Kerč (Halbinsel)

Kerčensʹkyj pivostriv (ukrain., krimtatar. Kerç yarımutraw, russ. Kerčenskij poluostrov); Halbinsel im Osten der zur Ukraine gehörenden Autonomen Republik Krim; erstgenannte ist im Westen durch die Landenge Parpač (russ./ ukrain., krimtatar. Akmonay) mit der Krimhalbinsel verbunden.

Die Halbinsel K. bedeckt eine Fläche von ca. 3000 km², die höchste Erhebung beträgt 189 m. Im Norden grenzt sie an das Asowsche und im Süden an das Schwarze Meer, im Osten an die Straße von Kertsch. Auf der Halbinsel wohnen etwa 221.000 Einwohner (2004), wovon mehr als zwei Drittel in der Stadt K. leben. Weitere größere Siedlungen sind Ščolkine (ukrain., krimtatar. Byar, russ. Ščelkino; 11.699 Einwohner [2003]), Lenine (ukrain., krimtatar. Yedi Kuyu, russ. Lenino; 8617 Einwohner [2003]) und Baherove (ukrain., krimtatar. Bagırova, russ. Bagerovo; 4551 Einwohner [2003]).

Die erst wenige Millionen Jahre alte Halbinsel entstand durch plattentekonische Prozesse, welche durch die Kollision der afrikanischen mit der eurasischen Platte ausgelöst wurden. Das Klima ist trocken mit sehr warmen Sommern und relativ milden Wintern, wobei letztgenannte auf den maritimen Einfluss zurückzuführen sind. Vorherrschende Böden sind stark verlehmte Schwarzerden (überwiegend salzhaltig) mit einer mittlerer Ertragsgüte. Die Landschaft ist von Steppenvegetation geprägt, daneben sind Schlammvulkane weit verbreitet (z. B. Džau-tepe). Da das Gebiet nur über geringe Wasserreserven verfügt, wird es durch den 1961–71 errichteten „Nördlichen Krimkanal“ (russ. Severo-krymskij kanal, ukrain. Pivnično-krymsʹkyj kanal) mit Wasser aus dem Dnjepr versorgt.

Landwirtschaftlich sind auf der Halbinsel insbesondere der Getreide- und Gemüseanbau sowie die Viehwirtschaft von Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Wirtschaftssektor ist die Fischerei. Im Osten der Halbinsel werden reiche Eisenerzvorkommen abgebaut und kleinere Gaslagerstätten genutzt. Darüber hinaus gibt es auf der Halbinsel Kalksteinbrüche.

Die Halbinsel K. erfüllte bereits früh in der Besiedlungsgeschichte eine wichtige Brückenfunktion zwischen den Gebieten im Vorkaukasus und dem Siedlungsraum auf der Halbinsel Krim. Im 8. Jh. v. Chr. siedelte hier das indogermanische Reitervolk der „Kimmerier“. In der Antike bildete die Halbinsel K. das zentrale Gebiet des Bosporanischen Reiches, welches vom 5. Jh. v. Chr. bis zur Zerstörung durch die Hunnen im 4. Jh. n. Chr. bestand. Im frühen Mittelalter war das Gebiet zunächst unter byzantinischer und anschließend unter chasarischer Kontrolle. Nach der Zerstörung des Charsarenreiches war die Halbinsel zeitweise Teil der Kiewer Rus. Im ausgehenden Mittelalter war sie zunächst unter genuesischer, dann 1495–1771 unter osmanischer und 1771–1991 unter russischer bzw. sowjetischer Kontrolle. Seit 1991 gehört sie zur Ukraine.

Fornasier J., Böttger B. (Hg.) 2002: Das Bosporanische Reich. Der Nordosten des Schwarzen Meeres in der Antike. Mainz.

(Sebastian Klüsener)

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