Bosnien und Herzegowina

Bosnien und Herzegowina (auch: Bosnien-Herzegowina, bosn. Bosna i Hercegovina)

Inhaltsverzeichnis

1 Statistische Angaben


Lage:
Südosteuropäischer Staat, der im Osten an Serbien (357 km), im Süden an Montenegro (249 km), im Norden und Westen an Kroatien (931 km) grenzt. Die Länge der Grenzen beträgt 1537 km, wovon 21,2 km Meergrenzen sind. Die Fläche des Staatsterritoriums beträgt 51.129 km².
Einwohner (nach amtlicher Schätzung vom Juni 2003):
3.832.301, davon 48,8 % männlich, 51,2 % weiblich; Altersstruktur 0–14 Jahre: 18,3 %, 15–64 Jahre: 69,5 %, 65 Jahre und älter: 12,2 %; Bevölkerungsdichte: 74,9 Einwohner/km²; 66,1 % im arbeitsfähigen Alter (Männer 15–64, Frauen 15–59, 2002); Bevölkerungsentwicklung (1948–2003): +0,72 % jährlich, 1991–2003: -1,18 % jährlich; Geburtenrate (auf 1000 Einwohner): 9,2; Sterblichkeit (auf 1000 Einwohner): 8,2. Kindersterblichkeit (auf 1000 Neugeborene): 4,3; Erwartete Lebensdauer: 68,4 Jahre; B.-H. lässt sich hauptsächlich in drei ethnische Gruppen unterteilen: Bosniaken (Bosnier, 48 %), Serben (37,1 %), Kroaten (14,3 %) und von den anderen gibt es ca. 0,5 % (2000). 2001 waren nur 40.434 Einwohner (1,1 %) B.-H.s Bürger anderer Staaten, von denen u. a. 35.000 die kroatische und 1342 die serbische Staatsbürgerschaft besaßen.
Volkszählung 1991: 4.364.574, davon 43,45 % Moslems (Bosniaken), 31,2 % Serben, 17,4 % Kroaten, 5,6 % Jugoslawen, 0,2 % Montenegriner, 0,1% Makedonier, 0,1 % Albaner und 0,2 % andere. Altersstruktur 0–14 Jahre: 19,8%, 15–64 Jahre: 70,67 %; 65 Jahre und älter: 9,6 %. Geburtenrate (auf 1000 Einwohner): 12,8; Sterblichkeit (auf 1000 Einwohner): 8,1. Kindersterblichkeit (auf 1000 Neugeborene): 23,5, Erwartete Lebensdauer: 72 Jahre.
Hauptstadt und größere Städte:
Sarajevo (297.512 Einwohner, 2003), Banja Luka (170.000, 2003), Tuzla (87.000, 2003), Zenica (85.000, 2003), Mostar (64.000, 2003), Bihać (39.000, 2003), Bijeljina (38.000, 2001), Brčko (35.000, 2001)
Währung: 1 Konvertibilna Marka (KM) = 100 Fening
Wappen:
left
Das Staatswappen zeigt einen blaugelben Schild mit sieben weißen Sternen. Das Blau und die Sterne sind der Europäische Union entlehnt, das Gelb steht für die Sonne.
Flagge:
left
Die Farben und die Sterne wurden von der Europa Flagge entnommen. Das gleichschenklige Dreieck nimmt Bezug auf die gleichberechtigten Ethnien.
Hymne:
Intermeco („Intermezzo“), komponiert Dušan Šestić (*1946), ohne Text.
Feiertage:
1. und 2. Januar (Neujahr), 1. März Unabhängigkeitstag (Dan neovisnosti), 1. und 2. Mai (Tag der Arbeit), 21. November (geplant: Dayton Abkommen), 25. November Nationalfeiertag (Dan državnosti)
Zeit: Mitteleuropäische Zeit
Staatssprache: offizielle Amtssprachen: Bosnisch, Kroatisch, Serbisch
Staatsform: Bundesstaat mit zwei konstitutiven Landesteilen (Entitäten)
Staatsoberhaupt: Präsident (derzeit drei Vorsitzende: Željko Komšić, Nebojša Radmanović, Haris Silajdžić)
Regierungschef: Nikola Špirić (derzeit)
Politische Parteien:
Hrvatska demokratska zajednica Bosne i Hercegovine (HDZ, „Partei der kroatischen Gemeinschaft“), Savez Nezavisnih Socijaldemokrata (SNSD, „Allianz der Unabhängigen Sozialdemokraten“), Socijaldemokratska Partija Bosne i Hercegovine (SDP „Sozialdemokratische Partei“), Srpska demokratska stranka (SDS, „Serbische Demokratische Partei“), Stranka Demokratske Akcije (SDA, „Partei der demokratischen Aktion“), Stranka za Bosnu i Hercegovinu (SBiH, „Partei für Bosnien-Herzegowina“).
Bruttoinlandsprodukt (2003): 7,907 Mrd. US-Dollar, pro Kopf der Bevölkerung: 1852 US-Dollar.
Bruttosozialprodukt (2003): 3,883 Mrd. US-Dollar, pro Kopf der Bevölkerung: 1013 US-Dollar.
Auslandsverschuldung (2003): 2,92 Mrd. US-Dollar
Außenhandel ():
Importe 4,569 Mrd. US-Dollar; Hauptlieferländer: 17,3 % Kroatien, 13,2 % Deutschland, 9,7 % Italien, 9,6 % Slowenien, 7,6 % Serbien und Montenegro; Exporte 1,356 Mrd. US-Dollar; Hauptabnehmerstaaten: 17,9 % Kroatien, 15,4 % Deutschland, 15,3 % Serbien und Montenegro, 13,4 % Italien sowie 9,7 % Slowenien.
Mitgliedschaften:
Central European Initiative (CEI), Europarat, European Bank for Reconstruction and Development (EBRD), International Atomic Energy Agency (IAEA), International Civil Aviation Organization (ICAO), International Monetary Fund (IMF), International Labour Organization (ILO), OSZE, Stabilitätspakt für Südosteuropa, UNO, Weltbank, WHO, World Trade Organization (WTO)


Anmerkung der Redaktion: Stand der statistischen Angaben ist, wenn nicht anders vermerkt, das Publikationsdatum des Artikels.

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2 Geographie

2.1 Naturraum

B.-H. befindet sich im südöstlichen Europa zwischen der Pannonischen Tiefebene im Norden, den mittleren Dinariden entlang der Adria im Westen und einem Mittelmeerdurchgang im Süden bei Neum. Das Staatsgebiet ist in vier geographische Einheiten gegliedert: „Mittelbosnien“ (Srednja Bosna, 12.920 km²), „Vorpannonisches Bosnien“ (Predpanonska Bosna, 21.622 km²), „Bosnisch-Herzegowinisches Hochkarstgebiet“ (Bosansko-hercegovacki visoki krš, 11.842 km²) und die „Niedere Herzegowina“ (Niska Hercegovina, 5399 km²).

B.-H. ist zum größeren Teil ein gebirgiges Land. 85 % des Territoriums liegen 200 m ü .d. M. Der höchste Berg des Landes – Maglić – befindet sich im gleichnamigen Massiv an der Grenze zu Montenegro. Die Flusstäler sind meistens schmal mit Ausnahme der Ebene im Norden entlang des rechten Ufers der Save (Posavina), dem breitesten Fluss auf dem Staatsgebiet. Zum Süden hin verläuft eine 40–60 km breite flachhügelige Landschaft, welche kontinuierlich in eine Berglandschaft mündet (200-600 m ü. d. M). Den restlichen Teil des Territoriums nimmt das sich vom Nordwesten nach Südosten erstreckende Dinarische Gebirge ein. Im bosnischen Bergland überwiegen Hügel aus Schiefer- und Sandgestein, zwischen denen sich relativ breite Täler und Flüsse finden, die nach Norden fließen. Demgegenüber ist das Terrain des südwestlichen B. von kahlen Kalksteinfelsen geprägt. In diesem Gebiet befinden sich zahlreiche Karsterscheinungen, von denen die wichtigsten die auf verschiedenen Meereshöhen gelegenen Karstfelder wie Kupreško polje (1120–1150 m; 93 km²), Glamočko polje (882–950 m, 129 km²), Duvanjsko polje (860–900 m, 150 km²), Livanjsko polje (700–740 m, 380 km²) sind. Diese ermöglichen eine flächendeckende landwirtschaftliche Nutzung. Die westbosnischen und herzegowinischen Karstfelder werden periodisch überschwemmt. Einige von ihnen wurden für die Wasserversorung von Ackerfeldern entwässert oder zu Stauseen umgebaut.

Das östliche Bosnien ist ein dünn besiedeltes, gebirgiges Gebiet, das hauptsächlich von bewaldeten, felsigen Bergen und tiefen Tälern gekennzeichnet ist. Die südliche, herzegowinische Berglandschaft verläuft stufenartig zum Adriatischen Meer und ist hauptsächlich vom kreideartigen jurischen Kalkstein durchwachsen. Den größten Teil bildet das Dinarische Gebirge zwischen dem sich Karstfelder ausbreiten: Nevesinjsko polje (ca. 850 m, km²), Gacko polje (425–481 m, 80 km²), Dabarsko polje (450–500 m, 30 km²).

Im nördlichen Teil B.-H.s herrscht kontinental gemäßigtes Klima mit ca. 700 mm Niederschlag, dessen Menge im Westen auf ca. 1000 mm zunimmt. Die mittleren Temperaturen betragen im Januar –2 °C, im Juli 20 °C. V. a. die Berge sind von Wald bedeckt, dessen Gesamtfläche 46 % des Staatsterritoriums einnimmt. Im bosnischen Bergland herrscht Gebirgsklima mit 750 bis 1200 mm Niederschlag. In der Herzegowina dominiert ein submediterranes Klima mit heißen und trockenen Sommern (durchschnittlich 20–22 °C), milden Wintern (3–6 °C) und relativ hohen Niederschlägen hauptsächlich in den Wintermonaten (900-1400 mm). Der größte Teil der Flüsse des Landes fließt in die Save (947 km): Una (214 km), Vrbas (240 km), Bosna (271 km) und Drina (346 km). Direkt in das Adriatische Meer mündet nur der Fluss Neretva (218 km). Charakteristisch für die Karstfelder sind die unterirdischen Wasserläufe, die zum Fluss Neretva oder zum Meer laufen. Der Fluss Trebisnjica ist der längste, teils unterirdisch verlaufende Fluss in B.-H. Seine Quelle befindet sich im Gebiet mit den höchsten jährlichen Niederschlagsmengen von Europa (ca. 4900 mm).

B.-H. verfügt über bedeutende Reserven an Braunkohle, Eisenerz (Ljubija, Vareš), Bauxit, Blei, Zink, Steinsalz, Asbest, Kaolin, Gips sowie den Baumaterialien Kalkstein, Dolomit und Kies. Als besonders bedeutende natürliche Reichtümer gelten Wälder und größere Flüsse wie Bosna, Neretva, Rama, Vrbas und der Fluss Drina. Neben natürlichen Seen gibt es viele Stauseen, die einerseits durch den Bau von Wasserkraftwerken an den Flüssen Rama, Neretva, Drina, Vrbas und Pliva und andererseits durch Stauen des unterirdisch abfließenden Wasser im Karstgebirge (Modračko jezero bei Tuzla, Bilećko jezero, Jablaničko jezero) entstanden sind. Außerdem liefern Thermokraftwerke in Kakanj, Tuzla und Gacko elektrischen Strom.

B. H. hat zwei Nationalparks, Kozara und Sutjeska, sowie Reservate oder Naturparks wie Bardaca (670 ha), Hutovo Blato, Blidinje, Trebević und Bijambare.

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2.2 Bevölkerung

B.-H. lässt sich hauptsächlich in drei ethnische Gruppen unterteilen: Bosniaken (Bosnier, 48 %), Serben (37,1 %), Kroaten (14,3 %) und von den anderen gibt es ca. 0,5 % (2000). 2001 waren nur 40.434 Einwohner (1,1 %) B.-H.s Bürger anderer Staaten, von denen u. a. 35.000 die kroatische und 1342 die serbische Staatsbürgerschaft besaßen.

Vor dem Krieg (1992–95) waren die Dörfer überwiegend ethnisch homogen, aber mosaikhaft besiedelt; nur in den Städten mischten sich die Ethnien. Die kriegerische Aggression und die ethnische Säuberung des Territoriums B.-H., überwiegend von der serbischen Politik durchgeführt, veränderten vollkommen die Besiedelungsstruktur. Die größte Zahl der Einwohner floh während des Krieges in die Städte, weil viele Dörfer vernichtet wurden. Insgesamt wurden 75 % der Infrastruktur in Städten und Dörfern zerstört oder beschädigt. Ende 1994 waren mehr als 2, 7 Mio. Menschen geflohen, wurden vertrieben oder umgesiedelt (davon etwa 1,5 Mio. ins Ausland). 2004 lebten allein in der Föderation Bosnien und Herzegowina 518.973 Flüchtlinge, die in ihren Heimatort immer noch nicht zurückkehren konnten.

Die ethnische Vielfalt spiegelt sich in den religiös-konfessionellen Verhältnissen wider. Die größte Glaubensgemeinschaft bilden die Bosniaken (sunnitische Muslime hanefitischer Rechtsschule). Die Bosniaken sind konfessionell durch die „führende Institution der islamischen Gemeinschaft“ (Mešihat Islamske zajednice), die in B.-H., Kroatien, Serbien, Montenegro, Slowenien, und durchaus auch in der bosnische Diaspora weltweit wirkt, organisiert. Die islamische Gemeinschaft in Bosnien erlangte ihre Selbständigkeit und Autonomie 1882, als das Oberhaupt des Islam (Kalif) aus Istanbul den bosnischen Mufti zum ›Reis-ul-ulemas‹ ernannte. Im ganzen Land bildeten sich islamische Gemeinschaften. Sie entsprachen später auch der zentralistischen Staatsorganisation Jugoslawiens, was die Kontrolle der islamischen Gemeinschaft und den Einfluss auf deren Entscheidungen ermöglichte. Ein Gesetz von 1959 bewirkte ein staatliches Vorgehen gegen die Stiftungen der muslimischen Gemeinschaft (Vakuf) und berechtigte die Enteignung des Besitztums der islamischen Gemeinschaft. Mit dem Zerfall der SFRJ verschwanden die staatlichen Gründungen der einzigartigen islamischen Gemeinschaft in Jugoslawien. Mit der Errichtung der international anerkannten Republik B.-H. boten sich aber Möglichkeiten zum Neuaufbau einer autonomen islamischen Gemeinschaft. Das Grundgesetz der islamischen Gemeinschaft wurde im November 1997 eingebracht.

Die bosnisch-serbisch-orthodoxe Gemeinschaft und Kirche ist in fünf Eparchien geteilt: Banja Luka (Eparhija banjalučka), Bihać und Petrovac (Eparhija bihaćko-petrovačka), Zahumlje und Herzegowina (Eparhija zahumsko-hercegovačka), Zvornik und Tuzla (Eparhija zvorničko tuzlanska), Metropolie Dabar (Mitropoloija dabrobosanska). Bis zum Zerfall Jugoslawiens waren die Eparchien dem Patriarchen in Belgrad zugeteilt und blieben es auch nach der politischen Unabhängigkeit von B.-H., weil in der bosnisch-serbisch-orthodoxen Kirche der Eparch keine Jurisdiktion über einen anderen Episkopaten der umliegenden Eparchien besitzt. Nach der momentanen Situation und den neusten Berichten leben derzeit 843.850 serbisch-orthodoxe Einwohner in fünf Eparchien. Diese sind durch die Parochien (Pfarrgemeinde) und diese wiederum durch die Kirche organisiert. Als Kulturdenkmäler und auch als Kirchen dienen bis heute orthodoxe Klöster in Žitomislići bei Mostar, Tvrdoš bei Trebinje (Eparchie Zahumlje und Herzegowina), Ozren bei Tuzla, Gomionica bei Banja Luka und Rmanj bei Kulen Vakuf (in der Eparchie Bihać).

Nach der Einwanderung der Slawen zwischen dem 6. und 7. Jh. in Bosnien folgte die einige Jahrhunderte andauernde Christianisierung. In der Ausbreitung des orthodoxen Glaubens spielten die Schüler von Kyrill und Method, die die christliche Liturgie einbrachten, eine bedeutende Rolle. Unter König Petar Krešimir IV. (1059–74) wurde auf dem Gebiet des heutigen Bosnien das römisch-katholische Bistum in der Nähe von Visoko bei Sarajevo gegründet. Franziskanische Quellen aus dieser Zeit erwähnen, dass das Bistum unter der Oberhoheit der Erzbischöfe von Bar, Spalato (heute kroatische Split) und Ragusa (heute Dubrovnik) stand. Mit dem Erscheinen der Franziskaner in Bosnien 1291 gelang es den Missionaren die bosnischen Katholiken zu versammeln, die bosnischen Herrscher für sich zu gewinnen und viele Bosnier zum Christentum zu bekehren. 1463 stellte Sultan Meḥmed II. einen Freibrief (in der Geschichte als so genannter ›Ahdnama‹ bekannt) aus, der allen bosnischen Katholiken die Unantastbarkeit von Person, Religion und Eigentum zusicherte. Diese Schrift wurde zur Grundlage des Verhältnisses zwischen der katholischen Kirche in Bosnien und der osmanischen Herrschaft.

Der Vatikan ernannte 1735 einen apostolischen Vikar mit der Bischofsweihe für Bosnien (außer Trebinje). Die Lage der katholischen Kirche wurde mit dem Beginn der Herrschaft Österreich-Ungarns in B. (1878) begünstigt. Papst Leon XIII. gründete 1881 die Kirchenprovinz Vrhbosna mit der Diözese Vrhbosna (Sarajevo) und den Diözesen Mostar-Duvno (Mostar) und Banja Luka (Banja Luka). 1890 wurde die älteste Diözese Trebinje (11. Jh.) der Kirchenprovinz angeschlossen und vom Bischof von Mostar verwaltet.Vor dem Krieg (1992–95) gehörten zum Bistum 528.000 Katholiken, 204 Geistliche und 240 Mönche. In Sarajevo gab es zwei theologische Schulen und eine theologische Fakultät mit ca. 200 Studenten. Die Franziskaner betrieben auch ein katholisches Gymnasium in Visoko. Nach dem Krieg zählte man ca. 200.000 Katholiken im Bistum Vrhbosna. Die Besuche des Papstes Johannes Paul II. 1997 in Sarajevo und 2003 in Banja Luka gaben den Katholiken großen Mut. Die unierte (griechisch-katholische) Kirche hatte vor dem Bosnienkrieg zehn kirchliche Gemeinden mit etwa 5000 Gläubigen, die von der Eparchie Križevici verwaltet wurden.

Die jüdische Gemeinde ist die zahlenmäßig kleinste kirchliche Gemeinde in Bosnien; Nach dem letzten Krieg 1992−95 leben ca. 1000 Juden in B.-H. Die größte Gemeinde ist in Sarajevo (ca. 700 Mitglieder), während es kleinere jüdische Gemeinden in Mostar, Zenica, Tuzla, Banja Luka und Doboj gibt. Die jüdische Gemeinde ist in B.-H. sehr gut integriert, assimiliert sich aber nicht. Nach 1995 emigrierten Juden selten aus Sarajevo. 300 von ihnen sind aus anderen Gemeinden zurückgekehrt. Nach ihrer Vertreibung aus Spanien 1493 siedelten sich Juden auf dem Balkan und in Bosnien an und hinterließen tiefe Spuren in allen Bereichen der Gesellschaft. Das wichtigste jüdische Denkmal in Bosnien ist das Buch die „Haggada von Sarajevo“. Das zweite wichtige Denkmal ist der fast 400 Jahre alte jüdische Friedhof in Kovači, der zu den ältesten und am besten erhaltenen jüdischen Friedhöfen Europas zählt.

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2.3 Staat und Gesellschaft

B.-H. ist ein Bundesstaat mit zwei Landesteilen (Entitäten): Föderation Bosnien und Herzegowina (Federacija Bosna i Hercegovina, FBiH 51 % des Gesamtstaates) und Serbische Republik (Republika Srpska, 49 % des Gesamtstaates). Darüber hinaus ist seit dem 9.3.1999 Brčko zu einem neutralen Gebiet mit einer gemeinsamen Verwaltung von Bosniaken (Muslimen), Serben und Kroaten unter internationaler Kontrolle dem Gesamtstaat als selbständiger Distrikt unterstellt worden.

Die Föderation Bosnien und Herzegowina besteht aus zehn Kantone, die in insgesamt 79 Gemeinden aufgeteilt werden: Unsko-sanski kanton, Posavski kanton, Tuzlanski kanton, Zeničko-dobojski kanton, Bosansko-podrinjski kanton, Srednjobosanski kanton, Hercegovačko-neretvanski kanton, Zapadno-hercegovački kanton (Zapadno-hercegovačka županija), Sarajevski kanton, Herceg-bosanski kanton (Kanton 10, Zapadno-bosanski kanton). Die Serbische Republik ist administrativ in sieben Regionen geteilt und in 62 Gemeinden geteilt: Banja Luka, Doboj, Bijeljina, Vlasenica, Sarajevsko-romanijski region oder Sokolac, Foča, Trebinje.

In dem am 21.11.1995 in Dayton unterzeichneten und am 14.12.1995 in Paris unterschriebenen allgemeinen Rahmenabkommen zur Friedenssicherung in B.-H. sind die Grundsäulen der staatlichen Ordnung in B.-H. festgesetzt worden. Die Republik Bosnien und Herzegowina, dessen offizieller Name ab In-Kraft-Treten des allgemeinen Rahmenabkommens zur Friedenssicherung Bosna i Herzegowina lautet, setzt sein rechtliches Dasein nach dem internationalen Recht und mit vorherrschenden international anerkannten Grenzen fort. In die Zuständigkeit des Gesamtstaates fallen: Außenpolitik, Außenhandel, Zoll- und Währungspolitik, Finanzierung von Institutionen und internationalen Verpflichtungen, Einwanderungs-, Flüchtlings- und Asylpolitik, Durchsetzung von internationalem und zwischenentitätischem Recht einschließlich der Zusammenarbeit mit Interpol, Errichtung und Instandhaltung der Telekommunikation, Beschlüsse über Transporte zwischen den Entitäten sowie Kontrolle des Flugverkehrs.

Das „Repräsentantenhaus“ (Predstavnicki dom) und das „Haus der Völker“ (Dom naroda) bilden das Parlament des Gesamtstaates B.-H. Das „Haus der Völker“ besteht aus 15 Mitgliedern, wovon zwei Drittel aus der Föderation (fünf Bosniaken und fünf Kroaten) und ein Drittel aus der Serbischen Republik (fünf Serben) kommen. Die kroatischen bzw. bosnischen Abgeordneten aus der Föderation werden von der kroatischen bzw. bosnischen Delegation im „Haus der Völker“ der Föderation gewählt. Die Delegierten aus der Serbischen Republik wählt die Volksversammlung (Narodna skupština) der Serbischen Republik. Neun Mitglieder des „Haus der Völker„ bilden das notwendige Quorum, unter der Bedingung, dass mindestens drei bosnische, kroatische und serbische Delegierte anwesend sind. Das „Repräsentantenhaus“ besteht aus 42 Mitgliedern (14 Bosnier, 14 Serben, 14 Kroaten). Sie werden direkt aus ihrer Entität nach den von der Parlamentsversammlung beschlossenen Wahlgesetzen alle vier Jahre gewählt. Die Wahlen zum „Repräsentantenhaus„ am 5.10.2002 brachten folgendes Ergebnis: SDA 10 Sitze, SBiH 6 Sitze, SDS 5 Sitze, HDZ 5 Sitze, SDP 4 Sitze, Sonstige 12 Sitze. Das dreiköpfige Präsidium (je ein Bosniake, Kroate, und Serbe) wird alle 2 Jahre gewählt, der Vorsitz wechselt alle 8 Monate.

Das Parlament der Föderation Bosnien und Herzegowina wird aus dem „Abgeordnetenhaus„ (Zastupnički dom, 98 Vertreter) und dem „Haus der Völker (Dom naroda, 73 Vertreter) gebildet. Nach den letzten Wahlen zum „Abgeordnetenhaus„ der Föderation am 5.10.2002 waren die Parteien wie folgt verteilt: SDA 32 Sitze, HDZ 16 Sitze, SDP 15 Sitze, SBiH 15 Sitze und andere 19 Sitze. Präsident und Vizepräsident werden von beiden Kammern gewählt (rotierendes Mandat für ein Jahr). Der Ministerpräsident muss jeweils der anderen Volksgruppe als der Präsident angehören. Die Exekutive wird vom Präsidenten der Föderation, dem Vizepräsidenten der Föderation und der Regierung der Föderation Bosnien und Herzegowina gebildet. Die Legislative in der Föderation umfasst das Bundesverfassungsgericht der Föderation Bosnien und Herzegowina, das oberste Gericht der Föderation Bosnien und Herzegowina, das Gericht für Menschenrechte der Föderation Bosnien und Herzegowina, das Strafgericht, die Ombudsmänner der OSZE in Bosnien und Herzegowina sowie die Kantonal- und Gemeindegerichte.

Die Serbische Republik hat eine auf 4 Jahre gewählte „Volksversammlung“ (Narodna skupstina) mit 83 Abgeordneten, eine „Kammer der Völker“ (Dom naroda) mit 28 Mitglieder und einen vom Volk direkt gewählten Präsidenten. Die Wahlen brachten folgendes Ergebnis: SDS 26 Sitze, „Unabhängige Sozialdemokraten„ (Stranka Nezavisnih Socijaldemokrata SNSD) 19 Sitze, PDP 9 Sitze, SDA 6 Sitze, SRS 4, SPRS 3, DNS 3, SBiH 4 Sitze, SDP 3 Sitze u. a. Die Regierung der Serbischen Republik wird aus je einem Präsidenten und Vizepräsidenten sowie 16 Minister gebildet. Sie ist das höchste Organ der Exekutive. Ihre Arbeit, Organisation und Entscheidungen sind in den Grundgesetzen der Serbischen Republik festgelegt. Die Minister werden von der „Volksversammlung“ der Serbischen Republik gewählt.

Der Bundesverfassungsgerichtshof von B.-H wird aus dem Hochgerichtshof (Visoko sudsko vijeće) und dem Klagegerichtshof (Tužilačko vijeće) gebildet. Er besteht aus neun Mitgliedern. Vier der Abgeordneten werden vom Abgeordnetenhaus (Zastupnički dom) der Föderation und zwei aus der Versammlung der Serbischer Republik gewählt. Die restlichen drei Abgeordneten werden vom Vorsitzenden des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nach Absprache mit dem Präsidium B.-H.s gewählt. Die Richter, die ebenso vom Vorsitzenden des ›Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte‹ gewählt werden, dürfen nicht Bürger B.-H.s oder eines Nachbarstaates sein.

In B.-H. wird die Armee aus den Armeen der Föderation Bosnien und Herzegowina (Vojska federacije) und der Serbischen Republik (Vojska Republike srpske) gebildet. Die Armee der Föderation teilt sich nochmals in eine bosnische und kroatische, wobei das Hauptkommando bei der Vereinigung von Offizieren und Soldaten beider Teile liegt. Die Armee unterliegt der Zivilkontrolle beider Entitäten, angeführt vom Verteidigungsministerium. Nach dem Grundgesetz B.-H.s hat jedes Mitglied des dreiteiligen Präsidiums die rechtliche Möglichkeit, als ziviler Befehlshaber über die bewaffneten Kräfte des Landes zu wirken. Ungeachtet dessen wird das Verteidigungsrecht der Serbischen Republik so gedeutet, dass der entitätische Präsident die Rolle des ranghöchsten Befehlshabers der Armee der Serbischen Republik einnimmt.

Die Armee der Föderation zählte nahezu 24.000 Soldaten, die in vier Korps eingeteilt und in Sarajevo, Mostar, Tuzla und Bihać stationiert sind. Zudem gibt es eine schnelle Eingreiftruppe, Luftkräfte sowie eine Luftabwehr. Die Armee der Serbischen Republik besteht aus vier Korps mit 10.000 Soldaten, die in Banja Luka, Bijeljina, Sokolac (bei Sarajevo) und in Bileća stationiert sind. Auch in der Serbischen Republik gibt es Luftkräfte und eine Luftabwehr.

2004 wurde das einheitliche Verteidigungsministerium B.-H formiert und die Zahl der Soldaten gesamtstaatlich auf 12.000 verkleinert. Nach dem „Allgemeinen Rahmenübereinkommen für den Frieden in Bosnien und Herzegowina“ haben die Entitäten folgende Zuständigkeit: Sie haben das Recht eigenständige parallele Beziehungen zu den Nachbarstaaten, in Einklang mit der Souveränität und territorialen Integrität Bosnien und Herzegowinas, aufzubauen. Mit dem Beschluss des Parlaments der Föderation Bosnien und Herzegowina und der Nationalversammlung der Serbischen Republik sind im Jahr 2002 die Grundgesetze der Entitäten aufgenommen worden, womit die Konstitution aller drei Völker und beider Entitäten gesichert wurde.

Der Distrikt Brčko befindet sich im Nordosten des Landes. Hier kreuzen sich Fluss –und Landwege, die B.-H. mit Westeuropa, dem Schwarzen Meer und den Donauländern verbindet. Brčko ist ein wichtiges Wirtschafts- und Verkehrszentrum: über den Flusshafen erledigte man über 60% des internationalen und 40 % des hiesigen bosnisch-herzegowinischen Transports von Waren und Rohstoffen. Heute ist Brčko eine Brücke zwischen dem östlichen und westlichen Teil der Serbischen Republik sowie zwischen der Föderation und Westeuropa. Da Brčko strategisch sowohl für die Serbische Republik als auch für die Föderation Bosnien-Herzegowina sehr wichtig ist, hat eine internationale Schiedskommission am 9.3.1999 Brčko zu einem neutralen Gebiet mit einer gemeinsamen Verwaltung von Bosniaken (Muslimen), Serben und Kroaten unter internationaler Kontrolle erklärt.

B.-H. hat gegenwärtig drei Kranken- bzw. Gesundheitssysteme für ca. 3,9 Mio. Einwohner, die in 13 Insitutionen organisiert sind. In der Föderation ist die Organisation des Krankenschutzes auf zehn Kantone verteilt. Jeder einzelne Kanton ist für den primären und sekundären Gesundheitsschutz mit seinen Ministerien verantwortlich. Das Gesundheitsministerium der Föderation befindet sich in Sarajevo und koordiniert die kantonale Gesundheitsadministration auf föderalem Niveau. Für 2002 lagen die Finanzmittel bei 694.486.765 KM. Diese Mittel sind durch die Krankenversicherung, Partizipation, dem Budget und Spenden gewährleistet. In den Gesundheitseinrichtungen der Föderation waren 2002 insgesamt 23.580 Arbeitnehmer, davon 16.906 medizinische und 6674 nichtmedizinische Fachkräfte, beschäftigt. Die Kontrolle, Planung, Organisation und das Management des Gesundheitssystems der Serbischen Republik erfolgt zentral von Banja Luka aus. 2002 gab es 1632 Ärzte und Fachärzte sowie 16 Entbindungsstationen. Generell gilt es aber zu betonen, dass das Gesundheitswesen in B.-H. immer noch nicht zufrieden stellend ist

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Die Mission der UNO

Die Mission der Vereinigten Nationen ist am 21.12.1995 mit der UNO-Resolution 1035 für die Dauer von einem Jahr bis zum Unterzeichnen des Friedensabkommens von Dayton eingeführt worden. Der UNO-Sicherheitsrat hat sein Missionsmandat der UNO in einigen Fällen erneuert, wobei der Hauptteil sich auf die UNO-Resolution 1423 mit dem Mandat bis zum 31.12.2004 bezog. Das Mandat des hohen Repräsentanten entspringt dem „Allgemeinen Rahmenübereinkommen für den Frieden in Bosnien und Herzegowina„ (Friedensabkommen von Dayton) aus dem Annex 10, der dem hohen Repräsentanten (OHR, Office of the High Represäntative of the International Community in Bosnien and Hezegowina) folgenden Wirkungskreis zuschreibt: Zuständigkeit für die Implementierung des Friedensabkommens, Unterstützung der unverzüglichen Zusammenarbeit mit politischen Einheiten und der Exekutive und die Durchsetzung des Abkommens, Promotion, Koordination der Aktivitäten von zivilen Organisationen und Agenturen, Mitwirkung an den Konferenzen für Geldgeber, Verfassen von periodischen Berichten an die UNO, EU, USA und an andere interessierte Regierungen und Organisationen. Das Mandat der OSCE (Organisation for Security and Cooperation in Europe) wurde mit dem „Allgemeinen Rahmenübereinkommen für den Frieden in Bosnien und Herzegowina“ zur Beendigung des 43 Monate andauernden kriegerischen Konflikts in B.-H., eingeführt. Von da an ist der Staat vor die Tatsache des schweren Neuaufbaus seiner multiethnischen und demokratischen Gesellschaft gestellt worden.

Nach Unterzeichnung des Dayton-Friedensabkommens wurde die IFOR (Operation Joint Endeavour) unter der Leitung der NATO mit dem Ziel der Implementierung ihrer Armee eingesetzt. Am 20.12.1996 wurde die IFOR durch die SFOR (Stabilisation Force in Bosnien-Herzegowina) ersetzt. Diese sollte weitere Kämpfe verhindern und den Rahmenbedingungen für den Aufbau unterstützender ziviler Institutionen schaffen. Im Dezember 2004 übertrug die SFOR der EUFOR (European Union Force in Bosnia-Herzegovina) seine Zuständigkeit. Der Stabilitätspakt für Südosteuropa ist der erste ernsthafte Versuch der internationalen Gemeinschaft, eine angemessene langwierige Präventivstrategie zur Konfliktverhinderung zu entwickeln und umzusetzen. Im Gründungsdokument haben mehr als 40 Länder und Organisationen die Aufgabe auf sich genommen, die Länder des südlichen Europas zu stärken. Zu den Zielen gehören die Friedens- und Demokratiesicherung, das Respektieren der Menschenrechte und der ökonomischen Prosperität, die Ordnungsbewahrung sowie die Stabilisierung in der ganzen Region. Die euro-atlantischen Integrationen werden in allen Ländern der Region gefördert werden. Die am 30.07.1999 in Sarajevo abgehaltene Versammlung bekräftigte den Stabilitätspakt. Die Idee eines Stabilitätspaktes entstand Ende 1998 und ging dem Krieg in Kosovo voraus. Die Mission der Weltbank in B.-H. basiert auf der Strategie, dass die Weltbank die Regierung im Prozess des Ausbaus und der Stärkung von Institutionen der Staatsregierung, der Entitäten und lokalen Komunen sowie die Umsetzung von Plänen der steuerlichen Anpassung unterstützt. Die Strategie wurde mit 300 Mio. US-Dollar von der Agentur IDA (International Development Agency) unter der Bedingung unterstützt, dass die Schlüsselreformen durchgesetzt werden.

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2.4 Wirtschaft

Die bosnisch-herzegowinische Wirtschaft zeigte 2001 eine positive Tendenz. Ausländische Direktinvestitionen betrugen 1994–2002 in der Föderation Bosnien und Herzegowina 1.147.356.000 KM (Konvertible Mark) und in der Serbischen Republik 566.558.000 KM. Zu den größten Investitionsländern von 1994 bis 2002 zählten (in Mio. KM): Kroatien 233; Kuwait 220; Slowenien 186; Deutschland 174; Österreich 173; Serbien und Montenegro 128; Holland 115; Schweiz 90. Ausländische Investitionen in Bosnien und Herzegowina pro Sektor 1994–2002: Produktion 55,5 %, Bankwesen 16,5 %, Dienstleistungen 6,8 %, Handel 6,2 %, Transport 0,9 %, Tourismus 0,7 %.

Die bedeutendsten eigenständigen Investitionen mit einem Kapital von über 10 Mio. KM sind: BH Steel Željezara Zenica, Bosnia Bank, CC Beverages Hadžići, Hypo Alpe Adria Bank Mostar, Universal Bank Sarajevo, Narodna banka - Volksbank Sarajevo, Turkish Ziraat Bank Sarajevo.

Die Inflation betrug in B.-H. im Dezember 2001 in der Föderation 0,3 % und in der Serbischen Republik 22 %, im Dezember 2002 in der Föderation 0,7 % und in der Serbischen Republik 2,4 %. Industrielle Produktion: Föderation 112,2 %, Serbische Republik 87,1 % (2001); Föderation 109,2 %, Serbische Republik 97,5 % (2002). Arbeitslosigkeit: Föderation 39,9%, Serbische Republik 43,4 % (2001); Föderation 42,7 %, Serbische Republik 38,2 %(Dezember 2002).

Die „Zentralbank B.-H.“ (Centralna Banka Bosne i Hercegovine) wurde am 20.6.1997 mit dem Gesetz über die Zentralbank, das die parlamentare Versammlung Bosniens angenommen hat, gegründet. Am 11.8.1997 nahm die Zentralbank ihren Betrieb auf. Mitte 1998 wurde die Konvertible Mark als Zahlungsmittel eingeführt, die 1:1 an die Deutsche Mark gekoppelt ist – 1 KM : 0,51129 Euro. Am 31.12.2000 betrug die Gesamtschuldenlast B.-H.s 3.886.801.740 KM; 31.12.2002. 4.045.863.013 KM.

1996 begann der Wiederaufbau der Wirtschaft und seiner Institutionen in Einklang mit den Beschlüssen des Abkommens von Dayton. Das Wachstum der Industrieproduktion in B.-H. hat 1996/97 23,4% betragen. Industriewachstum: Föderation 109,2 %, Serbische Republik 97,5 % (2002).

B.-H. verfügt über Bilanzreserven von 3,9 Mia. t Kohle (63 % Holz- und 37 % Steinkohle). Die Bilanzreserven von Bauxit betragen ca. 86 Mio. t., die von Blei und Zink ca. 60 Mio. t. Zahlreich sind die Mengen an nichtmetallischen Rohstoffen, wie Steinsalz und dem seltenen Rohstoff Profilit, mit Reserven von ca. 14,5 Mio. t. Es sind bedeutende Funde von Asbest, Kaolin, Gips und Baumaterialien – Kalkstein, Dolomit, Ton und Kies – vorhanden. Die Eisenreserven betragen 718 Mio. t. Vor allem um Zenica (Schwarzmetallurgie) und Sarajevo findet sich der größte Teil der Schwerindustrie. Bergbau und Industrie erwirtschafteten 2004 einen großen Teil des BSP von B.-H.

Die Wälder nehmen 2,7 Mio. ha bzw. 53 % der Gesamtoberfläche des Territoriums ein. Am wertvollsten sind die hohen Laub- und Nadelwälder, wobei Laubbäume öfter als Nadelbäume vertreten sind. Anbaufähige Flächen machen 15.890 km² aus, wovon 10.200 km² Ackerflächen sind. Pro Einwohner beträgt die Anbaufläche 0,36 ha. Gemessen an internationalen Verhältnissen ist dies die unterste Grenze, die für die Versorgung der Einwohner notwendig ist. Aufgrund der klimatischen und geologischen Bedingungen ist die Landwirtschaft für Bosnien sekundär und dient primär zur Selbstversorgung. 22 % der Landesfläche machen die Anbaugebiete, 27 % die Grünflächen aus. Es herrscht Viehwirtschaft vor (Rinder, Schafe und Schweine). Im bosnischen Bergland und in den Karstfeldern werden Mais, Weizen Tabak und Kartoffel angebaut.

B.-H. nimmt eine bedeutende Stellung für den internationalen Güterverkehr am Balkan und im südlichen Europa ein. Zwei Hauptverkehrswege - jener von Norden nach Süden entlang der Flüsse Bosna und Neretva sowie jener in Richtung Westen nach Osten parallel zur Save - verlaufen durch das Territorium. Die Gesamtlänge des Schienennetzes beträgt ca. 1031 km, zu dem noch industriell genutzte Schienenbahnen zugerechnet werden müssen. Ca. 90 % der Ware und der Reisenden werden über Autobahnen und Straßen transportiert. Der Straßenverkehr ist fast vollkommen privatisiert. B.-H. verfügt über ungefähr 22.500 km Straßen (etwa 53 % befestigt), die nach dem Krieg teilweise renoviert wurden, sowie über mehr als 400 Grenzübergänge, was bedeutende Probleme mit sich brachte. Das Land hat einen internationalen (Sarajevo) und drei nationale Flughäfen (Banja Luka, Mostar und Tuzla). Der Warentransport aus und nach Bosnien über die Meereswege spielt sich über den Hafen Ploče (in Kroatien) ab. Die Kapazität des Hafens beträgt jährlich ca. 1,4 Mio. t. Die Häfen in Ploče und Brčko (an der Save) haben relativ gute Zug- und Autobahnverbindungen ins Landesinnere und ins Ausland. Weitere Flusshäfen sind Bosanska Gradiska, Bosanski Brod und Bosanski Šamac.


Der Postverkehr und die Telekommunikation sind relativ gut entwickelt. In den letzten Jahren ist einiges modernisiert worden (ISDN-Technologie, GSM Netz). In B.-H. gibt es momentan zwei Telekommunikationsdienstleistungsgesellschaften. Das mobile Telefonieren und das Internet sind in letzter Zeit im Vormarsch (45.000 Internetnutzer 2002).

B.-H. stellt eine sehr interessante touristische Gegend dar. 2003 wurden 160.000 Touristen gezählt. Die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr beliefen sich auf 112 Mio. US Dollar. Die Wintersportszentren sind Jahorina, Igman, Bjelašnica, jeweils etwa 20 km von Sarajevo entfernt ist sowie Vlašić, etwa 10 km von Travnik gelegen. Die Bäder in Ilidža, Fojnica, Olovo, Laktaši, Vilina Vlas bei Višegrad, Gradačac und Tuzla haben mineralreiche Thermalquellen und zählen zu den bekanntesten Kurorten in B-H. Seit langem werden Rafting und Kanufahrten entlang der Flüsse Una, Tara und Neretva angeboten. Die Stadt Neum an der Adriaküste ist mit 270 Sonnentagen im Jahr der Ausgangspunkt für Touristen und bietet mit seiner Umgebung (Mostar, Ston, Hutovo blato) reichhaltige Urlaubsangebote. Basketball und Fußball zählen zu den beliebtesten Sportarten in B.-H.

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2.5 Bildung und Kultur

Das Schulwesen liegt in der Zuständigkeit der Entitäten und Kantone. Die Großzahl der Schulen in der Föderation wurde während des Krieges (1992–95) zerstört. Dank finanzieller Mittel der internationalen Gemeinschaft sind alle Schulen beinahe gänzlich erneuert und renoviert worden. Das Schulsystem B.-H.s gliedert sich in einen Primar- und einen Sekundarschulbereich. Die Schulpflicht erstreckt sich auf den Besuch der Grundschule (acht Jahre), an die sich ein gegliedertes System drei- bis vierjähriger weiterführender Schulen anschließt. Diese führen zum (Fach-)Abitur und umfassen Gymnasien, kirchliche Schulen, berufsbildende Mittelschulen mit unterschiedlicher fachlicher Ausrichtung (technisch, kaufmännisch, medizinisch und landwirtschaftlich) und Lehrerbildungsinstitute. Die industriell-gewerbliche dreijährige Ausbildung erfolgt in Berufs- und Handwerksschulen. Der Zugang zu Universitäten steht allen Absolventen einer Sekundarschule (eingeschränkt auch den Absolventen von Berufsschulen) offen und wird mittels Aufnahmeprüfungen geregelt. Im Schuljahr 2003/2204 wurden Kernlehrpläne mit dem Ziel eines gleichen Unterrichts in den Landesteilen eingeführt. Die Lehrbücher wurden überarbeitet. Schulabschlüsse werden nun landesweit anerkannt. Ein Gesetz für Hochschulen und für die Erwachsenenbildung ist für den Gesamtstaat in Vorbereitung.

In den Grundschulen der Föderation arbeiteten im Schuljahr 2000/2001 insgesamt 13.294 Lehrer mit 259.036 Schülern in 1040 Schulen. In den 206 Mittelschulen und Gymnasien der Föderation in den Mittelschulen und Gymnasien betrug 113.272, davon 56.046 Schülerinnen. In der Föderation Bosnien und Herzegowina gibt es sieben Hochschulen sowie 55 Fakultäten und Akademien. Die Hochschulbilding ist in vier Universitäten organisiert: Sarajevo, Tuzla, Mostar und Bihać. 1999/2000 besuchten 43.839 Studenten diese Universitäten, davon 30.947 ordentliche Studenten, 21.204 männlich und 22.635 weiblich.

In den Grundschulen der Serbischen Republik arbeiteten zu Beginn des Schuljahres 2001/2002 insgesamt 6961 Lehrer, davon 4389 Frauen; Vollzeit arbeiteten 6036 Lehrer, Teilzeit 935. 117.000 Schüler besuchten die 202 Grundschulen. In den Mittelschulen und Gymnasien arbeiteten 2001/2002 insgesamt 2892 Lehrer, davon 1404 Frauen; 2255 Lehrer arbeiteten auf unbestimmte Zeit. Die Gesamtzahl der Schüler in den Mittelschulen und Gymnasien betrug 52.147, davon 26.227 Schülerinnen. In der Serbischen Republik gibt es vier Hochschulen, 27 Fakultäten und vier Akademien. Die Hochschuleinrichtungen sind in zwei Universitäten organisiert: in Banja Luka und in Sarajevo („Universität im östlichen Sarajevo“, Univerzitet u istočnom Sarajevu). Diese wurden 2001/2002 von insgesamt 15.773 Studenten, davon 13.083 ordentliche Studenten aufgesucht.

Die drei großen nationalen Parteien kontrollieren größtenteils Rundfunk und Fernsehen. Am 31.7.1999 gründete der damalige OHR Carlos Westendorp das öffentliche Radio und Fernsehen auf der Ebene des Gesamtstaates (Public Broadcasting Service, PBS). Gleiches geschah für die Föderation. In der Serbischen Republik passierte vorerst nichts dergleichen. Am 5.11.2003 unterzeichneten die Premierminister der Entitäten und der OHR eine Vereinbarung über öffentliche Sendeanstalten. In B.-H. gibt es drei öffentliche Radio-TV Sender, die sich gegenseitig ergänzen. BH TV 1 bzw. BH Radio 1 bietet Leistungen für das ganze Territorium an, die beiden anderen ›Radio Televizija Federacije Bih (RTVFBiH)und ›Radio Televisija Republike srpske‹ (RTRS) bieten Leistungen für die beiden Entitäten. Jeder Sender hat die Verantwortung, die Inhalte des Programms und die Nachrichten zu bestimmen sowie die Finanzen zu verwalten. Darüber hinaus erreichen einige private Sender wie ›Mreža Plus‹ oder ›Open Broadcast Network‹ (OBN) etwa 80 % der bosnischen Bevölkerung.

In B.-H. gibt es ca. 600 öffentliche Printmedien. Seit jeher war die Leserschaft in B.-H. sehr begrenzt, verstärkt wird dies durch die ernste wirtschaftliche Lage. Die Zeitungen haben größtenteils regionalen Charakter und zielen auf die jeweilige ethnische Gruppe. Es gibt sechs Tageszeitungen, vier davon in der Föderation und zwei in der Serbischen Republik. Die Gesamtauflage beträgt etwa 80.000 Zeitungen: ›Dnevni Avaz‹ („Die Tagesstimme“, Auflage 2002: 40.000), ›Oslobođenje› („Befreiung“, 15.700) und ›Jutarnje Novine‹ („Morgenezeitung“, 10.000) in Sarajevo, Dnevni List („Tageszeitung“) in Mostar sowie ›Nezavisne Novine‹ („Unabhängige Zeitung“, 7500) und ›Glas Srpski‹ („Serbische Stimme“, 7200) in Banja Luka. Zu den bedeutenden Wochenzeitungen zählen ›Slobodna Bosna‹ („Freies Bosnien“, Auflage 2001: 28.000), ›Dani‹ („Tage“, 25.500), ›Nedeljne Nezavisne Novine‹ („Unabhängige Zeitung„, 18.000), ›Reporter‹ (10.000) und ›Ljiljan‹ (8000).

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3 Kulturgeschichte

Das heutige Gebiet B.-H. wurde im 8. bis 5. Jh. v. Chr. von illyrischen Stämmen bewohnt. In der zweiten Hälfte des 4. Jh. v. Chr. drangen zum einen die Kelten aus dem Norden Italiens vor, zum anderen wurden griechische Kolonien auf den adriatischen Inseln und an der Küste gegründet. Von den Kelten eigneten sich die Illyrer zahlreiche Techniken an (z. B. Pflug, Grabmäler, verschiedene Werkzeuge). Ende des 3. Jh. v. Chr. erschienen auf der Balkanhalbinsel die Römer. Gut ausgestattet und organisiert, führten diese bis zum Beginn des neuen Zeitalters lang anhaltende Kriege auf dem Balkangebiet.

Die nächsten fünf Jahrhunderte blieb das Balkangebiet unter römischer Herrschaft. Die Römer legten Siedlungen und viele Straßen an, bauten Burgen und entwickelten den Bergbau. Im religiösen Bereich gab es jedoch keine großen Veränderungen, denn die Illyrer blieben ihren alten religiösen Traditionen treu. Die Einwohner des antiken Bosnien, das zur römischen Provinz Dalmatien gehörte, lernten schon sehr früh das Christentum kennen. Die ersten verlässlichen Nachrichten von organisierten Kirchen auf diesem Gebiet kommen aus dem 6. Jh. (erste Messen wurden in den Jahren 530 und 533 gehalten), wo u. a. Bischöfen der Name des bosnischen Bischofs Andrija erwähnt wird. Awaren und Slawen überquerten 602 die Save und fielen in das Gebiet des heutigen B.-H. ein. Geographisch erwähnt wurde Bosnien das erste Mal in der Schrift ›De administrando imperio‹ des byzantinischen Kaisers Kōnstantinos VII. Porphyrogennētos (913–59). Bis zum Ende des 11. Jh. gehörte das Gebiet mit kurzen Unterbrechungen zum kroatischen Reich.

In den Kämpfen zwischen dem Byzantinischen Reich und Ungarn auf den heutigen Staatsgebieten wird der Name des ersten bosnischen Oberhaupts Borić (vor 1154–63) erwähnt. Unter Ban Kulins Herrschaft (vor 1180–1203) entwickelte sich das Land autonom, obwohl Kulin die byzantinische und später ungarische Herrschaft wie auch formal die Hoheit des Papstes anerkannte. 1189 garantierte Kulin bei Zenica (Bilino Polje) den Einwohnern Dubrovniks den freien Handel in Bosnien. Zu Zeiten der Herrschaft Kulins und unter Anwesenheit eines Gesandten des Papstes fand 1203 am selben Ort eine Versammlung statt, auf welcher von Kulin verlangt wurde, der Lehre der „bosnischen Kirche“ (Crkva bosanska, Bogumilentum) zu entsagen, was er verweigerte.

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1252 wurde der katholische Bischof von der „bosnischen Kirche“ nach Ðakovo verdrängt, 1292 kamen Franziskaner nach Bosnien. Zur Zeit der Herrschaft des Oberhaupts Stjepan II. Kotromanić (1314–53) wurde Bosnien innerhalb seiner heutigen Grenzen festgesetzt: von der Save bis zum Meer, vom Fluss Cetina bis zum Fluss Drina. Den Höhepunkt seiner Macht erlebte Bosnien unter der Herrschaft von Ban Tvrtko I. Kotromanić (1353–91), der sich ab dem Jahr 1377 „König von Serbien, Bosnien und Primorje“ (Kralj Srbljem i Bosne i Primorju) nannte. Zu dieser Zeit expandierte das mittelalterliche Bosnien nach Osten, Westen sowie Süden und erreichte seinen Höhepunkt an politischer Macht und territorialer Größe. Drei christliche Kirchen („bosnische“, römisch-katholische und orthodoxe) wirkten nebeneinander.

1463 wurde das mittelalterliche Bosnien Teil des Osmanischen Reiches und der „bosnische Sandschak“ eingerichtet. Von dem Zeitpunkt an beschleunigte sich der Prozess der Islamisierung in der bosnischen Bevölkerung; kurz darauf wurde der „herzegowinische Sandschak“ gegründet (1470). Die Städte wurden mit Moscheen, islamischen Schulen, Bibliotheken, Waisenhäusern u. a. Einrichtungen für die Wohlfahrt ausgestattet. 1580 wurde die „bosnische Provinz“ (osman.-türk. Eyalet Bosna, bosanski ejalet) eingerichtet. Zu den sieben Sandschaks gehörten: Bosnia, Herzogovina, Klis, Lika, Pakrac (im heutigen Slawonien), Požega (in Slawonien) und Zvornik. In der stabilen Periode kräftigten die osmanischen Herrscher ihre Stellung in Bosnien, stellten eine Administration auf, errichteten ein Rechts- und Steuersystem und machten bedeutende Verbesserungen auf dem Gebiet des Agrarwesens. Auf dem Territorium des heutigen Bosniens wurden viele Soldaten rekrutiert und zahlreiche Kriege gegen die Habsburgermonarchie und Venedig geführt. Nach der Niederlage der Osmanen 1699 gegen die Monarchie und Venedig verlor die „bosnische Provinz“ das ganze Gebiet Slawoniens, den Sandschak Lika sowie Teile der Sandschaks Klis und Herzegovina. Daraufhin kam es zu einer Stabilisierung der Grenzen zwischen dem Osmanischen Reich und der Habsburgermonarchie.

Einige inneren Reformen im Sinne einer Annäherung an westliche Modelle (u. a. Beendigung der Herrschaft der Janitscharen 1826) konnte die Unzufriedenheit der Bevölkerung nicht mindern. Aufgrund von Repressionen und Steuerzwängen stieg auch der Ruf nach einer bosnischen politischen Autonomie. 1831–32 erhoben sich der Wesir Husein-kapetan Gradaščević und eine feudale Oberschicht erfolglos gegen die osmanische Herrschaft. Daraufhin erfolgte 1839 die Auflösung der Selbstverwaltung Bosniens.

Über die Jahrhunderte hinterließ die Kultur des Islams seine Spuren in B.-H. In den Gebieten, die Teil des „Bosnischen Paschalik“ (Ejjalet) waren, ist heute nur noch ein kleiner Teil der Denkmäler erhalten geblieben, v. a. in den Altstädten in Sarajevo, Mostar, Travnik, Tesanj, Jajce, Višegrad, Trebinje, Počitelj. Der Großteil der bewahrten architektonischen Denkmäler in diesen Städten gehört zum klassischen osmanischen Baustil. Zwischen dem 15. und 17. Jh. sind viele Moscheen errichtet worden, darunter die Moscheen ›Gazi Husrev-begova‹ in Sarajevo (1531) und ›Ferhat-Pašina‹ in Banja Luka (1583, 1993 gesprengt).

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Auf dem Berliner Kongress (1878) bekam Österreich-Ungarn das Mandat das Gebiet Bosnien-Herzegowina zu besetzen bzw. zu verwalten und das Gebiet ›Novopazarski Sandžak‹ der Leitung des Osmanischen Reichs zu überlassen. Die bosnische Armee, hauptsächlich aus Bosniaken (Muslimen) aber zum Teil auch aus bosnischen Serben bestehend, übte starken Widerstand gegen die österreichisch-ungarische Herrschaft aus. Der Krieg dauerte von Juli bis Oktober 1878 und endete mit dem Sieg Österreich-Ungarns. Es behielt die von den Osmanen errichtete administrative Organisation in B.-H. bei und übernahm das Rechts- und Schariasystem, das Steuersystem und den Zustand der Agrarreformen. Auf der anderen Seite wurden Maßnahmen zur rechtlichen Kontrolle über die religiösen Gemeinden Bosniens getroffen und selbständige religiöse Gemeinden, abgetrennt von einer Zentrale, aufgebaut. Später haben sich alle vier (muslimisch, katholisch, orthodox und jüdisch) Religionen eine religiöse Autonomie im Kaiserreich Österreich-Ungarn erkämpft. Österreich-Ungarn ließ vier Volkszählungen durchführen. Die Annektierung Bosniens war von Anfang an das Ziel Österreich-Ungarns, und dies wurde 1908 erreicht. B.-H. wurde 1918 in die Vereinigung des neu gegründeten Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen aufgenommen. Mit der Vidovdan-Verfassung des Königreich SHS behielt es seine administrativ-territoriale Einheit bis 1929, als das diktatorische Regime des Königs Aleksandar Karađorđević I. (1921–34) mit der Bildung neuer administrativer Regionen die bosnisch-herzegowinische territoriale und historische Einheit aufhob. Mit dem Cvetković-Maček-Abkommen 1939 wurde B.-H. auch weiter territorial geteilt.

Am 25./26.11.1943 ist B.-H. auf der Versammlung des „Antifaschistischen Landesrats der Volksbefreiung B.-H." (Zemaljsko antifašističko vijeće narodnog oslobođenja Bosne i Hercegovine, ZAVNOBiH) in Mrkonjić Grad als eins der politisch und administrativ gleichberechtigten föderalen Einheiten der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien gegründet worden. Auf der dritten Sitzung des Landesrats in Sarajevo vom 26.–28.4.1945 ist die Volksregierung gegründet worden. Damit war B.-H. eine politisch gleichberechtigte föderale Republik Jugoslawiens, wobei eine besondere Aufmerksamkeit und Achtung auf die Gleichberechtigung aller Völker und nationalen Minderheiten gelegt wurde. Die Idee von „Brüderlichkeit und Einheit“ wurde besonders gehütet und in Bosnien befürwortet. Damit wurde der breiten Bevölkerung die Möglichkeit zur Bildung und Pflege ihren kulturellen Traditionen gegeben. In der kommunistischen Periode Jugoslawiens hat B.-H. einen großen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Fortschritt erreicht. U. a. wurde auch im Jahre 1971 die muslimische Bevölkerung (erst als „Muslimen“, später nach 1992 als „Bosniaken“) als Nation anerkannt.

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Der Zerfall der „Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien“ (SFRJ), die Trennungsprozeduren und die Bildung neuer Staaten verursachte ein Referendum über die Unabhängigkeit B.-H. (29.2.1992), bei dem sich über 65 % der Wähler für ein unabhängiges B.-H. innerhalb seiner historisch geltenden Grenzen aussprach. Am 7.4.1992 wurde diese Unabhängigkeit von der UNO international staatlich anerkannt. Die Serben in Bosnien zeigten sich über die Bildung eines unabhängigen B.-H. unzufrieden, unterstützt von den Republiken Serbien und Montenegro, die beide politisch und kriegerisch darauf bestanden, „einen Staat in dem allen Serben gemeinsam leben“, zu schaffen. Die Entscheidung der Mehrheit der Einwohner B.-H. ist Ausdruck eines wichtigen politischen Willens in der Zeit des historischen Umbruchs, liegt aber auch in der staatlichen Kontinuität B.-H. begründet. Dieses Recht auf staatliche Unabhängigkeit basiert auf Entscheidungen der AVNOJ vom 28./29.11.1943 und der ZAVNOBiH vom 25./26.11.1943., d. h. auf der politischen Position B.-H.s als gleichberechtigte Republik innerhalb der SFRJ. B.-H. hatte den Zerfall von SFRJ nicht zu verantworten, hatte jedoch dann die entsprechenden politischen Umstände angenommen und ausgenutzt, seine staatliche Selbständigkeit durch ein Referendum zu schützen. Damit hatte B.-H. die Grundbedingung für eine internationale Anerkennung und eine Aufnahme in die UNO erfüllt. Jedoch hat die UNO ihrerseits die Pflicht zur Verteidigung B.-H.s nicht erfüllt und es der großserbischen Aggression und der kroatischen Hegemonie überlassen. Es kam zum Genozid, überwiegend (!) auf Seiten der bosnischen Muslimen (Bosniaken), zu einer beispiellosen Zerstörung des Landes und zum Exodus der Einwohner.

Es wurde schon vor dem Krieg 1991−95 offensichtlich, dass nach den parlamentarischen Mehrparteienwahlen (1990) die „Serbische Demokratische Partei„ als eine der Regierungsparteien nicht den politischen Kampf zum Schutz der politischen und staatlichen Interessen B.-H. führte, sondern dass ihr Hauptziel die Zerstörung der bosnischen (juristischen) Kontinuität war. Dieser Kampagne gegen B.-H. schlossen sich auch einige nationalistische und radikale Parteien aus Serbien an. Obwohl das Engagement der internationalen Gemeinschaft auf eine friedliche Lösung der jugoslawischen Krise einsetzte, wurde es immer offensichtlicher, dass sich die Präsidenten der ehemaligen jugoslawischen Republiken − Slobodan Milošević, Franjo Tuđman, Milan Kučan, Alija Izetbegović, Kiro Gligorov, Momir Bulatović – als Mitglieder des Regierungsvorstandes des ehemaligen SFRJ über minimale politische Bedingungen für eine friedliche Lösung des jugoslawischen Dramas nicht einig werden konnten.

Durch die Aggression in B.-H. wurde ein Genozid am bosnischen Volk verübt. Die serbischen Kriegsverbrecher sowohl aus Bosnien als auch aus Serbien und Montenegro verübten grausame Verbrechen besonders an unschuldigen muslimischen Einwohnern in Srebrenica, Prijedor, Bijeljina, Foča, Višegrad, Rogatica, Brčko, Kozarac, Zvornik, Vitez und Stolac. Auf Seiten des kroatischen und muslimischen Volkes gab es ebenso Kriegsverbrechen, jedoch verübten diese weitaus weniger Taten als die serbischen Kriegsverbrecher. Der Krieg von 1992–95 hatte große Auswirkungen auf die demografische und gesundheitliche Situation in B.-H. Die Zahl der getöteten Menschen betrug fast 200.000 Einwohner, die Zahl der Verletzten bewegt sich zwischen 170.000 und 240.000 (darunter 25.000 mit dauerhafter Invalidität). Mindestens 16.000 Kinder starben, etwa 40.000 weitere wurden verletzt. Einige hunderttausend Menschen leben noch immer als Flüchtlinge außerhalb von B.-H. und ein Drittel der heutigen Einwohner leben in von UNHCR beschützten Gebieten mit Flüchtlingsstatus oder Status der im Land durch den Krieg verzogenen Menschen.

Bojić M. 2001: Historija Bosne i Bošnjaka od VII do XX vijeka. Sarajevo. Džaja S. M. 1984: Konfessionalität und Nationalität Bosniens und der Herzegowina 1463–1804. München. Hadžibegović I. 1991: Bosanskohercegovački gradovi na razmeđu 19. i 20.og stolječa. Sarajevo. Imamović M. 1976: Pravno-politički položaj i unutrašnji razvoj Bosne i Hercegovine od 1878–1914. Sarajevo. Kamenica A. 1956: Bosna i Hercegovina. Krleža M. (Red.): Enciklopedija Jugoslavije Bd. 2. Zagreb, 1-153. Malcolm N. 1994: Bosnia: a short history. London. Mønnensland S. 2001: 1001 dan: Bosna i Hercegovina slikom i riječju kroz stoljeća. Oslo. Petritsch W. 2001: Bosnien und Herzegowina fünf Jahre nach Dayton. Klagenfurt. Rehder P. (Red.) 2002: Das neue Osteuropa von A bis Z. München. Šehić Z. (Red.) 2002: Povijesni atlas Bosne i Hercegovine. Sarajevo.

(Rašid Durić)

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