Vandalen

Vandalen (auch: Wandalen; altgriech. Bandiloi, Ouandaloi, Ouandēloi; latein. Vandali, Vandili).

Im europäischen Raum werden die V. anfangs an der Elbequelle bzw. in Niederschlesien, in späterer Zeit im Gebiet der sog. Przeworsk-Kultur (ca. 200 v. Chr.–375 n. Chr.), die ihren Namen dem am Ort Gać bei Przeworsk (Südostpolen) gefundenen Brandgräberfeld verdankt, angenommen. Ob die Verdrängung der „Przeworsk“- durch die „Wielbark-Kultur“ (der Goten) eine Auseinandersetzung zwischen den beiden Völkern widerspiegelt, muss hypothetisch bleiben.

Unter dem Namen V. sind seit der Zeitenwende mehrere, ethnisch verschiedene germanische Stämme zu vermuten, die von den römischen Autoren (so z. B. Cassiodorus, Cassius Dio, Dexippos, Jordanes, Plinius, Prokop, Tacitus) oft untereinander verwechselt wurden. Auch die mögliche skandinavische Herkunft ist unbewiesen. Ab dem 2. Jh. teilten sich die V. in zwei Hauptstämme, die sog. Hasdingen/Hasdinger (latein. Hasdingi), in der Ostslowakei, nahe der dakischen Grenze ansässig und die sog. Silingen/Silinger (latein. Silingae) in Schlesien. 270 verbündeten sich die „Hasdingen“ mit den Sarmaten und stießen nach Pannonien vor, wurden dort jedoch von den Römern vernichtend geschlagen. Um 335 ist in Pannonien unter Kaiser Konstantin d. Gr. eine Ansiedlung bezeugt.

Mit dem Vordringen der Hunnen (um 400) wichen die nun wieder vereinigten V. nach Westen aus. Auf ihrer Wanderung verbanden sie sich u. a. mit alanischen und swebischen Stämmen. Widerstand boten ihnen erst die Franken bei Worms. Den V. gelang dennoch die Überquerung des Rheins und der Einzug nach Gallien (406–409). „Hasdingen“ und „Silingen“ zogen schließlich in Spanien, in die Regionen Gallaecia (Gallizien) und Baetica, ein. Letztere wurden von den Westgoten fast vollständig vernichtet (417). Unter König Geiserich zogen die V. über die Enge von Gibraltar nach Afrika. Um 430 erfolgte die Eroberung der Stadt Hippo Regius, 439 die Karthagos. 440 landete Geiserichs Flotte in Sizilien. Im Friedensvertrag mit dem oströmischen Kaiser Valentinian III. wurde das V.-Reich in Afrika 442 auch anerkannt.

455 eroberten und plünderten die V. Rom, ohne es zu zerstören. Seinen Sieg am Kap Bon (vor Karthago) verdankte Geiserich den angezündeten Schiffen, die auf die feindliche Flotte des Basiliskos brandeten (468); die darauffolgenden Verhandlungen führten zum Frieden mit Byzanz (476), in dem Geiserich der Besitz der afrikanischen Provinzen sowie Sardiniens, Korsikas und Siziliens garantiert wurde. 477 folgte dem verstorbenen Geiserich sein Sohn Hunerich auf den Thron. Dieser wurde als Festiger des arianischen Glaubens und als Gegner der römischen Kirche bekannt. 533 wurde das vandalische Heer von den Byzantinern unter Belisar vernichtend geschlagen. Anschließend zerfiel das V.reich, das Gebiet wurde in der Folgezeit Byzanz als Exarchat unterstellt.

Veh O. (Übers.) 1985–1987: Cassius Dio. Historia Romana (dt.). 5. Bde. Zürich.

Kokowski A. (Hg.) 2003: Vandalen: die Könige – die Eliten – die Krieger – die Handwerker . Nordstemmen (Ausstellungskatalog). Hultén P., Plessen M.-L. v. 2001. (ed.): The true story of the Vandals. Värnamo (= Ausstellungskatalog). Schreiber H. 1993: Die Vandalen. Siegeszug und Untergang eines germanischen Volkes. Bindlach.

(Myrtia Hellner)

Anfang
Views
bmu:kk