Irtysch

Irtysch (chin. Éĕrqísí Hé, kasach. Ertís, russ. Irtyš, tatar. İrteş, uigur. Ertiş Däryasi)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Der I. ist linker und Hauptnebenfluss des Ob (Russland). Mit einer Länge von 4248 km und einem Einzugsgebiet von rd. 1.643.000 km² gehört er mit zu den größten Flüssen Russlands. Seine mittlere Wasserführung an der Mündung in den Ob beträgt 2830 m³/s. Er entspringt im Altai in China. Sein Oberlauf bis zum See Zajsan (kasach. Zajsan köl, russ. ozero Zajsan; heute Teil des Buchtarmastausees) wird in Kasachstan unter dem Namen Schwarzer I. (kasach. Ķara, Ertís russ. Čërnyj Irtyš) geführt. In nordwestlicher Richtung durchquert er im östlichen Kasachstan den westlichen Altai und tritt bei Öskemen (bis 1993 russ. Ust’-Kamenogorsk) ins Tiefland ein. Südöstlich von Omsk betritt er russisches Territorium, fließt weiter in nördlicher Richtung, bis er im Westsibirischen Tiefland Russlands, 15 km nordwestlich von Chanty-Mansijsk, in den Ob mündet.

Im Oberlauf ist der I. ein reißender und energiereicher Gebirgsfluss mit steilen Felsufern. Auf kasachischem Territorium wird das Wasser des I. im Buchtarmastausee (5.490 km², 49,8 km³) zur Erzeugung von Elektrizität und für den Bewässerungsfeldbau aufgestaut. Wasserkraftwerke wurden an der Mündung der Buķtyrma (525 MW), bei Öskemen (320 MW) und oberhalb von Semej (russ. Semipalatinsk, 1350 MW) errichtet.

Nahe Pavlodar zweigt der 500 km lange I.-Ķaraģandy-Kanal (1962-1971) ab, welcher der Wasserversorgung der kasachischen Steppenregionen dient und nicht schiffbar ist. Nach dem Austritt aus dem Kasachischen Hügelland fließt der I. überwiegend als Flachlandfluss mit flachen und sandigen Ufern. In zahlreiche Arme geteilt, die viele Inseln umschließen, erreicht der I. Breiten von bis zu 35 km. Im Unterlauf fließt er in zahlreichen Windungen, so dass bei Hochwasser große Überschwemmungen auftreten. Um diese zu verhindern ist der I. zwischen Omsk und Tobolʹsk begradigt worden. Im weiteren Verlauf sind die Flussebenen größtenteils versumpft, was einer Besiedlung und wirtschaftlichen Erschließung der umfassenden Holz-, Erdöl- und Erdgasvorräte im Wege steht.

Schiffbar ist der I. auf einer Länge von 3784 km ab Öskemen in der eisfreien Zeit von April bis November. Er wird von Passagier-, Fracht- und Tankschiffen befahren. Die wichtigsten Nebenflüsse sind rechtsseitig Buķtyrma (Kasachstan) und Omʹ, Tara und Demʹjanka (Russland) sowie linksseitig Išim (kasach. Esíl), Tobol (kasach. Tobyl) und Konda (Russland). Die wichtigsten Städte und Häfen sind Öskemen, Semej und Pavlodar in Kasachstan sowie Omsk, Tobolʹsk und Chanty-Mansijsk in Russland.

2 Kulturgeschichte

Die Eroberung Sibiriens durch die Russen begann am Mittellauf des I. 1587 wurde mit Tobolʹsk der (nach Tjumenʹ, 1586) zweite russische Stützpunkt in Sibirien gegründet. Der Zusammenfluss von Tobol und I. galt als Ausgangspunkt für das sibirische Wasserstraßennetz und damit für die weitere Erschließung Sibiriens. Dabei waren zunächst nur die Taiga- und Tundrengebiete mit ihrem Reichtum an Pelzen und Fellen von Interesse. Die Kolonisierung des südlichen I.-becken, das für landwirtschaftliche Zwecke interessant war, wurde erst unter Peter dem Großen im späten 17. Jh. gezielt vorangetrieben. 1716 wurde Omsk gegründet, über die „I.-Linie“ wurden bis zum frühen 19. Jh. auch die heute zu Kasachstan gehörenden Steppenregionen an Sibirien angeschlossen.

Am 15.9.1585 ertrank im mittleren I. der Kosaken-Ataman und sog. "Eroberer Sibiriens" Ermak. Der Schriftsteller Fëdor M. Dostoevskij (Dostojewski) verbrachte neun Jahre seines Lebens (1850-59) in der Verbannung am I., die ersten vier Jahre in der Katorga von Omsk, danach als gemeiner Soldat und Unterleutnant in Semipalatinsk (heute kasach. Semej).

(Monika Schulze)


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