Livland (Krieg)

Livländischer Krieg; Konflikt zwischen dem Moskauer Großfürsten und der Krone Schwedens und Polen-Litauens, zeitweise auch Dänemarks, um die Herrschaft über die im Zuge von inneren Zwisten, der Reformation und äußerem Druck auseinander brechende Livländische Konföderation. Üblicherweise zwischen 1558 und 1582/83 angesetzt, zog der L. K. eine ganze Reihe von Folgekonflikten zwischen den beteiligten Staaten nach sich, die sich im „Zeitalter der nordischen Kriege“ (Klaus Zernack) bis 1809 fortsetzten.

Ausgelöst wurde der Krieg durch den Angriff Moskauer Truppen auf Livland im Jahre 1558. Der Moskauer Großfürst hoffte, auf diese Weise Schweden, Polen, Litauen und Dänemark zuvorkommen und die merkantil lukrativen livländischen Handelsstädte an der Ostsee in seinen Besitz bringen zu können. Narva, Dorpat (estn. Tartu) und der Norden der Konföderation wurden rasch besetzt; doch verlockte die Provokation Moskaus und die sichtlich auseinanderbrechende Konföderation die Nachbarmächte zum Eingreifen.

Die Stände der Insel Ösel (estn. Saaremaa) und das Stift Pilten (lett. Piltene) unterstellten sich 1559 der dänischen Krone. Der festländische Teil des früheren Piltener Stiftsgebietes ging 1563 an Schweden verloren, konnte jedoch wiedergewonnen werden. 1561 unterstellten sich die Stadt Reval (estn. Tallinn) und die Harrisch-Wierische Ritterschaft Schweden freiwillig. Die kleineren Städte im nördlichen Altlivland hingegen eroberte Schweden durch Waffengewalt. Außerdem unterwarf es 1581 die Wiek. Ein Teil der livländischen Stände unterstellte sich 1561 dem König von Polen.

Kurland erlangte nach dem Zusammenbruch der livländischen Herrschaft unter dem letzten livländischen Ordensmeister Gotthard Kettler (1559–62) als einziges Restterritorium Altlivlands eine relative Unabhängigkeit. Durch die zwischen Kettler und dem König von Polen, Sigismund II. August (1548–72), abgeschlossenen ›Pacta subiectionis‹ (1561) entstand das Herzogtum Kurland und Semgallen mit Kettler als Herzog unter der Oberhoheit des Königs von Polen.

Durch die Intervention der Nachbarmächte war Moskau zu einer unbeabsichtigten Ausweitung seines militärischen und diplomatischen Engagements in der „livländischen Frage“ (Reinhard Wittram) gezwungen. Während es aber eine militärische Auseinandersetzung mit Dänemark und Schweden scheute, wurde es durch die präventive Eroberung von Polack (1563) in einen langen und verlustreichen Krieg mit Polen und Litauen getrieben.

Eine politische Lösung durch die Inthronisierung des „Königs von Livland“, des Moskauer Vasallen Magnus von Holstein (1570), scheiterte an Magnus’ politischer Unfähigkeit. Erneute militärische Vorstöße Moskaus im Ostbaltikum (1577) provozierten eine polnisch-litauisch-schwedische Allianz (1578), die schließlich das Schicksal Moskaus an der Ostsee besiegelte. Im Friedensschluss mit Polen-Litauen in Jam Zapolʹskij (1582) verzichtete Moskau auf die südlichen Territorien der ehemaligen Livländischen Konföderation und auf Polack, im Friedensschluss mit Schweden von Pljussa (1583) auf die estländischen Territorien und auf die ingermanländischen Festungen Jam (Kingisepp), Koporʹe und Ivangorod.

Angermann N. 1972: Studien zur Livlandpolitik Ivan Groznyjs. Marburg/Lahn. Zernack K 1974: Das Zeitalter der nordischen Kriege als frühneuzeitliche Geschichtsepoche. Zeitschrift für Historische Forschung 1, 55-79.

Anfang

(Ralph Tuchtenhagen)

Views
bmu:kk