Mīlos

Mīlos (neugriech., altgriech. Mēlos, ital. hist. Milo). Die südwestlichste der Kykladeninseln erstreckt sich über 151 km² und ist bis zu 751 m (Profitis Ilias) hoch. Der Nordosten ist flacher und fruchtbarer als der bergige Südwesten. Die Caldera des pliozänischen Vulkans ist nach Nordwesten hin offen und bildet einen großen Naturhafen (Ormos Milu). Schwefelquellen und reiche Vorkommen an Mineralien sind weitere Zeugnisse des vulkanischen Ursprungs der Insel. Obsidian, Alaun, Ton und Bims sicherten den Reichtum bereits in der Antike, heute werden Perlit, Bentonit (fast 2 Mio. t), Kaolin und Baryt abgebaut.

M. war bereits im 3. Jt. v. Chr. besiedelt (bronzezeitliche Siedlungen bei Pelos im Osten der Insel, Phylakopi, das um 1100 v. Chr. zerstört wurde). Um 1100 v. Chr. gründeten dorische Einwanderer die Stadt Mēlos. Es wurden neben den Bodenschätzen Öl, Wein und Honig exportiert. Keramik, Plastiken, Amphoren sowie Reliefs und eigene Münzprägungen zeugen vom damaligen Wohlstand. M. geriet nach dem Sieg über die Perser 480 v. Chr. zwischen die Interessen Athens und Spartas. In römischer Zeit erlebte die Insel eine kulturelle und wirtschaftliche Blüte (die 1820 gefundene Venus-Statue befindet sich heute im Louvre). Die Stadt M. besaß ein Theater, Odeion, Gymnasium, eine Stoa und ein Dionysosheiligtum. Im 1. Jh. ließen sich jüdische Kaufleute nieder. Mit dem einziehenden Christentum entstanden Katakomben und frühe Kirchenbauten. Im 6. Jh. verödete die Stadt. Das Zentrum der Insel verlagerte sich nach Palaiochora (heute Zefiria). Der Ort wuchs bis Ende des 16. Jh. auf ca. 5000 Einwohner an und hatte 17 Kirchen, bis er 1753 nach Erdbeben und Seuchen aufgegeben wurde. Seit 1207 stand M. unter venezianischem Einfluss, der sich in der Übernahme feudaler Gesellschaftsstrukturen sowie architektonisch in den Burgen von M. und Zefiria niederschlug. Zunächst zum Herzogtum Naxos (auch: Herzogtum des Archipels) gehörend, wurde es 1418 der Seerepublik Venedig tributpflichtig, ab 1580 dem Osmanischen Reich.

M. war wiederholt Kriegsschauplatz in den osmanisch-venezianischen Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft über die griechischen Inseln. Nach der Einnahme eines Großteils der Insel Kreta durch die Osmanen 1669 wurde M. zum Sammelplatz der abziehenden fränkischen und griechischen Korsaren. Während des Krimkriegs und des Ersten Weltkriegs diente der Hafen von M. als britischer und französischer Flottenstützpunkt. Von Mai 1941 bis Mai 1945 war die Insel von der deutschen Wehrmacht besetzt. Heute hat M. ca. 4500 Einwohner, die vom Abbau von Bodenschätzen und von mäßigem Tourismus leben.

Kaletsch H. 1989: Melos. Lauffer S. (Hg.): Griechenland. Lexikon der historischen Stätten. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München, 418–421. Kalcyk H. 1999: Melos. Schneider H. (Hg.): Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike 4. Stuttgart, 1195–1197.

(Antje Niederberger)


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