Waldsteppe
Waldsteppe
Die W. ist ein Übergangsraum von der Wald- zur Steppenzone. In Europa beginnt die W. am Rand der Karpaten in der Ukraine und reicht weit nach Sibirien (Omsk, Nowosibirsk, Krasnojarsk). Die Grenze zwischen Wald und W. verläuft in einem Halbbogen etwa auf der Höhe von Kiew, Kursk und Kasan. Die Grenze zwischen W. und Steppe befindet sich bei Kremenčuk und Saratov.
Im Osten ist das Klima stärker kontinental geprägt als im Westen: Die Temperaturunterschiede zwischen Sommer und Winter sind im Osten größer, die Niederschlagssummen geringer. In der westlichen W.nzone fallen jährlich durchschnittlich 500–600 mm Niederschlag, weiter östlich nur noch 300–400mm. Die Niederschlagssummen der einzelnen Jahre variieren, jedoch nicht ganz so stark wie in den eigentlichen Steppen.
Die W. ist keine Steppe, in der einzelne Bäume wachsen, sondern ein Makromosaik aus deutlich voneinander abgegrenzten Wäldern und Steppengebieten. Charakteristische Baumarten sind Eichen, Buchen, Linden, auf sandigem Untergrund Kiefern und in Sibirien Lärchen. Die Steppeninseln erhalten durch Gräser und Krautstauden einen wiesenartigen Charakter. Mit zunehmender Trockenheit und Nähe zu der eigentlichen Steppe werden die Waldgebiete immer kleiner und lichter, bis nur noch einzelne Inseln übrig bleiben. Die Verteilung der Wald- und Steppeninseln ist auch durch das Geländeklima bzw. die Exposition bestimmt: Im nördlichen Bereich der W. ist Steppenvegetation vorwiegend an südexponierten Hängen vorhanden, im südlichen Bereich ist Wald in feuchten Tälern und an Nordhängen verbreitet, bis er nur noch als niedriger Bestand in Schluchten auftritt.
Innerhalb der Zone der W. verläuft die Grenze zwischen dem semihumiden zum semiariden Gebiet. Die potentielle Verdunstung übertrifft hier aufgrund der hohen Sommertemperaturen den Jahresniederschlag und im späten Sommer treten Dürren auf. Das Niederschlagswasser durchfeuchtet je nach Bodenart ungefähr die oberen zwei Meter des Bodens. In der Tiefe ist der Boden trocken. Die Pflanzen stehen in Konkurrenz um das Wasser. Das Vordringen von Bäumen wird durch die dichten, tiefen und weit verzweigten Wurzelsysteme der Gräser und Kräuter behindert, die durch ihren kürzeren Lebenszyklus einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Bäumen besitzen. Lange Zeit galt die Baumlosigkeit von Steppengebieten allein durch die geringen Niederschläge bedingt, die zudem in den einzelnen Jahren stark variieren. Jedoch konnte nachgewiesen werden, dass gepflanzte Bäume in Steppen selbst in trockenen Jahren überleben können.
Als weitere Erklärung für die Baumlosigkeit dient das häufig auftretende Feuer, das durch Blitzschlag oder Brandrodung entsteht. In der weiten Ebene breitet sich das Feuer schnell aus. An abrupten Übergängen der Topographie, z. B. an Schichtstufen, kann es zu einer Verringerung der Windgeschwindigkeit und dadurch zu einem Erlöschen des Feuers kommen. An solchen Übergängen ist selbst in Steppen Baumbewuchs zu finden. Auch die intensive Beweidung durch Tiere kann eine weitere Erklärung für die Baumlosigkeit sein.
Die Grenze von Wald und Steppe hat sich in der Vergangenheit verändert. In der W. können heute unter Waldgebieten Steppenböden mit Krotowinen (Gänge von Steppennagetieren) gefunden werden. Es wird daher angenommen, dass sich der Wald ausgebreitet hat, als das Klima um 1000 J. v. Chr. humider wurde.
Die Besiedlung der W. begann im europäischen Teil bereits im Neolithikum. Der Kernraum der Kiewer Rus befand sich in der W. Mit der zunehmenden Besiedlung kam es zur Abholzung von Waldgebieten. V. a. in den südlichen Bereichen der W. wurden viele der Waldinseln wegen des Holz- und Flächenbedarfs schon früh beseitigt. Nachdem 1861 im Russischen Reich die Leibeigenschaft der Bauern aufgehoben wurde, kam es zu einem erhöhten Landbedarf, weswegen selbst Hänge gerodet und bestellt wurden. Durch das für die Landwirtschaft günstige Klima und die hohe Fruchtbarkeit der Böden (Lößböden) ist heute die Vegetation der W. fast vollständig durch landwirtschaftliche Flächen ersetzt. Insbesondere in der mittleren und südlichen W. sind Wälder fast nur noch entlang der Flussläufe zu finden (z. B. Wolga, Kama, Irtysch).