Ägäisches Meer

Ägäisches Meer (griech. Aigaion Pelagos, türk. Ege Denizi)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Lage und Naturraum

Das Ä. M. ist ein nordöstliches Nebenmeer des Mittelmeers, dessen Name auf Aigeus, in der griechischen Mythologie König von Athēnē und Vater des Thēseus, zurückgeht. Auf einer Fläche von 179.000 km² umspült es die Ägäischen Inseln. Die Kurzform ›Ägäis‹ kann auf das Meer bezogen werden, bezieht sich aber in der Regel explizit auf den Kulturraum an den Küsten des Meeres.

Das Ä. M. hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von 650 km und eine West-Ost-Ausdehung bis zu 290 km. Seine südliche Begrenzung liegt bereits auf der geographischen Breite des mittleren Tunesiens. Im Westen wird das Ä. M. von der südlichen Balkanhalbinsel, im Osten von Kleinasien begrenzt. Im Südwesten und Südosten hat es breite Übergänge in das östliche Mittelmeer. Im Nordosten ist es über die Meerenge der Dardanellen (Hellespont) mit dem Marmarameer verbunden, das seinerseits über die Meerenge des Bosporus (türk. Boğaziçi) in das Schwarze Meer führt. Im Norden des Meeres liegt die makedonisch-thrakische Festlandsmasse. Nach Süden wird es durch den dinarisch-hellenidischen Gebirgsbogen begrenzt, der sich von der Peloponnes über Kythīra und Kreta nach Kasos, Karpathos, Rhodos bis zum Taurus in Kleinasien zieht.

Das Ä. M. besteht aus drei Tiefseebecken: dem nordägäischen Becken, das sich zwischen den Halbinseln von Magnīsia und Gelibolu erstreckt (größte Tiefe 1311 m östlich von Magnīsia), dem mittelägäischen Becken zwischen Euböa, Chios und den Kykladen (größte Tiefe 1260 m zwischen den Inseln Ikaria und Chios) und dem südägäischen Becken zwischen den Kykladen, Kreta, Kythīra und Rhodos (mit Tiefen über 2500 m westlich Karpathos), die jeweils durch Inselbrücken voneinander getrennt sind. Südlich schließt sich der Hellenische Trog an, der steil über 5000 m Meerestiefe abfällt und somit die tiefste Stelle des Mittelmeeres bildet. Im Norden sind die Küsten überwiegend flach und teilweise sumpfig.

Einschließlich der kleinen Eilande zählen rd. 3000 Inseln zu den Ägäischen Inseln, von denen 140 dauerhaft bewohnt sind. Mit Ausnahme der türkischen Inseln Gökçeada und Bozcaada gehören alle bewohnten Inseln im Ä. M. zu Griechenland.
Gökçeada
Abgesehen von der eng am Festland anliegenden Insel Euböa lassen sich die Ägäischen Inseln 5 Gruppen zuordnen: Um die Insel Delos (neugriech. Dīlos) liegen die Kykladen; die wichtigsten Inseln sind Naxos, Paros, Andros, Tīnos, Mīlos, Thera, Ios, Amorgos, Syros und Mykonos. Die Nördlichen Sporaden bestehen u. a. aus Skiathos, Skopelos, Alonnīsos und Skyros. Zu den ostägäischen Inseln gehören Chios, Lesbos/Mytilīnī, Samos, Līmnos, Samothrakī und Thasos; Aigina, Salamina, Ydra bilden die Saronischen Inseln. Die Inselgruppe der Dodekanes, auch Südliche Sporaden genannt, besteht aus 35 Inseln, darunter zwölf größere (daher der Name, abgeleitet von dōdeka = zwölf): Rhodos, Karpathos, Kōs, Kalymnos, Astypaleia, Kasos, Tīlos, Symī, Leros, Nisyros, Patmos und Chalkī.

Die Inseln des Ä. M. sind geologisch sehr unterschiedlicher Entstehung und aus verschiedenem Gestein aufgebaut. Die meisten Inseln der Kykladen und der Dodekanes liegen auf einem gemeinsamen Sockel und bestehen aus paläozoischen Gneisen, Graniten und Kalken (Marmor). Drei Viertel der Oberfläche sind gebirgig, allerdings handelt es sich weitgehend um sanfte, abgerundete Formen, welche die meisten Inseln als Reste alter Rumpfflächen ausweisen. Der höchste Berg – der Dias auf Naxos – erreicht rd. 1000 m Höhe, während auf Kreta mehrere Gipfel über 2400 m aufragen.

Das Ä. M. ist durch Einbrüche im anatolisch-griechischen Gebirgsbogen während der Frühzeit des Pleistozäns entstanden. Die Ägäischen Inseln sind Reste einer alten, aus kristallinen Gesteinen aufgebauten Landmasse, zu der auch die Rhodopen, der Olymp, Attika und das Aydın-Gebirge in Kleinasien gehören. Die Inseln am Südrand des Ä.M. sind geologisch jünger (Tertiär) und gehören daher nicht zu den alten Festlandresten, sondern zum dinaridisch-hellenidischen Bogen.

Durch die Subduktion der Afrikanischen unter die Ägäische Platte auf einer tektonischen Bruchlinie kommt es entlang dieser Nahtstelle, besonders auf den Kykladen (Santorin) und den Dodekanes (Nisyros), zu aktivem Vulkanismus und großer Erdbebenhäufigkeit. Auf anderen Inseln (Mīlos, Kōs) zeugen jungvulkanische Gesteine von früherer vulkanischer Tätigkeit. Die jüngsten Ausbrüche auf den Dodekanes liegen lange zurück (1871/74, 1887/88 auf Nisyros), auf Kaimenī (Santorin-Inselgruppe) gab es bis ins 20. Jh. Ausbrüche. Schwere Beben verwüsteten 1956 die Ortschaften der Insel Santorin. Weitere schwere Beben gab es im Februar 1981 im östlichen Korinthiakos Kolpos und 1986 bei Kalamata. Viele heiße und mineralische Quellen, bekanntestes Beispiel sind die Thermopylen, sind Zeugnisse tektonischer Brüche.

Aus den Dardanellen strömt ein starker, kühler und salzarmer Oberflächenstrom nach Südwesten. Ihm fließt entlang der kleinasiatischen Küste ein salzreicher Tiefwasserstrom entgegen. Im Ä. M. herrschen Strömungen gegen den Uhrzeigersinn vor, da im Schwarzen Meer durch das Einmünden großer Ströme (Wolga, Donau) ein Wasserüberschuss herrscht und im Ä. M. durch starke Verdunstung Wasserdefizite entstehen. Ganzjährig fließende Gewässer gibt es aufgrund der klimatischen und geologischen Bedingungen selten. Die meisten der wenigen vorhandenen Flüsse führen nur nach Regenfällen Wasser, das zudem von der Landwirtschaft verbraucht wird.

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Klima, Flora und Fauna

Das Klima der ägäischen Küsten ist voll mediterran. Kennzeichnend sind warme, trockene Sommer und milde Winter. Die mittleren Temperaturen schwanken zwischen 26 bis 28 °C im Juli und 5 bis 7 °C im Januar. Es können Extremwerte von 44 °C und –11 °C auftreten. Von etwa April bis Oktober herrscht aufgrund wechselnder großräumiger Luftdruckverteilung eine relative Dürrezeit am Ä. M. Im Vergleich zum Klima des Ionischen Meeres sind die Küsten des Ä.M. sehr regenarm.

Die Oberflächentemperaturen des Wassers betragen im Sommer 23–25 °C, im Winter 10–15 °C, am Meeresboden liegen sie bei 13 °C. Der Salzgehalt des Wassers ist mit durchschnittlich 33–39 ‰ wesentlich höher als der Salzgehalt der Meere Nordeuropas. Nährstoffmangel und Fischarmut des gesamten Mittelmeeres sind auch für das Ä. M. typisch. Als Binnenmeer mit schmaler Öffnung zum Atlantik sind Ebbe und Flut schwach ausgeprägt und nur in tieferen Meeresbuchten bemerkbar. Eindrucksvoll ist die Wechselströmung im Evripos zwischen Euböa und dem Festland, die vier bis sechs Mal am Tag ihre Richtung wechselt.

Die Winde zeichnen sich durch Beständigkeit aus. Bei wolkenlosem Himmel wehen von Mai bis September oft stürmische nordöstliche sehr trockene und warme Winde, die Etesien (griech. meltemi, türkisch meltem) genannt werden. Entsprechend wird diese Ausprägung des mediterranen Klimatyps als Etesienklima bezeichnet. Ursache für diese beständige Luftströmung sind das Azorenhoch und das über dem asiatischen Festland lagernde Hitzetief. Böen und Fallwinde treten besonders an der kleinasiatischen Küste auf. Der Nordwind der Ägäis ist als Boreas (neugriech. vorias) bekannt. Im Norden der Ägäis sorgt der Vardarīs genannte Wind für Kaltlufteinbrüche, die derart intensiv sein können, dass Teile der flachen Bucht von Saloniki gefrieren. Die Niederschläge schwanken zwischen weniger als 400 mm (Ostküste der Attika) und 739 mm (Lesbos).

Die Vegetation der Küsten des Ä. M. gehört zur winterkahlen submediterranen Laubmischwaldzone und zur vollmediterranen Zone der Hartlaub- oder Nadelgehölze. Hauptruhezeit der Vegetation ist der Sommer. Manche Straucharten werfen ihre Blätter ab. Viele Pflanzenarten überdauern die Sommertrockenheit im Knollen-, Zwiebel- oder Samenstadium. Entlang der Küsten dominieren immergrüne Pflanzen vor (Macchie, Pseudomacchie). Weit verbreitet ist die Kermeseiche, die wegen ihrer stacheligen kleinen Blätter gegen Viehverbiss resistent ist. Während die nördlichen Inseln der Ägäis waldreich sind, mangelnd es auf den Kykladen und den Dodekanes an Waldbewuchs. Für große Teile der ägäischen Inseln sind Ölbaum-Johannisbrot-Wälder typisch, in denen Pistazie und Aleppo- bzw. Hartkiefer vorkommen. In den Bereichen mittlerer Höhe werden sie durch Steineichenwälder abgelöst. In den höheren Teilen der Gebirge von Kreta und Rhodos herrschen mediterran-montane Nadelwälder vor. V. a. auf den südlichen Küsten des Ä. M. gedeiht die Phrygana, eine Vegetationsformation aus niedrigen, stacheligen Sträuchern und Zwiebelgewächsen.

Die Wirbeltierfauna ist aufgrund der isolierten Lage der Inseln artenarm. Die Amphibien sind durch Wechselkröte und Seefrosch, Reptilien durch Geckos, Eidechsen und mehrere Schlangenarten vertreten. Auf Kreta hielt sich die wilde Bezoarziege. Besonderheiten unter den Vogelarten sind Gänsegeier, Eleonorenfalke und Gelbschnabelsturmtaucher. Nur noch wenige Exemplare der vom Aussterben bedrohten Mönchsrobben und Meerschildkröten leben in der Ägäis. Unechte Karettschildkröten haben die ihre Brutplätze an der türkischen Südküste und an wenigen Stränden Mittelgriechenlands. Das Fischen mit Dynamit hat zu starker Überfischung geführt.

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Bevölkerung

Rd. 12 % der Bevölkerung Griechenlands lebt heute auf Inseln im Ä. M., die meisten davon auf Kreta. Bereits vor der griechischen Besiedlung haben im ägäischen Raum Hochkulturen existiert. Die bäuerlich strukturierten Einwanderer nahmen die von altorientalischen und ägyptischen Einwirkungen geprägte Kultur der Vorbevölkerung auf. Viele der Ägäischen Inseln sind weniger durch Größe oder Bevölkerungszahl bekannt geworden als aus historischen Gründen. Auf den ägäischen Inseln lebten und wirkten berühmte Persönlichkeiten wie der Philosoph Pythagoras (Samos) oder der Arzt Hippokrates (Kōs).

Die Architektur der südägäischen Inseln unterscheidet sich stark von derjenigen des Festlandes: Weißgetünchte ein- oder zweistöckige kubische Häuser mit kleinen Fenstern fügen sich zu dichten Siedlungen mit engen Gassen zusammen. Die Wurzeln dieser Siedlungsarchitektur gehen möglicherweise auf die minoische Zeit zurück. Auf den Dodekanes dominieren bunte Farben und ziegelbedeckten Walm- oder Pultdächer.

Tourismus und Subventionspolitik der EG bzw. EU veränderten Siedlungsbild und Kulturlandschaft sehr, obwohl heute umfangreiche Bemühungen zum Erhalt der traditionellen Baukultur sichtbar sind. Insbesondere die Nordküste Kretas, Teile von Rhodos sowie die Küste der Halbinsel Kuşadası erfuhren durch den Massentourismus schmerzliche Veränderungen.

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Wirtschaft und Verkehr

Das Ä. M. liegt abseits der größten Verkehrsadern des Mittelmeeres. Entlang der sehr fruchtbaren östlichen Ägäisküste werden Weintrauben, Feigen, Oliven, Baumwolle, Mais, Tabak und Zitrusfrüchte angebaut. Die kultivierten Fruchtbäume wie Orangen, Zitronen, Pfirsich- und Mandelbäume sind heute Teil der Kulturlandschaft der Ägäis. Agaven und Feigenkakteen sind von Mönchen eingeführte Importe aus Mittelamerika. Mit importierten Getreidesamen breiteten sich Ackerwildkräuter aus. Von den Venezianern auf die Inseln gebrachter Baumwollanbau und Maulbeerbäume für die Seidenraupenzucht finden sich ebenso als Relikte wie andere einstmals wichtige Kulturpflanzen. Wo Wasser in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, finden sich Gemüsegärten und -felder.

Die unterschiedliche geologische Entstehung bedingt die Oberflächengestaltung, die Küstenformen und die Verteilung der Bodenschätze. Je nach Ausgangsgesteines wechseln die Lagerstätten: Obsidian, Plutonite, Perlite und Bims kommen an vulkanischen Gesteine vor, Marmor an paläozoischen Gesteine der Kykladenmasse. Bereits in der Antike wurde auf der Insel Thasos goldhaltiges Gestein gefördert. Auf einigen Inseln spielte der Bergbau eine wichtige wirtschaftliche Rolle, so auf Serifos (Eisenerze), Mīlos und Kimōlos (Perlit, Bentonit, Kaolin, Puzzolanerde), Naxos (Schmirgel) und Thēra (Puzzolanerde). Für andere war der Handel von größerer Bedeutung, v. a. für Syros, das mit seinem Hauptort Ermoupolī bis zum Ende des 19. Jh. Kreuzungspunkt der Schifffahrtslinien war, bevor Piräus ihr den Rang ablief. Auf anderen ägäischen Inseln sind Windenergieanlagen errichtet worden. Die meisten Inseln jedoch verfügen nur über wenige agrarisch nutzbare Flächen und keine abbauwürdigen Bodenschätze. Einige Spezialerzeugnisse wie Mastix (Chios), Loukoumi (Syros), Wein (Samos), Öl (Lesbos), Schwämme (Kalymnos) sowie einige Bergbauprodukte wie Schmirgel (Naxos), Bims bzw. Santorinerde (Santorin), Eisenerz (Sifnos) oder Bentonite (Mīlos) bilden wichtige Ergänzungen der Wirtschaft der jeweiligen Inseln, aber kaum eine wirtschaftliche Grundlage für die gesamte Bevölkerung.

Auch Schaf- und Ziegenhaltung spielt vielerorts bis heute eine Rolle. Viele Wanderhirten des griechischen Hinterlandes nutzten die Küsten des Ä. M. Meeres als Winterweide. Lokal spielt der Fischfang eine wichtige Rolle. Wichtigste Speisefische sind Sardinen, Sardellen, Meeräsche, Oktopus und Tintenfisch.

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2 Kulturgeschichte

Die Kulturen der jüngeren Stein- und Bronzezeit (3./2. Jt.) entlag der Küsten des Ä. M. sowie auf griechischen Festland und im westlichen Kleinasien bezeichnet man als ägäische Kulturen. Man unterscheidet die kretische oder minoische Kultur der mittleren Bronzezeit (um 2000 bis 1450 v. Chr.) in Knōssos und Faistos, die kykladische Kultur der Kykladen (v. a. zweite Hälfte des 3. Jt.), die westkleinasiatische oder trojanische Kultur sowie die helladische oder mykenische Kultur (ca. 2600-1150 v. Chr.), die in ihrer späten Phase bereits von Griechen getragen wurde. Die Zerstörung der mykenischen Kultur dürfte auf die „Ägäische Wanderung“, das Eindringen von Völkern aus Südost- und Mitteleuropa im 13. und 12. Jh. v. Chr., zurückzuführen sein. Über die Sprache der vorgriechischen Bevölkerung ist wenig bekannt. Die bis in die Mitte des 2. Jt. v. Chr von nichtgriechischer Bevölkerung bewohnten Inseln der Ägäis wurde von griechischen Achäern und Dorern besetzt. Die Besiedlung des ägäischen Raumes durch die Griechen erfolgte in Wellen.

Die Geschichte der ägäischen Inseln ist Teil der Geschichte des östlichen Mittelmeerraumes: Sie werden römisch, sind dann Teil des Byzantinischen und nach dessen Untergang des Osmanischen Reiches. Einige gehören für Jahrhunderte zu Venedig und Genua oder sind selbstständige Territorien der Kreuzritter und Barone. In jener Zeit wurden Rhodos Sitz der Johanniter, Patmos Insel der Offenbarung des Johannes und Naxos Sitz des Herzogs Don Joseph Nassi. Während die Kykladen bereits 1821 Teil des jungen griechischen Staates werden, kommt Kreta erst 1913 zu Griechenland.

Die venezianische und die genuesische Herrschaft hatten eine gewisse Ausbreitung der katholischen Kirche unter der einheimischen Bevölkerung zur Folge. Bis heute leben rd. 42.000 Katholiken auf den Ägäischen Inseln (Naxos, Syros, Tīnos), während die übrige Bevölkerung der griechisch-orthodoxen Kirche (in Griechenland) und dem Islam (in der Türkei) angehört. Im zentralgriechischen und ägäischen Raum waren durch Katastrophen und Krankheiten (Pest) große Bevölkerungsverluste entstanden. Venezianer und Byzantiner siedelten sich ab Ende des 14. Jh. auf der Peloponnes, Euböa und einigen ägäischen Inseln wegen des dortigen Bevölkerungsvakuums sowie als Soldaten an. Seit Beginn des 14. Jh. expandierten auch Albaner von Epirus aus nach Süden und siedelten sich auf der Attika und den Inseln des Sarōnikos Kolpos an. Wegen ihrer Identifikation mit dem neugriechischen Staat fühlen sich die Nachfahren dieser Albaner heute mehrheitlich als Griechen, das Albanische ((Arvanitische) (../wwwg.uni-klu.ac.at/eeo/Arvanitisch.pdf) wird nur noch von den betagteren Einwohnern dieser Regionen gesprochen. Diese Besiedlungspolitik wurde von den Türken fortgesetzt.

Während Auswanderung von den ägäischen Inseln früher v. a. in die Städte Ägyptens erfolgte, wanderten um 1900 die meisten nach Amerika und Australien aus. Die Inselbevölkerung verzeichnete Mitte des 20. Jh. einen Rückgang, dem aber in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ein leichter Anstieg folgt. Das Wachstum betrifft jedoch nur wenige Inseln, v. a. Aigina und Salamina sowie Euböa durch die Nähe der Hauptstadt bzw. der Industriestadt Chalkida. Wichtigste Häfen an der Ägäischen Küste sind İzmir, Fetiye, Piräus und Saloniki sowie Ermoupolī auf Syros. Drehscheibe von Handel und Schiffahrt in Griechenland ist Piräus, Mittelpunkt und Handelszentrum der türkischen Ägäisküste ist İzmir.

Die östlichen Abschnitte der Ägäis sind seit langer Zeit von griechisch-türkischen Interessenskonflikten belastet. Der territoriale Status in der Ägäis wurde im Vertrag von Lausanne 1923 nach dem griechisch-türkischen „Bevölkerungsaustausch“ von 1922 festgelegt. Griechenland verzichtete auf die ihm im Vertrag von Sèvres zugesprochenen Gebiete auf dem kleinasiatischen Festland, konnte aber die griechisch besiedelten Inseln im Ä. M. mit Ausnahme von Gökçeada und Bozcaada ehalten, die der Türkei als Sicherung des Dardanellenzugangs zugesprochen wurden. Die Dodekanes verblieben bis 1947 bei Italien.

Die meisten Orte auf den ägäischen Inseln sind aus Schutzgründen in schwer einsehbarer Lage auf einem Hügel oder Berg angelegt worden. Die Hauptorte waren meist nur über einen Anlegplatz zu erreichen. Zu ihnen gehörten Hafenplätze, die oft nur aus Wehrturm und Lager bestanden. Der Rückzug von den ländlichen Siedlungen ins Hinterland, in dem Freidörfer angelegt wurden, war durch die Bedrohung durch Seeräuber sowie durch den Druck der Grundbesitzer auf die Landbevölkerung motiviert. Außerdem führte Wasserarmut, die auch nicht durch das Auffangen von Regenwasser bekämpft werden konnte, zu massiven Abwanderungen.

Die dennoch teilweise beachtlichen Einwohnerzahlen der Volkszählungen lassen sich durch die Heimatverbundenheit der Inselbewohner erklären: Viele auf das Festland abgewanderte Einwohner bevorzugen eine Registrierung auf ihren Heimatinseln.

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(Thede Kahl)

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