Banat (Landschaft)

Banat (rumän./serb. B., ungar. Bánát, auch: Bánság)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Das B. ist eine historische kulturräumliche Einheit im Dreiländereck zwischen Ungarn, Rumänien und Serbien. Eingegrenzt von den Flüssen Mureş, Theiß und Donau, sowie den Südkarpaten bildet seine Fläche von 28.523 km² beinahe ein Quadrat, an dessen Nordwest-Ecke das ungarische Szeged, Südwest-Ecke die serbische Hauptstadt Belgrad und Südost-Ecke das rumänische Orşova im Eisernen Tor liegen.

Eine Verwaltungseinheit bildete das B. lediglich 1718–78. Schon in der ungarischen Zeit (1778–1918) war es in drei selbständige Komitate gegliedert. 1920 erfolgte eine Aufspaltung der staatlichen Zugehörigkeit: Zwei Drittel im Nordosten (18.958 km²) fielen an Rumänien, ein Drittel (9307 km²) an Jugoslawien und 271 km² als Umland von Szeged an Ungarn.

Der Südwesten ist heute Teil der Autonomen Provinz Vojvodina, etwa 300 km² sind dem Stadtgebiet Belgrads angefügt. Der rumänische Teil wird weitgehend von zwei Kreisen (Judeţ Timiş: 8696 km² und Judeţ Caraş-Severin: 8519 km²) eingenommen. Kleine Teile gehören zu drei anderen Kreisen. Im administrativ zerstückelten historischen B. leben rd. 1,8 Mio. Menschen.

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1.1 Lage und Naturraum

Das B. liegt im Südosten des Pannonischen Beckens, einem riesigen intramontanen Einbruchsbecken. Als neuzeitliche Kulturraumeinheit schneidet es willkürliche Segmente aus dessen vier prägenden Naturräumen aus: den holozänen Aueflächen der „niederen Ebene“, den quartären Sedimentfächern der „höheren Ebene“, den tertiären Hügelländern und den Bergländern und Gebirgen.

Rund zwei Drittel der Region werden von – teilweise tischebenen – unmerklich von Ost (rd. 120 m ü. d. M.) nach West (rd. 80 m. ü. d. M.) geneigten Tiefländern eingenommen. Der gesamte Südost-Quadrant wird vom „B.er Bergland“ (Munţii Banatului) gebildet, das in Charakter und Höhe (Semenic 1445 m ü. d. M.) dem Südschwarzwald ähnelt. Im Osten reichen das Ruska-Gebirge (Poiana Rusca 1398 m ü. d. M.) und die Südkarpaten (Gugu 2291 m ü. d. M.) ins B.

Das „B.er Bergland“ ist aufgrund tektonischer Beanspruchung in ein Mosaik präkambrischer Gesteine gegliedert. Granitische Intrusionen – hier Banatite genannt – tragen in ihren Kontakthöfen reiche, aber kompliziert gebaute Erzlagerstätten (Eisen, Kupfer, etwas Silber, Gold, Uran). Ein Nord-Süd streichender Grabenbruch zwischen Reşiţa, Anina und der Donau ist meist mit mesozoischen Kalken mit weitflächigen Karsterscheinungen gefüllt, seine Basis wird von Flöz führendem Oberkarbon gebildet, dessen hochwertige Steinkohlen zwischen 1790 und 2006 im Schachtbau (bis 1100 m Teufe) gewonnen wurden.

Ein kühles Mittelgebirgsklima (4 °C mittlere Jahrestemperatur) prägt das Bergland. Die vorherrschenden Nord-West-Winde müssen nach gut 500 km Pannonischer Ebene erstmals aufsteigen, regnen sich ab und verursachen hohe Niederschläge (mehr als 1200 mm/Jahr) und lang anhaltende Schneedecken. Sie machen das Bergland zur „Wasserstube“, in der alle B.er Flüsse (Timiş, Bârzava, Nera, Caraş) außer dem Fluss Bega entspringen. Obwohl das gesamte Bergland unterhalb der Waldgrenze liegt, sind Hochflächen durch langen Weidegang und Holzeinschlag mit Grasfluren bedeckt, nur stellenweise existieren noch Nadelwälder. An Hängen und in mittleren Höhen stocken ausgedehnte, oft sehr naturnahe Buchenmischwälder. Petrografische Vielfalt und klimatische Differenziertheit bilden die Grundlage für eine sehr artenreiche Flora und Fauna. Hervorzuheben ist die Wärmeinsel der Donauklamm mit Exophythen des mediterranen Raumes.

Hügelländer und Ebenen werden von Sedimenten gebildet, die ins Pannonische Becken geschüttet wurden. Ein Golf entlang der Senkungslinie an Bega und Timiş wurde erst vor 10.000 Jahren landfest. Über einer Tiefscholle bei Szeged haben die Sedimente rd. 3500 m Mächtigkeit. Knapp 150 km östlich davon tritt das Grundgebirge an die Oberfläche, was auf Verwerfungen mit mächtiger Sprunghöhe hindeutet. Die anhaltende Tektonik führt hier häufig zu mittelschweren Erdbeben und ist Ursache für zahlreiche Mineral-Thermalquellen (Buziaş, Lovrin). In den tiefen Sedimentschichten finden sich Öl- und Gaslagerstätten, die seit dem Zweiten Weltkrieg ausgebeutet werden.

Die höhere Ebene trägt meist Lößauflagen, deren Schwarzerden zu den besten Ackerböden der Welt gehören. Kaum weniger ertragreich sind seit ihrer Trockenlegung die Aue- und Schwemmlößböden der niederen Ebene. Einige Areale haben sich aber durch diese Kulturmaßnahme in unbrauchbare Salzböden gewandelt – hier Saliterböden genannt. Das sommerheiße und -trockene Übergangsklima zwischen maritimem und kontinentalem Charakter mit mediterranen Einflüssen beschert der B.er Ebene zusammen mit dem Ausgleich von Niederschlagsarmut (Szeged: weniger als 600 mm/Jahr) durch den Wasserzuzug aus dem „B.er Bergland“ eines der effizientesten Naturraumpotentiale für den Ackerbau, insbesondere da die Niederschläge ein günstiges Frühsommermaximum haben. Während im Hügelland neben der landwirtschaftlichen Nutzung durch Ackerbau, Weiden, Obst- und Weingärten noch größere Areale der Wärme liebenden Eichen- bzw. Eichen-Hainbuchenwälder stocken, ist die Ebene heute eine ausgeräumte Kultursteppe (mehr als 80 % Ackerland) mit kleinsten Relikten der ursprünglichen Trocken- bzw. Auewaldvegetation. Dies hat die Tierwelt auf wenige Kulturfolger und Steppenbewohner zurückgedrängt (Hasen, Hamster, Fasane), wogegen im Hügel- und Bergland Reh, Hirsch, Wildschwein, Luchs und Bär heimisch sind.

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1.2 Bevölkerung

Von den rd. 1,8 Mio. Einwohnern des B.s leben etwa 60 % in Städten. Aufgrund einer traditionell niedrigen Geburtenrate und der spätestens 1989 einsetzenden Abwanderung schrumpft die Bevölkerungszahl seit zwei Jahrzehnten; lediglich Ende der 1990er Jahre erfolgte im serbischen Teil ein Zuzug von Flüchtlingen.

Obwohl Vereinheitlichungstendenzen seit über 100 Jahren anhalten, ist die ethnische und religiöse Vielfalt so groß, dass sie einen der Hauptbestandteile des B.er Selbstverständnisses darstellt. Volkszählungen weisen regelmäßig rd. 20 ethnische und ein Dutzend religiöse Gruppen aus, die aber noch nicht alle Gruppierungen abdecken. Zwar herrschen inzwischen die jeweiligen Staatsnationen eindeutig vor, aber Minderheitenanteile von 10 bis 20 % sind auf Kreisebene die Regel.

Charakteristisch ist, dass jede B.er Stadt einen bunt gemischten Minderheitenanteil von 10 bis 30 % aufweist, während es bei den Dörfern die gesamte Spannweite von – meist kleineren – ethnisch einheitlichen über die Mehrzahl mit 20 bis 40 % Minderheiten bis hin zu Mischdörfern ohne vorherrschende Gruppe gibt. Im Siedlungsnetz liegen Minderheitendörfer teils inselartig, teils in kleineren Gruppen zwischen solchen mit Mehrheiten der Staatsvölker. Im serbischen Süd- bzw. Südwest-B. gibt es eine große Anzahl rumänischer, aber auch drei slowakische Dörfer. Entlang der Donau existieren sieben rein tschechische Dörfer, darunter auf rumänischem Staatsgebiet, das ausschließlich von Tschechen bewohnte Dorf mit dem offiziellen Namen Eibenthal. Bei Reşiţa gibt es sieben „kraschowenische“ (südslawische Krašovani) und zwischen Lugoj (ungar. Lugos, dt. Lugosch) und Caransebeş (Karánsebes/Karansebesch) sieben ruthenisch/ukrainische Dörfer. Die vier von deutschen „Böhmerwäldern“ besiedelten Dörfer im Semenik-Gebirge sind heute überwiegend von Rumänen bewohnt.

Die einst bedeutende deutsche Minderheit des historischen B.s ist im serbischen Teil durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse praktisch verschwunden, während sie in Rumänien bis 1989 noch stärker vertreten war. Hier erfolgte Anfang der 1990er Jahre ein Auswanderungsschub, nach dem selbst ehemals überwiegend von Deutschen bewohnte Großdörfer bis auf wenige Ausnahmen diese Gruppe ganz verloren haben. In Städten ist sie auf etwa ein Zehntel ihres ehemaligen Bestandes ausgedünnt und schrumpft wegen der Überalterung weiter.

Im religiösen Bereich herrschen jeweils die orthodoxen Staatskirchen vor. Danach stellt die ethnisch stark gemischte römisch-katholische Kirche die zweitgrößte Gruppe, zu der im B. auch die meisten Ungarn gehören. Es folgen einige ethnisch einheitlichere protestantische Kirchen, wogegen die griechisch-katholische bzw. unierte Kirche im B. eine weit geringere Bedeutung hat als in Siebenbürgen. Seit 1989 sind im rumänischen Teil eine Vielzahl von neuen Glaubensgemeinschaften und Sekten aufgetreten, die nach anfänglichem Erfolg heute aber bei wenigen Prozent der Bevölkerung stagnieren.

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1.3 Wirtschaft

Siedlungsnetz und Infrastruktur

Das Siedlungsnetz wird von der B.er Hauptstadt Timişoara beherrscht, die auch Knotenpunkt der Verkehrsinfrastruktur ist (neun Eisenbahnlinien, sieben Nationalstraßen). Sie ist mit 308.000 Einwohnern die einzige Großstadt im B.; Arad (171.000), Szeged und Belgrad haben ihre Zentren jenseits der Grenzflüsse, reichen aber mit Vororten in die Region hinein. Als Mittelzentren folgen Pančevo, Zrenjanin, Kikinda, und Vršac in Serbien sowie Reşiţa, Lugoj, Caransebeş in Rumänien; dahinter eine Reihe kleiner Landstädte. In der Ebene herrschen große Plandörfer vor, im Hügel- und Bergland viele Kleindörfer, teils mit Plangrundriss, teils mit morphologisch bedingten Unregelmäßigkeiten.

Die Infrastruktur ist im B. traditionell gut ausgebaut. Die Region hat das dichteste Eisenbahnnetz im gesamten Raum, das aber 1920 durch Grenzen zerschnitten und bisher nicht mehr verbunden wurde. Das Straßennetz erfasst beinahe alle Siedlungen. Im serbischen Teil wurde es bis 1990 qualitativ auf dem neuesten Stand gehalten, seither fehlen hier Investitionen. In Rumänien gab es seit Mitte der 1970er Jahre eine Stagnation; die Nationalstraßen haben eher Landstraßencharakter, werden jedoch seit zehn Jahren schrittweise dem enorm wachsenden Verkehr angepasst. Autobahnen gibt es auf B.er Gebiet bisher nicht; eine West-Ost-Achse nördlich Timişoara mit Anschluss an das bis Szeged reichende europäische Autobahnnetz ist für die kommenden Jahre als Teil des transeuropäischen Korridors IV geplant.

Donau und Theiß sind schiffbar. Die Unterläufe der B.er Flüsse wurden ab 1726 (Begakanal) kanalisiert, werden heute aber nur noch im serbischen Teil benutzt.

Landwirtschaft und Forstwirtschaft

Die außerordentlich guten Naturbedingungen lassen die Agrarwirtschaft im Ebenenanteil des B.s zu einem Hauptzweig der Gesamtwirtschaft werden. Derzeit verhindern allerdings Modernisierungsdefizite in beiden großen Teilen und erhebliche Mängel in den organisatorischen und agrarsozialen Strukturen die effiziente Ausnutzung der hohen Bodenproduktivität. Ähnliches gilt für die Obst- und Weinwirtschaft der Hügelländer und die Weidewirtschaft der Bergländer. Hier sind die reichen Waldbestände Grundlage für eine umfangreiche Forstwirtschaft.

Industrie

Auf der Basis der ertragreichen Landwirtschaft entwickelte sich in den Städten der Ebenen schon im 18. Jh. ein diversifiziertes Handwerk und Manufakturwesen mit Schwerpunkten im Textil-, Leder- und Nahrungsmittelbereich. Daraus entstanden im 19. Jh. Industrien, die einen zugehörigen Maschinenbau und sehr früh die chemische Industrie nach sich zogen. In der Elektroindustrie gehörte Timişoara zu den Pionierstandorten im östlichen Europa. Diese Branchen prägen bis heute die Industrie der Tieflandstädte. Allerdings haben die Kriegsereignisse der 1990er Jahre die Industrie im serbischen B. deutlich zurückgeworfen und von Auslands- und ehemals jugoslawischen Märkten und Finanzmitteln abgeschnitten. Große Zerstörungen gab es im Raffineriestandort Pančevo. Dagegen boomen rumänische Standorte an der ungarischen Grenze als „verlängerte Werkbänke“ im Textil- und Autozulieferbereich; Sânnicolau Mare dürfte derzeit eine der wenigen Städte Europas ohne Arbeitslosigkeit sein.

Im „B.er Bergland“ war dagegen der Bergbau Grundlage für ein im 18. Jh. vom Wiener Hof initiiertes Hüttenwesen und einer fast gleichzeitig beginnenden Schwermaschinen- und Waffenproduktion, die ihre Krönung ab 1872 im Dampflokomotivenbau der ›Reschitzer StEG – Werke‹ fand. Heute ist der Bergbau nahezu vollständig eingestellt, wogegen das Hüttenwesen und der Maschinenbau in mehreren Berglandstandorten nach 15-jähriger Transformationskrise bei etwa einem Fünftel seiner früheren Kapazität wieder Aufwärtstendenzen zeigt; in Reşiţa mit der Fortsetzung des in den 1970er Jahren begonnen Dieselmotoren-, Großgetriebe- und Turbinenbaues.

Dienstleistungen

Im Dienstleistungsgewerbe war das B. bis 1945 weitgehend auf mitteleuropäischem Stand. Z. B. wurden um 1850 die ersten IHK gegründet, fünf Jahre vor denen in Süddeutschland. Ein erster Bruch entstand nach dem Ersten Weltkrieg durch die neuen Grenzen. Ab 1945 reduzierte die kommunistische Ideologie Dienstleistungen auf ein Mindestmaß. Seit der Wende läuft hier v. a. in Rumänien eine nachholende Entwicklung ab.

Ökologie

Mit der Wiederbesiedlung des B.s begann ab 1726 auch die Trockenlegung der weitflächigen, amphibischen Landschaft der niederen Ebene. Wie in der Puszta hatte dies nach wenigen Jahrzehnten eine starke Austrocknung der Oberböden zur Folge, die stellenweise versalzten.

Weite Teile der Ebenen wurden generell für den Ackerbau „ausgeräumt“, wodurch das engmaschige ökologische Gefüge gestört wurde. Durch die intensive, stark chemisierte Landwirtschaft der Nachkriegszeit wurden Böden und Gewässer geschädigt; letztere auch durch die Tierhaltung in Großbetrieben mit zehntausenden Einheiten ohne ausreichende Klär- und Entsorgungseinrichtungen.

Durch die Industrie kam es v. a. im Bergland zu hohen lokalen Belastungen von Böden und Grund- und Oberflächenwässern. Auch hier verstärkte die ideologisch forcierte Industrialisierung ab 1945 die Schäden enorm. Andererseits gibt es in den Berg- und Hügelländern noch ausgedehnte Areale intakter, naturnaher Wälder und der wirtschaftliche Einbruch nach 1989 brachte eine ökologische Erholungsphase mit sich. Zusätzlich sorgt die EU-Annäherung für eine stärkere Beachtung ökologischer Belange.

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2 Kulturgeschichte

Die historischen Abläufe einzelner B.er Teile standen mit Ausnahme der Periode 1718 bis 1918 in der Regel in Entwicklungszusammenhängen anderer Regionen. Schriftliche Quellen, die dem B. zugeordnet werden können, liegen erst ab dem 12. Jh. vor. Materielle Zeugnisse der Kulturentwicklung sind für die Zeit vor 1718 selten. In dieser Überschneidungszone dreier Kulturräume sind häufige Kriege und Machtwechsel, mehrere rigorose Anpassungen der Siedlungs- und Raumstrukturen an neue Militärtechniken (Festungsbau) und Organisationsformen (Plandörfer), sowie in der „niederen Ebene“ die anhaltende Sedimentüberdeckung Ursachen für diese Reliktarmut. Zum Teil sind die Funde widersprüchlich und werden unter ideologischen Vorzeichen unterschiedlich ausgedeutet. Dies erschwert eine lückenlose, objektive kulturgeschichtliche Darstellung des B.s.

Für die höheren Ebenen lassen Funde auf einen Siedlungsbeginn in der Altsteinzeit schließen. Aufgrund der leichten, ertragreichen Ackerböden dürften sie seither Dauersiedelland sein, das auch von Dakern und Römern genutzt wurde, wie Wallreste zwischen Mureş und Donau zeigen. In der niederen Ebene gibt es dagegen erst für die Jungsteinzeit Funde. Wegen ihres amphibischen Charakters dürfte hier lange eine ephemere Siedlungsweise vorgeherrscht haben. Im „B.er Bergland“ finden sich in Folge der Erzvorkommen, v. a. Kupfer, seit der Bronzezeit Siedlungs- und Bergbauspuren, die bis zur Türkenzeit fast durchgängig sind.

Mit dem dakischen Einflussbereich wurden die Ostteile des B.s 106 als Provinz Dacia ins Römische Reich inkorporiert. Unter dem Druck der Völkerwanderung ging diese nördlich der Donau liegende Provinz bereits 271/275 verloren und es begann eine kaum durch Quellen erhellte Periode bis nach 1000. Sie ist seit dem 19. Jh. Anlass für den heftigen Streit zwischen Rumänen und Ungarn über die Herkunft der rumänischen Bevölkerung in Siebenbürgen und dem B. Das B. war Durchzugsraum fast aller Wandervölker, wobei die Reiche der Gepiden (5./6. Jh.) und Awaren (bis ins 8. Jh.) stabilere Herrschaftsperioden darstellen.

Nach bulgarischen und byzantinischen Einflüssen wurde das B. um 1030 für 500 Jahre dem Königreich Ungarn eingegliedert, wobei v. a. im Bergland eine rumänisch-orthodoxe Adels- und Bevölkerungsschicht vorherrschend bleibt mit Zentren in Lugoj, Caransebeş und Hunedoara.

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1394 trugen die Osmanen den ersten Angriff gegen das B. bis unter die Mauern Temesvár (heute Timişoara) vor. Damit geriet die Region für 168 Jahre als „Vormauer der Christenheit“ in eine Frontsituation zwischen Ungarn und Osmanischem Reich, sowie zeitweise dem siebenbürgischen Fürstentum. 1552 fiel mit Temesvár die gesamte Provinz für 164 Jahre an die Osmanen, die ein Paschalik errichteten. Lediglich im bergigen Ostsaum war ihre Macht eingeschränkt, da die dortige Adelsschicht in Anlehnung an das freiere Siebenbürgen dem Druck besser standhielt und dieser Raum offenbar nicht zu den Prioritäten gehörte, da er bspw. nicht bergbaulich genutzt wurde.

Ebenso wie die Osmanen das B. erst nach mehreren Anläufen erobern konnten, gelang es den habsburgischen Truppen nach 1683 nicht, die Provinz im ersten Türkenkrieg zurück zu gewinnen. Sie blieb als einzige nördlich der „nassen Grenze an Donau und Save“ in osmanischer Hand. So entstand im Frieden von Karlowitz (heute Sremski Karlovci) 1699 das B. quasi als „Negativform“ in seiner heutigen Gestalt. Erst im zweiten Türkenkrieg gelang es Prinz Eugen am 12.10.1716 Temeswar zu nehmen und damit im Frieden von Passarowitz (heute Požarevac) 1718 die Eingliederung des B.es ins Habsburger Reich zu erzwingen. In diesen 20 Jahren wurde die im Osmanischen Reich blühende Provinz durch die Frontsituation, Kleinkriege und Raubzüge weitgehend zerstört und entvölkert: Habsburg „übernahm“ nur rd. 90.000 neue Untertanen, also etwa drei Einwohner pro km².

Beeinflusst von den Kuruzzenaufständen gab der Wiener Hof die Neuerwerbung nicht der ungarischen Krone zurück, sondern verwaltete sie als Kronland 60 Jahre direkt von Wien. Der erster Gouverneur, Claudius Florimund Graf Mercy, verfasste 1719 für das B. ein ganzheitliches „Einrichtungsprojekt“ im Sinne seiner Zeit, also mit militärischen (Festungen), organisatorischen (straffe Zentralverwaltung) und ideologischen (katholische Kirche) Machtsicherungsinstrumenten des Absolutismus, mit bevölkerungs- („Peuplierung“) und wirtschaftspolitischen (Verbot der Zünfte, Einrichtung von Manufakturen) Fördermaßnahmen des Merkantilismus und mit der barocken Raumgestaltungsplanung (Infrastruktur- und Siedlungsnetz, Plandörfer und Städte) nach klaren geometrischen Mustern. Dieser Plan wurde bei allen Veränderungen, Widerständen und Verzögerungen in den sechzig kaiserlichen Jahren weitgehend umgesetzt: Die einheitlich barocke Kulturlandschaft „Banat“ entstand, die in ihrer Grundstruktur bis heute wirkt.

Für die entscheidende Maßnahme der Wiederbesiedlung wurden Menschen aus einem weiten Umfeld angezogen, die möglichst katholisch, aber wenigstens christlich sein sollten. Das Gros der Neubürger waren Flüchtlinge aus osmanisch verbliebenen Gebieten: Serben im Südwesten und Rumänen im Osten des B.s, aber auch Bulgaren, Griechen. Zudem warb man im Westen des Reiches „Kolonisten“ an, die in drei „Schwabenzügen“ (1722–26, 1763–73, 1784–86) in das B. kamen. Es waren überwiegend deutsche Bauern und Handwerker, aber auch Niederländer (Wasserbau), Spanier, Italiener (Seide, Reisanbau). Ungarn, Kroaten und Slowaken sollten der Aufsiedelung des Südens der Länder der ungarischen Krone zur Verfügung stehen, weshalb sie im B. eine geringe Rolle spielen und oft erst nach 1778 kamen.

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Nach dem dritten Türkenkrieg (1737–39) verlängerte der Wiener Hof 1742 die Militärgrenze über Belgrad hinaus nach Osten. Zunächst gab es den „illyrischen“ Westabschnitt der Serben mit Pančevo als Vorort, den „deutschen“ Mittelabschnitt mit Weißkirchen (heute Bela Crkva) und den „rumänischen“ Abschnitt vom „Banater Eisernen Tor“ an der Donau über die „Porta Orientalis“ zum „Siebenbürgischen Eisernen Tor“ östlich des Vorortes Caransebeş. Der deutsche Teil wurde früh mangels Siedlern, die Bauernsoldaten werden wollten, in den serbischen eingegliedert. Die gesamte Militärgrenze blieb bis 1872 direkt dem Wiener Hofkriegsrat unterstellt und hat deutliche Spuren in der Mentalität ihrer Bevölkerung hinterlassen. Als zweites Gebiet blieb die Bergbauzone des B.s über den kk Montanärar bis in die 1850er Jahre direkt unter Wiener Einfluss.

Der ethnischen und religiösen Vielfalt wurde dadurch Rechnung getragen, dass jede Kirchengemeinde, zum Teil mit staatlicher Unterstützung, ein eigenes Gotteshaus errichten durfte; selbst kleine, ethnisch-religiös gemischte Dörfer warten mit drei, vier Barockkirchen auf. Ab 1774 mussten Verwaltungsgemeinden muttersprachlichen Grundschulunterricht anbieten, der in den Mutterländern mancher Sprachgruppe erst viele Jahrzehnte später üblich wurde. Bis heute gibt es Dörfer, in deren Grundschulen mehrsprachig (zum Teil in fünf Sprachen) unterrichtet wird. Zwei Umstände, die trotz eines „nationalen Jahrhunderts“ die ethnische, sprachliche und religiöse Vielfalt im B. ohne große Auseinandersetzungen hat überleben lassen.

Am 6.6.1778 gab Kaiserin Maria Theresia das Kronland an die „Ungarische Krone“ zurück. Es wurde in drei unabhängige Komitate (Torontál, Temes, Krassó) aufgeteilt, was die kurze einheitliche Planungs- und Verwaltungsphase beendete. Der erste Abschnitt der Zugehörigkeit zur Stephanskrone reichte bis zur 1848er Revolution, die in Ungarn bereits eine stark nationale Färbung hatte und im Separationskampf gegen das Haus Habsburg gipfelte. Aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen standen die deutschen Bauern Südungarns in diesem Kampf eher auf Seiten der ungarischen Befreiungsbewegung, während alle anderen Minderheiten, die bereits die erste Welle des ungarischen Nationalismus in den 1840er Jahren zu spüren bekamen, auf der kaiserlichen Seite kämpften. Im Zuge der Kampfhandlungen wurde das B. ab April 1849 besetzt, Temesvár 104 Tage belagert. Kaiserliche Truppen sprengten die Belagerung am 9.8.1849, russische Koalitionstruppen besiegten die letzte Honvéd-Armee am 13.8.1849 bei Világos am Nordufer des Flusses Maros, ein für die Zeit der sowjetischen Besatzung von 1945 bis zum Ungarnaufstand 1956 nicht unerhebliches Ereignis.

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Nach dem Zusammenbruch der ungarischen Separationsbewegung unterstand das B. mit der Wojwodina wieder direkt dem Wiener Hof, musste aber 1860 an Budapest zurückgegeben werden und fiel mit dem Ausgleich vollständig der ungarischen Herrschaft zu. Die folgenden 50 Jahre waren einerseits geprägt von einem beispiellosen Aufschwung der Gesamtwirtschaft und einer rapiden Industrialisierung, die aber vorwiegend in den nicht ungarischen Randgebieten ablief; zum Beispiel in Temes und dem „B.er Bergland“. Andererseits bestimmte der schnell wachsende Magyarisierungsdruck das politische Geschehen, wobei ihm im B. wieder die deutschen Minderheiten am ehesten erlagen, er aber generell weniger effizient war, da die Ungarn hier nur eine von vier etwa gleich starken „großen“ ethnischen Gruppen waren und bei orthodoxen Serben und Rumänen kaum über die religiöse Schiene Einfluss nehmen konnten.

Der überschäumende Nationalismus zersprengte im Ersten Weltkrieg die europäischen Vielvölkerstaaten und führte zu einer staatlichen Neuordnung nach dem Prinzip „Ethnikum = Territorium“. Dies war in einem multiethnischen Gebiet, wie dem B., in dem die Mischung bis in die Häuser und Familien reichte, nicht anwendbar, weshalb eine machtpolitische Lösung erfolgte. Serbien und Rumänien traten dem alliierten Lager bei und ließen sich für den Fall eines Sieges wegen der großen Minderheiten im B. bereits 1915 bzw. 1916 diese Region jeweils als Ganzes vertragliche zusichern. Nach Ende des Krieges führte dies zu langen, zum Teil gewaltsamen Auseinandersetzungen, die erst durch ein französisches Machtwort beendet wurden und am 4.6.1920 im Vertrag von Trianon zur Teilung des B.s nach den Mehrheitsverhältnissen der beiden Minderheiten führte. Die anderen ethnischen Gruppen, v. a. die große deutsche und die ungarische Minderheit wurden nicht gefragt.

Die Neuordnung der europäischen Staaten brachte gravierende Nachteile für das B. mit sich. Die einheitliche Region wurde von fast hermetischen Staatsgrenzen zerschnitten. Städte und Dörfer verloren ihr politisches, wirtschaftliches und kulturelles Um- und Hinterland, v. a. die B.er Hauptstadt Timişoara. Infrastrukturnetze, wie das dichte Eisenbahn- und Straßennetz, wurden dauerhaft zerschnitten und streckenweise unbrauchbar. Die einzelnen Teilgebiete mussten sich politisch, räumlich, wirtschaftlich und kulturell auf völlig neue Gegebenheiten einstellen. Dies führte zu tiefen Einschnitten und Hemmnissen der Entwicklung in der Zwischenkriegszeit. Der ungarische Einfluss und Bevölkerungsanteil sank, die rumänischen bzw. serbischen nahmen moderat zu, ohne dass es zu größeren Zwangsmaßnahmen kam. Die ethnisch-religiöse Gemengelage blieb erhalten, wenn auch unter neuer Dominanz.

Im Vorfeld und der ersten Phase des Zweiten Weltkriegs profitierte die ertragreiche B.er Landwirtschaft vom Nachfrageschub aus dem Dritten Reich. Nach der Zerschlagung Jugoslawiens 1941 hoffte Rumänien durch das SW-B. für die Verluste von 1940 entschädigt zu werden. Berlin wollte es aber dem Erzrivalen Ungarn zuschlagen und musste schließlich eine eigene Besatzung einführen, um eine militärische Auseinandersetzung zwischen den beiden Verbündeten im Vorfeld des Russlandfeldzuges zu vermeiden. Der Frontwechsel Rumäniens erzwang einen raschen Rückzug der deutschen und ungarischen Truppen, im B. kam es im Herbst 1944 vereinzelt zu Kämpfen, die geplante Evakuierung der Deutschen scheiterte, vorwiegend an deren Unwillen.

Nach den Kämpfen wurde bei den Grenzen der Status quo ante hergestellt, jedoch fielen Rumänien, Ungarn und zunächst Jugoslawien der sowjetischen Einflusssphäre zu. In Jugoslawien wurde die deutsche Minderheit in Lagern interniert und später von dort vertrieben; einige Zehntausend wurden passiv (Hunger, Arbeit, Krankheit) oder aktiv durch gewaltsame Tötung vernichtet. In Rumänien gab es weder Vertreibungen, noch Internierungen, dafür wurden rd. 35.000 B.er Deutsche am 15.1.1945 ausgehoben und bis Ende 1949 als Reparationsleistung Rumäniens zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion geliefert. Abgesehen davon änderte sich an den ethnischen Strukturen relativ wenig.

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Nach dem Krieg wurden Serben und zum Teil Makedonier in die leeren deutschen Dörfer des B.s gesiedelt. Jugoslawien führte nach dem Bruch mit Moskau den moderaten Selbstverwaltungssozialismus ein, bei dem Gemeinden und Betriebe viel Entscheidungsmacht hatten. Dies kam der traditionellen Form wirtschaftlicher Zusammenarbeit auf der Basis der Großfamilien entgegen und zeitigte gute Erfolge, v. a. in der Landwirtschaft. Rumänien setzte wie alle Ostblockländer die stark zentralisierte Planwirtschaft durch, verstaatlichte 1948 alle Industrien und Dienstleistungen und eliminierte das selbständige Bauerntum fast vollständig, abgesehen von den Ungunsträumen der Bergländer. Der Anfang wurde in den enteigneten, durch die Deportation der arbeitsfähigen Bevölkerung weitgehend paralysierten deutschen Dörfern des B.s gemacht, wo 1952 die ersten rumänischen Kollektivwirtschaften entstanden. Dem vorausgegangen war Mitte Juni 1951 ein zweites Deportationsereignis, bei dem rd. 50.000 „unsichere Elemente“ aus einem 30 km breiten Streifen entlang der Grenze zum „abweichlerischen“ Jugoslawien ausgehoben und in die Bărăgan-Steppe nordöstlich von Bukarest verbracht wurden. Es waren vorwiegend „Großbauern“ aller ethnischen Gruppen, allerdings mit einem Hauptanteil Deutscher. Sie konnten erst 1955 wieder zurückkehren und fanden ihre Dörfer kollektiviert vor.

Gegen Ende der 1950er Jahre war die Verstaatlichung in Rumänien abgeschlossen, lediglich im Handwerk gab es bis in die 1970er Jahre kleine Privatbetriebe. In den Ebenen des B.s war die Landwirtschaft zu über 92 % verstaatlicht, der Rest war sog. Hofland der Kollektivbauern zur Selbstversorgung. Im „B.er Bergland“ waren dagegen 36 % der Landnutzungsfläche privat, meist Weideflächen. In den 1980er Jahren war die Region in den dramatischen Auszehrungs- und Degradierungsprozess der rumänischen Wirtschaft und Gesellschaft eingebunden. Nicht von ungefähr begann die „Revolution“ gegen Nicolae Ceauşescu in der B.er Hauptstadt Timişoara; hier war der gesellschaftliche und kulturelle Nährboden für diese Initialzündung vorhanden. Noch vor dem Sturz des Diktators gab es Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen über die Grenzen im B. hinweg aus Ungarn und Serbien. Aus der Erfahrung des Zusammenstehens in der Not hat sich eine generelle Zusammenarbeit der drei Teile des B.s entwickelt, die seit 1997 organisatorisch sehr effizient in der „Donau-Kreisch-Marosch-Theiß-Euroregion“ (DKMT) vorangetrieben wird, eine Art Modell für den stufenweisen Integrationsprozess der „EU-Beitrittsstafette“ der drei betroffenen Staaten.

Aufgrund ihrer sehr guten wirtschaftlichen Basis und den v. a. von den Minderheiten getragenen engen Beziehungen zu den Nachbarländern, aber auch zu Österreich und Deutschland sind die beiden großen Teile des B.s, das serbische im Verbund der Wojwodina, jeweils nach den Hauptstädten die am meisten prosperierenden Regionen ihrer Länder; sie werden von den EU-Beitritten am meisten profitieren und entscheidende Impulse erhalten.

Österreichisches Ost- und Südosteuropa-Institut (Hg.) 2005: Entwicklung der ethnischen Struktur des Banats 1890–1992. Wien (= Atlas Ost- und Südosteuropa). Rieser H.-H. 2001: Das rumänische Banat - eine multikulturelle Region im Umbruch. Geographische Transformationsforschungen am Beispiel der jüngeren Kulturlandschaftsentwicklung in Südwestrumänien. Ostfildern (= Schriftenreihe des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde 10).

(Hans-Heinrich Rieser)

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