Podgorica

Podgorica (serb., 1946-92 Titograd, hist. Ribnica)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Lage und Administration

Hauptstadt der Republik Montenegro, mit 139.724 Einwohner (2004). In der gleichnamigen Gemeinde (opština) wohnen 169.132 Einwohnern auf einer Fläche von 1441 km². Der Name P. bedeutet in serbischer Sprache „unter dem Berg Gorica“.

P. liegt im Zeta-Tal, der am dichtesten besiedelten Region in Zentral-Montenegro, rd. 44 m über dem Meeresspiegel. Das Klima ist kontinental. Die durchschnittliche Temperatur beträgt im Januar 5 °C, im Juli 25 °C, wobei sich die jährliche Niederschlagsmenge auf 1632 mm beläuft.

P. wird auch die „Stadt der sechs Flüsse“ genannt, neben den beiden Hauptflüssen Morača und Ribnica fließen auch die Flüsse Zeta, Sitnica, Mareza und Cijevna (serb., alban. Cem) durch P. Nicht weit von der Stadt liegt der größte See im Balkangebiet, der Skutarisee. Zwei Drittel des Sees gehören zu Montenegro, der Rest zum Nachbarstaat Albanien.

In P. haben die Regierung Montenegros, das Parlament, das staatliche Fernsehen sowie die wichtigsten Zeitungen des Landes ihren Sitz. P. verfügt weiters über ein Nationaltheater (Crnogorsko narodno pozoriste, seit 1959), ein Stadt- und Naturhistorisches Museum und Galerien.

Bevölkerung

Den größten Anteil bilden Montenegriner (59,7 %). Die zahlenmäßig größten Minderheiten bilden Serben (27,1 %), „Muselmanen“ (2,7 %), Bosnier (1,2 %) sowie Roma und Albaner (je 1,0 %) Über 82 % zählten sich zur montenegrinisch-orthodoxen Kirche, 9 % sind Muslime, 2,9 % Katholiken, 4,2 % andere und Atheisten (2003).

Wirtschaft und Verkehr

P. liegt an den Eisenbahnlinien von Belgrad nach Bar, dem wichtigsten Seehafen in Montenegro, sowie von Shkodra nach Tirana (Albanien). P. ist somit ein Verkehrsknotenpunkt im westlichen Balkan; die Hauptlandverbindung von Albanien nach Mitteleuropa sowie die kürzeste Verbindung von Serbien an das Mittelmeer verlaufen durch das Stadtgebiet. Der 1961 eröffnete internationale Flughafen von Podgorica-Gulobovci fertigt jährlich ca. 400.000 Fluggäste ab. Die Stadt hat wenig Industrie. Zu erwähnen sind eine Aluminiumhütte und kleinere Betriebe, die die Erzeugnisse der Landwirtschaft verarbeiten.

Anfang

2 Kulturgeschichte

Rund drei Kilometer nordwestlich vom heutigen P. entstand unter illyrischer Herrschaft eine Siedlung. Zur Zeit der Römer fungierte diese nun Dolcea genannte Siedlung als ein wichtiger militärischer Stützpunkt und im 6. Jh. als Sitz eines Bistums. Im 7. Jh. besiedelten slawische Stämme das Gebiet, in dem das heutige P. liegt. Schon bald gerieten sie in ständige Kämpfe mit Byzanz, schließlich kam es zur Zerstörung Dolceas. Danach entstand auf deren Ruinen die Siedlung Ribnica, benannt nach dem Fluss, an dessen Ufer sie errichtet wurde. 1113 war Ribnica der Geburtsort des serbischen Prinzen Stefan Nemanja. 1326 wurde der Ort unter dem Namen P. erstmals urkundlich erwähnt. Bis 1360 war P. im Besitz der Nemanja-Familie, dann wurden die Stadt und ihre Umgebung von dem lokalen Adelsgeschlechtern Balšići (bis 1421) und Crnojevići (bis 1466) beherrscht. Zu dieser Zeit war P. bereits eine prosperierende Handelsstadt. Auf die Herrschaft Serbiens folgte kurz die Venedigs, bevor 1474 die Osmanen P. eroberten. Ihre Herrschaft hielt bis zum Jahr 1878 an. Unter osmanischer Herrschaft wurde P. zu einer Festung ausgebaut, es entstanden eine Stadtmauer und Wehrtürme, von P. aus unternahmen die Türken ihre Angriffe gegen das restliche Montenegro. Die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung kam in dieser Phase weitgehend zum Erliegen. Allerdings wuchs die Stadt durch die Ansiedlung von Menschen aus anderen Landesteilen.

1878 wurde P. gemäß den Beschlüssen des Berliner Kongresses in Montenegro eingegliedert.
Moschee
Zu diesem Zeitpunkt war bereits seit rund zehn Jahren der planmäßige Ausbau des rechten Ufers des Flusses Ribnica betrieben worden. So entwickelte sich P. rasch wieder zu einem wichtigen Handelszentrum. 1891 wurde der Palais Dvorac Petrovića errichtet, der heute eine renommierte Kunstgalerie beherbergt (Perjanički Dom). 1902 wurde das erste Unternehmen, eine Tabakfirma gegründet, 1904 wurde die erste Bank der Stadt, die ca. 13.000 Einwohner zählte, eröffnet. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg erklärte die Hauptversammlung von Montenegro die Dynastie der Petrović-Njegoš für abgesetzt, während des Krieges besetzte Österreich die Stadt. 1918 trat Montenegro dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca, SHS-Staat) bei, das 1929 in Königreich Jugoslawien (Kraljevina Jugoslavija) umbenannt wurde.

Auch wenn während des Zweiten Weltkrieges zuerst die Italiener und dann im Jahre 1942 die Deutschen P. unter ihre Herrschaft zwangen, schlossen sich etliche Einwohner den Partisanen Titos an. Während des Krieges wurde P. über 70-mal bombardiert und fast vollständig zerstört, rd. 4100 Menschen kamen ums Leben. Besonders stark betroffen war der noch junge Stadtteil Nova Varoš. Auch die türkische Festung wurde zerstört.

Nach der Befreiung am 19.12.1945 wurde die Stadt schnell wieder aufgebaut, dies prägt bis heute das Stadtbild: so gibt es in P. kein eigentliches Stadtzentrum, v. a. am rechten Ufer des Flusses Ribnica entstanden stereotype Hochhäuser, insgesamt finden sich nur wenige alte Gebäude in der Stadt. Allerdings verfügt P. über weite Parkanlagen.

1946 wurde P. zu Ehren von Josep Broz in Titograd umbenannt. Am 13. Juli desselben Jahres wurde P. zudem als Hauptstadt Montenegros proklamiert. Seit 1974 verfügt P. über eine eigene Universität mit drei Fakultäten. Ein Jahr zuvor war die „Montenegrinische Akademie der Wissenschaften und Künste“ (Crnogorska akademija nauka i umjetnosti) gegründet worden. 1979 wurde P. durch ein schweres Erdbeben erschüttert.

Am 2. April 1992 erhielt die Stadt ihren alten Namen P. zurück. Heute gilt P. als moderne, westlich orientierte Stadt sowie als das kulturelle, politische und wirtschaftliche Zentrum Montenegros. Es werden heute Baumaschinen, Möbel, Textilien, Nahrungsmittel und Tabak in P. produziert. Daneben existiert ein Aluminiumkombinat, zudem werden große Anstrengungen unternommen, die
Brücke
Stadt zu einem touristischen Zentrum zu entwickeln. Wahrzeichen ist der steinerne Uhrturm Sat-Kula. Am 13.7.2005 wurde die „Milleniums-Brücke“ (Most Milenijum) über der Morača eröffnet.

Becker J., Engelberg A. (Hg.) 2003: Montenegro im Umbruch. Reportagen und Essays. Münster.

(Antje Helmerich)

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