Alanen
Alanen (griech. Alanoi, latein. Alani)
Die A. waren ein indogermanisches Steppenvolk der iranischen Gruppe, das mit den Sarmaten und „Jazygen“ griech Iazyges, latein. Iazuges) in Beziehung steht. Gekennzeichnet werden können die A. als nomadischer Stammesverband, der in Kampf- und Lebensweise den sarmatischen und skythischen Steppenvölkern entspricht, während ihre Kultformen v. a. auf iranische Einflüsse deuten.
Keineswegs können die A. als völlig homogenes Volk angenommen werden, das als Ethnie deutlich von anderen Völkerschaften abzugrenzen ist. Offensichtlich wird dies bereits an den Nachrichten über ihre Ausdehnung. Erste Erwähnung finden die A. in chin. Schriftquellen des 2. Jh. v. Chr. Seit dem 1. Jh. v. Chr. sind sie in den Steppen des Kaukasus nachweisbar, wo sie ein nomadisches, teilweise halbnomadisches Dasein führten. Bereits im 1. und 2. Jh. unterlagen auch sie der Tendenz einer allgemeinen Westverlagerung und gelangten in die Interessenssphäre der Römer, so dass sich diese genötigt sahen, die A. zurückzuwerfen. Da die A. seit dem 3. Jh. durch die Hunnen verstärkt von Osten her bedrängt wurden, breiteten sie sich jedoch dennoch bis an die Grenzen des Römischen Reiches aus. Im 3. Jh. werden sie als Gegner Roms genannt, der die Donauprovinzen bedroht. Im 4. Jh. drangen sie im Zuge der Völkerwanderung nach Westen vor, teilweise traten sie dabei im Verbund mit den Hunnen in Erscheinung, von denen sie Mitte des Jh. überrannt worden waren. Ein großer Teil der A. drang gemeinsam mit den Westgoten und Ostgoten über die Donau in das Römische Reich ein. Hier bildeten sie einen ständigen Unruheherd und besiegten in der Schlacht bei Adrianopel 378 Kaiser Valens. Theodosius I. sah sich daher gezwungen einen Vertrag mit den Siegern zu schließen, der ihre Ansiedlung in Thrakien und ihre Integration in den Reichsdienst regelte.Damit wurde erstmals in der römischen Geschichte einer geschlossenen großen Bevölkerungsgruppe die Ansiedlung auf römischen Boden vertraglich möglich gemacht. Unter Alarich I. fielen sie 401 zusammen mit den Vandalen in die römischen Provinzen Raetia und Noricum ein. 406 überschritten A. zusammen mit Vandalen, Sweben und „Pannoniern“ (latein. Pannonii) den Rhein und plünderten große Teile Galliens. Von dort zogen sie nach Spanien weiter, wo sie sich 411 in der Provinz Lusitania und Teilen Carthaginensis ansiedelten. Hier entstand ein eigenständiges Königreich, das bis zur Eroberung durch die Westgoten (418) Bestand hatte. 429 schlossen sich die in der spanischen Region verbliebenen A. dem Zug der Vandalen nach Afrika an. Die Quellen berichten von 80000 Vandalen und A., die unter Geiserich in Afrika erschienen.
Auch in Gallien, vermutlich in der Gegend um Orleans, weiß man von einer Ansiedlung von A. um 440 durch Flavius Aetius. Möglicherweise hatten sie die Aufgabe der Sicherung der Region. Woher diese A. kamen ist strittig. Ob es sich bei ihnen um Reste der 406 eingefallenen A. handelt, bleibt unsicher.
Nach dem Tod Attilas 453 besiedelte Marcianus die entblößten Donauprovinzen mit Ostgoten, Rugiern, „Skiren“ (latein. Sciri), A., Hunnen und Sarmaten und machte sie zu Förderaten des Römischen Reiches. Der in der ursprünglichen Heimatregion verbliebene Rest zog sich seit dem 6. Jh. in den Kaukasus zurück und geriet dort im 7. Jh. unter die Herrschaft der Chasaren. Dieser Teil der A. bildet den Grundstock des ossetischen Volkes. Aus der Kaukasusregion ausgewanderte Gruppen der A. sind für das Mittelalter in Rumänien nachweisbar.
Seit der Spätantike standen die A. in engerer Beziehung zu Byzanz. Sie dienten im kaiserlichen Heer und erlangten im 5. Jh. z. T. bedeutenden politischen Einfluss am Hof. Führende germanische Heermeister der 2. Hälfte des 5. Jh. entstammten alanisch-gotischen Familien (Plintha, Ardabur und Aspar). Auch später, in der Zeit der Komnenen (griech. Komnēnoi, 1057–1185), sind sie als byzantinische Söldner bezeugt. Besonders zur Zeit der mongolischen Invasion im 13. Jh., die zu einer Verdrängung alanisch-ossetischer Bevölkerungsteile führte, boten die A. dem bedrängten byzantinischen Reich militärische Hilfe an und forderten dafür neues Siedlungsland. Trotz der Verdrängung eines Teils der alanischen Bevölkerung in Richtung Ungarn verblieb ein Großteil in der Region des Nordkaukasus.
Bachrach B. S. 1973: A history of the Alans in the West. Minneapolis; Täubler E 1909: Zur Geschichte der Alanen. Klio 9, 14–28.