Westkarpaten

Westkarpaten (poln. Karpaty Zachodnie, slowak. Západné Karpaty, tschech. Západní Karpaty)

Die W. sind Teil der Karpaten und reichen von der Donau bei Wien bis zum Poprad-Durchbruch bzw. bis zum Duklapass nahe der ukrainischen Grenze und liegen damit überwiegend auf polnischem und slowakischem, kleinere Gebiete auf tschechischem Territorium.

In geologischer Hinsicht zeigen sie eine deutliche Gliederung in fünf Zonen von Nord nach Süd. Das Übergangsgebiet zwischen Alpen und W. ist größtenteils aus Flysch (schiefrig-tonige Sedimente, die während der Gebirgsbildung abgelagert wurden) aufgebaut und durch zahlreiche tektonische Störungen in die Tiefe abgesunken.

Isolierte Gebirgsrücken wie die der Leiser Berge in Österreich (492 m) deuten den Übergang zur 1) Flyschzone an. Nordostwärts dehnt sich diese auf über 100 km Breite aus und erreicht auf polnischem Gebiet im Bergmassiv Babia Góra die maximale Höhe von 1725 m. Diese äußeren W. werden als Beskiden bezeichnet und weisen den Charakter eines Mittelgebirges auf. Das Landschaftsbild der aus Flyschserien aufgebauten Gebiete wird bestimmt durch den ständigen Wechsel von sich lang hinziehenden Sandsteinrücken und weiten Talungen in Mergeln und Schiefern. Die geomorphologischen Formen sind an die Gesteinseigenschaften angepasst. Gerundete Bergrücken und Fichtenwälder bewirken ein oft monotones Landschaftsbild. Die Gesteinseigenschaften begünstigen Hochwasservorkommen, die v. a. im Frühjahr durch Niederschlag und Schneeschmelze verursacht werden.

An die waldreiche Flyschzone schließt sich 2) die nur wenige Kilometer breite innere Klippenzone an, die im Gesamten als ein flache Einmuldung wirkt. Dabei ragen aus den weichen und tief ausgeräumten Schichten des Flyschs isolierte Bergkuppen aus widerstandsfähigen jurassischen Kalken mit scharfen Formen hervor, wie bspw. in den an der tschechisch-slowakischen Grenze gelegenen Weißen Karpaten (Bilé Karpaty bzw. Biele Karpaty).

Darauf folgten als höchster Teil der W. 3) die inneren Karpaten mit der kristallinen Kernzone. Der schmale Gebirgszug besteht aus einer Reihe von Teilgebirgen, bei denen die Höhen der Gebirgszüge und der Becken in Richtung Nordost ansteigen.

Unmittelbar bei Bratislava beginnen die Kleinen Karpaten (Malé Karpaty, 768 m). Auf slowakischem Territorium folgen u. a. das Inovecgebirge (Považský Inovec, 1042 m), die Kleine Fatra (Malá Fatra, 1709 m) und schließlich an der slowakisch-polnischen Grenze die Hohe Tatra (poln. Tatry Wysokie, slowak. Vysoké Tatry, 2654 m). Südlich und südwestlich ist in der Slowakei eine zweite Kernzone vorhanden, die sich vom Gebirge Tríbeč (1346 m), der Großen Fatra (Veľká Fatra, 1592 m) bis zur Niederen Tatra (Nízke Tatry, 2043 m) hinzieht. In diesem zweigliederigen Kerngebiet erweitern sich die Täler oft zu bedeutenden Beckenlandschaften. Die Gebirge haben überwiegend Mittelgebirgscharakter. Im starken Kontrast dazu steht das scharfkantige Hochgebirge der Hohen Tatra. Hier sind auf etwa 18 km Luftlinie rd. 300 Gipfel von Westen nach Osten kammartig aufgereiht, von denen sieben Höhen über 2600 m ü. d. M. erreichen. Der höchste – auch der gesamten Karpaten – ist die Gerlsdorfer Spitze (Gerlachovský štit, 2655 m), bekannt ist auch die Lomnitzer Spitze (Lomnický štit, 2632 m). Die Gipfel sind von eiszeitlichen Gletschern geformt, es liegt ein typisches Glazialrelief vor mit zugeschärften Gipfeln, Karen, Karseen und besonders an der Nordseite trogartig ausgestalteten Tälern. Wasserfälle sind verbreitet. Am Gebirgsrand sind durch gut ausgebildete Moränen größere Seen aufgestaut.

Der 4) südlich anschließende innere Gürtel des Slowakischen Erzgebirges (Slovenské rudohorie) bildet eine typische Mittelgebirgslandschaft aus mehreren Gebirgsgruppen mit Gipfelhöhen von 1000 m bis max. 1481 m ü. d. M. Das Gebiet ist überwiegend aus Metamorphiten und Tiefengesteinen aufgebaut. Hier existieren beträchtliche Erzvorkommen (u. a. Eisen, Kupfer, Gold, Silber).

Der bogenförmig geformte Innenrand der W. besteht 5) aus einem jungvulkanischen Saum. An tektonischen Bruchlinien kam es im Tertiär zu Eruptionen größeren Ausmaßes. Postvulkanische Prozesse bewirkten den Absatz von metallischen Lösungen, bereits im Mittelalter wurde hier Gold abgebaut. Zu diesem jungvulkanischen Gebiet gehören u. a. das Schemnitzer Gebirge (Štiavnické vrchy, 1009 m) und die Riesencaldera des Poľana-Gebirges (1458 m). Der Saum markiert den Karpatenrand gegen das eingesunkene Pannonische Becken.

(Barbara Bosch)

Zur Kulturgeschichte vgl. Karpaten.


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