Chersonēsos
Chersonēsos (altgriech., „Halbinsel“; auch: [russ./ukrain.] Chersones [Tavričeskij/Tavrijsʹkyj]; „Taurisches Ch.“); antiker Stadtstaat auf der Halbinsel Krim, an der „Quarantäne-Bucht“ (russ. Karantinnaja, ukrain. Karantinna buchta) im Westen des heutigen Sewastopol gelegen.
Bis ins erste Viertel des 4. Jh. v. Chr. spielte die um 422 v. Chr. gegründete griechische Kolonie nur eine sehr untergeordnete Rolle im Schwarzmeergebiet. Ende des 4. Jh. v. Chr. begann der Aufschwung der Stadt, deren bis zu 10 m hohe gegen die Gefahr einfallender Taurier errichteten Verteidigungsmauern ein Gebiet von etwa 30 ha umschlossen. Die Siedler von Ch. eroberten Gebiete entlang der Küste bis nach Balaklava. Durch die enorme räumliche Ausweitung blühte der Stadtstaat auf: Landwirtschaft, Handel und Handwerk konnten sich entfalten. Besonders die Keramik- und Textilherstellung entwickelten sich im 4./3. Jh. v. Chr. sehr schnell. Wichtigste Handelspartner der eigene Münzen prägenden Griechen-Kolonie waren, neben örtlichen Stämmen, Kleinasien und der Balkan. Ab dem 2. Jh. v. Chr. erfuhr Ch. eine zunehmende Bedrohung von Seiten der Skythen. Dennoch konnte sich die im 4. Jh. n. Chr. christianisierte griechische Polis bis 1399 behaupten, bevor sie von den Mongolen eingenommen und zerstört wurde.
Lange Zeit galt Ch. als wichtige Brücke zwischen Byzanz und der Kiewer Rus: In Ch. heiratete der Kiewer Großfürst Vladimir 988 die Schwester des byzantinischen Königs Basileios II., Anna Porphyrogennēta, und ließ sich taufen. Daher gilt Ch. als eine der Wiegen des ostslawisch-orthodoxen Christentums („Taufe der Rus“).
Bei archäologischen Ausgrabungen ab 1827 legte man ganze Straßenzüge, Tempel, Basiliken mit Marmorsäulen und Mosaikfußböden, Wasserleitungen, Thermen und ein antikes Theater frei. Befestigungsanlagen für die Schwarzmeerflotte, Ölrückstände und Ausbeutung durch die Grabräubermafia haben das einzigartige Denkmal schwer in Mitleidenschaft gezogen. 2002 wurde Ch. bereits zum dritten Mal in die vom ›World Monuments Fund‹ erstellte Liste der am meisten bedrohten Kulturstätten aufgenommen. Seit 1996 ist Ch. zudem Weltkulturerbe der UNESCO.
http://www.chersonesos.org/?p=index&l=eng [Stand 30.11.2006].