Sewastopol

Sewastopol (krimtatar. Akyar, russ./ ukrain. Sevastopolʹ)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Mit 340.353 Einwohnern auf 186 km² (2004) ist S. nach Simferopolʹ die bevölkerungsstärkste Stadt der Krim, gelegen am südwestlichsten Zipfel der Halbinsel. Im Sonderverwaltungsgebiet S., das neben S. die Stadt Inkerman und noch einige Dörfer umfasst, leben insgesamt 379.200 Einwohner (2006). Nach der Volkszählung von 2001 waren davon 71,6 % russischer Nationalität. Die Ukrainer bildeten mit 22,4 % die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe und die Weißrussen mit 1,6 % die drittgrößte. S. hat dazu mit rd. 4,0 % der Bevölkerung den höchsten Ausländeranteil in der Ukraine.

Die mittlere Temperatur im Januar beträgt 2,6 °C, im Juli 23 °C. Bedingt durch die überwiegend westliche Winde, die trockene Luft aus dem Inneren der Krim bringen, ist die jährliche Niederschlagsmenge in S. mit 400 mm eher gering. Die großen Hafenanlagen der Stadt werden vorwiegend zu militärischen Zwecken genutzt. Der jährliche Umsatz des zivilen Hafens beträgt lediglich ca. 450.000 t. Bedeutend sind die Fährverbindungen nach Bulgarien, Georgien, Rumänien, Russland und der Türkei. Ebenfalls von Bedeutung ist die Nutzung der Wasserwege im lokalen Personenverkehr (drei feste Stadtrouten und fünf weitere lokale Verbindungen).

Anfang

2 Kulturgeschichte

Die strategisch günstige Lage S.s basiert auf zahlreichen von Felsmassiven umgebenen Buchten, die den Küstenabschnitt um die Stadt zerklüften und idealen Schutz für vor Anker liegende Schiffe bieten. Diesen Vorteil erkannten bereits die aus der Stadt Hērakleia Pontikē (heute türk. Ereğli) stammenden Griechen, die sich um 422 v. Chr. an der „Quarantäne-Bucht“ (russ. Karantinnaja, ukrain. Karantinna buchta), westlich des heutigen Stadtzentrums, niederließen. Dort gründeten sie den Stadtstaat Chersonēsos, der über 2000 Jahre lang Bestand hatte.

Die Geburtsstunde des heutigen S. schlug am 3.(14.)7.1783, nachdem die ersten russischen Schiffe in der „Südbucht“ (russ. Južnaja, ukrain. Pivdenna buchta) vor Anker gegangen waren und unter dem Kommando ihres Heerführers Aleksandr V. Suvorov am Westufer der Bucht die ersten Hafen- und Festungsbauten errichteten. Bis dahin befand sich an dieser Stelle die tatarische Siedlung Aqyar (russ. Achtiar). Mit Beschluss vom 31.1.(10.2.)1784 bekam der Ort den Namen S. (von griech. Sevastopolis, „Stadt des Ruhms“).

Bereits im folgenden Russisch-Türkischen Krieg (1787–91) liefen Kriegsschiffe aus dem Hafen von S. aus. 1804 ernannte die russische Regierung S. zum Hauptstützpunkt der Schwarzmeerflotte. Seither ging S. zweimal in die Militärgeschichte ein. Während des Krimkriegs (1853–55) verteidigte sich die Hafenstadt 349 Tage lang gegen die englisch-französisch-osmanische Belagerung. Der Fall der Stadt fand zahlreiche „Denkmäler“ in der Kulturgeschichte: z. B. erhielt in den preußischen Kohlerevieren ein massiver Förderturmtyp in Anlehnung an die S.er Festung Malachov den Namen „Malakow-Turm“; der junge Lev Tolstoi erlangte u. a. mit den „S.er Erzählungen“ (russ. Sevastopolʹskie rasskazy, 1855/56) ersten literarischen Ruhm. In S. selbst wurde den Verteidigern der Stadt 1905 am „Historischen Boulevard“ (russ. Istoričeskij, ukrain. Istoryčnyj Bulʹvar) ein Denkmal errichtet, das in einem 115 m langen und 14 m hohen Rundgemälde des Künstlers Franz Roubeau die Abwehr des Sturmes auf die Befestigungen der „Schiffseite“ (russ. Korabelʹnaja, ukrain. Korabelʹna storona) am 25.5.(6.6.)1855 verewigt. Das Panorama wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und konnte erst 1954 wieder eröffnet werden.

1941/42 widersetzte sich die in dem unterirdischen Festungslabyrinth S.s verschanzte Rote Armee 250 Tage lang der 11. Armee der Wehrmacht unter Erich v. Manstein. Erst nach völliger Zerstörung wurde die Stadt am 30.6.(4.7.)1942 aufgegeben, fast 500.000 Menschen kamen ums Leben, rd. 100.000 Soldaten und Zivilisten gerieten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Nach ca. einmonatiger Belagerung konnte S. im Mai 1944 von der Sowjetarmee befreit werden und erhielt 1945 den Beinamen „Heldenstadt“ (russ. gorod-geroj, ukrain. misto-heroj). Als Hauptstützpunkt der Schwarzmeerflotte war S. bis 1992 „geschlossene Stadt“, die auch von den Bewohnern der Krim nur mit Passierschein betreten und verlassen werden konnte. Seit 1994 dürfen auch Ausländer S. ohne Einschränkungen besuchen.

1997 vereinbarten die Ukraine und die Russische Föderation (deren Pachtvertrag bis 2017 läuft) die gemeinsame Nutzung der Hafenanlagen in S. Heute nimmt S. als einzige Stadt neben Kiew einen politischen Sonderstatus ein und bildet eine Exklave innerhalb der Autonomen Republik Krim. Das moderne S. ist v. a. eine Stadt der Werften und der chemischen Industrie. Daneben tragen auch die örtlichen Hochschulen und der Tourismus zum Prosperieren der Stadt bei.
Restaurierte klassizistische Bauten aus dem 18. Jh. und aus der Zeit des Wiederaufbaus nach 1945 stammende stalinistische Monumentalarchitektur prägen das Stadtbild. S. weist zahlreiche mit subtropischen Pflanzen bewachsene Parkanlagen auf, die meist zugleich Erinnerungsstätten an die militärische Geschichte der Stadt sind, wie z. B. der am Rande der Stadt gelegene Malachov-Hügel (russ. Malachov kurgan [ukrain. kurhan]). Weiterhin besitzt S. ein Meeresaquarium.

sevastopol.org (http://www.sevastopol.org) [Stand 6.5.2005]. sevastopol.info (http://www.sevastopol.info) [Stand 6.5.2005]. www.sevastopol.com (http://www.sevastopol.com/?linkid=92&catid=299) [Stand 6.5.2005].

(Tanja Krumbholz)

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