Magyaren

Magyaren (dt. auch Madjaren, ungar. Magyarok)

Die Geschichte des ungarischen Stammesverbandes (Ungarn) bis ins frühe 11. Jh. gibt aufgrund der äußerst dürftigen Quellenlage im Bereich der schriftlichen Dokumente immer wieder Stoff zu intensiven wissenschaftlichen Debatten. Es existiert eine Reihe von arabischen, persischen, byzantinischen und lateinischen Quellen über die M. bis ins 11. Jh., jedoch keine überlieferten Selbstzeugnisse. Archäologie, Orientalistik und auf Vergleich angelegte historische Anthropologie liefern weitere wichtige Hinweise auf die Frühgeschichte der M.

Der magyarische Sprachverbund entstand im westlichen Sibirien zwischen dem 6. Jh. v. Chr. und dem 6. Jh. n. Chr. im Rahmen von Ausdifferenzierungsprozessen der finnougrischen Sprachfamilie. Im Zuge von Wanderbewegungen kam er im 6. Jh. ungefähr in das Gebiet der mittleren Wolga und des heutigen Baschkortostan, ›Magna Hungaria‹ genannt. Von dort aus erreichten die M. um 750, nun schon als Bestandteil des Chasarenreiches, das als Levédia bezeichnete Gebiet an der Nordküste des Schwarzen Meeres, und im Zuge der wahrscheinlichen Loslösung aus diesem Großreich, im 9. Jh. das sog. Etelköz (ungefähr der Raum der historischen Moldau).

Im Zuge ihrer stufenweisen Südwestwanderung traten sie in enge Verbindungen mit der Welt der iranisch- und turksprachigen eurasischen Reitervölker, deren Lebensmodelle sie stufenweise adaptierten. Von einer Jäger/Fischer/Sammler-Gesellschaft transformierten sie sich stufenweise im Verlauf von rund zwei bis drei Jahrhunderten durch den Wechsel ihrer Siedlungsgebiete zu der eines halbnomadischen Stammesverbandes. Aus dem Etelköz-Gebiet wurden sie im späten 9. Jh. durch die nachrückenden Petschenegen überwiegendst in das Karpatenbecken verdrängt bzw. zurückgebliebene Gruppen in diesen Großverband ohne monarchische Spitze eingegliedert.

(Meinolf Arens)

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