Avvakum

Avvakum (eigentl. A. Petrov); *25.11.1620 Grigorovo (Gouvernement Nischni Nowgorod) †14.4.1682 Pustozersk; Erzpriester (1652), einer der Gründer des Altgläubigentums.

Als Diakon (1642) und Priester (1644) diente A. im Dorf Lopatišči (Lopaticy), 1652 in Jur’evec-Povolžskij (heute Jur’evec, Gebiet Ivanovo). A. stand mit dem Kreis der „Eiferer der Frömmigkeit“ (russ. revniteli blagočestija) in Verbindung und provozierte durch seine strenge Kirchendisziplin und die Bekämpfung der sog. Skomorochi (= wandernde Spielleute) die Empörung der Bevölkerung (1647, 1652). Nach Amtsantritt des Patriarchen Nikon und dem Beginn der liturgischen Reform (1653) geriet A. in Konflikt mit der kirchlichen Obrigkeit und wurde nach Sibirien verbannt. Er blieb zuerst in Tobol’sk; danach nahm er an der Expedition Afanasij Paškovs an den Fluss Angara und den Amur teil (1653–64). Nach Moskau zurückgekehrt (1664), weigerte sich A. weiterhin, die liturgische Reform zu akzeptieren, und wurde daraufhin in die Verbannung nach Mezen’ (heute Gebiet Archangelsk) geschickt (1664). Nachdem eine Einbestellung nach Moskau und Überredungsversuche ergebnislos geblieben waren, entzog das Kirchenkonzil von 1666 A. die geistige Würde und belegte ihn mit dem Kirchenbann. Im Jahr darauf wurde A. nach Pustozersk verbannt (1667). Am 14.4.1682 wurde A. „wegen großer Schmähungen des Zarenhauses“ mit seinen Mitgefangenen (dem Erzpriester Lazar‘ von Romanov-Borisoglebsk, dem Diakon Fëdor Ivanov und dem Mönch Epifanij von Solovki) auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Von den Altgläubigen wird A. als Märtyrer verehrt; 1916 wurde er vom „Geweihten Konzil der Altorthodoxen Kirche“ (russ. Osvjaščennyj sobor Drevlepravoslavnoj Cerkvi) heilig gesprochen.

A. ist Autor von mehr als 80 Werken, darunter das „Buch der Homilien“ (russ. Kniga besed), das „Buch der Auslegungen“ (russ. Kniga tolkovanij), das „Buch der Beschuldigungen oder Ewiges Evangelium“ (Kniga obličenij ili Evangelie večnoe), fünf Bittschriften an den Zaren Aleksej Michajlovič und zahlreiche Sendschreiben. Besonders bedeutend ist die „Vita“ (Žitie), eine der ersten russischen Autobiographien (erstveröffentlicht 1861). Von den zahlreichen Handschriften der Vita galten der sog. erste und zweite Sammelband von Pustozersk traditionell als Autographen A.s. Die Autorschaft A. ist in der neuen Forschung umstritten. Eine kritische Gesamtausgabe liegt bis heute nicht vor.

Hildebrandt G. (Übers.) 1965: Das Leben des Protopopen Avvakum von ihm selbst niedergeschrieben. Göttingen. Pascal P. 1963: Avvakum et les débuts du Raskol. La crise religieuse au XVIIe siècle en Russie. Paris. Scheidegger G. 1999: Endzeit. Russland am Ende des 17. Jahrhunderts. Bern. Schmid U. 2000: Ichentwürfe: Die russische Autobiographie zwischen Avvakum und Gercen. Zürich.

(Aleksandr Lavrov)

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