Białystok
Białystok (poln., litau. hist. Baltstogė).
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1 Geographie
Die Stadt B., Hauptstadt der nordostpolnischen Woiwodschaft Podlachien (Województwo podlaskie), liegt etwa 45 km von der weißrussischen Grenze entfernt am Fluss Białka. Das Gebiet der 295.000 Einwohner (2006) zählenden Stadt umfasst 102 km² und liegt durchschnittlich 120 m ü. d. M. B. ist die größte Stadt Nordostpolens und regionales Verwaltungs-, Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturzentrum. Auch ist sie ein Zentrum v. a. der weißrussischen, aber auch der ukrainischen und muslimischen Minderheit in Polen und Sitz verschiedener Vereinigungen dieser Volksgruppen. Die bedeutendsten Industriezweige sind die Lebensmittelindustrie, die Energie-, Wasser- und Gasversorgung, die Textilindustrie sowie der Maschinen- und Anlagenbau.
2 Kulturgeschichte
Der Legende nach wurde B. 1320 vom litauischen Großfürsten Gediminas gegründet. Offensichtlich geht der Name B. jedoch auf das 1426 erstmals urkundlich erwähnte Dorf Bielszczany Stok zurück, das ab dem 16. Jh. B. hieß. Seit 1547 gehörte B. dem Geschlecht der Wiesiołowskis und ging 1661 in den Besitz des Kronfeldhetmans Stefan Czarniecki über. Eine Blütezeit erlebte B. unter der Familie Branicki (1685–1771). Das Stadtrecht erhielt B. 1692. Ehe B. 1802 an den preußischen König verkauft wurde, übten die Familie Potocki die Herrschaft über die Stadt aus. Seit dem 17. Jh. siedelten sich verstärkt Juden in B. an, eine jüdische Gemeinde ist seit 1745 existent).
Nach den polnischen Teilungen lag B. ab 1795 im preußischen Teilungsgebiet und ab 1807 im russischen Teilungsgebiet. B. war bis 1842 Verwaltungszentrum des gleichnamigen Gebietes wurde dann jedoch administrativ dem Gouvernement Grodno unterstellt. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. erlebte B. eine beachtliche Industrialisierungswelle. Zwischen 1905 und 1907 kam es auch in B. zu revolutionären Erhebungen gegen den Zaren, was Massaker an den beteiligten Arbeitern und Judenpogrome zur Folge hatte. Vor dem Ersten Weltkrieg hatte die Stadt etwa 80.000 Einwohner, davon ein hoher Anteil Juden.
Im Ersten Weltkrieg wurde B. von deutschen Truppen besetzt. Die Okkupation dauerte bis 1919 an. Nach dem Abzug der Deutschen war B. Bestandteil der Zweiten Polnischen Republik. Während des Polnisch-Sowjetischen Krieges (1920–21) wurde B. vom 28.07.1920 bis zum 22.08.1920 von der Roten Armee besetzt. 1920 kam es in B. zur Bildung eines Vorläufigen Revolutionskomitees unter den polnischen Kommunisten Julian Marchlewski und Feliks Dzeržinskij als Keimzelle einer geplanten Räteregierung. In der Zwischenkriegszeit wuchs die Bevölkerung der Stadt auf bis zu 107.000 Personen an. Der polnische Bevölkerungsanteil betrug ca. 50 %. Nach dem deutschen Überfall auf Polen am 01.09.1939 wurde B. am 15.09.1939 von der Wehrmacht eingenommen. Entsprechend der Bestimmungen des Hitler-Stalin-Paktes übergab die deutsche Seite die Stadt jedoch bereits sieben Tage später an die Sowjetunion. Bis 1941 war B. als Verwaltungszentrum des Gebietes B. der „Weißrussischen Sowjetrepublik“ Teil der UdSSR. In dieser Zeit wurden vor allem in B. ansässige Polen ins Landesinnere der Sowjetunion deportiert. Nach dem deutschen Angriff auf die UdSSR am 22.06.1941 und der sich daran anschließenden Okkupation (bis 1944) wurde B. als Verwaltungszentrum des Bezirkes B. ins Deutsche Reich eingegliedert. Im jüdischen Getto der Stadt kam es 1943 zu einem Aufstand.
1945–98 war B. Hauptstadt der gleichnamigen Woiwodschaft. Seit 1999 ist B. Hauptstadt der Woiwodschaft Podlachien. Zu den wichtigsten kulturellen Einrichtungen von B. gehören heute das Aleksandr-Węgierek-Theater, das Puppentheater, die Philharmonie und das Kulturzentrum der Stadt. Das ehemalige Rathaus beherbergt heute das Museum für regionale Kultur. Erwähnenswert sind außerdem das Geschichtsmuseum und das Armeemuseum. B. verfügt über drei Galerien. Das wichtigste Baudenkmal der Stadt ist das barocke Branicki-Schloss im Stadtzentrum, das wegen seiner im Rokoko-Stil angelegten Gartenanlagen auch das „polnische Versailles“ genannt wird. Heute ist B. auch als Hochschulstadt von Bedeutung: Bereits 1949 wurde das spätere Polytechnikum als Ingenieurhochschule gegründet, 1997 entstand aus einer Zweigstelle der Universität Warschau die Universität B. Weiters finden sich in B. eine Außenstelle der Warschauer Musikakademie, der Warschauer Theaterakademie und eine Reihe privater Hochschulen.