Steppe (Überblick)

Steppe

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Im kontinentalen Landesinneren der außertropischen gemäßigten Breiten haben sich bei etwa 250–450 mm Jahresniederschlag baumarme bis baumfreie Vegetationsformationen herausgebildet. Kennzeichen sind Winterkälte und Sommertrockenheit. Die südrussischen und ukrainischen baumlosen und frostreichen Grasländer gelten als charakteristische S. Der eurasische S.ngürtel nimmt eine Fläche von über 5 Mio. km² ein und erstreckt sich über rd. 7000 km vom Ungarischen Tiefland (Puszta) und der Donaumündung (Bărăgan) über die Ukraine, Südrussland, Nordkasachstan bis in den Norden Chinas. Auch in Beckenlandschaften des zentralen und östlichen Sibiriens bis zum Amur sind S.ngebiete zu finden. Im Norden erfolgt ein Übergang von der Walds. in die borealen Wälder, im Westen in die europäischen Wälder. Im Süden und Südosten folgen Halbwüsten. Die Grenzen der S. wurden durch den Einfluss des Menschen verändert.
Vergleichbare Grasländer sind die nordamerikanische Prärie, die argentinische Pampa und das südafrikanische Veld. Zu unterscheiden sind S.n dagegen von den tropischen Savannen, in denen Bäume vorkommen und es keine Kälteruhe der Vegetation gibt. Von außertropischen Wiesen unterscheiden sich S.n durch den lichteren Grasbewuchs und den höheren Anteil an Kräutern. Umgangssprachlich wird der Begriff der S. auch für weitere baumlose Landschaften verwendet wie Gebirgs-, Kälte- oder Kulturs.

2 Vegetation

In den S.n entstehen für die Vegetation durch Winterkälte und sommerliche Dürre zwei Ruheperioden. Die Pflanzen der S. sind an Trockenheit angepasst durch eine wachsartige Außenschicht, flaumige Behaarung, schmale oder auf Stacheln reduzierte Blätter. Ihre Wurzelsysteme sind weit verzweigt und tiefreichend. Es überwiegen einjährige Pflanzen sowie Pflanzen, die im Boden oder direkt an der Bodenoberfläche überwintern, um im Frühjahr die kurze Zeit für ihr pflanzliches Wachstum zu nutzen. Daraus ergibt sich ein jahreszeitlicher Aspektwechsel: Die S. hat in jeder Jahreszeit ein unterschiedliches Erscheinungsbild. Im Frühjahr beginnen bspw. Zwiebelgewächse wie Krokusse, Tulpen, Iris und Hyazinthen in verschiedenen bunten Farben zu blühen. Später lassen Salbei und Disteln die S. blau erscheinen. Charakteristisch für S. sind Gräser wie Schwingel, Seggen und v. a. das Federgras, das im Frühling mit langen und fedrigen Blüten das Bild der S. prägt. Eine Besonderheit sind die S.nläufer, bei denen sich die vom Wind abgebrochenen trockenen Fruchtstände und Stengel rollend fortbewegen und dabei die Samen ausstreuen. Verhaken sich die Fruchtstände ineinander, können sich große Ballen bilden, die mit hoher Geschwindigkeit durch die weite offene S.nlandschaft jagen. Die abgestorbenen Blätter und Stengel der S.npflanzen bilden einen dicken Filz und bewirken im Winter ein Festhalten der Schneedecke. Dadurch sind die Pflanzen vor extremer Kälte geschützt. Zudem wird im Frühjahr der Abfluss des Schmelzwassers vermindert, wodurch der Boden durchfeuchtet und der Bodenabtrag gering gehalten wird. Bäume treten überwiegend bei grobkörnigem Boden auf, wo Wasser tief versickert und Bäume im Vorteil gegenüber Gräsern und Kräutern sind.

3 Steppenformen

Es werden verschiedene S.nformen unterschieden:

Die a) Walds. ist der Übergangsraum von der nördlich gelegenen Waldzone zur S.nzone. S.- und Waldbereiche sind hier mosaikartig verteilt. Die Grenze zwischen Wald und Walds. verläuft dabei in einem Halbbogen etwa auf der Höhe von Kiew, Kursk und Kasan. Die Grenze von der Walds. zur eigentlichen S. befindet sich in der Region von Kremenʹčuk und Saratov.

In der b) Langgrass. (andere Bezeichnungen: Feuchts., Wiesens., krautreiche S.) haben die Gräser und Kräuter noch relativ breite Blätter und zeigen einen wiesenartigen Charakter mit Wuchshöhen von 40-60 cm. Bäume sind in Senken oder in steinigem Gelände zu finden. Das pflanzliche Wachstum endet im Frühsommer wegen der Trockenheit. Mehr als 3 Monate des Jahres sind arid. Der charakteristische Boden ist die humusreiche Schwarzerde (Tschernosems).

In der südlich bzw. südöstlich anschließenden c) Kurzgrass. (andere Bezeichnungen: Trockens., Federgrass., krautarme S.) ist der Büschelwuchs der Gräser und v. a. das Federgras charakteristisch. Es werden Wuchshöhen von 20–40 cm erreicht. Kräuterstauden sind nur weniger verbreitet. Abgesehen von einigen Uferbereichen, wachsen dort keine Bäume. Die Periode des pflanzlichen Wachstums beschränkt sich auf das Frühjahr, 7–10 Monate sind arid. Die Böden haben einen geringeren Humusgehalt und werden entsprechend ihrer kastanienbraunen Farbe als Kastanosems bezeichnet.

In der südlich gelegenen Zone der d) Wüstens. (Strauchs.) ist die Vegetationsdecke nicht geschlossen. Es gibt mehr einjährige Pflanzen als in der Langgras- und Kurzgrass. Außerdem sind Zwerg- und Halbsträucher sowie einige mehrjährige Gräser und Kräuter vorhanden. Charakteristisch sind salztolerante Pflanzen. Bei Jahresniederschlägen um 250 mm ist nur ein Monat humid. Die Böden zeigen einen zunehmenden Gehalt an wasserlöslichen Salzen und werden als Salzböden bezeichnet.

4 Tierwelt

Durch die wirtschaftliche Nutzung der S. ist der Lebensraum der Tiere v. a. im europäischen Gebiet verändert und vernichtet worden. Viele der typischen S.ntiere Eurasiens leben heute nur noch im asiatischen Teil der S. oder in Schutzgebieten. V. a. die größeren Säugetiere wie Wildpferde (Tarpane), Halbesel, Antilopen (Saiga) und Gazellen sind vollständig oder fast ausgerottet. Während die großen Säugetiere im Winter in Waldgebiete abwandern, wo sie Nahrung und Kälteschutz finden, ziehen sich die Nagetiere in Erdgänge und -höhlen zurück. Charakteristisch sind S.nmurmeltiere (Bobak), Präriehunde, Feld- und Goldhamster, Meerschweinchen, Ziesel, Hasen und Kaninchen. Die Nagetiere bilden die Beute für Raubtiere wie Hermelin, Wiesel und Fuchs. Typische Raubvögel sind S.nadler und Adlerbussard. Im Gras brüten Vögel wie Rebhühner, Pieper, Steinschmatzer und Wachteln. Reich ist die Fauna der Insekten wie Käfer, Asseln, Heuschrecken, Ameisen und Wanzen. Häufig sind auch Reptilien wie Wiesenotter, Pfeilnatter oder Zauneidechse.

5 Kulturgeschichte

Die S. wurden über Jahrtausende von viehhaltenden Nomaden genutzt. Die nomadisierende Lebensweise und die weiträumige Landschaft ohne große natürliche Hindernisse führte dazu, dass bis ins Mittelalter asiatische Reitervölker nach Europa vorstießen (Mongolen, Tataren). Bereits seit dem Neolithikum gab es in der S. und Walds. vereinzelt Ackerbausiedlungen, insbesondere in den Lößgebieten am mittleren Dnjepr. Mit fortschreitender Besiedlung, Ausbreitung des Ackerbaus und der Staatenbildung wurde das Nomadentum zurückgedrängt. Große Teile der S. wurden insbesondere seit dem 19. Jh. für den Ackerbau, v. a. für den Weizenanbau, umgebrochen oder sie wurden von Schaf- und Rinderherden beweidet. Durch die Vernichtung der Vegetationsdecke ist der Boden für Erosionsprozesse angreifbar geworden. Es entstanden Erosionsgräben (Ovragi, Balki), die sich oft mehrere Meter eingeschnitten haben, manche sind sogar bis zu 100 Meter tief und einige Kilometer lang. Auch Winderosion ist ein typisches Problem der S.nzone, dem in der ehemaligen Sowjetunion mit Anpflanzungen von Baumstreifen zu begegnen versucht wurde. Mit dem Bewässerungslandbau hat in den S.n die Bodenversalzung zugenommen.

Bell-Falkoff A. (ed.) 2000: The Role of Migration in the History of the Eurasian Steppe: Sedentary Civilization vs. „Barbarian“ and Nomad. New York. Walter H., Breckle S.-W. 1999: Vegetation und Klimazonen: Grundriss der globalen Ökologie. Stuttgart, S. 387-429. Welcher K.-P. 2001: Studien zum Neolithikum der osteuropäischen Steppe. Mainz.

(Barbara Bosch)

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