Kalisz (Stadt)
Kalisz (poln., dt. hist. Kalisch, lat. Calisia, lit. Kališas).
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1 Geographie
Die rund 100 km südöstlich von Posen im Tal des Flusses Prosna gelegene Stadt K. ist mit 108.477 Einwohnern (2006) die zweitgrößte Stadt der „Woiwodschaft Großpolen“. Sie liegt 120 m ü. d. M. und umfasst eine Fläche von 70 km². Wirtschaftlich spielt K. v. a. in der Landwirtschaft, der Textil- und Lebensmittelindustrie sowie im Klavierbau eine wichtige Rolle.
2 Kulturgeschichte
Ausgrabungsfunde deuten auf die Existenz einer Siedlung am Fluss Prosna seit dem 7. Jh. v. Chr. hin. In der Zeit des Römischen Reiches gewann der Ort an Bedeutung, da er unmittelbar an der Bernsteinstraße lag, die das Römische Reich mit dem Baltikum verband. Mitte des 2. Jh. erwähnte der griechische Gelehrte Claudius Ptolemäus in seinem Werk ›Geographike hyphegesis‹ eine Stadt namens ›Kalisia‹, die als das heutige K. identifiziert werden kann. Somit ist K. die älteste urkundlich erwähnte Stadt Polens.
Bis zum 9. Jh. besteht K. als offene Siedlung ohne Befestigungsanlagen. Zu Beginn des 10. Jh. wird zunächst eine Burg, später die dazugehörige Wallmauer errichtet. In der Nähe der Burg etabliert sich eine Handelssiedlung, die nach und nach städtischen Charakter annimmt. Beschreibungen des Chronisten Gallus Anonymus von 1106/07 weisen bereits auf eine bedeutende Festung hin. Die sog. Goldene Bulle von Gnesen, die 1136 von Papst Innozenz II. für den Erzbischof von Gnesen ausgestellt wurde, bezeichnet K. als Hauptstadt eines administrativen Bezirks des damaligen Reiches. 1233 besetzte Fürst Henryk I. Brodaty die Stadt und errichtet eine neue Burg auf einer Insel im Fluss Prosna. 1257 erhält K. als eine der ersten polnischen Städte das Stadtrecht von Fürst Bolesław Pobożny zugesprochen.
Im 13. Jh. wird ein jüdisches Viertel von der Stadt abgegrenzt. Die bedeutende jüdische Bevölkerungsgruppe der Stadt war zu jener Zeit in einer der ältesten polnischen Gemeinden organisiert. Von deren Bedeutung zeugt das sog. Statut von K., das Bolesław Pobożny den Juden der Stadt 1264 überreichte und das den Rechtsstatus der Gemeinde festlegte.
Im 14. Jh. entwickelt sich K. zu einem Zentrum der Tuchweberei, wiederum begünstigt durch die Lage der Stadt. Der Handel entwickelt sich weiter und beschert schließlich im 15. und 16. Jh. der Stadt eine Blütezeit. Diese Blüte wird auch durch die Jesuiten befördert, die 1583 in die Stadt kommen und denen der Gnesener Erzbischof Stanisław Karnkowski ein Kloster mit zugehöriger Kirche errichten lässt. Die Glanzzeit hält jedoch nur bis ins 17. Jh. an, als durch verschiedene Kriege und Epidemien die Stadt in ihrer Entwicklung aufgehalten und durch Brände fast vollständig zerstört wird.
1793–1806 befindet sich K. unter preußischer Herrschaft und wird nach 1815 wieder in das Polnische Reich eingegliedert. Als eine der größten Städte Kongresspolens wird K. ein wichtiges kulturelles und administratives Zentrum. V. a. Intellektuelle kommen hier zusammen, um über die Zukunft Polens zu diskutieren. Der Dicher Adam Asnyk (1838–97), in K. geboren, gehört zu den wichtigsten Poeten jener Zeit.
Während des Ersten Weltkrieges wird die Stadt von deutschen Truppen fast vollständig zerstört. Im Zweiten Weltkrieg verliert K. unter der Herrschaft der Nationalsozialisten 30.000 jüdische und 15.000 polnische Bürger. Trotz aller Zerstörungen hat K. seinen historischen Grundriss beibehalten, in dem ein klassizistischer Stadtkern halbkreisförmig den Fluss Prosna umschließt.
Dobak-Splitt K., Splitt J. A. 1988: Kalisz poprzez wieki. Kalisz. stary.kalisz (http://www.stary.kalisz.pl) (Stand 28.08.07)