Siret (Fluss)
Siret (rumän./russ. hist./ukrain., dt. hist. Sereth, latein. Hierasus, ungar. Szeret); 726 km langer, linker Nebenfluss der Donau in der südwestlichen Ukraine und im nordöstlichen Rumänien mit einem Einzugsgebiet von 44.858 km².
Er entspringt in der Bukowina, auf den nordöstlichen Abhängen der nördlichen Ostkarpaten (ukrain. Pokutʹsko-Bukovinsʹki Karpaty). Im Oberlauf, bis zur Stadt Berehomet (ukrain.), ist S. ein typischer Gebirgsfluss, der in einem engen Tal fließt. Anschließend tritt er in das Moldauische Plateau (rumän. Podişul Moldovei) ein, durch das er in einem breiten, assymetrischen Tal fließt. Bis hierher ist der überwiegende Teil seiner Zuflüsse rechtsseitig (aus den Ostkarpaten kommend: Suceava, Moldova, Bistriţa und Buzău). Bereits in diesem Abschnitt ist S. teilweise reguliert. Seine Flussterrassen mit fruchtbaren Böden sind gut ausgebaut, besonders in den Einmündungen, wo sie relative Höhen bis zu 210 m erreichen. Im Unterlauf (ab Mărăşeşti) fließt S. durch das Rumänische Tiefland, wo er viele Mäander und Altwässer gebildet hat. Bei Vameş bildet das S.-Tal die Grenze zwischen dem Moldauischen Plateau und dem Rumänischen Tiefland. In diesem Abschnitt verbindet er sich mit dem von den Ostkarpaten kommenden Bârlad, seinem einzigen bedeutenden linksseitigen Zufluss, der trotz seiner Länge (247 km) nur eine geringe Wassermenge (7,6 m³/s) führt.
Von Mitte Dezember bis Mitte März ist S. meistens zugefroren. Seine Wasserführung unterliegt dadurch großen Schwankungen. Die mittlere Wasserführung an der Mündung im Stadtgebiet von Galaţi beträgt 218 m³/s. Vom Spätsommer bis zum Winter führt S. nur geringe Wassermengen – an der Mündung wurden Werte zwischen 16 m³/s (Februar 1964) und 2946 m³/s (1970) gemessen. Im regenreichen Frühling kommt es oft zu heftigen Überschwemmungen. Infolgedessen sind zuletzt im Juli 2005 11 Menschen umgekommen.
Das S.-Tal ist die bedeutendste Verkehrsachse der rumänischen Region Moldau. Im Mittelalter verlief dort der Handelsweg Ostsee–Schwarzes Meer und 1870–72 wurde dort die erste Eisenbahnlinie der Moldau (Czernowitz–Galaţi) erbaut. Heute verläuft im S.-Tal die internationale Eisenbahnstrecke Bukarest–Kiew–Moskau und die Straßenverbindung von Bukarest in Richtung Ukraine. Die Verkehrslage begünstigte die Entwicklung von Bacău und einiger industrieller Mittelstädte (Storožynecʹ [rumän. hist. Storojineţ] in der Ukraine sowie Roman und Paşcani in Rumänien).
Bis zum Anfang des 20. Jh. wurde auf dem Fluss Flösserei betrieben, v. a. um Fichtenholz zum Donauhafen in Galaţi zu befördern. Die Wasserkraft des mittleren S. wird zur Elektrizitätsgewinnung (die größten Kraftwerke in Răcăciuni [44,5 MW] und Bereşti [43,5 MW]) als Fortsetzung des Wasserkraftwerksystems des Bistriţa-Tals genutzt. Vom gestauten S.-Wasser bei Călimăneşti wird der Bewässerungskanal S.–Buzău–Ialomiţa gespeist, der Wasser für die Landwirtschaft im östlichen Teil des Rumänischen Tieflands liefert. Andere Stauseen (Rogojeşti, Vârful Câmpului, Bucecea, Lunca-Paşcani) sind zur Wasserversorgung der Städte (besonders Botoşani und Dorohoi) und Wasserführungsregelung bestimmt.
Anfang 2001 wurde S. über seinen Zufluss Şomuzul Mare mit Zyanid aus der stillgelegten Waschmittelfabrik in Fălticeni stark verschmutzt.