Kaschubien

Kaschubien (auch: Kaschubei, kaschub. Kaszëbë, poln. Kaszuby)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Lage

K. liegt im nordwestlichen Teil der heutigen Woiwodschaft Pommern (poln. Województwo Pomorskie), nördlich, westlich und südwestlich der Städte Danzig und Gdynia. Historisch reichte die Ausdehnung weiter nach Westen, heute werden zu K. insbesondere die größtenteils von Kaschuben bewohnten Gebiete, das sind die Kreise Puck, Kartuzy, Kościerzyna und Wejherowo, große Teile der Kreise Bytów, Chojnice, Człuchów, Gdynia, Lębork und im weiteren Sinne auch (den westlichen Teil von) Danzig, Zoppot (mit jeweils etwa 5 % kaschubischer Bevölkerung) sowie *Słupsk gezählt. K. umfasst demnach ein 6207,4 km² großes Gebiet.

Der kaschubische Naturraum ist eine Moränenlandschaft, die durch viele Wälder und Seen geprägt wird, aber mit dem in der Kaschubischen Schweiz gelegenen 329 m hohen Turmberg (poln. Wieżyca; kaschub. Wieżëca) auch die höchste Erhebung des gesamten Baltischen Landrückens aufweist.

Bevölkerung

K. ist sehr ländlich geprägt, mit einer der höchsten Geburtenraten innerhalb Polens, weshalb die kaschubische Bevölkerung demografisch recht jung ist. Die Bevölkerungsdichte/km² des 6207,4 km² großen und 1.234.525 Einwohner (2005) zählenden Gebietes beträgt in den ländlichen Regionen unter 25 Einwohner (Gemeinde Lipnica [kaschub. Lëpnica] - 16), kommt in den zentralen und östlichen Gebieten K.s auf 100-500 Einwohner und in den Städten auf etwa 1000 und gar weit darüber (2483 in Kartuzy). Die größten Städte K.s sind (2005) Gdynia (252.791), Rumia (44.454), Wejherowo (44.977) und Lębork (35.120).

Ethnisch wird K. insbesondere von Kaschuben und Polen bewohnt, daneben gibt es in den größeren Städten auch kleine Gemeinden ethnischer Minderheiten, besonders Ukrainer und Deutsche (nach der Volkszählung 2002 mit einem Anteil von jeweils unter 1 %). 2002 haben sich lediglich 5062 Personen der kaschubischen Nationalität zugezählt, aber 52.665 Kaschubisch als Muttersprache angegeben. Die Zahl der in K., v. a. in den Dörfern, lebenden kaschubischen Bevölkerung wird auf ca. 368.000 (um 1998) geschätzt.

Die Kaschuben sind zu einem großen Teil zweisprachig, aber insgesamt dominiert das Polnische, auch innerhalb der ukrainischen Minderheit. Kaschuben und Polen sind fast ausnahmslos römisch-katholisch, die deutsche Bevölkerung meist evangelisch und die ukrainische gehört größtenteils der polnisch-orthodoxen bzw. griechisch-katholischen Kirche an.

Wirtschaft

In den ländlichen Gebieten dominiert die Landwirtschaft, an der Ostsee und an großen kaschubischen Seen der Tourismus, in den kleinen Städten auch die keramische-, Textil-, Holz- und Lebensmittelindustrie und zunehmend auch der Dienstleistungsbereich. In den großen Städten wie Danzig, Gdynia und Zoppot finden sich außerdem die Bereiche Hafen-, Fischverarbeitungs-, Maschinenbau- und Elektroindustrie.

Bildung und Kultur

Hochschulen finden sich in den Großstädten, insbesondere in Danzig, Zoppot, Gdynia. Eine besondere Ausrichtung auf K., die Kaschuben und die kaschubische Sprache findet sich an der Universität Danzig (Kaschubisch-Lektorat und ein Lehramts-Aufbaustudium Kaschubisch), an der Universität in Thorn (langjährige Traditionen auf dem Gebiet der Pommerschen Geschichte) und an der Pädagogischen Hochschule in Słupsk (poln. Pomorska Akademia Pedagogiczna). Daneben gibt es (teil-)kaschubischsprachige Schulen.

Museen finden sich in fast allen größeren kaschubischen Städten, die wohl bekanntesten in Bytów, Kartuzy, Wejherowo, Danzig und Gdynia. Die wichtigste und größte regionale kulturelle Vereinigung ist die „Kaschubisch-Pommersche Gesellschaft“ (kaschub. Kaszëbskò-Pòmòrszczé Zrzeszenié – K-PZ, poln. Zrzeszenie Kaszubsko-Pomorskie – ZK-P) mit weit über 4000 Mitgliedern und 87 Ortsgruppen in ganz K. und Pommern.

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2 Kulturgeschichte

Die Herkunft der Bezeichnung K. ist bis heute nicht ganz geklärt. Verbreitet ist, insbesondere in deutschsprachigen Nachschlagewerken, die Ableitung von ›(ka)szuba‹ (poln., „Pelzrock“).

Es wird davon ausgegangen, dass die als Vorfahren der Kaschuben geltenden pomoranischen Stämme ursprünglich das gesamte - an die Ostsee grenzende - Gebiet zwischen Weichsel und Oder bewohnten, allerdings kam es nicht, wie etwa bei den Tschechen und Polen, zu der Bildung einer „Nation“.

Der Name ›Cassubia‹ wird erstmals 1238 erwähnt, die pommerschen Herzöge haben diese Bezeichnung auch ursprünglich in ihren Titeln getragen, z. B. ›duces Slavoram, Cassubie et Pomeranorum‹, ›dux Cassubie‹ und später auch ›Herzog der Wenden und Kassuben‹. Diese Bezeichnung wurde in ihren Anfängen hauptsächlich in Westpommern und teilweise in Mecklenburg benutzt und setzte sich wahrscheinlich erst im 16. und 17. Jh. im heutigen Siedlungsgebiet der Kaschuben durch.

Durch Mieszko I. und Bolesław I. Chrobry wurde K. und das benachbarte Pommerellen zwischen Ende des 10. und Anfang des 11. Jh. dem Königreich Polen eingegliedert und christianisiert. 1138 zerfiel der mittelalterliche polnische Staat in Teilfürstentümer, sodass sich auch in Pommern und Pommerellen verschiedene Fürstentümer etablierten. Im 13. und 14. Jh. erlebte die damals relativ arme Region insbesondere durch den florierenden Handel der Hanse, der Lage an der Ostsee und der Nähe zur Mündung der Weichsel einen wirtschaftlichen Aufschwung. Ab 1308 unter der Besatzung des Deutschen Ordens kam K. 1454 durch Kazimierz IV Jagiellończyk wieder an Polen. Das westliche K. befand sich 1657 unter brandenburgischer Herrschaft, bis sich ganz K. nach der ersten Teilung Polen-Litauens 1772 in den Grenzen Preußens wiederfand. Es folgte ein starker Germanisierungsdruck bis in den Zweiten Weltkrieg hinein. Nach der Unabhängigkeit Polens nach dem Ersten Weltkrieg wurde der größere Teil K.s Polen angegliedert, der westliche Teil blieb dem Deutschen Reich zunächst erhalten. Nach 1945 fiel K. durch die Westverschiebung Polens ganz an die neugegründete Volkrepublik Polen.

Ein Teil der kaschubischen Bevölkerung wanderte nach Deutschland aus, da ihnen ihre sprachliche und nationale Eigenständigkeit zugunsten des Polnischen abgesprochen wurde.

Borzyszkowski (Bòrzëszkòwsczi) J., Mordawski (Mòrdawsczi) J., Treder (Tréder) J. 1999: Historia, geografia, język i piśmiennictwo Kaszubów – Historia geògrafia, jãzëk i pismienizna Kaszëbów. Gdańsk (Gduńsk). Borzyszkowski J. 2002: Die Kaschuben, Danzig und Pommern. Danzig – Wejherowo. Klaman E., Rzymowski S., Skupowa J., Szukalski J. 2002: Kaszuby. Leksykon geograficzny. Gdańsk. Kunstmann H. 1985: Woher die Kaschuben ihren Namen haben. Die Welt der Slawen 30. Labuda G. 1969 ff: Historia Pomorza. Poznań. Piskorski J. M. 2002: Pomorze plemienne. Historia – Archeologia – Językoznawstwo. Poznań – Szczecin.

(Marcin M. Bobrowski)

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