Bruderschaftsschulen

Bruderschaftsschulen (orthodoxe)

Der Begriff B. bezeichnet Schulen, die in der Ukraine und in Weißrussland von den orthodoxen Bruderschaften gegründet wurden. Zu den ersten gehörten die B. der Wilnaer Bruderschaft der Dreifaltigkeit (1585) und der Lemberger Uspenʹske-Bruderschaft (1585 oder 1586). Danach wurden weitere B. in Kamʹʹjanecʹ-Podilʹsʹkyj und Rohatyn 1589, Brėst und Horodok (poln. Gródek Jagielloński) 1591, Peremyšlʹ (poln. Przemyśl) und Komarne 1592, Belʹsk 1594, Lublin 1596, Halyč Ende des 16. Jh., Zamość (1606), Chełm, Pinsk und Vinnycja (poln. Winnica) Anfang des 17. Jh., Lemberg (die B. der Bogojavlensʹke-Bruderschaft) 1609, Minsk 1613, Kiew (ca. 1615/16) und Orša (1648) gegründet.

Als Vorbild für die anderen B. diente die Schule der Uspenʹske-Bruderschaft in Lemberg. Diese wurde als „griechisch-slawische“Schule bezeichnet, auch nachdem der Lateinunterricht eingeführt worden war. In der Vorrede des Werkes ›Oktoechos‹ von 1630 wurde die Bruderschaftsschule von Lemberg als „Gimnasium“ definiert, was vermuten lässt, dass die Schule, nach dem Muster der protestantischen Schulen, in drei Grammatikklassen, eine Poetikklasse und eine Rhetorikklasse eingeteilt wurde. Die B. von Lemberg erhielt 1592 ein Privilegium für den Unterricht der ›Septem artes liberales‹, also des Triviums (Grammatik, Dialektik, Rhetorik) und des Quadriviums (Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik). Die Bruderschaft von Lemberg verlegte auch die Fibel, Lehrbücher und pädagogische Literatur, z. B. das Werk ›Adelfotēs. Grammatyka dobroglagolyvago ellinoslovenskago jazyka‹ („Bruderschaft. Grammatik der gut gesprochenen griechisch-slawischen Sprache“), die von Arsenij von Elason und von seinen Studenten verfasst worden war, ), den Sammelband „Über die Erziehung der Kinder“ (›O vospytaniji čad‹, Lemberg 1606), der aus den Schriften von Johannes Chrysostomus, Basileios von Caesarea und von Gregorios Nazianzos bestand, sowie die „Philosophie des Aristoteles“ (›Filosofija Aristoteleva‹, 1745). Aber schon Ende des 16. Jh. kritisierte Ivan Vyšensʹkyj, ein ukrainischer Mönch vom Berg Athos, den Unterricht in der Lemberger Schule, wo man „rhetorische Witze“ und „aristotelische Fabeln“ lerne, um sich danach zu schämen, einfache Psalter zu lesen.

Anfang

Die Statuten der Lemberger B. hatten jedoch Vorbildcharakter für die anderen B. Der „Schulordnung“ zufolge sollten „die Söhne der Reichen genauso studieren ... wie die armen Waisen“ (§ 5). Die Schüler sollten auf das Leben in der Gesellschaft vorbereitet werden (auch durch die Teilnahme an den Wahlen zur „Selbstverwaltung“). Die „Schulordnung“ von Lemberg beeinflusste die Schulordnung (›Porjadok škilʹnyj‹) von Lucʹk (1624). Hier stellten sich für die Forscher einige Probleme, weil aus diesem Jahr auch die „Artikel der Rechte der griechisch-slavischen Schüler von Lucʹk“ (›Prav školy greko-slavʹjansʹkoji Lucʹkoji artikuly‹) stammen. In der Forschung sind verschiedene Meinungen über die chronologische Reihenfolge dieser beiden Statute vertreten. Besondere Bedeutung gewann die Schule der Bogojavlensʹke-Bruderschaft. Sie wurde 1632 mit der vom Metropoliten Petro Mohyla 1631 gegründeten Schule des „Kiewer Höhlenklosters“ vereinigt, womit das Kiewer Kollegium entstand (seit 1701 Kiewer Akademie).

Die Diskussion über den Charakter der B. begann schon im 19. Jh. Während einige Forscher den B. ein hohes Bildungsniveau zuschrieben und einige von ihnen (z. B. die B. von Lemberg, Wilna und Kiew) als Akademien einstuften, charakterisierten andere Forscher die B. als Grundschulen, weil Latein und die Septem artes liberales hier nicht unterrichtet wurden. Eine ausgewogene Position vertrat J. D. Isajevyč, der meinte, dass die Schule von Lemberg nach damaliger Vorstellung eine Grundschule war, aber, da man dort den Philosophieunterricht vorbereitete, „sie eine Übergangsphase zur Bildungsanstalt des Typs der Hochschule darstellte“. Als etwas veraltet kann man die Meinung E. M.Medynʹskyjs sehen, wonach die B. unter direktem Einfluss von Comenius standen, wie auch seine Einschätzung, dass die Reform des Metropoliten Petro Mohyla „nichts prinzipiell Neues“ im Wesen der Kiewer B. brachte weshalb man die spätere Entwicklung des Kiewer Kollegiums nur auf die Traditionen der B. zurückzuführen könne.

Charlampovič K. V. 1898: Zapadno-russkie pravoslavnye školy XVI i načala XVII veka. Kazan‘. Medynsʹkyj E. M. 1958: Bratsʹki skoly Ukraïny i Bilorusiï v XVI-XVII stolittjach. Kyjiv. Isajevyč J. D. 1966: Bratstva ta jich rolʹ v rozvitku ukrainsʹkoji kulʹtury XVI-XVIII st. Kyjiv. Isajevyč J. D. 1972: Džerela z istoriij ukrajinsʹkoj kulʹtury doby feodalizmu. XIV –XVIII st. Kyjiv. Mitjurov B. N. 1968: Razvitie pedagogičeskoj mysli na Ukraine v XVI-XVII vv. Kiev.

(Aleksandr Lavrov)

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