das Ausland sendende TV Polonia. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk strahlt fünf Programme aus. Seit 1994 wurden mehrere landesweite sowie lokale und regionale private Fernsehanstalten und Rundfunkprogramme zugelassen. Sehr umstritten ist das dem Redemptoristenorden unterstehende ›Radio Maryja‹, das sich national-klerikal gibt, bisweilen auch antisemitisch und antideutsch. Die meisten Medien bemühen sich, ihrem Auftrag als „vierte Gewalt“ nachzukommen, doch waren besonders bei den Fernsehanstalten wiederholt Versuche der politischen Einflussnahme durch politische Parteien zu beobachten, die in der aktuellen Regierungsperiode deutlich zunahmen.

In P.s Geschichte spielte die Kultur insofern eine bedeutende Rolle, als dass sie besonders während der Teilungen und der Fremdherrschaft hoch politisiert war. Ob der Nationaldichter Adam Mickiewicz (auf dem ebenfalls Litauer und Weißrussen Anspruch erheben), der Komponist Frédéric Chopin oder der Schriftsteller Henryk Sienkiewicz (Nobelpreisträger 1905): Sie alle waren nicht nur Künstler sondern auch Patrioten. In der Zwischenkriegszeit erhielt 1924 der realistische Schriftsteller Władysław Reymont ebenfalls den Nobelpreis. Für die Moderne standen Stanisław Ignacy Witkiewicz, Bruno Schulz und Witold Gombrowicz. Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen viele Künstler ins Exil bzw. kehrten nicht nach P. zurück. Dazu gehörten Gombrowicz sowie Marek Hłasko und Czesław Miłosz, der 1980 für seine Lyrik ebenfalls mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Im Land blieb u. a. der Lyriker Jerzy Lec und der v. a. für seine Science-Fiction-Literatur bekannte Stanisław Lem. Seit den 1970er Jahren entwickelte sich während eine Untergrundliteratur gegen die Politik und Zensur in der Volksrepublik. Nach 1989 war der Nobelpreis für die Lyrikerin Wisława Szymborska 1996 ein weiterer Meilenstein. In den letzten Jahren machen v. a. Stefan Chwin, Paweł Huelle, Dorota Masłowska, Jerzy Pilch, Andrzej Stasiuk, Marcin Świetlicki, Olga Tokarczuk und Krzysztof Varga auf sich aufmerksam.

In der Musik erwarb sich nach Chopin besonders Stanisław Moniuszko um die Nationaloper große Verdienste. Der Komponist und Klaviervirtuose Jan Ignacy Paderewski trat im Ausland für die polnische Unabhängigkeit ein und war 1919 übergangsweise als Premierminister nominiert. Nach 1945 ist v. a. Krzysztof Penderecki hervorzuheben, der 1957 drei Hauptpreise in einem anonym abgehaltenen Wettbewerb erhielt. Neben der klassischen entwickelte sich auch eine breite Szene des Jazz, Blues, Rock, Punk, Heavy Metal, und Pop. Polnische Theaterstücke haben sich im 20. Jahrhundert auf den internationalen Bühnen sehr gut durchgesetzt. Die bedeutendsten unabhängigen Theatermacher waren Tadeusz Kantor und Jerzy Grotowski. Der weltbekannte Regisseur Roman Polański, aber auch Andrzej Wajda und Krzysztof Zanussi sowie Namen wie Krzysztof Kieslowski und Agnieszka Holland stehen für die besondere Qualität des polnischen Films. Auf dem Gebiet der Malerei sind kaum Namen über die Landesgrenzen bekannt. Der bedeutendste Maler des 19. Jahrhunderts war Jan Matejko. Danach fanden die Werke von Juliusz Kossak, Leon Wyczółkowski und Stanisław Wyspiański Anerkennung. Nach dem politischen Tauwetter Mitte der 1950er Jahre begann eine Phase des wilden Experimentierens. In der Zeit des Kriegsrechts in den 1980er Jahren fanden viele Künstler unter dem Dach der katholischen Kirche den Freiraum, um sich künstlerisch ausdrücken zu können. Heute hat sich eine vielfältige Kunstszene entwickelt.

In P. sind die Kirchenfeste die wichtigsten Feiertage, hier v. a. das Weihnachts- und das Osterfest sowie Mariä Himmelfahrt am 15. August. An diesem Tag enden die aus allen Gegenden P.s eintreffenden Marienwallfahrten in Tschenstochau (Częstochowa).

Die populärste Sportart des Landes ist Fußball, wobei die erfolgreichsten Jahre des polnischen Fußballs etwa in den Jahren 1972–82 lagen als die polnische Fußballnationalmannschaft olympisches Gold (1972) und Silber (1976) sowie die bronzene Medaille auf den Weltmeisterschaften von 1974 und 1982 gewann. Die Polnische Nationalmannschaft hat bisher siebenmal an den Fußball-Weltmeisterschaften teilgenommen. Gemeinsam mit der Ukraine richtet P. die Europameisterschaften 2012 aus. Sehr beliebt ist auch der Motorradrennsport (v. a. Sandbahnrennen), Autorennen (Formel 1 – mit polnischer Beteiligung, doch ohne Rennen in P. selbst), Volleyball und Basketball (wobei in dem Letzteren polnische Mannschaften bisher keine größeren Erfolge aufweisen konnten), Tischtennis und Boxen. Auch Wassersportarten wie Schwimmen und Kanusport gehören dazu. Die beliebteste Wintersportart in P. ist Eishockey und Skispringen.

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3 Kulturgeschichte

Die ältesten Spuren dauerhafter Besiedlung auf dem heutigen Gebiet P.s werden auf ca. 10.000 Jahre datiert. Aus der Zeit der Lausitzer Kultur (ca. 1300–700 v. Chr.) wurden mehrere tlw. gut erhaltene Siedlungen gefunden (z. B. Biskupin oder Kałdus).

Zwischen 1000 und 500 wurde das Gebiet vom Nordwesten durch germanische Stämme besiedelt. Um 75 bildete die Weichsel die Ostgrenze des germanischen Siedlungsgebietes. Seit dem Ende des 2. Jh. wanderten die germanischen Stämme aus diesem Gebiet aus, so dass im 5. Jh. die germanische Besiedlung des heutigen P.s beendet war.

Etwa seit dem 6. Jh. siedelten auf dem Gebiet des heutigen P.s slawische Stämme, die sich wahrscheinlich seit dem 8. Jh. in staatlichen Verbänden zu organisieren begannen. Vom 9.–10. Jh. bilden Krakau und Gnesen die wichtigsten politischen Zentren. Um ca. 960 schloss sich der Volksstamm der Polanen unter Mieszko I. (–992) slawischen Stämmen zwischen der Oder und der Mittleren Weichsel an. Es wird angenommen, dass Polen nach diesem Stamm Land benannt worden ist. Der Name „P.“ wurde findet sich 966 im Zusammenhang mit der offiziellen Annahme des Christentums. Zu dieser Zeit umfasste das Staatsgebiet das heutige Großpolen mit den Zentren Giecz, Lednica, Posen und Gnesen. Für das Gebiet zwischen Oder und Warte erkannte Mieszko 963 die Lehnherrschaft des Kaisers des Heiligen Römischen Reichs an. Bereits 968 wurde in Posen das erste Bistum errichtet. 986 erstreckte sich die Tributpflicht auf das ganze Gebiet Mieszkos. Vor seinem Tod umfasste das Territorium auch das heutige Kleinpolen sowie die Lausitz (als Lehen) und unter seinem Sohn Bolesław I. Chrobry (992–1025) kamen Schlesien, Pommern und Mähren dazu, womit das Reich etwa die Ausdehnung des heutigen P.s erreichte. Kurzfristig okkupierte Bolesław I. Chrobry auch Böhmen und Kiew. Im Jahre 1000 pilgerte der Kaiser Otto III. zum Grab des Märtyrers Adalbert von Prag in Gnesen, wo er mit Bolesław zusammen traf. In einem Staatsakt (Akt von Gnesen) verkündete er ein neues Reichskonzept ›Renovatio Imperii Romanorum‹, nach dem Bolesław dem Kaiser gleichgestellt wurde und die Tributpflicht P.s gegenüber dem Kaiser aufgehoben wurde. 1025 ließ sich Bolesław mit päpstlicher Billigung als erster König P.s krönen.

Sein Sohn – Mieszko II. Lambert (1025–34) verlor in den Kriegen gegen das Heilige Reich, Böhmen und Kiewer Rus und einen Großteil der von seinem Vater eingegliederten Gebiete (Oberlausitz, Rote Rus, Mähren und Slowakei) sowie 1031 sogar die Königswürde. Die Abhängigkeit vom Heilgen Reich verstärkte sich. Obwohl sein Sohn Kazimierz I. Odnowiciel nach seinem Tod einige der von seinem Vater verloren gegangenen Gebiete zurück eroberte, setzte der Zerfalls P.s ein, der mit Auseinandersetzungen mit dem Heiligen Reich und inneren Machtkämpfe einherging. Erst Bolesław I. Krzywousty (1102–1138) gelang nach Auseinandersetzungen um die Herrschaft und zahlreichen Kriegen eine Konsolidierung der polnischen Gebiete. 1109 besiegte er den Kaiser Heinrich V. Später eroberte er Pommerellen (1119) und Pommern (1122). Wahrscheinlich um Machtkämpfen nach seinem Tod vorzubeugen, führte er das Seniorat als Nachfolgeregelung ein. Demnach soll jeweils der älteste Sohn (Senior) das Kerngebiet erben (u. a. Großpolen und das westliche Kleinpolen mit Krakau). Die übrigen Gebiete sollten unter die anderen erbberechtigten Söhne (Junioren), die dem Senior unterstanden, verteilt werden. Diese Regelung führte jedoch zur Zersplitterung des Landes und Gebietsverlusten. 1157 musste der Senior Bolesław IV. Kędzierzawy (1146–73) wieder die Lehnhoheit des römisch-deutschen Kaisers anerkennen. 1181 verlor P. Pommern an Deutschland. Im selben Jahrhundert begann die Kolonisierung polnischer Gebiete aus dem Deutsch-Römischen Reich (Ostkolonisation), die v. a. die Stadtentwicklung und Landwirtschaft der nördlichen und westlichen Gebiete prägte. Zum Schutz gegen die verheerenden Angriffe der heidnischen Preußen und um deren Christianisierung voranzutreiben, entschloss sich Konrad I. Mazowiecki 1226, die Ritter des Deutschen Ordens ins Land zu holen. Wahrscheinlich 1228 als die ersten Kreuzritter eintrafen, schenkte Konrad dem Orden das Culmer Land. Nachdem der Orden seine Macht nicht nur auf besetzte preußische Gebiete ausbreitete, sondern auch Pomerellen mit Danzig annektierte, kam es zum Konflikt mit P. und das seitdem umstrittene und umkämpfte Gebiet wurde erst 1466 von dem Ordenstaat zurückerobert.

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Während des Mongolensturms der Goldenen Horde (1240/41) wurden u. a. die wichtigsten polnischen Städte verwüstet und die vereinigten polnischen und deutschen Truppen in der Schlacht bei Wahlstatt (9. April 1241) niedergeschlagen.

Die Konsolidierungsbestrebungen des Landes führten unter Otakar Przemysł II. (1279–96) vorübergehend zur Einigung Großpolens. Der Herzog von Kujawien Władysław I. Łokietek (1306/20–33) konnte nach zahlreichen schweren Auseinandersetzungen sein Herzogtum mit Groß- und Kleinpolen vereinigen und verlegte den bisherigen Krönungsort polnischer Könige nach Krakau. Doch seit 1327 nutzten die tschechischen Könige die innere Schwäche P.s und immer mehr schlesische Fürstentümer wurden zu ihren Lehngebieten. Schließlich verzichtete der Sohn Władysławs, Kazimierz III Wielki (1333–70), auf seine erblich-dynastischen Rechte in Schlesien (Verträge von Trentschin 1335 und von Namslau 1348). Im Gegenzug dazu sollte das Haus Luxemburg seine Ansprüche auf den polnischen Thron aufgeben. Kasimir III. führte zahlreiche Reformen durch, die den Staat von Innen heraus konsolidieren. Er baute auch die Städte in P. aus, führte Modernisierungen aus und gründete in Krakau 1364 die erste Universität des Landes. Er erließ Privilegien, dank denen zahlreiche Juden, v. a. aus Deutschland und anderen Ländern, in denen sie Verfolgungen ausgesetzt waren, sich in P. ansiedeln konnten. Auf dieser Grundlage entwickelte sich das Ostjudentum mit der jiddischen Sprache.

Seine Expansionspolitik brachte Erfolge v. a. in Pommern, wo er seinen Einfluss festigen und einige Gebiete direkt seinem Reich unterstellen konnte, und im Osten, wo er zahlreiche ruthenische Fürstentümer (u. a. Halyč, Podolien und Wolynien) in seinen Machtbereich eingliederte, wodurch P. zu einer europäischen Macht aufsteigen konnte. Da er keinen Erben hatte, endete mit seinem Tod 1370 die Piasten-Herrschaft auf dem polnischen Thron. Nach Zugeständnissen an den polnischen Adel hatte er im Vorfeld seinen Neffen, Ludwig I. von Ungarn aus dem Haus Anjou aus dem Haus Anjou als seinen Nachfolger festgesetzt. Bevor dieser ebenfalls ohne männliche Nachkommen verstarb, konnte er durch weitere Zugeständnisse an den Adel (Privilegien von Kaschau) seine Tochter Hedwig als Nachfolgerin durchsetzten. 1386 wurde sie von der polnischen Oberschicht zur Heirat mit dem litauischen Großfürsten Jogaila (1386–1434) gezwungen, nachdem er sich taufen und sein Land christianisieren ließ. 1386 wurde er als Władysław II. Jagiełło zum polnischen König gekrönt. Damit wurde sein Reich in Personalunion mit P. regiert. P.-Litauen war zu dieser Zeit der flächengrößte Staat Europas und Jagiełło trieb die Ausdehnung des Landes erfolgreich weiter voran, indem er 1387 Moldau zwang, die polnische Oberhoheit anzuerkennen, 1389 wurde die Walachei und 1396 Bessarabien und Siebenbürgen erobert. Die konfliktreichen Beziehungen zum Ordenstaat wurden oft mit Waffen ausgetragen. 1410 vernichteten die polnisch-litauischen Truppen das Heer des Deutschen Ordens bei Tannenberg, im folgenden Friedensvertrag von Thorn bekamen sie nur geringfügige territoriale Zugeständnisse. Die Nachfolger Jagiełłos – Władysław III. Warneńczyk (1434–44) und Kasimir IV. Jagiellończyk (1447–92) führten weitere Kriege mit dem Ordensstaat. 1466 während des |2. Thorner Friedens fielen Pomerellen (mit Danzig), das Culmer Land, Ermland und weitere Gebiete (u. a. die Hauptstadt des Ordenstaates – Marienburg) an Polen. Die übrigen Ordensgebiete (etwa Ostpreußen) galten seitdem als Lehen des polnischen Königs. Das Lehnverhältnis erlöschte erst mit dem Vertrag von Wehlau 1657.

Unter Kasimir IV. erreichte nicht nur das Gebiet P.-Litauens eine große Ausdehnung, sondern auch auf die Kultur– und Kunstentwicklung wirkte sich seine Regierungszeit sehr günstig aus. Die Jagiellonen beherrschten zudem die Throne Böhmens (1471–1526) und Ungarns (1490–1526). 1569 ging die Personalunion mit Litauen in eine Realunion über in der die Rolle Litauens deutlich marginalisiert wurde.

Die östlichen und südöstlichen Grenzen P.-Litauens wurden jedoch bereits seit dem Ende des 15. Jh. vom Moskauer Großfürstentum sowie von den Tataren bzw. dem Osmanischen Reich bedroht, die mit der Zeit Moldau, die Schwarzmeerküste sowie Teile Litauens erobert haben. Der Konflikt mit Moskau spitzte sich im Livländischen Krieg (1558–82) zu, in dessen Verlauf 1561 Kurland (als Lehngebiet) und Livland in den Machtbereich der polnischen Krone fielen.

Der territorialen Expansion P.s stand jedoch der innere Machtverlust der Krone gegenüber, die immer größere Zugeständnisse an den Adel und Klerus machen musste. Damit ging jedoch eine allmähliche Entrechtung der Bauern und des Bürgertums einher– das Erstere hatte eine vollständige Macht der Grundbesitzer über die ansässigen Bauern und das Letztere den Niedergang zahlreicher Städte zur Folge. Allerdings konnten Krakau, Danzig, Thorn, Lublin und später auch Warschau zu Metropolen mit internationaler Bedeutung aufsteigen. Das auf dem Reichstag zu Radom 1505 verabschiedete Gesetz legte fest, dass keine Rechtsneuerung ohne Zustimmung des Sejms eingeführt werden konnte. Vom lateinischen Wortlaut des Gesetzes entstand sein Volksname Nihil novi (Nichts Neues). Trotz der Einschränkung der innenpolitischen Machtbefugnisse der Könige, zeichnete sich die direkt darauf folgende Herrschaftszeit der beiden letzten Jagiellonen Zygmund I. Stary (1506–48) und Zygmunt II. A. (1548–72) von Entfaltung der Kultur und Wissenschaft sowie durch konfessionelle Toleranz aus. Zu dieser Zeit erreichte die Reformation einen bedeutenden Teil des Adels und Bürgertums, doch bald danach setzte die Gegenreformation ein – die entsprechenden Dekrete der Römischen Kirche wurden 1577 während des Synods von Piotrków angenommen.

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Nach dem Tod von Zygmunt II. A. wurde P. durch den Sejm in eine Wahlmonarchie umgewandelt. Der schwache König stand somit an der Spitze einer Adelsrepublik. Das 1669–1764 auf den Reichstagen gebrauchte Einspruchsrecht Liberum Veto, führte zu Handlungsunfähigkeit des Staates, der zum Spielball unterschiedlicher Einzelinteressen sowohl des heimischen Adels als auch fremder Mächte geworden ist.

Der erste Wahlkönig Henri de Valois (Henryk III Walezy) hat jedoch P. nach einem Jahr heimlich verlassen, um sich als Heinrich III. in Frankreich krönen zu lassen. Sein Nachfolger,Stefan IV Batory gehörte hingegen dank seinen erfolgreichen Kriegen gegen Russland und Verwaltungs- sowie Heerwesensreformen zu den erfolgreichsten Königen P.s. 1567–1648 gelang es der schwedischen Wasa-Dynastie, den polnischen Thron zu besetzen. Sigismund III. Wasa (1587–1632) griff 1609 in das Machtvakuum in Russland (Smuta) nach dem Tod von Ivan IV. Groznyj ein. Es gelang ihm zwar Smolensk und andere Gebiete zu besetzten, den Plan, seinen Sohn Vladislav (1632–48 als Władysław IV. Waza König von P.) auf dem Zarenstuhl zu etablieren und ein polnisch-russisches Reich zu schaffen, schlug jedoch fehl. Die Versuche, die absolutistische Macht in P. einzuführen, stoßen auf Widerstand des Adels. Der Ausbruch des Kosakenaufstandes unter Bohdan Chmelʹnicʹkyj (1648–55) führte zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit Russland (1654–56 und 1658–67) und als der letzte der Wasa-Könige in P., Johann II. Kasimir (1648–68) Anspruch auf die schwedische Krone erhob, kam es zum Krieg mit Schweden (der Zweite Nordisch Krieg 1655–60), der in die polnische Geschichte als „Schwedische Sinnflut“ einging. In Zuge dessen drangen Schweden tief nach Masowien und Großpolen ein und verwüsteten das Land. In diesen Kriegen verlor P. u. a. Livland an Schweden (1657) und die östliche Ukraine an Russland (endgültig 1667). Unter Michał Korybut Wiśniowiecki (1669–73) gewannen die Konflikte mit dem Osmanischen Reich an Bedeutung, die nach der Zerschlagung der osmanischen Truppen in der Schlacht von Chocim (1673) durch den Hetman Jan Sobieski vorerst zu Ruhe kamen. 1674 wurde er in Anerkennung seines militärischen Geschicks als Johann lll. Sobieski (bis 1696) zum polnischen König gewählt. 1683 führte er als Oberbefehlshaber die polnischen und österreichischen Truppen zum Sieg über die Türken vor Wien.

Ende des 17. Jh. konnte das sächsische Kurfürstenhaus in P. politisch durchsetzen. Die sächsisch-polnische Personalunion dauerte mit Unterbrechungen seit 1697–1763. Ab 1700 nahm P. an dem III. Nordischen Krieg (1700–21) gegen Schweden. Nachdem Schweden zuerst Russland besiegt hatte, wurde auch P. bezwungen. Der sächsische Kürfürst Friedrich August I. (in P. 1697–1706 und 1709–1733 als König August II. Mocny) wurde vertrieben und 1706 zum Verzicht auf polnische Krone gezwungen. An seine Stelle setzten die Schweden Stanisław Leszczyński als König durch (1704–1709 und 1733–36). Nach dem Sieg der russischen Truppen über das schwedische Heer bei Poltava kehrte August II. mit russischer Hilfe auf den polnischen Thron zurück. Das vom Krieg und internen Auseinandersetzungen um die Macht P. geriet immer stärker unter fremden Einfluss, zumal der durch Einzelinteressen geteilte Adel keine Regierungsreformen zuließ. Nach dem Tod vom August II. kam es zum Thronfolgekrieg (1733–35), nachdem die Mehrheit des polnischen Adels den von Frankreich unterstützten Stanisław Leszczyński zum König gewählt hat. Der Sohn von August II., August III. (1756–63) war der zweitstärkste Kandidat und setzte sich mit russische Hilfe und Unterstützung von Österreich und Sachsen durch. Aufgrund der Personalunion mit Sachsen wurde P. in den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) hineingezogen. 1764 wurde der ebenfalls von Russland unterstützte Kandidat Stanisław Poniatowski (als Stanisław II August 1764–95) gewählt. Seine Reformversuche stießen auf Widerstand Russlands und Preußens, die einen Aufstieg des polnischen Staates verhindern wollten sowie eines großen Teiles des Adels, der den Verlust eigener Privilegien bangte und sich von den Nachbarmächten instrumentalisieren ließ. Schließlich spitzte sich 1768 der Streit um die Reformen zum Bürgerkrieg (Konföderation von Bar), in dem die Reformgegner von Russland und Preußen, und die Reformwilligen vom Osmanischen Reich unterstützt wurden.

Der preußische König Friedrich der Große hat angesichts dieser chaotischen Zustände bereits 1769 eine territoriale Reduzierung P.-Litauens vorgeschlagen, die 1772 auch durchgeführt wurde. Im Zuge der I. Teilung besetzte Preußen Ermland, Pomerellen (ohne Danzig) und Westpreußen sowie das Kulmer Land, das nördliche Kujawien und das Netzegebiet. Die südlichen Teile der Wojewodschaften Krakau und Sandomir sowie die Woiwodschaft Reussen (Ruthenien) wurden als Königreich Galizien und Lodomerien Österreich einverleibt. Russland nahm die Gebiete östlich der Düna und des Dnjeprs ein. Nach dem Verlust von ca. 30 % der Landesfläche kam es in P. zur nationalen Rückbesinnung und der Großteil des Adels war von der Notwendigkeit dringender, v. a. politischer Reformen überzeugt. Als erste Maßnahme wurde die Nationale Bildungskommission und der lmmerwährende Rat berufen, die ein modernes Bildungs- und Verwaltungssystem schaffen sollten. Die am 3. Mai 1791 verabschiedete Verfassung (die erste geschriebene Verfassung Europas) reformierte das Staatswesen. Sie schaffte das Liberum Veto ab und schränkte die Machtstellung des Adels deutlich ein sowie führte ein beschränktes Mitspracherecht für das Bürgertum ein. Ihre Gegner aus den Adelskreisen bildeten die Kobnföderation)|Magnatenkonföderation von Targowica (1792), die zur Intervention Russlands und Preußens und der II. Teilung (1793) führte. Das Land verlor den Rest der ukrainischen Gebiete mit Wolynien und Polessien an Russland sowie Großpolen, Kujawien, das westliche Masowien und die Städte Danzig und Thorn an Preußen. Das Land wurde auf ca. ein Drittel seiner Fläche aus der Zeit vor 1772 reduziert und die Reformen wurden zurückgenommen. Der Aufstand unter Tadeusz Kościuszko vom März 1794 wurde im November desselben Jahres von preußischen und russischen Armeen niedergeschlagen und im Januar kam es zur III. Teilung P.-Litauen. Die restlichen Staatsgebiete wurden zwischen Russland (Gebiete westlich der Flüsse Bug und Memel), Preußen (Nordmasowien mit Warschau, Podlachien und Litauen südlich der Memel sowie Neuschlesien) und Österreich (Kleinpolen) aufgeteilt. Der König verließ Warschau und dankte ab.

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Die Auflösung des Staates ließ das Nationalbewusstsein der Polen anwachsen, die Unterstützung in ihrem Kampf gegen die Besatzer in den liberalen Kreisen ganz Europas fanden. In Frankreich entstanden polnische Legionen, die der französischen Armee eingegliedert wurden. Kraft des Friedensvertrags von Tilsit (7. Juli 1807) entstand auf den von Napoleon besetzten polnischen Gebieten Preußens und Österreichs das Herzogtum Warschau (da der Russische Zar Aleksandr I. offizieller Depositär der polnischen Krone war, konnte dieses Staatsgebilde den Namen „P.“ nicht tragen). Im Herzogtum wurden eine an die französische angelehnte Verfassung und der ›Code Napoléon‹ eingeführt. Der König Friedrich August I. von Sachsen wurde als Regent in Warschau (1807–15) eingesetzt. 1813 besetzten russische Truppen das Herzogtum Warschau, das formell noch bis 1815 bestand. Nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses (1814/15) wurde auf dem Gebiet des Herzogtums Warschau (ohne das in Preußen eingegliederte Herzogtum Posen und das Gebiet um Krakau, das als Republik Krakau bis 1846 von allen drei Besatzungsmächten regiert wurde) das Königreich P. (Kongresspolen) ausgerufen, in Personalunion mit Russland, doch ursprünglich mit weitgehender Autonomie. Doch die repressive, antipolnische Politik von Nikolai I. (1825–55), der die Verfassung des Königreich P.s missachtete, führte 1830 zum ersten Aufstand (Novemberaufstand) gegen die russische Fremdherrschaft. Nach der Niederschlagung des Aufstands von 1831 wurde die Autonomie des Königreich P.s abgeschafft. Durch die strenge Russifizierungspolitik verstärkte sich die Emigration polnischer Eliten, v. a. nach Frankreich. Nach der Niederschlagung des Aufstands von 1846 in der Republik Krakau (der auch in Galizien, Großpolen und Kaschubien Resonanz fand), wurde ihr Gebiet Österreich eingegliedert. Ein weiterer Aufstand brach 1848 in Großpolen aus, doch auch dieser scheiterte.

Zar Aleksandr II. (1855–81) zeigte sich gegenüber Polen anfänglich liberaler als sein Vorgänger, doch verweigerte er die Autonomie des Königreich P.s und verschärfte sogar den Kurs, als die Forderungen nach deren Wiederherstellung sich intensivierten. Dies führte zum Januaraufstand (1863–64). Als dieser letzte große Aufstand der Polen blutig niedergeschlagen wurde, hat sich die Russifizierungspolitik verstärkt. 1866 wurden die 10 Gouvernements des Königreichs P. ins Russische Reich eingegliedert. Die offizielle Verwendung des Polnischen wurde eingeschränkt und zahlreiche Städte, welche den Aufstand unterstützt haben, wurden degradiert. Der Name „Königreich P.“ wurde durch Privislinskij Kraj (russ., „Weichselland“) ersetzt. Auch Preußen verfolgte eine Unterdrückungspolitik gegen die Polen, die sich nach der Reichsgründung 1871 im Zuge des Kulturkampfs verschärfte. In Galizien hingegen genossen Polen nach der Gründung der Österreichisch-Ungarischen Monarchie 1868 weitreichende, v. a. sprachliche und kulturelle Autonomierechte.

Das breite Spektrum polnischer Organisationen verfolgte unterschiedliche Strategien zur Rettung bzw. Erhaltung der Nation. Sie reichten von Bestrebungen nach einer weitgehender Autonomie bis zu radikalen Plänen einer Weltrevolution, die P. befreien sollte. Der Erste Weltkrieg brachte Hoffnungen auf die Wiederherstellung der Staatlichkeit. Seit 1914 kämpften polnische Legionen unter Józef Piłsudski in der österreichischen Armee. 1915 besetzen die Mittelmächte das Gebiet P.s und am 5.11.1916 proklamierten sie das selbständige Regentschaftskönigreich P., das zuerst vom Staatsrat dann vom Regentschaftsrat regiert wurde. Dieses Gebilde hatte allerdings keinen bestimmten Grenzverlauf und war von Deutschland und Österreich abhängig. Nach dem Sturz des Zaren erkannte die russische Provisorische Regierung im März 1917 das Recht P.s auf Selbstbestimmung an. Im selben Jahr wurde das in Lausanne gebildete polnische Nationalkomitee unter der Führung von Roman Dmowski von der Entente anerkannt. Und schließlich am 7.10.1918 rief der Regentschaftsrat Unabhängigkeit P.s aus. Am 11.11. übergab er die Militär- und am 14.11. auch die Zivilmacht an Piłsudski als „vorläufigen Staatschef“, der mit diktatorischen Vollmachten ausgestattet war. Am 22.11. proklamierte er die Republik P. Ihr Gebiet beschränkte sich anfänglich auf Kongresspolen und Galizien. Andere Gebiete wurden umkämpft. Nach dem Aufstand in Großpolen 1918/19 wurde auch dieses Gebiet an P. angeschlossen. Im Krieg gegen die Westukrainische Volksrepublik 1918/19 wurde die ukrainische Armee an den Dnjestr und Zbruč zurückgedrängt. Die Grenzen P.s wurden politisch erst im Versaillier Friedensvertrag konkretisiert, der am 28.6.1919 unterzeichnet und am 20.1.1920 in Kraft getreten ist. P. erhielt einen Teil Westpreußens, den sog. Polnischen Korridor. Die Zugehörigkeit einiger umstrittenen Gebiete mit gemischter Bevölkerung sollte in Plebisziten entschieden werden. Während der Volksentscheid am 20. Juli 1920 in Ermland, Pomerellen und Weichselland für P. eine Niederlage einbrachte (ca. 95 % der Wähler votierten für den Verbleib in Deutschland – nur fünf Gemeinden wurden an P. angeschlossen), waren die Ergebnisse des Plebiszits vom 20. März 1921 in Oberschlesien problematischer, denn die Gesamtmehrheit hat zwar für Deutschland votiert (59,6 %), doch die Verteilung der Stimmen auf einzelne Gemeinden stellte ein Mosaik mit vielen Enklaven dar, wo die Stimmenverteilung umgekehrt ausfiel als in der direkten Nachbarschaft. Da sich die internationale Wahlkommission auf eine Aufteilung des Gebiets nicht einigen konnte, wobei eine für P. sehr ungünstige Variante präferiert wurde, brach dort der III. Schlesische Aufstand (2/3. 5. – 5.7.1921) aus, der den Aufständen von 1919 und 1920 folgte. Danach fiel zwar ca. ⅓ des Gebietes an P., in dem sich allerdings ⅔ der Industrieanlagen befanden. 1919/20 dauerte die Auseinandersetzung mit der Tschechoslowakei um die Gebiete Teschener Schlesien, Orava und Zips, wo ebenfalls ein Plebiszitsgebiet vorgesehen worden war, die schließlich ohne den Volksentscheid geteilt wurden.

Der Danziger Raum wurde 1920 zur Freien Stadt unter dem Schutz des Völkerbundes erklärt, die nach Außen von P. vertreten wurde und in der P. und Deutschland Sonderrechte erhielten.

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Im Krieg gegen Sowjetrussland 1919/20 erzielten polnische Truppen zuerst große Erfolge und besetzten weite Landstriche mit Kiew. Kurz darauf wurden sie aber von der Roten Armee bis ins polnische Kernland zurückgeworfen. Erst die Schlacht von Warschau (in P. als „Wunder an der Weichsel“ gefeiert) brachte eine Wende und drängte die sowjetische Armee weit nach Osten (bis etwa Minsk) zurück. Und in Folge des Friedens von Riga (18.3.1921) stimmte Sowjetrussland erheblichen Gebietverlusten, stellenweise ca. 250 km östlich des geschlossenen polnischen Siedlungsgebiets, an P. zu. 1919–22 dauerte der Konflikt mit Litauen um Wilna, das schließlich von P. annektiert wurde. Die 1920 besetzten Gebiete um Daugavpils wurden bald an Lettland abgetreten, das P. im Kampf gegen Sowjetrussland unterstützte.

In den nordöstlichen und östlichen Staatsgebieten waren Polen lediglich in den Großstädten wie Lemberg und Wilna und deren direkter Umgebung in der Mehrheit, auf dem Land waren Weißrussen bzw. Ukrainer oder Litauer in der Mehrzahl. In zahlreichen Kleinstädten (Schtetl) stellten Juden den Großteil der Bevölkerung, die auch in den wichtigsten Großstädten eine der bedeutenden Minderheiten waren.

Die Grenzkonflikte mit fast allen Nachbarnstaaten haben ihren Schatten auf die außenpolitischen Beziehungen des Landes geworfen. Die Unterdrückung der Minderheiten (v. a. Weißrussen und Ukrainer, aber auch Deutsche und Juden), die immerhin ca. 20 % der Bevölkerung ausmachten sowie im Falle von Sowjetrussland und später auch des Deutschen Reiches ideologische Konflikte verstärkten die Spannungen. Gute Beziehungen bestanden mit Frankreich, das P. durch einen Verteidigungspakt in die Politik des Cordon sanitaire gegen Sowjetrussland einband. P. schloss im März 1921 ein Militärbündnis mit Rumänien, das sich an der Kleinen Entente beteiligte.

Die Wiederherstellung der Eigenstaatlichkeit nach 123 Jahren hat sich sehr schwierig gestaltet. In den einzelnen Teilungsgebieten hatten sich praktisch alle Bereiche der Politik, Verwaltung, Kultur und Wirtschaft sehr unterschiedlich entwickelt. Nachdem die neue Verfassung vom 17.3.1921 die Macht des Präsidenten stark einschränkte, hat Piłsudski 1922 sein Amt als Staatsoberhaupt niedergelegt und verzichtete auf die Kandidatur um die Präsidentschaft. Der erste Präsident P.s, Gabriel Narutowicz wurde kurz nach seinem Amtseintritt erschossen. Die Wirtschaftskrise und eine sehr angespannte innen- wie außenpolitische Lage führten am 12.5.1926 zum Staatstreich, durch den Piłsudski wieder an die Macht kam. Auch wenn er offiziell nur Kriegsminister und Oberbefehlshaber war und die demokratische Verfassung nicht außer Kraft gesetzt wurde, hat er das Land in eine autoritäre Diktatur verwandelt, die allerdings nicht nur beim Militär aber auch vom großen Teil der Bevölkerung Unterstützung fand. Die regierungstreuen Parteien wurden zu einem Block zusammengefasst, die politische Opposition wurde allmählich zerschlagen. Das Ermächtigungsgesetz vom März 1933 verstärkt Piłsudskis autoritäre Macht und ebnete den Weg für die am 23.4.1935 verabschiedete Verfassung. Als Piłsudski am 12.5. starb, kam es zu Konflikten um die Macht zwischen dem Staatspräsidenten Ignacy Mościcki, Außenminister Józef Beck und dem Oberbefehlshaber Edward Rydz-Śmigły, wobei sich schließlich der Letztere durchsetzte. 1932 unterschrieb P. einen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion und 1934 mit dem Deutschem Reich. Im Oktober 1938 beteiligte sich P. an der Zerschlagung der Tschechoslowakei durch das Münchner Abkommen. Alle umstrittenen Gebiete, die 1920 in die Tschechoslowakei eingegliedert worden waren, wurden annektiert. Doch bereits im selben Jahr verlangte das Deutsche Reich die Angliederung der Freien Stadt Danzig und Schaffung eines exterritorialen Transportweges zwischen Ostpreußen und dem restlichen Deutschen Reich, was P. im März 1939 ablehnte. Angesichts der Bedrohung seitens Deutschland hat P. nach Sicherheitsunterstützung in Frankreich und Großbritannien gesucht, die es auch am 31.3.1939 erhielt. Am 28.4.1939 kündigte Deutschland den auf zehn Jahren festgelegten Nichtangriffspakt mit Polen aus dem Jahre 1934 auf. In einer geheimen Zusatzklausel (Hitler-Stalin-Pakt) vom 23.8.1939 wurde die Zerschlagung des polnischen Staates und die Aufteilung seines Gebiets zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion beschlossen. Schließlich begann am 1.9.1939 der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall Deutschlands auf P. Während sich polnische Truppen dem Aggressor vom Westen widersetzten, wurden am 17.9. die östlichen Gebiete P.s von der sowjetischen Armee besetzt und in die Weißrussische bzw. Ukrainische Sowjetrepublik eingegliedert. Am selben Tag wurde die polnische Regierung und Teile der Armee nach Rumänien evakuiert.

Zahlreiche Morde an der Zivilbevölkerung, Vernichtungslager, Flüchtlingsströme, Aussiedlungsaktionen, Deportationen und massiver Widerstand der Bevölkerung prägten das Bild hinter der Frontlinie. Trotz der Kriegserklärung Frankreichs und Großbritanniens an Deutschland am 3.9.1939, war P. militärisch isoliert. Der Widerstand der restlichen regulären Truppeneinheiten dauerte bis zum 6. Oktober als die letzte Kampfgruppe vor den Deutschen kapitulierte. Eine offizielle Gesamtkapitulation P.s fand jedoch nicht statt. Die polnischen Kriegsgefangenen in den sowjetisch besetzten Gebieten wurden 1939/40 zum großen Teil vom NKWD umgebracht (die Massaker von Katynʹ, Charkow, Starobilsʹk und Kozelʹsk), die Intelligenz wurde 1940/41 nach Sibirien und Kasachstan deportiert.

Die meisten Gebiete, die vor dem Ersten Weltkrieg zu Deutschland gehörten (Großpolen, Westpreußen und der polnische Teil Oberschlesiens), wurden am 8.10. direkt ans Deutsche Reich angeschlossen, auf den restlichen von Deutschland besetzten Gebieten wurde am 26.10. das Generalgouvernement Polen mit Hans Frank als Generalgouverneur ausgerufen. Der deutsche „Lebensraum“ sollte auf Kosten P.s erweitert werden. Die „Liquidierung des führenden Polentums“ wurde als eine vorrangige Aufgabe angesehen. Heinrich Himmler führte als „Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums“ die Trennung der polnischen, deutschen und jüdischen Bevölkerung und die konsequente Germanisierung der Kaschuben, Oberschlesier, Masuren und der Goralen durch, um diese ebenso wie Teile der deutschsprachigen Polen für das Deutschtum zu gewinnen. Während des Zweiten Weltkrieges wurden ca. 1,7 Mio. Polen in das Deutsche Reich zur Zwangsarbeit verschleppt. An ihrer Stelle wurde deutsche Bevölkerung angesiedelt, vorwiegend aus den alten Siedlungsräumen, die außerhalb der Reichsgrenze lagen, wie dem Baltikum, Ostgalizien, Wolynien oder Bessarabien.

Die Intelligenz wurde neben der Germanisierungspolitik auch verstärkt Repressalien ausgesetzt. Sie wurde besonders oft Ziel der Vernichtungsaktionen. Während des Zweiten Weltkrieges kamen ca. 6 Mio. polnischer Staatsbürger, darunter ca. 3 Mio. polnische Juden ums Leben. In den größten Vernichtungslagern der Nazionalsozialisten – Auschwitz, Treblinka und Majdanek – die sich im Generalgouvernement befanden, wurden auch zahlreiche Vertreter anderer Nationen ermordet.

Die seit dem 30.9. in Paris amtierende polnische Exilregierung unter Władysław Sikorski wich dem Einmarsch der Wehrmacht in Frankreich nach London aus. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion wurde am 30.6.1941 der Vertrag über die Entstehung der polnischen Armee in der UdSSR geschlossen. Doch die erste Armee unter General Władysław Anders, die sich z. T. aus polnischen Kriegsgefangenen rekrutierte, wurde im Frühjahr 1942 in den Nahen Osten evakuiert. Im April 1943 hatte die UdSSR ihre Kontakte zur polnischen Exilregierung abgebrochen und im Mai 1943 wurde die zweite polnische Armee gegründet, die politisch der UdSSR unterstellt war und die Exilregierung nicht anerkannte. Zum Bruch kam es nachdem die Exilregierung sich weigerte, den Überlegungen der Alliierten von der Konferenz in Teheran, die Curzon-Linie als der künftigen Ostgrenze und einer Westverschiebung P.s zuzustimmen.

In P. selbst entstanden schnell starke Widerstandsorganisationen, v. a. die bereits 1939 gegründete Armia Krajowa (AK, „Heimatsarmee“ – in Abgrenzung zur Exilarmee), die mit der Exilregierung zusammengearbeitet hat und die größte Untergrundarmee im Zweiten Weltkrieg bildete. Sie operierte auf dem ganzen Gebiet des Vorkriegsp.s und lieferte sich bisweilen Auseinandersetzungen mit den kommunistischen Widerstandsorganisationen. Im April 1943 brach der Warschauer Gettoaufstand aus, der jedoch bereits im Mai niedergeschlagen und die Bevölkerung des Gettos beinahe vollständig vernichtet wurde.

Bald nach dem Einmarsch der Roten Armee in Gebiete westlich des Bugs übernahm am 22.7.1944 das kommunistisch orientierte „Polnische Komitee der nationalen Befreiung“ (PKWN) mit sowjetischer Billigung und Unterstützung die Verwaltung in den durch die Rote Armee besetzten Gebieten. Am 1.8.1944 brach der nächste Aufstand im noch von den Deutschen besetzten Teil Warschaus aus – diesmal als Initiative der AK, die den Anspruch der Exilregierung bekräftigen und ein Gegengewicht zum Lubliner Komitee schaffen wollte. Doch der Aufstand wurde ebenfalls niedergeschlagen. Über 100 Tsd. Menschen wurden getötet, fast die gesamte Bevölkerung Warschaus wurde deportiert und die Stadt in Schutt und Asche gelegt. Weder die Alliierten noch die auf dem rechten Ufer der Weichsel stationierte Rote Armee haben in die Kämpfe eingegriffen. Auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 wurde die bereits in Teheran diskutierte Grenzziehung für P. beschlossen. Bis März 1945 war dieses Gebiet bereits weitgehend frei von deutschen Truppen und die aus dem PKWN entstandene provisorische Regierung übernahm dort die Regierungsaufgaben. Dies führte zu erheblichen Spannungen zwischen der provisorischen und der Exilregierung, da die letztere diese Grenzziehung nach wie vor ablehnte. Schließlich entzogen auch die Alliierten ihre Anerkennung der Exilregierung. Die Lage in P. selbst war jedoch weiterhin sehr gespannt: Während die UdSSR-hörige Regierung auf die Macht beharrte (im Juli 1945 wurde der Freundschafts- und Beistandspakt mit der UdSSR geschlossen), war die Bevölkerung in mehrere politische Lager gespalten und im Südosten des Landes dauerte der Krieg gegen die „Ukrainische Aufstandsarmee“ (UPA) weiter an. Erst im Juni 1945 wurde die von Alliierten geforderte „Regierung der Nationalen Einheit“ aus den Vertretern der provisorischen Regierung, Bürgerlichen und Exilpolitikern gebildet. Im August 1945 unterstellten die Alliierten gemäß dem Potsdamer Abkommen offiziell die Gebiete östlich der sog. Oder-Neiße-Linie bis zum Abschluss eines Friedenvertrags der polnischen Regierung. Der Verlauf der östlichen Grenze P.s wurde am 16.8.1945 in einem Vertrag mit der UdSSR geregelt (mit Änderungen am 15.2.1951). Am 6.7.1950 hat die DDR im Görlitzer Abkommen die unwesentlich modifizierte Oder-Neiße-Linie als „unantastbare Friedens- und Freundschaftsgrenze“ zwischen P. und ihr akzeptiert. Der Grenzverlauf mit der Tschechoslowakei wurde hingegen erst 1958 endgültig geregelt. Eine direkte Folge des Zweiten Weltkrieges bildeten die großen Migrationswellen: Während die Polen aus der Gefangenschaft, von der Zwangsarbeit oder aus dem Exil (insgesamt ca. 2,2 Mio. bis 1947) zurückkehrten bzw. aus den an die Sowjetunion angegliederten Gebieten umgesiedelt wurden (ca. 2 Mio. im selben Zeitraum), strömten deutsche Flüchtlinge und Vertriebene in die Besatzungszonen der Alliierten. Direkt nach Kriegsende wurde etwa 1,25 Mio. rückkehrenden Deutschen die Wiederansiedlung durch polnische Behörden verweigert. Die erste größere Welle der Vertreibung vom Juni/Juli 1945 betraf vermutlich 250.000 Deutsche. Dazu kamen zwischen August und November desselben Jahres ca. 400.000 und etwa 2 Mio. im Jahre 1946. Schätzungsweise starben 1,2 Mio. Menschen im Zusammenhang mit der Flucht. Ca. 500 Tsd. Ukrainer und Weißrussen verließen P. Richtung Osten. Zahlreiche Polen kehrten aus dem Exil bzw. dem Lager zurück, andere wiederum verließen wegen den kommunistischen Machthabern das Land.

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Die führende Kraft der neuen Regierung bildete die „Polnische Arbeiterpartei“ (Polska Partia Robotnicza, PPR), die auch den „Demokratischen Block“ dominierte, der alle Parteien außer der „Bauernpartei“ (Polskie Stronnictwo Ludowe, PSL) umfasste. Nach den manipulierten Wahlen vom 19. Januar 1946 erhielt die letztere nur 50 der 444 Sitze im Sejm. Bolesław Bierut (PPR) wurde zum Staatspräsident und der Chef der „Polnischen Sozialistischen Partei“ (Polska Partia Socjalistyczna, PPS) – Józef Cyrankiewicz zum Ministerpräsidenten. Nach dem Inkrafttreten der sog. kleinen Verfassung am 19.2.1947 wurde P. zur Volksdemokratie. Jede Opposition, auch die innerparteiische, wurde verfolgt – so auch der frühere Vorsitzende der PPR – Władysław Gomułka, der 1948/9 aller Ämter enthoben wurde und schließlich inhaftiert. Im Dezember 1948 wurde die PPR und PPS zwangsweise zur „Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei“ (Polska Zjednoczona Partia Robotnicza, PZPR) unter Bierut. Die PZPR schaltete nun die legale Opposition aus. Die Katholische Kirche, die als Sammelbecken von Oppositionskräften fungierte, wurde ebenfalls verfolgt und ihre Geistlichen verhaftet, darunter auch der Primas Stefan Wyszyński. In der Verfassung vom 22.7.1952 (die an der sowjetischen Verfassung von 1936 angelehnt war) wurde die führende Rolle der PZPR festgeschrieben.

Trotz der enormen durch den Krieg und seine Nachwirkungen entstandenen Schäden, lehnte die polnische Regierung die Hilfe im Rahmen des Marshallplans ab. Stattdessen knüpfte sie enge wirtschaftliche Beziehungen zu UDSSR und führte die Planwirtschaft ein. Eine enge Einbindung an den Ostblock wurde forciert. Bereits 1945 wurden die meisten Betriebe und Banken verstaatlicht, ab 1949 wurden zahlreiche Landwirtschaft und kleine Gewerbebetriebe zwangskollektiviert. 1949 gehörte P. zu den Gründungsmitgliedern des RWG und 1955 des sog. Warchauer Paktes.

Nach der Einleitung der Entstalinisierung auf dem XX. Parteitag der KPdSU (Februar 1956) begann Bierut (März 1956) die Regierungspolitik der PZPR allmählich zu lockern. Die Unzufriedenheit der Gesellschaft mit den katastrophalen Lebensumständen und der sowjetischen Dominanz wurden lauter. Schließlich äußerte sich diese im Juni 1956 in Massenstreiks und -demonstrationen, die am 28.6. durch das Militär blutig niedergeschlagen wurden (insgesamt gab es ca. 60–70 Todesopfer und 600 Verletzte). Zur Rettung der verlorenen Autorität der PZPR hat die sowjetische Führung die Rückberufung des beliebten Gomułka am 21.10. des Jahres an die Spitze der PZPR veranlasst und P. einen eigenen Weg zum Sozialismus zugestanden. Seine Reformen ermöglichten die Reprivatisierung landwirtschaftlicher Betriebe; die Ausrichtung der Industrieproduktion auf Konsumgüter wurde intensiviert. Die sowjetischen Berater wurden entlassen und die Stationierung sowjetischer Truppen in P. eingeschränkt. Parteilose Kandidaten wurden wieder zu Wahlen zugelassen. Auch die Religions- und Kulturpolitik wurde anfänglich liberalisiert, doch in diesen Bereichen wurden die Freiheiten bald wieder eingeschränkt. Diese Verschärfung des Kurses sowie die weiterhin schlechte Versorgungslage führten im März 1968 zu Studentenunruhen zuerst an der Universität in Warschau, dann auch in Krakau, Danzig, Posen und Lublin. Diese Unruhen wurden zur Abrechnung mit der innerparteiischen Opposition genutzt und führten zur Säuberung offizieller Posten von Juden, die zur Auswanderung gedrängt wurden. Kurz danach verließen über 80 % der ca. 40 Tsd. nach dem Zweiten Weltkrieg in P. verbliebenen Juden das Land.

Im August 1968 nahmen polnische Truppen an der Niederschlagung des Prager Frühlings teil. Als im Dezember 1970 deutliche Preiserhöhungen die Bevölkerung trafen, brachen v. a. in den Industriestädten an der Küste Unruhen aus, die in Danzig, Gdynia, Stettin und Elbląg Todesopfer brachten. Infolgedessen musste Gomułka die Führung ablegen.

Am 7.12.1970 wurde der Warschauer Vertrag unterzeichnet, in dem die Oder-Neiße-Linie faktisch als Westgrenze P.s anerkannt wurde. Die beiden Länder bekräftigten die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen und sie verpflichteten sich, keine Gebietsansprüche zu erheben. Der Vertrag war im Bundestag äußerst umstritten und von der BRD erst 1972 ratifiziert. In diesem Jahr nahm die BRD auch diplomatische Beziehungen mit P. auf.

Der neue Erste Sekretär der PZPR, Edward Gierek, führte eine pragmatischere Politik als seine Vorgänger. Er baute Kontakte zu den westlichen Ländern aus, in denen er auch Unterstützung für die Modernisierung der polnischen Wirtschaft suchte. So wurden zahlreiche Lizenzverträge mit westlichen Firmen geschlossen und Kredite aufgenommen. Auch die Kultur- und Religionspolitik wurde wieder liberalisiert. Der Lebensstandard konnte anfänglich dank ausländischer Anleihen gesteigert werden, doch bald zeichneten sich Symptome einer Krise an, und nach der Ankündigung einer kurzfristigen und deutlichen Preissteigerung, kam es am 25.6.1976 zur nächsten Protestwelle, v. a. in Radom, Ursus und Płock die brutal niedergeschlagen wurden. Die Vorgehensweise des Staatsapparats bewirkte jedoch eine engere Kooperation der oppositionellen Kräfte, und noch im selben Jahr entstanden ihre ersten größeren, zuerst illegalen Organisationen. Durch die Wahl des Krakauer Erzbischofs Karol Wojtyła zum Papst am 16.10.1978 bekamen sie einen neuen Antrieb. Zu dieser Zeit begann der Lebensstandard wieder zu sinken und einige Lebensmittel wurden rationiert. Als die kritische Versorgungslage noch durch weitere Preiserhöhungen verschärft wurde, kam es zu einer landesweiten Streikwelle. Danzig, wo illegale Arbeiterbewegungen am besten organisiert waren, wurde zum Zentrum der Streikbewegung. Zum ersten Mal führte die Regierung Gespräche mit den Protestierenden und machte Zugeständnisse. Am 10.11.1980 wurde die erste unabhängige Gewerkschaft im Ostblock unter der Führung von Lech Wałęsa (Solidarność) offiziell zugelassen. Infolge der politischen und wirtschaftlichen Niederlage (P. war nicht in der Lage, die Rückzahlung der rasch angestiegenen Kredite zu finanzieren) musste Gierek den Posten des Ersten Sekretärs räumen. Da die Wirtschaftskrise sich jedoch weiter verschärfte und die Konservativen in der PZPR Reformversuche blockierten, verschärfte sich die politische Polarisierung der Lage zwischen der Regierung und der Gesellschaft deutlich. Der Solidarność schlossen sich bald ca. 10 Mio. Menschen an. Die inneren Machtkämpfe in der Gewerkschaft erschwerten eine klare Zielformulierung, so dass die deutlichste Ausdrucksform der Unzufriedenheit Streiks blieben. Angesichts vom zunehmenden politischen Chaos und wirtschaftlichen Kollaps verhängte der Erster Sekretär General Wojciech Jaruzelski (der auch Ministerpräsident war) am 13.12.1981 das Kriegsrecht. Die Verwaltungs- und Wirtschaftskontrolle wurde von dem „Militärrat für nationale Rettung“ (Wojskowa Rada Odrodzenia Narodowego, WRON) übernommen. Die Gewerkschaften sowie andere unabhängige Organisationen wurden verboten und zahlreiche Oppositionelle inhaftiert bzw. interniert. Ende 1982 wurde das Kriegsrecht ausgesetzt, am 22.7.1983 komplett aufgehoben und die meisten politischen Gefangenen freigelassen.

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Die kommunistische Führung besaß jedoch kein Reformkonzept. Die politische Stabilität versuchte man durch halbherzige Annäherung an die gesellschaftlichen Gremien außerhalb der Solidarność, v. a. mit der Katholischen Kirche, was jedoch keine größeren Erfolge brachte, besonders nach der Ermordung des oppositionellen Priesters Jerzy Popiełuszko durch die Geheimpolizei im Oktober 1984. Auch die wirtschaftlichen Reformen brachten keine wesentlichen Erfolge.

Die katholische Kirche trat jetzt noch stärker in die Rolle des Sammelbeckens von Oppositionskräften, die durch die Papstbesuche 1983 und 1987 verstärkt wurde. Allmählich entspannte sich die innenpolitische Lage, doch die wirtschaftliche Krise konnte nicht überwunden werden. Das von der Regierung vorgeschlagene Reformpaket wurde im November 1987 von der Bevölkerung in einem Referendum abgelehnt. Die Streikwellen vom April/Mai und August 1988 zeigten die Notwendigkeit eines Dialogs mit den gesellschaftlichen Kräften. Am 31.8.1988 fand das erste Gespräch zwischen der Regierung und Wałęsa. Nachdem Mieczysław Rakowski im September 1988 zum Ministerpräsident ernannt wurde und das ZK im Dezember von Reformbefürworter beherrscht wurde, verstärkte sich dieser Kurs. Vom 6.2. bis 5.4.1989 fanden Gespräche am Runden Tisch zwischen der Partei und der Opposition statt, in denen u. a. die Einführung eines Mehrparteiensystems, des Prinzips freier Wahlen und unabhängiger Gerichte abgesprochen wurde. Bereits am 17.4. wurde die Solidarność wieder legalisiert und am 4.6. fanden die ersten Parlamentswahlen, bei denen alle Plätze im wieder eingeführten Senat und ein Teil der Sejmplätze (65 % waren für Kandidate der PZPR reserviert) frei besetz werden durften. Die Opposition gewann alle Plätze im Senat und alle frei wählbaren Plätze im Sejm. Auf das wieder eingeführte Amt des Präsidenten, den die PZPR in Anspruch nahm, wurde am 19.6. mit einer Stimme Mehrheit Jaruzelski gewählt. Am 13.9. wurde der Kandidat der Opposition Tadeusz Mazowiecki mit der Regierungsbildung beauftragt. Noch im selben Jahr wurden Verfassungsänderungen verabschiedet. Der alte Staatsname – Republik P. wurde wieder eingeführt. 1990 löste sich die PZPR auf. Im November wurde der Grenzvertrag mit dem wiedervereinigten Deutschland unterzeichnet, der die endgültige Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze brachte.

Der Systemwechsel hat sich schneller vollzogen als die politischen Akteure es erwartet hatten. Es entwickelte sich zunächst ein politisches System, dass seit dem 22.12.1990 einerseits durch einen direkt gewählten Staatspräsidenten (1990–95 Wałęsa, 1995–2005 Aleksander Kwaśniewski) mit weit reichenden Machtbefugnissen, andererseits aber durch schnell wechselnde Regierungskoalitionen, eine starke Fragmentierung des Parteiensystems sowie durch Kompetenzstreitigkeiten der staatlichen Institutionen geprägt ist. Die Zersplitterung der Opposition führte dazu, dass am 27.10.1991 in den ersten freien Parlamentswahlen in P. nach dem Zweiten Weltkrieg 29 Parteien ins Parlament Einzug fanden. Als oberste Priorität der polnischen Außenpolitik galt die volle lntegration in die europäischen Organisationen und Bündnisse nach Westen. 1991 wurde P. als Vollmitglied in den Europarat aufgenommen. Das auch 1991 unterzeichnete Assoziierungsabkommen mit der EU trat am 1.4.1994 in Kraft. Im selben Jahr stellte P. auch den Aufnahmeantrag in die EU. Mit dem Beitritt zur NATO (1999) und EU (2004) vollzog sich die Integration. 2003 beteiligte sich P. in der Invasion auf den Irak und übernahm die Führung einer der sog. Stabilisierungszonen. Damit hat P. einen bedeutenden Platz in der internationalen Politik eingenommen, aber gleichzeitig belastete dies die Beziehungen auf der EU-Ebene. 1997 wurde die neue Verfassung verabschiedet, welche die Machtstellung des Präsidenten einschränkt. Doch seine Befugnisse sind vergleichsweise weit reichend. Seit dem 23.12.2005 ist Lech Kaczyński Präsident der Republik P., der Zwillingsbruder des seit dem 19.7.2005 amtierenden Ministerpräsidenten Jarosław Kaczyński.

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(Andreas Wust, Dariusz Gierczak)

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