Dubrovnik
Dubrovnik (ital. Ragusa)
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1 Geographie
D. ist eine Stadt an der kroatischen Adriaküste im südlichen Dalmatien und Hauptort der Gespanschaft Dubrovnik-Neretva (Dubrovačko-neretvanska županja, 1781 km², 122.870). D. hatte 2001 38.690 Einwohner, davon 88, % Kroaten, 3 % Bosniaken und 9 % verschiedene andere Gruppen.
Der Altstadtkern liegt, von mächtigen Mauern umgeben, teilweise auf einer ursprünglichen Insel, die später durch Aufschüttung der heutigen Hauptstraße (›Stradun‹), mit dem Festland verbunden wurde. Er wirkt baulich geschlossen und fügt sich trefflich in die mediterrane Küstenlandschaft ein, die als ein schmaler, reichlich gegliederter und von kleinen Inseln begleiteter Küstenstreifen von den steilen und kahlen Flanken eines bis unter 1000 m ansteigenden Kalkgebirges begrenzt wird. Jüngere Stadtteile verbinden die Altstadt mit dem Handels- und Passagierhafen Gruž (ital. Gravosa) und erstrecken sich auf die Halbinsel Lapad.D. hat warme und trockene Sommer sowie milde Winter. Im langjährigen Durchschnitt beträgt das mittel der Jahrestemperatur knapp über 16° C und fallen 1400 bis 1600 mm Niederschlag. D. hat mehr als 130 Sonnentage im Jahr und nimmt so unter den Adriastädten eine führende Rolle ein. Diese Klima lässt Oliven, Mandeln, Zitrusfrüchte, Rosmarin, Lorbeer, Kiefern, Steineichen, Zypressen oder Pinien gedeihen.
D. war bis 1975 durch eine 1901 errichtete Schmalspurbahn, die auch nach Südosten weiter bis Zelenika in der Bucht von Kotor (Boka Kotorska) führte, mit dem bosnischen Bahnnetz verbunden. Nach deren Stilllegung bildet die in den 1960er-Jahren fertig gestellte Küstenmagistrale (Jadranska magistrala) die wichtigste Landverkehrsverbindung. Über See ist D. mit den anderen Hafenstädten der östlichen Adriaküste und mit Bari in Italien verbunden, der in der südöstlichen Region Konavle gelegenen Flughafen Čilipi bindet D. in den europäischen Flugverkehr ein. Im Gegensatz zur heute nur noch lokal bedeutsamen Funktion als Güterhafen ist D. besonders seit den 1960er- und 1970er- Jahren zu einem der wichtigsten Zentren des kroatischen Tourismus aufgestiegen, das auch nach der Zäsur der Krisenjahre 1990−99 wieder Fuß gefasst hat.
D. verfügt seit 2003 über eine Universität mit etwa 2700 Studenten (2005) sowie über zahlreichen Museen (u. a. Seefahrtsmuseum).
2 Kulturgeschichte
Bewohner der um 615 v. Chr. entstandenen Stadt Epidaurum (Cavtat), die seit 164 v. Chr. römische Kolonie und seit 530 Bistum war, gründeten im 6. Jh. auf der Flucht vor den Slawen und Awaren im Gebiet der heutigen Altstadt unter der Herrschaft von Byzanz eine befestigte Siedlung. Die Insellage und der Schutz durch Byzanz ermöglichten ihm die Entwicklung zu einem bedeutenden Handels- und politischen Zentrum, das zu Ende des 10. Jh. zum Sitz eines römischen Erzbischofs (heute Dubrovačka biskupija) wurde. Trotz dann häufigen Herrschaftswechsels zwischen Byzanz, Venedig und dem süditalienischen Normannenreich konnte es seine Handelsverbindungen (Textilien, Holz, Vieh, landwirtschaftliche Produkte, Salz, Erz, Gold) mit dem bosnischen und serbischen Hinterland einerseits und mit Städten im ganzen Mittelmeerraum und bis ins Schwarze Meer andererseits kontinuierlich ausbauen. Im 13. Jh. ging die Herrschaft an den städtischen Adel über, formal 1322, womit D. wie Venedig eine selbständige Adelsrepublik geworden war, die sich seit 1441 tatsächlich Republik Ragusa nannte. Die Verwaltungsorgane bildeten der Große und der Kleine Rat (seit 1238) sowie der Senat (seit 1253). An der Staatsspitze stand der für einen Monat gewählt Rektor. So wie es bis ins 11. Jh. unter byzantinischem Kultureinfluss gestanden war, wirkte Venedig nun aber weiterhin im Sinne des lateinischen Abendlandes kulturell ein. Dies zeigt sich u. a. in der baulichen Gestaltung, im sprachlichen Vordringen des Venezianischen auf Kosten des Dalmatischen sowie in der Vorbildwirkung Venedigs auf die soziale Struktur.Die seit dem 7. Jh. ansässigen Slawen assimilierten sich zumeist an die romanisch geprägte städtische Kultur. Die politische und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt spiegelte sich in ihrer territorialen Ausdehnung wider: 1254 erwarb D. Lagosta (ital. hist., heute Lastovo), 1333 Sabbioncello (ital. hist., heute Pelješac), 1345 Meleda (ital. hist., heute Mljet), 1399 das Küstenland nordwestlich der Stadt bis vor Neum, 1419/26 Konavle. 1413−16 waren auch die großen Inseln Brazza (ital. hist., heute Brač), Lesina (ital. hist., heute Hvar) und Curzola (ital. hist., heute Korčula) in seinem Besitz. Auch das Heranrücken des Osmanischen Reiches an die Adriaküste konnte der politischen und wirtschaftlichen Stellung D. wenig anhaben. Ein 1430 geschlossener Vertrag erlaubte ihm den freien Handel im ganzen Reich. Allerdings musste D. ab 1458 an den Sultan Tribut zahlen. Die weitgehende Unabhängigkeit der Stadtrepublik führte im 15. und 16 Jh. zu einer wirtschaftlichen und kulturellen Blüte. Die Republik blieb zwar bis über das politische Ende Venedigs (1797) hinaus erhalten, als Frankreich sie 1808 nach seinem Einmarsch aufhob, doch setzte schon nach 1600 ein wirtschaftlicher Niedergang ein. Gründe dafür dürften neue Seehandelswege, innere Krisen sowie ein verheerendes Erdbeben im Jahr 1667 gewesen sein.
Unter österreichischer Herrschaft (1815−1918) sowie im ersten und zweiten Jugoslawien spielte D. keine besondere Rolle mehr. Während des Krieges in den Jahren 1991/1992 wurde der Stadt schwerer Schaden zugefügt. Die intensive Pflege von Kunst und Literatur machte D. im späten Mittelalter und in der Neuzeit zu einem kulturellen Zentrum. Bedeutende Künstler und Wissenschafter entstammen der Stadt, so der Barockpoet Ivan Gundulić (ital. Giovanni Gondola, 1589-1638) oder der Naturphilosoph Ruđer Bošković (1711-1787). D. kann auch als die Wiege des kroatischen Theaters gelten.
Die reiche Geschichte hat sich in zahlreichen hervorragenden Baudenkmälern manifestiert; so in der Befestigung der Altstadt durch bis zu 6 m dicke und 25 m hohe Stadtmauern, errichtet zwischen dem 12. und dem 17. Jh., die durch 12 Türme (Minčeta ist der größte), 5 Bastionen, die Festung Sveti Ivan und die Forts Revelin (1539−51) und Lovrijenac (aus 1050) verstärkt werden; im Rektorenpalast (Knežev dvor) aus der Mitte des 15. Jh. nach Entwürfen von Onofrio della Cava mit einer großen Bibliothek alter Schriften; in der barocken Kathedrale Maria Himmelfahrt (Uznesenje Marijino) aus 1673−1713 nach Entwürfen von Andrea Buffalini an der Stelle eines beim Erdbeben 1667 zerstörten berühmten romanischen Vorgängerbaus mit dem Gemälde „Die Himmelfahrt“ von Tizian am Hochaltar und weiteren Gemälden italienischer Meister der Renaissance und des Barock und einer Schatzkammer mit 138 Gold- und Silberreliquiaren; im Franziskanerkloster aus 1317 im romanisch-gotischen Übergangsstil mit einem Kreuzgang aus der ersten Hälfte des 14. Jh. von Mihoje Brajkov; im Dominikanerkloster aus dem 13. Jh., das im 14. und 15. Jh. erweitert wurde, mit wertvoller Bibliothek und bedeutenden Gemälden (u. a. „Maria Magdalena“ von Tizian, „Die Herabkunft des Heiligen Geistes“ von Giorgio Vasari, eine Ansicht D. vor dem Erdbeben 1667). Die Altstadt wurde zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.D. ist Schauplatz des bedeutendsten kroatischen Festivals, des Dubrovniker Sommerfestivals, das seit 1950 veranstaltet wird und Musik, Theater und Folklore darbietet. Von italienischen Traditionen beeinflusst ist der Dubrovniker Karneval, der seit dem frühen Mittelalter stattfindet.
Carter F. W. 1972: Dubrovnik (Ragusa): A classic city-state. London. Kolendić A. 1965: Dubrovnik. Dubrovnik. Krekić B. 1972: Dubrovnik in the 14th and 15th centuries. Norman, Oklahoma.