Mecklenburg

Mecklenburg

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Im Norden wird M. durch die Ostsee (die Insel Poel gehört zu M.), im Nordosten durch Vorpommern, im Süden durch die brandenburgischen Landschaften Uckermark, Ruppin und die Prignitz, im Westen durch niedersächsische und holsteinische Regionen begrenzt. Maßgeblich bestimmend für die Ausformung der landschaftlichen Vielfalt waren die letzten Eiszeiten, die diese norddeutschen Gebiete berührten. So entstanden die Grund- und Endmoränenzüge mit den dazwischen sich ausformenden Seen. Die häufigen Überlagerungen führten zu Ablagerungen von mächtigen Schichten von z. T. sehr fruchtbaren Sedimentmaterial. Hunderte von Seen, der größte von ihnen ist die Müritz mit 117 km², bilden die M.ische Seenplatte auf dem Gebiet des M.ischen Landrückens. 1990 wurde am östlichen Ufer des Sees der Müritz-Nationalpark (322 km²) mit zahlreichen weiteren Seen (107 mit einer Größe über 1 ha) und Niedermooren gegründet. Die M.sche Seeplatte gehört neben der M.schen Schweiz und der Ostseeküste zu den größten touristischen Attraktionen in M. Wichtige Flüsse sind die Warnow, die Recknitz, die Tollense, die Elde und die Elbe, die bei Boizenburg und Dömitz die westliche Grenze M.s bildet.

Das Klima M.s ist kontinental geprägt, mit leichten maritimen Einflüssen an der Ostseeküste, welche die winterlichen Temperaturen etwas mildern und mehr Niederschlag im Jahresverlauf verursachen. Die mittlere Temperatur variiert im Januar von –1,5 °C im Süden bis –0,5 °C an der Küste und im Juli zwischen 16,5 °C an der Ostsee und 17,5 °C im südlichen M., die jährliche Niederschlagsmenge nimmt vom Süden her von 510 mm/m² auf 620 mm/m² im Norden zu.

Die Fläche M.s beträgt 16.410 km² und die Einwohnerzahl 1.224.365 (2005), was etwa zwei Drittel der Fläche und Bevölkerung des Bundeslandes M.-Vorpommern entspricht. Lediglich 64,9 % der Bevölkerung M.s wohnen in Städten, was weit unter dem deutschen Durchschnitt liegt – ähnlich wie die Bevölkerungsdichte (74,6 Einwohner pro km² [2005]). Die größten Städte in M. sind Rostock (199.228 Einwohner), Schwerin (96.656), Neubrandenburg (68.188), Wismar (45.391) und Güstrow (31.083).

Für die kulturgeographische Ausbildung der m.ischen Landschaft war die von jeher vorhandene, relativ geringe Bevölkerungsdichte entscheidend. Bei der Herausbildung der M.er verschmolzen deutsche und slawische Bevölkerungselemente. Augenfällig sind die vielen Ortsnamen slawischen Ursprungs.

Die im Mittelalter gegründeten Städte waren mit dem Stargarder oder dem Lübischen Stadtrecht begabt. Schwerin ist die älteste Stadt M.s, gegründet 1160. Früh wurde in der aufstrebenden Hansestadt Rostock eine Universität gegründet (1419, die älteste in Nordeuropa). Ein kurzes Leben war hingegen der aus religiösen Vorzeichen gegründeten Universität in Bützow beschieden, sie hatte ihre Pforten nur von 1760-89 geöffnet. Die häufigen dynastischen Teilungen des Landes führten in den unterschiedlichen Regionen desselben zur Herausbildung von kleineren Residenzen. Sie bereichern dieses landschaftlich reizvolle norddeutsche Gebiet mit architektonischen Glanzpunkten. Aufbauend auf die Traditionen der älteren Hoftheater werden in den ehemaligen Residenzstädten Schwerin und Neustrelitz noch heute im deutschen Sprachraum gefeierte Aufführungen gegeben. Mit Heiligendamm entstand 1793 das erste Seebad auf dem europäischen Festland. Der Tourismussektor im Land knüpft heute wieder an seine alte Bedeutung an und stellt neben Landwirtschaft und Schiffbau einen wichtigen Wirtschaftszweig dar. Rostock (22,9 Mio. t Umschlag und 2,22 Mio. Passagiere [2005]) und Wismar (3,9 Mio. t [2005]) gehören zu den wichtigsten deutschen Ostseehäfen.

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2 Kulturgeschichte

Spätestens seit der Zeit um 650 v. Chr. siedelten germanische Stämme (Angeln, Langobarden, Sachsen) in diesem Raum. Große Teile des Landes wurden während der Zeit der Völkerwanderung von ihren ursprünglichen Bewohnern verlassen. Slawische Stämme, aus dem Osten kommend, füllten ab ca. 600 die geleerten Siedlungsräume wieder auf. Unter ihnen hatten die slawischen Stammesverbände der Obotriten und Wilzen eine herausragende Bedeutung. Bevorzugt wurden von den neuen Siedlern ertragreiche Böden an Seen oder Flussläufen. Schon bald traten diese auch Wenden genannten slawischen Stämme in Kontakt zum Fränkischen Reich, das sich ab 800 durch den sog. Sachsenwall (›Limes Saxoniae‹) vor ihnen schützte.

Eine Wendung erfuhr dieses Verhältnis im 10. Jh., als sich aus dem Ostfränkischen Reich das Deutsche Reich herausbildete. Besonders auf Initiative Ottos des Grossen (936-73) wurden mehrere Bistümer und ein Erzbistum für die Missionsarbeit, zur Bekehrung der bis dahin heidnischen slawischen Gebiete gegründet. Die ersten Erfolge der Christianisierung wurden fast gänzlich durch den sog. Slawenaufstand von 983 zunichte gemacht. Mit Beginn des 12. Jh. konnte die Ausdehnungsbewegung fortgesetzt werden.

Besonders durch Albrecht den Bären (um 1100-1170) und Heinrich den Löwen (um 1129-95) wurden neue Akzente in der Slawenpolitik gesetzt. Mit der weltlichen Inbesitznahme des Territoriums ging die geistliche Erschließung einher. Später war das Gebiet M.s unter folgende Diözesen aufgeteilt: Brandenburg, Havelberg, Lübeck, Ratzeburg, Schwerin und Kammin. Die Bistümer Ratzeburg (1154) und Schwerin (nach 1160) wurden maßgeblich durch die Unterstützung Heinrichs des Löwen ins Leben gerufen. Die deutschen Großen genügten sich in einer nominellen Oberherrlichkeit, sie beließen die slawischen Adelsfamilien in ihren alten Positionen. Die späteren Herzöge bzw. Großherzöge besitzen in den Niklotiden als einziges deutsches Fürstenhaus im Deutschen Reich slawische Vorfahren. In gemeinsamer Absprache erfolgte nun jedoch die verstärkte Erschließung des bis dahin nur gering genutzten Landes durch deutsche Siedler. Die neuen Bewohner kamen vorwiegend aus den Gebieten Holsteins, des Niederrheins und Westfalens. In dieser Zeit (um 1219) tritt auch erstmals der Stierkopf als m.isches Wappen auf. Von den 56 in Mecklenburg existierenden Städten wurden 45 in der Zeit der Kolonisation gegründet. 1348 erfolgte durch Karl IV. die Erhebung M.s zum Herzogtum mit der gleichzeitigen Verleihung der Reichsfürstenwürde an deren Herrscher.

Die Umstrukturierung des Reichsregiments auf dem Kölner Reichstag von 1512 führte dazu, dass M., bis zu dessen Auflösung, zum Niedersächsischen Reichskreis gehörte. Teile M.s wurden 1535 einer ersten evangelischen Kirchenvisitation unterzogen. 1549 beschlossen die Stände des Herzogtums die Einführung der Reformation. Wie in anderen deutschen Territorien des Reformationszeitalters, waren auch die Herzöge von M. in dieser Epoche hoch verschuldet. Um die Stände des Landes zur Übernahme der landesherrlichen Schulden zu bewegen, wurden ihnen 1572 die Klöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz als ewiges Eigentum überschrieben und zu adligen Fräuleinstiften umgewandelt.

Ebenso wie Brandenburg litt M. sehr im Dreißigjährigen Krieg (1618-48). Der Kaiser setzte 1628 die m.ischen Herzöge ab. Kein geringerer als Wallenstein erhielt 1629 das Herzogtum vom Kaiser als erbliches Lehen übertragen, konnte es aber nur bis zu Landung der Schweden 1631 genießen. In den ihm vergönnten drei Jahren führte der nicht nur auf militärischem Gebiet mit Weitblick ausgerüstete neue Landesherr tiefgreifende Verwaltungsreformen durch, die auch nach seiner Absetzung dem Land zum Vorteil gereichten. Nach dem Ausgleich der alten Herzöge von M. mit dem Kaiser im Prager Frieden 1635, setzte dieser jene wieder in ihr angestammtes Territorium ein. Schweden erhielt im Westfälischen Frieden (1648) die Ämter Neukloster und Poel sowie den wichtigen Hafen Wismar. Als Spätfolge des Dreißigjährigen Krieges verblieb Wismar bis 1803 in schwedischer Hand, endgültig verzichte das Königreich Schweden erst 1903 auf alle Rechtsansprüche an der Hansestadt.

Begünstigt durch den hohen Bevölkerungsverlust während des Dreißigjährigen Krieges und die relativ schwache Landesherrschaft kam es nun in M. zur Herausbildung einer extensiven Gutsherrschaft. Wegen der starken Stellung der Grundherren im Lande erfolgte erst 1820 die Aufhebung der Leibeigenschaft bzw. Erbuntertänigkeit. Wie für Preußen das Jahr 1701 einen wesentlichen Wendepunkt in seiner Verfassungsgeschichte darstellt, so auch für M. Im Hamburger Vergleich von 1701 wird die letzte Teilung des Territoriums in die Linien M.-Schwerin und M.-Strelitz vollzogen. Der Strelitzer Landesteil umfasste allerdings weniger als ¼ des gesamten Landes. Nach heftigen Auseinandersetzungen des Herzogs mit den Landständen kam es 1755 zum ›Landesgrundgesetzlichen Erbvergleich‹ (LGGEV), der bis 1918 die verfassungsrechtliche Grundlage bildete. Die Festschreibung der Einheit der Landstände sicherte auch fürderhin die Verbindung beider M. Gleichzeitig ist der LGGEV beredter Ausdruck der starken Position der Stände, die ihre Macht seit dem 16. Jh. beständig ausgebaut haben. Sie ist mit verantwortlich für die sprichwörtliche Rückständigkeit des Landes.

Von 1808-13 gehörte M. dem Rheinbund an. Auf dem Wiener Kongress von 1815 erhielten die beiden Herzöge das Recht, den Titel eines Großherzogs zu führen. Dem auf Initiative Bismarcks 1866 geschaffenen ›Norddeutschen Bund‹ traten beide M. bei, dem Deutschen Zollverein 1868. Die territoriale Integrität der beiden Länder blieb in der Zeit des Zweiten Deutschen Kaiserreichs (1871-1918) wie auch in der Republik von Weimar gewahrt. Erst 1934 erfolgte die Zwangsvereinigung der beiden Länder zum Land M., als Sitz der Landesregierung wurde Schwerin bestimmt. gebietsveränderungen im 20. Jh. etwa durch das Groß-Hamburg-Gesetz (1937) und die Abtretung Fürstenbergs an Brandenburg führten zu Grenzbegradigungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg bildete M. zusammen mit Teilen Vorpommerns ein gemeinsames Land, ab 1949 als Teil der DDR. 1952 erfolgte die Aufteilung der Ländermasse in drei Bezirke. 1990 entstand das Land M. unter dem Namen M.-Vorpommern neu. Die alliierte Grenzziehung von 1945 wurde im Falle des Amtes Neuhaus, das 1993 wieder nach Niedersachsen wechselte, rückgängig gemacht.

Erichsen J. (Hg.) 1995: 1000 Jahre Mecklenburg. Geschichte und Kunst einer europäischen Region. Rostock. Karge W., Rakow P.-J., Wendt R. (Hg.) 1995: Ein Jahrtausend Mecklenburg und Vorpommern. Biographie einer norddeutschen Region in Einzeldarstellungen. Rostock. Vitense O. 1920: Geschichte von Mecklenburg. Gotha.

(Eberhard Borrmann)

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