Ludza

Ludza (lett./russ., dt. hist. Ludsen, estn. hist. Lutsi, jidd. Lutzin, poln. hist. Lucyn, bis 1917 russ. Ljucyn, auch: Lučyn).

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Die Stadt L. liegt in einer seen- und flußreichen Gegend im Osten Lettlands (in der historischen Region Latgale [dt. hist. Lettgallen]), an der Grenze zu Russland und Weißrussland, ca. 269 km von Riga entfernt. L. hat 10.005 Einwohner (2005), darunter 52,9 % Letten und 39,8 % Russen sowie je 1,5 % Polen und Ukrainer (2000).

L. ist seit 1949 Verwaltungszentrum eines gleichnamigen Kreises. Die Stadt erstreckt sich entlang des „Großen“ (Lielais-Ludzas ezers) und des „Kleinen Ludza-Sees“ (Mazais Ludzas ezers). Sie hat eine Fläche 10,3 km² und liegt ca. 145 m ü. d. M. Die mittlere Temperatur in L. beträgt im Januar ca. –7 °C, im Juli ca. 17 °C, die jährliche Niederschlagsmenge im Schnitt ca. 600 mm.

2 Kulturgeschichte

Die erste Erwähnung des Ortes, einer lettgallischen Burgsiedlung, findet sich für 1173 in der altrussischen Hypatios-Chronik (sie wird auch auf 1174 bzw. 1177 datiert). 1399 errichtete der Deutsche Orden an der Stelle der alten eine neue Burg, die um 1481 kurzzeitig von Moskau eingenommen und 1525 modernisiert wurde. Nach dem Livländischen Krieg (1558–83), während dem L. 1577 auch von Ivan „dem Schrecklichen“ besetzt wurde, fielen Burg und Siedlung L. an Polen-Litauen. Die 1654 kurzzeitig erneut von Moskau eingenommene Siedlung war Sitz einer Starostei und hatte seit 1765 den Status eines Marktfleckens. Die während des Nordischen Krieges 1700–21 zerstörte Burg war zu dieser Zeit bereits nurmehr Ruine. Nach der ersten Teilung Polen-Litauens 1772 kam L. zum russischen Zarenreich.

1777 erhielt L. das Stadtrecht und wurde zum Verwaltungssitz des Kreises. Dabei wechselte L. mehrmals die Verwaltungszugehörigkeit (1778 Gouvernement Polock, 1779 Gouvernement Weissrussland, 1802 Gouvernement Vitebsk). Seit dem ersten Viertel des 19. Jh. nahm die Stadt an Bedeutung und Bevölkerungszahl zu; es kam zur Ansiedlung von Handelsunternehmen (Haupthandelsgut: Leinen) und kleinen Fabriken. 1904 wurde die Eisenbahnstrecke Moskau–Ventspils fertig gestellt, was diesen Trend verstärkte. Nach schweren Kampfhandlungen mit bolschewistischen Truppen, die insbesondere in der Gegend um L. stattfanden, wurde die Stadt 1920 Teil der Republik Lettland. Die Innenstadt L.s wurde durch einen Stadtbrand 1938 stark zerstört.

L. besaß seit Mitte des 18. Jh. eine große jüdische Gemeinde, die Ende des 19. Jh. etwa die Hälfte der Bevölkerung ausmachte, bis 1935 durch Emigration jedoch stark abnahm. 1941–44 stand L. unter deutscher Besatzung. Die jüdische Bevölkerung der Stadt wurde noch 1941 größtenteils ermordet. 1942 kam es in L. zur Massenermordung lettischer Roma durch die deutschen Besatzer.
Nach dem Krieg kam es zu einem starken Bevölkerungszuzug aus Russland und Weißrussland. Um für die Immigranten Arbeit zu schaffen, entstand eine metallverarbeitende Fabrik.

Bis Anfang des 20. Jh. bestand im Gebiet um L. eine bis zu 4000 Personen umfassende estnische Sprachinsel.

Latvijas Pašvaldību Savienība (Hg.) 1999: Enciklopēdija Latvijas Pilsetas. Rīga. 303-310. http://www.nordregio.se/baltic/6560lehekulg186-189.p65.pdf [7.3.2006].

(Indira Dupuis)


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