Kujawien (Landschaft)

Kujawien (poln. Kujawy)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

K. ist eine, zwischen dem Oberlauf der Netze, dem Goplosee und der Weichsel gelegene, historisch-geographische Landschaft im nördlichen Zentralpolen, die in etwa dem südlichen Teil der heutigen Woiwodschaft Kujawien-Pommern entspricht. Fruchtbare Ackerböden und Salzvorkommen begünstigten die frühe Besiedlung der Landschaft und verliehen K. eine besondere wirtschaftliche Bedeutung. Heute leben auf dem 5810 km² großen Gebiet von K. ca. 730.000 Menschen.

Die durchschnittlichen Temperaturen im Januar betragen ca. –3 bis –2,5 °C und im Juli 17,5–18 °C. Die Summe der jährlichen Niederschläge beläuft sich auf ca. 500-550 mm. Zu den wichtigsten Anbaupflanzen gehören Weizen, Roggen, Kartoffeln und Zuckerrüben. Bedeutend ist auch die Schweine- und Rinderzucht.

Anfang

2 Kulturgeschichte

Im 9. Jh. wurde K. vom „Bayrischen Geographen“ als Stammesgebiet der sog. Goplanen („Anwohner des Goplosees“) beschrieben. Größtes frühmittelalterliches Zentrum K.’s war Kruszwica (dt. hist. Kruschwitz), das im 11. Jh. übergangsweise Bischofssitz war. Nach der Erneuerung der kujawischen Diözese im Jahr 1124 wurde der Bischofssitz nach Włocławek (dt. hist. Leslau) verlegt. Im frühmittelalterlichen piastischen Herrschaftsgebiet war K. ein Teil Großpolens. Der Begriff K. – er steht für „sandiges, offenes Land“ und fand in der Bulle von Gnesen (1136) die erste urkundliche Erwähnung – bezeichnete zu dieser Zeit das Umland von Kruszwica, erweiterte sich aber im Lauf des 12. Jh. und bezog nun auch Nachbargebiete des östlich liegenden Masowien mit ein. Aufgrund der testamentarischen Bestimmungen Bolesławs III. Krzywousty wurde K. 1138 mit dem Fürstentum Masowien verbunden. 1186 oder 1194 nahm Mieszko III. Stary K. ein und bildete daraus ein eigenständiges Fürstentum für seinen Sohn Bolesław Mieszkowic. Nach dessen Tod 1195 gelangte K. wieder an Masowien. 1233 schuf Konrad I. von Masowien für seinen Sohn Kazimierz I. erneut ein eigenständiges Fürstentum K. mit der Hauptstadt Inowrocław (dt. hist. Hohensalza). Nach dem Tod Kazimierz I. 1267 wurde K. in die Fürstentümer Inowrocław und Brześć Kujawski, das sich im Besitz Władysławs I. Łokietek befand, aufgeteilt. Während dieses nach der Krönung Władysławs 1320 zum neu gegründeten Königreich Polen kam, wurde das Fürstentum Inowrocław 1287 erneut geteilt. Das aus dieser Teilung hervorgegangene Fürstentum Gniewkowo gelangte 1365 endgültig an die polnische Krone. Zwischenzeitlich hatte sich K. von 1332–43 im Besitz des Deutschen Ordens befunden. Die Aufteilung K.s während der Zeit der Teilfürstentümer spiegelte sich in der vom 15.–18. Jh. bestehenden Einteilung in die Woiwodschaften Inowrocław und Brześć Kujawski wieder. Beide Woiwodschaften hielten in Radziejów gemeinsam ihren Landtag ab.

Mit der Ersten Polnischen Teilung gelangte 1772 die nördliche Woiwodschaft Inowrocław an Preußen, 1793 folgte mit der Zweiten Polnischen Teilung die Woiwodschaft Brześć Kujawski. Ab 1807 war K. Teil des Großherzogtums Warschau und wurde 1815 infolge des Wiener Kongresses geteilt. Während der größere westliche Teil mit Bromberg (poln. Bydgoszcz), Inowrocław und Kruszwica an Preußen gelangte, kam der östliche Teil mit Brześć Kujawski, Włocławek und Radziejów an das russisch beherrschte Königreich Polen. Nach dem Ersten Weltkrieg gelangten beide Teile K.s zur Zweiten Polnischen Republik. In der Zwischenkriegszeit gehörte der westliche Teil K.s zur Woiwodschaft Posen, der östliche zur Woiwodschaft Warschau. 1938 wurde ganz K. an die Woiwodschaft Pommern mit der Hauptstadt Thorn, nach dem deutschen Überfall auf Polen von 1939–45 dem Deutschen Reich, angegliedert. Seit 1999 ist K. Teil der Woiwodschaft Kujawien-Pommern, die nicht nur die historische Landschaft K.s, sondern auch den südlichen Teil Pommerellens umfasst.

Der aus K. stammende Dichter Jan Kasprowicz (1860–1926) machte die Volkskultur seiner Heimat besonders durch die, 1887 unter dem Titel ›Z chałupy‹ („Aus der Bauernhütte“) erschienenen Sonette, in denen er Fragmente kujawischer Volkslieder verwendete und ein realistisches Bild des kujawischen Dorflebens zeichnete, bekannt. Der noch heute in K., hauptsächlich im Umland von Bydgoszcz gesprochene großpolnische Dialekt (poln. gwara bydgoska), zeichnet sich durch die Verwendung zahlreicher deutscher Lehnwörter (z. B. kuczer-Kutscher, topek-Töpfchen, pfefermincki-Pfefferminzbonbons) aus.

Jóźwiak S. 1997: Powstanie i rozwój struktury administracyjno-terytorialnej zakonu krzyżackiego na Kujawach i w ziemi chełmińskiej w latach 1246–1343. Toruń. Olesch R. 1951: Drei polnische Mundarten: Goralisch, Nordmasowisch, Kujawisch. Leipzig. Stankowski W. 2000: Niemcy na Pomorzu Gdańskim i Kujawach w latach 1944/45–1950. Ucieczka, życie codzienne, wysiedlenie. Bydgoszcz.

(Thomas Himmelsbach)

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