Donau (Fluss)

Donau (slowak. und ukrain. Dunaj, ungar. Duna, bulgar./kroat.,/serb. Dunav, rumän. Dunărea, im Altertum latein. Danubius und im Unterlauf Ister)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Die D. ist mit 2860 km nach der Wolga (3530 km) längster Strom Europas mit dem zweitgrößten Einzugsgebiet (817.000 km²), das ganz Ungarn und Teile Deutschlands, der Schweiz, Österreichs, Italiens, Tschechiens, der Slowakei, Polens, Sloweniens, Kroatiens, Bosniens und der Herzegowina, Serbiens, Montenegros, Albaniens, Makedoniens, Bulgariens, Rumäniens, der Moldau und der Ukraine umfasst. Sie ist der einzige Strom Europas, der von Westen nach Osten fließt.

Die D. bildet sich im Schwarzwald (Land Baden-Württemberg) aus den beiden Quellflüssen Brigach und Breg („Brigach und Breg bringen die Donau zuweg“), die sich in Donaueschingen (680 m ü. d. M.) vereinigen. Durch den Kalkuntergrund des Hegaus sickert Donauwasser in den Rhein. In nordöstlicher Richtung fließt sie am südlichen Fuß der Schichtstufenländer der Schwäbischen und der Fränkischen Alb, zunächst noch in Baden-Württemberg, dann in Bayern, Regensburg zu, wobei sie die Großstädte Ulm (120.925 Einwohner 2006, 478 m ü. d. M.) und Ingolstadt (121.314 Einwohner 2005) passiert und aus den Alpen vom Süden her die größeren Zuflüsse Iller und Lech aufnimmt. Ab Ulm war die D. früher für größere Bote schiffbar und von den schwäbischen Kolonisten ist bekannt, dass sie auf „Ulmer Schachteln“ die D. in das Banat, die Dobrudscha und bis nach Izmajil hinab fuhren. Noch vor Regensburg zweigt durch das Altmühltal der 1992 eröffnete Rhein-Main-Donau-Kanal ab und durchfließt die D. einige Engtalstrecken. Regensburg (129.859 Einwohner 2005, 339 m ü. d. M.) hatte als Legionslager am römischen Donaulimes (Castra Regina), als wichtiger Bischofssitz und Ausgangspunkt der fränkischen Mission die D. hinab sowie bis ins späte Mittelalter als Fernhandelsstadt am „Donauweg“ von den Gebieten am Rhein in die Levante große Bedeutung. Hinter Regensburg wendet sich die D. nach Südosten, wo sie bis Passau zu Füßen des Bayerischen Waldes den Dungau durchfließt und aus den Nordtiroler Kalkalpen die Isar empfängt. In der alten Bischofsstadt Passau (50.561 Einwohner 2005, 313 m ü. d. M.), von der aus im westlich-christlichen Sinn flussabwärts bis in heute ungarische Gebiete missioniert wurde, vereinigt sie sich mit dem aus den Alpen kommenden Inn und der kleinen Ilz. Dies ergibt im Mündungsbereich ein Farbenspiel von brauner D., grünem Inn und dunkelblauer Ilz. Der Inn ist bei der Mündung größer als die D. (733 m³/s Wasserführung bei Mittelwasserstand gegenüber 647 der Donau). Käme es nur darauf an, müsste die D. von dort an Inn heißen.

Hinter Passau betritt die D. Österreich und strebt zumeist am Südrand des Böhmischen Massivs, teilweise aber auch dieses durchbrechend (zwischen Sauwald bzw. Kürnberger Wald und Mühlviertel, im Strudengau und in der Wachau) in östlicher Richtung Wien zu. Für diesen Donauabschnitt in Ober- und Niederösterreich ist der Wechsel von engen Durchbruchstälern und Beckenlandschaften (Eferdinger Becken, Machland, Tullner Feld) charakteristisch. Die D. passiert auf dieser Strecke die Industriestadt Linz (188.000 Einwohner 2006, 266 m ü. d. M.) und nimmt aus den österreichischen Alpen die großen Nebenflüsse Traun und Enns auf. Die heute zweitgrößte Donaustadt Wien (1.626.440 Einwohner 2004, 171 m ü d. M.) war Legionslager am römischen Donaulimes (Vindobona), entwickelte sich im Mittelalter wie Regensburg zu einem Zentrum des Fernhandels am „Donauweg“ und bildete nach dem Rückzug des Osmanischen Reichs aus dem Pannonischen Becken das politische und wirtschaftliche Zentrum eines europäischen Großreichs, das man auch die „Donaumonarchie“ nannte. Östlich von Wien durchquert die D. nördlich des Prallhangs sanfter Hügelländer dahin ziehend das Wiener Becken. Knapp vor dessen östlichem Rand, am südlichen Ufer der Donau, lag Carnuntum, Legionslager am römischen Donaulimes, Hauptstadt der römischen Provinz Pannonia superior und Verkehrsknoten an der Limesstraße und der dort die D. querenden Bernsteinstraße.

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Bei der aus den Sudeten (poln./tschech. Sudety) kommenden March (slowak./ tschech. Morava), dem ersten großen Zufluss vom Norden her und beim Felsen von Theben (dt. hist., slowak. Devín), einem Zentrum des Großmährischen Reichs, durchbricht die D. mit der Ungarischen Pforte (latein. Porta Hungarica) das erste Mal die Karpaten und erreicht, zuerst am linken Ufer, die Slowakei. Sie fließt durch Bratislava (425.459 Einwohner 2005, 164 m ü d. M.), die Hauptstadt der Slowakei, die während der osmanischen Besetzung eines Großteils des Pannonischen Beckens Hauptstadt Ungarns und Krönungsstadt der ungarischen Könige war. Hinter Bratislava und bis Komárno (slowak., ung. Komárom, dt. hist. Komorn) durchquert die D. in südöstlicher Richtung das Kleine Ungarische Tiefland (slowak. Malá Uhorská nížina, ungar. Kisalföld) und bildet mit ihrem nördlichen Nebenarm, der Kleinen Donau (slowak. Malý Dunaj, ungar. Kis Duna), die Große Schütt (slowak. Ostrov, ungar. Csallóköz). Noch in die Kleine Donau mündet die aus den slowakischen Karpaten kommende Waag. Vor dem Eintritt der D. in das ungarische Donauknie (Dunakanyar) empfängt sie die ebenfalls aus den slowakischen Karpaten kommende Gran. Zwischen Bratislava und der kurz nach der Gran einmündenden Eipel, einem kleinen nördlichen Zufluss, ist die D. die Grenze zwischen der Slowakei und Ungarn.

Der Mündung der Gran gegenüber erhebt sich auf einem Hügel der älteste (seit 1001) und bis heute wichtigste ungarische Metropolitansitz Esztergom. Im Donauknie mit dem spätmittelalterlichen ungarischen Königssitz Visegrád und Szentendre, der alten Handelsstadt und Siedlung der vor den Osmanen aus dem Balkan geflüchteten Serben, vollzieht die D. einen Schwenk in südliche Richtung ehe sie mit Budapest (1.698.106 Einwohner 2004, 104 m ü. d. M.) die heute größte Stadt an der Donau und Hauptstadt Ungarns erreicht und in ihre historischen, erst 1872 vereinigten Teile Ofen (dt. hist., heute Buda) und Pest teilt. Auf dem heutigen Stadtgebiet und am rechten Donauufer lag Aquincum, Legionslager am römischen Donaulimes und Hauptstadt der römischen Provinz Pannonia inferior. Die D. durchquert nun in südlicher Richtung eine zumeist weite Au, die von Lössterrassen gesäumt wird, auf denen u. a. der alte (seit 1006) katholische Metropolitansitz Kalocsa sowie Mohács liegen.

Die D. bildet nach dem Verlassen Ungarns – weiterhin in flachen Auen fließend – die Grenze zwischen Kroatien und Serbien, wobei sie auch die rechts liegenden historischen Landschaften Baranya (ungar., kroat. Baranja) und Slawonien (kroat./ serb. Slavonija, ungar. Szlavonia) und die links liegende Batschka (serb. Bačka, ungar. Bácska) scheidet. Knapp nach der ungarischen Grenze zweigt links der Franzenskanal (Veliki kanal) ab, der die D. mit der unteren Theiß (rumän./ serb./ slowak. Tisa, ukrain. Tysa, ungar. Tisza) verbindet und im 19. Jh. v. a. dem Getreideexport aus dem Süden des Großen Ungarischen Tieflands (ungar. Alföld) diente. Als rechten Nebenfluss empfängt sie sodann die aus den Alpen kommende Drau, die mit einer Länge von 707 km der fünftlängste Nebenfluss der D. und ihr zweitlängster rechter Nebenfluss ist. An der Mündung der Drau in die D. kam es in kalten Wintern oft zu „Eisstößen“, d. h. zum Rückstau von Treibeis und dadurch bedingt zu Überschwemmungen. Der Zwickel zwischen Drau und D. ist eines der größten Sumpf- und Riedgebiete im Donauraum und wurde zum Nationalpark erklärt (Kopačevski rit). Am nördlichen Fuß des weinbestockten und mit zahlreichen serbischen Klöstern besetzten Hügellandes Fruška gora entlang fließend betritt die D. die im 18. Jh. und 19. Jh. mit einer Vielzahl von ethnischen Gruppen kolonisierte autonome serbische Provinz Woiwodina und schwenkt dabei bis zur Mündung der Theiß in eine östliche Richtung ein. Sie passiert am linken Ufer Novi Sad (234.000 Einwohner 2002, 79 m ü. d. M.), die Hauptstadt der Woiwodina, sowie am rechten Ufer Petrovaradin (dt. hist. Peterwardein), die in den Türkenkriegen bedeutsame Festungsstadt und größte Festung des Habsburgerreiches, sowie Karlowitz (heute Sremski Karlovci), nach dem „Großen Serbenzug“ (Velika seoba) von 1690 und nach einem kurzen Zwischenspiel Szentendre’s Metropolitansitz des serbischen Patriarchats. Die dann links einmündende Theiß ist mit einer Länge von 962 km und einem Einzugsgebiet von 157.200 km², das den ganzen östlichen Teil des Pannonischen Beckens bis zum Kamm der Karpaten umfasst, der größte Nebenfluss der D. Diese wendet sich nach der Theißmündung wieder nach Süden, bildet die Grenze zwischen den historischen Landschaften Sirmien und Banat und nimmt nach der habsburgischen Festungsstadt Semlin (heute Zemun) noch vor Belgrad als rechten Nebenfluss die Save auf. Belgrad, Hauptstadt Serbiens, 76 m ü. d. M. und zu Füßen von Ausläufern des Šumadija-Berglandes gelegen, ist mit 1.121.000 Einwohnern heute die drittgrößte Stadt an der D. Nach Belgrad fließt die D. weiterhin zu Füßen nördlicher Ausläufer des Berglandes und wendet sich dann als Südgrenze des Banats nach Osten. Nach der mittelalterlichen serbischen Festung Smederevo und nachdem sie aus dem Süden des Dinarischen Gebirges die Morava, mit 568 km ihren drittlängsten rechten Zufluss, aufgenommen hat, erreicht die D. an der rumänischen Grenze ihren zweiten Durchbruch durch die Karpaten, das Eiserne Tor (serb. Đerdap) im weiteren Sinne.

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In diesem Engtal, das bis zum Aufstau der D. in der Nachkriegszeit eine für die Schifffahrt besonders gefährliche Flussstrecke war und heute auf serbischer und rumänischer Seite ein Nationalpark ist, bildet die D. die Grenze zwischen Serbien und Rumänien. Vor der heutigen Stadt Orşova ist im Stausee die einst osmanische und von Türken besiedelte Insel Ada Kaleh versunken. Das Eiserne Tor im engeren Sinn (serb. Gvozdena vrata, rumän. Porţile de Fier) reicht von Orşova bis Kladovo am rechten, serbischen Ufer bzw. zur Großstadt Drobeta-Turnu Severin (109.444 Einwohner 2005, 50 m ü. d. M.) am linken, rumänischen Ufer. Nach etlichen Windungen passiert die D. an der Mündung des von Süden kommenden Timok die serbisch-bulgarische Grenze und schlägt von dort bis Silistra die rumänisch-bulgarische Grenze bildend eine östliche Richtung ein. Sie schmiegt sich in dieser langen Flussstrecke an die Prallhänge der bulgarischen Hügelländer und wird im Norden vom breiten Walachischen Tiefland (Câmpia Dunării) begleitet. Vom Inneren des Karpatenbogens, aus Siebenbürgen fließt ihr vom Norden als in diesem Abschnitt wichtigster Nebenfluss der 700 km lange Olt zu. Am bulgarischen Ufer wird die Großstadt Ruse (dt. hist. Rustschuk, 157.540 Einwohner 2005, 20 m ü. d. M.), die Geburtsstadt des Dichters Elias Canetti, passiert.

Nach einem Nordschwenk und nun auf rein rumänischem Gebiet prallt die D. im Osten an die hügelige Landschaft Dobrudscha und bildet zugleich zweimal große Nebenarme (Braţul Borcea, Dunărea Veche), zwischen denen sich eine breite Aulandschaft ausdehnt, die aber heute großteils landwirtschaftlich genutzt wird. Bei Cernavodă zweigt nach Osten der 1984 eröffnete Donau-Schwarzmeer-Kanal (Canalul Dunăre-Marea Neagră) ab, der die Schifffahrtsstrecke zwischen dem Seehafen Constanţa und Cernavodă um rund 300 km verkürzt. Der Fluss Ialomiţa ist in diesem Abschnitt ein wichtiger linker Zufluss. Nach Aufnahme von Siret und Pruth, mit 726 bzw. 953 km die viert- bzw. zweitlängsten Nebenflüsse der D. und aus dem östlichen Karpatenraum kommend sowie nach Passieren der rumänischen Industriestädte Brăila (233.699 Einwohner 2005, 20 m ü. d. M.) und Galaţi (298.366 Einwohner, 30 m ü. d. M.) findet die D. einen Durchlass zwischen den Hügelländern der Dobrudscha und der südlichen Moldau in östlicher Richtung zum Schwarzen Meer. Sie teilt sich nach kürzerer breiter Talstrecke in drei Hauptarme, in den nördlichen Kilija-Arm (rumän. Braţul Chilia, ukrain. Kilijsʹko hyrlo), der die Grenze zur Ukraine bildet, in den mittleren, kanalisierten Sulina-Arm (Braţul Sulina) und in den südlichen Sankt-Georgs-Arm (Braţul Sfântu Gheorghe) und verbreitert sich dabei zum 2590 km² großen Donaudelta. Es besteht aus Schilfgebieten, Dünen, Sandflächen, Salzsümpfen und schwimmenden Inseln mit zahlreichen größeren und kleineren Kanälen. Eine reiche Fisch- und Vogelwelt macht es zum Naturparadies. Nach zunehmender landwirtschaftlicher Nutzung in kommunistischer Zeit steht es seit 1991 als Biosphärenreservat etwa zur Hälfte unter Naturschutz und wurde zum UNESCO-Welterbe erklärt.

Nach den langjährigen Mitteln des Mittelwasserstandes führt die D. in Regensburg eine Wassermenge von 450 m³/s, vor Passau 647, in Linz 1467, in Wien 1920, in Pressburg 2050, in Budapest 2380, in Belgrad 3800, in Orşova 5600, in Olteniţa nach der Mündung des Argeş 5940, in Brăila 5980 und vor ihrer Aufteilung in die Mündungsarme 6430 m³/s. Während ihr Flussregime oberhalb der Marchmündung noch fast ausschließlich von den Alpenflüssen geprägt ist und Hochwasserstände fast nur zur Zeit der alpinen Schneeschmelze, also in den Monaten Mai bis Juli vorkommen, dehnt sich dieser Zeitraum weiter stromabwärts auf März bis Oktober aus. Niedrigwasserstände sind bis in den Mittellauf der D. ein reines Winterphänomen, am Unterlauf treten sie am häufigsten im Sommer auf.

Nach seinem morphologischen Typ ist das Flussbett der D. von ihrem Ursprung bis zum Austritt der D. aus der österreichischen Wachau von Erosion, d. h. von fortschreitender Eintiefung bestimmt. Dann herrscht ein Wechsel zwischen vorwiegender Akkumulation, d. h. Ablagerung von Sedimenten, in ebenen und offenen Flussabschnitten und vorwiegender Erosion in Engtalstrecken (Wiener Pforte, Porta Hungarica, Donauknie). Südlich von Budapest und bis zur Einmündung der Drau wird aber wieder vorwiegend erodiert. Dann überwiegt mit Ausnahme der Engtalstrecke des Eisernen Tors bis zur Mündung die Akkumulation.

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Die D. durchquert keine großen Industrie- oder Bergbaugebiete, doch liegen an ihr einige wichtigere Industriestandorte und Städte (Ingolstadt, Linz, Wien, Pressburg, Budapest, Belgrad, Galaţi). Auch sammelt sie durch ihre Nebenflüsse die urbanen, industriellen und landwirtschaftlichen Verschmutzungen zum Teil dicht besiedelter, hoch industrialisierter und landwirtschaftlich intensiv genutzter Einzugsgebiete. Ihre Wasserqualität kann daher nur im Abschnitt bis zur Marchmündung als sehr gut bis gut eingestuft werden. Von dort an ist die D. zumindest stark verschmutzt, im ungarischen Abschnitt unterhalb von Budapest sogar sehr stark verschmutzt.

Die Wasserkraft der D. wird besonders entlang ihrer deutschen und österreichischen Flussstrecke intensiv genutzt. Auf deutschem Gebiet befinden sich 8 Laufkraftwerke. Das Kraftwerk Jochenstein unterhalb von Passau wird von Bayern und Österreich gemeinsam betrieben. Die 9 rein österreichischen Donaukraftwerke verfügen über installierte Kapazitäten zwischen 168 MW (Abwinden-Asten) und 293 MW (Greifenstein). Am ältesten ist das 1959 fertig gestellte Ybbs-Persenbeug (236 MW). Die meisten entstanden in den 1960er und 1970er Jahren. Zuletzt wurde 1998 das Kraftwerk Freudenau auf Wiener Stadtgebiet (172 MW) fertig gestellt. Der geplant gewesene Bau des Kraftwerks Hainburg unterhalb von Wien wurde 1984 durch Besetzung des dortigen Augebiets verhindert. Die Donaukraftwerke tragen rund 25 % zur österreichischen Primärenergieproduktion bei. Auf slowakischem Gebiet wurde das noch vor der politischen Wende begonnene Kraftwerk Gabčikovo-Bős mit seinem großen Stausee in den frühen 1990er Jahren gegen heftige Widerstände fertig gestellt. Es hätte im Verbund mit dem ungarischen Kraftwerk Nagymaros im landschaftlich schönen Donauknie eine bedeutend höhere Leistung erzielen können. Doch verhinderte die ungarische Umweltbewegung, die später nicht unwesentlich zum Systemwechsel in Ungarn beitrug, dessen Bau. Weiter flussabwärts wird die Wasserkraft der D. nur noch im Eisernen Tor genützt. Dort entstanden in den 1960er und 1970er Jahren die Kraftwerke Porţile de Fier/Gvozdena vrata I und II, die von Rumänien und Serbien gemeinsam betrieben werden und über eine gesamte installierte Leistung von über 3000 MW verfügen. Der Rückstau des ersten und weitaus größten Kraftwerks reicht bis zum Eingang des Eisernen Tors im weiteren Sinn bei Baziaş.

Die aktuelle Bedeutung der D. als Schifffahrtsweg steht hinter der des Rheins deutlich zurück. Dies liegt erstens in der Tatsache begründet, dass die D. mit dem Schwarzen Meer in ein abgelegenes Nebenmeer des Mittelmeeres mündet, von dem aus die Weltmeere schwer zu erreichen sind. Für die mitteleuropäischen Binnenländer Tschechien, Slowakei, Österreich und Ungarn, aber auch für Serbien haben die „Südhäfen“ an der oberen Adria und auch Saloniki sowie die Häfen der „Nordrange“ zwischen Antwerpen und Hamburg eine seewärtig deutlich günstigere Lage als Constanţa, der durch den Donau-Schwarzmeer-Kanal dazu gewordene Mündungshafen der D. Alle mitteleuropäischen Binnenländer schlagen daher über Constanţa nur äußerst wenig um. Mit der Inbetriebnahme des Rhein-Main-Donau-Kanals im Jahr 1992 ist die D. auch eine Hinterlandverbindung der Mündungshäfen am Rhein geworden. Das hat den Verkehr an der oberen Donau (bis Ungarn) deutlich belebt, der übrige Donaulauf blieb davon aber fast unberührt. Der zweite Grund für den relativ geringen Verkehr auf der D. ist die relativ schwache Handelsverflechtung unter den Donauländern selbst. Sie zwar zur Zeit der Habsburgermonarchie und noch in der Zwischenkriegszeit größer, als den Erzeugern von Industrieprodukten am Oberlauf Agrarproduzenten am Mittel- und Unterlauf gegenüberstanden und die Donaudampfschifffahrtsgesellschaft (1829 gegründet) einen intensiven Verkehr betrieb. Drittens litt der Schiffsverkehr auf der D. seit der politischen Wende im europäischen Osten unter den Konflikten im ehemaligen Jugoslawien, namentlich unter den politischen und ökonomischen Blockaden Serbiens sowie unter der faktischen Blockade der D. nach dem Kosovokonflikt (1999) durch zerstörte Brücken in Novi Sad (jetzt wieder passierbar).

1856 wurde durch den Pariser Friedensvertrag als Organ zur Kontrolle der Schifffahrt die ›Europäische Donaukommission‹, die unter westeuropäischer Kontrolle stand, gegründet. Seit dem Friedensvertrag von Versailles (1919) ist der Verkehr auf der D. mit einer Unterbrechung während des Zweiten Weltkriegs internationalisiert. Die 1948 gegründete internationale Donaukommission mit Sitz in Budapest wacht über den Donauverkehr. Die D. ist heute auf 2575 km bis Kehlheim oberhalb von Regensburg schiffbar, bis Brăila kann sie von kleineren Hochseeschiffen befahren werden. Die D. gilt als Korridor VII der transeuropäischen Netze und soll als multimodale Verkehrsroute ausgebaut werden, was aber nur auf jenen Abschnitten wirtschaftlich ist, auf denen ein entsprechender Verkehrsbedarf existiert. Dies ist an der oberen D. und bis Budapest sicherlich der Fall, wo der Verkehr nicht nur auf der D. selbst, sondern auch auf Landverkehrswegen parallel zu ihr schon jetzt intensiv ist und sich voraussichtlich weiter intensivieren wird. Eine vergleichbare Situation fehlt aber flussabwärts. Auch Passagier- und Ausflugsschiffe frequentieren am häufigsten diesen oberen Donauabschnitt, obwohl auch Kreuzfahrten entlang der ganzen D. und unter Einbeziehung des Schwarzen Meers angeboten werden.

Die D. wird auf deutschem und österreichischem Gebiet von etwa 60 Brücken überquert, wobei die 1136–46 erbaute Steinerne Brücke in Regensburg die älteste aller Donaubrücken ist. Im Stadtgebiet von Pressburg gibt es 5 Brücken. Die slowakisch-ungarische Grenze überqueren 3 Donaubrücken (Gabčikovo, Komárno-Komárom und die rekonstruierte Maria-Valeria-Brücke zwischen Šturovo und Esztergom). Budapest hat allein 9 Donaubrücken, die ungarische D. überqueren außerdem Brücken zwischen Solt und Dunaföldvár sowie bei Baja. An der kroatisch-serbischen D. führen Straßenbrücken zwischen Batina und Bezdan, Erdut und Bogojevo sowie Ilok und Bačka Palanka über die D., zwischen Erdut und Bogojevo außerdem eine Bahnbrücke. In Novi Sad und Belgrad gibt es 3 (außerdem einen Tunnel) bzw. 1 Donaubrücke(n). Weiter flussabwärts wird der Strom nur noch von den Dammbrücken der beiden Kraftwerke im Eisernen Tor, von den Bahn- und Straßenbrücken zwischen Giurgiu und Ruse sowie von 3 Brücken bei Cernavodă gequert, unter denen die Eisenbahnbrücke von einem Schüler Eiffels, Saligny, 1895 als Stahlkonstruktion fertig gestellt wurde. Im Zuge des paneuropäischen Korridors IV von Berlin/Nürnberg nach Saloniki/Istanbul soll zwischen dem rumänische Calafat und dem bulgarischen Vidin eine neue Brücke den Unterlauf der D. queren.

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2 Kulturgeschichte

Die D. wird gern als ein Völker verbindendes Element und als eine Lebensader bezeichnet. Dies geschieht etwas euphemistisch, denn sie hatte in langen Phasen der Geschichte so wie teilweise auch heute die Funktion einer Grenze. So war dies zur Zeit des Römischen Reichs, als sie zwischen Regensburg (Castra Regina) und ihrer Mündung seine nördliche Grenze und Verteidigungslinie (Limes) war. Zwar überschritt Rom durch die Eingliederung Dakiens (Teile des heutigen Rumäniens) für etwa eineinhalb Jahrhunderte sowie durch etliche Vorposten zeitweilig und partiell die Donaulinie und wirkte politisch, wirtschaftlich und kulturell auch in die Gebiete nördlich der D. hinein, doch war dadurch mit der D. doch über Jahrhunderte die europäische Hauptscheidelinie in kultureller Hinsicht gegeben. Dies änderte sich erst mit dem Erstarken des Frankenreichs und mit dessen zunehmender Ausstrahlung in das mittlere und östliche Europa. Eine wichtige Achse dieser Ausstrahlung nach Osten war die D., entlang der z. B. im Frühmittelalter die westlich-christliche Mission bis in den Pannonischen Raum vordrang. In der Gegenrichtung konnte die byzantinische Missionstätigkeit durch Kyrill und Method bis in das Großmährische Reich nur vorübergehend erfolgreich sein. Im Hochmittelalter wurde die D. zu einem bedeutenden Fernhandelsweg v. a. für Tuch, Salz, Edel- und Buntmetalle und Eisen zwischen den Ländern am Rhein und der Levante, allerdings auch zu einer Heerstraße der Kreuzzüge.

Der Wert der D. als Handelsweg ging ab dem Spätmittelalter wieder verloren, als sich das Osmanische Reich, das einen isolierten, nach außen hin abgeschotteten Wirtschaftsraum bildete, nach Südosteuropa und schließlich bis in den mittleren Donauraum ausdehnte. Erst nach dessen Rückzug zunächst bis in die Gebiete südlich von D. und Save zu Beginn des 18. Jh. wuchs der Donauraum u. a. durch Kolonisation (Banat!) und Merkantilismus wieder teilweise zusammen. An der unteren D. blieb die trennende Wirkung jedoch bis ins späte 19. Jh. erhalten.

Der Protektionismus der jungen Nationalstaaten, Kriege und Allianzbildungen (Kleine Entente!) fragmentierten den Donauraum erneut. Die Teilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg in zwei antagonistische politische Blöcke mit unterschiedlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen spaltete den Donauraum vollends und ließ das Wort von der verbindenden Wirkung der D. zur Ironie werden. Das Fortschreiten der europäischen Integration nach dem Fall des Kommunismus führt auch die Länder an der D. wieder näher zusammen, doch sind einige Donaugrenzen immer noch deutlich spürbar. Nach wie vor ist die D. mehr ein Symbol guter Nachbarschaft und Kooperation als dass ihre Möglichkeiten tatsächlich genützt würden.

Breu J. (Hg.) 1970–89: Atlas der Donauländer. Wien. Dioszeghy E., Brukner B. (Hg.) 1995: Kulturraum mittlere und untere Donau. Reşiţa. Österreichisches Ost- und Südosteuropa-Institut (Hg.) seit 1989: Atlas Ost- und Südosteuropa. Stuttgart. Berlin. Schlegel D. (Hg.) 2002: Die verletzte Lebensader. Fragen zur Zukunft der Donau nach dem Kosovo-Krieg. Köln.

(Peter Jordan)

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