Kleinpolen

Kleinpolen (poln. Małopolska, lat. Polonia Minor).

Der Begriff K. bezeichnet eine historisch-geographische Region und eine Woiwodschaft (Województwo małopolskie) in Polen. Der Begriff entstand im Laufe des 14. und 15. Jh. und ist in den Quellen ab 1412 fassbar. Er diente zur Unterscheidung des „jüngeren” vom „älteren“ Polen (dt. Großpolen, poln. Wielkopolska, lat. Polonia Maior) und von Gesamtpolen. Die geographischen Grenzen K.s sind aufgrund des Bedeutungswandels, dem der Begriff unterlag in mehrfacher Weise bestimmbar. Neben der seit 1999 bestehenden Woiwodschaft K. lassen sich dem Begriff K., der auch für den gesamten Süden der Republik Polen verwendet wird, drei Bedeutungen und damit unterschiedliche, sich teilweise überlappende Gebiete zuordnen.

In seiner ursprünglichen Bedeutung bezeichnet K. die im 9. Jh. vom Stamm der „Wislanen“ („Anwohner der Weichsel“) und anderen slawischen Stämmen besiedelte Region im Einzugsgebiet der oberen und mittleren Weichsel. Dieses zeitweise unter böhmischer Oberhoheit stehende Gebiet gelangte zum Ende des 10. Jh. an den Piastenfürsten Mieszko I. und wurde im 11. Jh. in die Provinzen Krakau und Sandomierz eingeteilt. Die Grenzen des im Jahr 1000 gegründeten Bistums Krakau, zu dessen Diözese beide Provinzen gehörten, entsprachen den ältesten Grenzen K.s und reichten im Süden bis an die Karpaten, im Westen bis Schlesien, im Norden fast bis zum Fluss Pilica und im Osten an die Flüsse Wisłok und Wieprza. Beide Provinzen wurden aufgrund der testamentarischen Bestimmungen von Bolesław III. Krzywousty 1138 zu Fürstentümern, 1180 wurden die Fürstentums Krakau und Sandomierz vereinigt. Mit der Krönung von Władysław I. Łokietek 1320 wurde [[Krakau (Stadt)|Krakau] Hauptstadt des Königreichs, K. zum Kernland Polens. Aus den ehemaligen Fürstentümern wurden die Woiwodschaften Krakau und Sandomierz gebildet. Aus dem Gebiet der Woiwodschaft Sandomierz wurde 1474 die Woiwodschaft Lublin ausgegliedert. Vom 14. bis zum 16. Jh. spielte dieses ursprüngliche K. eine dominierende politische Rolle. Kleinpolnische Magnaten übten noch bis zu den polnischen Teilungen entscheidenden Einfluss auf die Politik des Staates aus.

Im 15. Jh. bildete sich in Nowy Korczyn der Landtag (poln. sejmik) für K., dem bis 1569 die russischen Gebiete der Krone Polens angegliedert wurden (Rotreussen, Podlachien, Wolynien und Podolien mit Kiew). Auf diese Weise entstand die zweite Bedeutung für K. die nun auch den gesamten südlichen Teil der Polnischen Adelsrepublik bezeichnete. Infolge der erste Teilung Polens gelangte 1772 zuerst der südliche Teil, nach der dritten Teilung von 1795 auch der das restliche Gebiet K.s an Österreich. Während der nördliche Teil 1809 zum Großherzogtum Warschau gelangte und 1815 dem russisch beherrschten Königreich Polen angegliedert wurde, verblieb das südliche K. als Königreich Galizien und Lodomerien bei Österreich. Diesem wurde 1846 die seit 1815 bestehende Republik Krakau angegliedert. Die dritte Bedeutung des Begriffs K. entstand im 19. Jh. und ist identisch mit dem Königreich Galizien und Lodomerien. Die Gebiete des ursprünglichen K. gelangten 1918 zur zweiten Polnischen Republik.

Die 1999 aus den Woiwodschaften Krakau und Nowy Sącz sowie Teilen der Woiwodschaften Bielsko, Kattowitz, Kielce, Tarnów und Krosno gebildete Woiwodschaft K. umfasst nur einen Bruchteil der gleichnamigen historischen Region. Das heutige Verwaltungsgebiet mit der Hauptstadt Krakau hat eine Fläche von 15.108 km² und zählt 3.271.206 Einwohner (2006)

(Thomas Himmelsbach)

Views
bmu:kk