Přemysliden

Přemysliden (hist., auch Przemysliden, tschech. Přemyslovci).

Dynastie von Fürsten und Königen, die seit dem 9. Jh. bis 1306 Böhmen und Mähren sowie zeitweise Polen, Schlesien, Ungarn, Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain regierte.

Der erste gesicherte Fürst war Bořivoj (867/8-888/9), der 882/884 in Mähren von Methodios getauft wurde. Ihm und seinen Nachfolgern Spytihněv I. (888/9–915) und Vratislav I. (915–21) gelang es erst von Levý Hradec und später vom neu gegründeten Zentrum Prag aus, nach und nach ganz Böhmen zu beherrschen. Mit der Ermordung des hl. Wenzel (921–35) und dem Herrschaftsantritt seines Bruders Boleslav I. (935–72) begann Böhmens Aufstieg zu bedeutender Macht. Durch die Hochzeit Boleslavs I. Tochter Dobrawa (†977) mit Herzog Mieszko I. von Polen wurde Polen christianisiert (965), Dobrawas Schwester Mlada trug als Gründerin und Äbtissin von St. Georg (OSB) in Prag und im Vorfeld der Errichtung des Bistums Prag (973) zur Stärkung der Herrschaft bei. Unter Boleslav I. u. II. (972-999) expandierten die P. in die Nachbarländer Polen, Schlesien und Mähren, jedoch gingen die territorialen Gewinne in den Thronkämpfen der Söhne Boleslavs II. (Boleslav III., Jaromír I., Oldřich I.) wieder verloren. Erst Břetislav I. (1035–55) konnte die Lage stabilisieren und sogar wieder nach Polen ausgreifen (1039). Er erließ die ersten überlieferten Dekrete, reformierte das Münzwesen und setzte das Senioratsprinzip in der Thronfolge fest. Unter Břetislavs I. Söhnen ragt Vratislav II. (1061–92) hervor, der 1086 von Kg. Heinrich IV. als sein treuester Verbündeter zum Kg. gekrönt wurde (an seine Person gebunden). 1063 erneuerte er das Bistum Olmütz, 1070 verlegte er seinen Sitz auf den Burgwall Vyšehrad. Seine Brüder Konrád I. Brněnský und Ota I. Olomoucký begründeten die mährischen Zweige der P., Jaromir (Gebhard, †1090) wurde Bischof von Prag.

Der häufige Wechsel auf dem Prager Fürstenstuhl, bedingt durch die große Zahl regierungsfähiger und –williger Nachfahren und Verwandter Vratislavs II., bestimmten das 12. Jh. Zugleich festigten die zahlreichen Ehen nicht nur mit den benachbarten Dynastien (Arpaden, Babenberger, Berg u. a.) die Position der P. in Europa.

Nach langwierigen Thronkämpfen unter Bořivoj II. (1100–07; 1117–20), Svatopluk Olomoucký (1107–09) und Vladislav I. (1109–16; 1120–25) kam es erst unter Soběslav I. (1125–40) wieder zu einer Phase der Konsolidierung, wozu auch dessen guten Beziehungen zu Ks. Lothar beitrugen. Von seinen häufigen Auslandsaufenthalten brachte Soběslav I. Anregungen für die heimische Architektur mit, die er beim Ausbau der Prager Burg einsetzte. Nachdem es ihm nicht gelungen war, seinen Sohn Vladislav als Thronfolger durchzusetzen, gelangte Vladislav II. (1140–72), der Sohn Vladislavs I., auf den Prager Fürstenstuhl. Dessen enge Zusammenarbeit mit Friedrich I. Barbarossa brachte ihm 1158 die Königskrone ein, seine Bischöfe Jindřich Zdík (Olmütz) und Daniel I. (Prag) führten eine tief greifende Kirchenreform durch. 1172 resignierte er zugunsten seines Sohnes Bedřich I. (1172; 1178–89), der aber für kurze Zeit von Soběslav II. (1173–78), dem zweiten Sohn Soběslavs I., verdrängt wurde. Nach Bedřichs I. Tod regierte Konrád III. Ota Znojemský (1189–91) in Böhmen und Mähren.

Das Zeitalter der Fürsten aus dem soběslavischen Zweig endete mit dem von Ks. Heinrich V. eingesetzten Bf. Jindřich Břetislav von Prag (1193–97, als Bf. seit 1182). Ihm folgte Otakar I. Přemysl (1193, 1197–1230, gekrönt 1198), dessen geschickte Außenpolitik zur Erhebung Böhmens zum Erbkönigreich führte (1212) und der seine Macht auch im Inneren massiv ausbauen konnte. Sein Sohn Václav I. (1230–53) wurde bereits 1216 zum Kg. gewählt und 1228 gekrönt, seine Tochter (hl.) Agnes wurde Äbtissin der von ihr nach Prag gerufenen Klarissinnen.

Přemysl II. Otakar (1253–78) erwarb neben Österreich (1251) 1260 noch die Steiermark, 1269 und in der Folge gelang ihm die Eroberung. des Herzogtums Kärnten. Seine von König Rudolf von Habsburg angeführten Gegner besiegten ihn 1278 bei Dürnkrut, wo er auch den Tod fand.

Václav II. (1278–1305, ab 1283 selbstständig) dehnte seine Macht bis nach Polen aus, sodass er sich 1296 in Prag und 1300 in Gnesen zum polnischen König krönen lassen konnte. Václav II. galt als einer der reichsten Herrscher, er war ein Förderer des Silberbergbaus und führte den sog. Prager Groschen ein. Sein Hof blieb wie schon bei seinem Vater ein bedeutendes Zentrum der Literatur und des Minnesangs. Mit dem Tod Václavs III. (1305–06), 1301 bereits ungarischer König, erlosch die Dynastie der P.

Třeštík D. 1997: Počátky Přemyslovců. Vstup Čechů do dějin (530-935). Praha Žemlička J. 1986: Století posledních Přemyslovců. Praha Žemlička J. 1997: Čechy v době knížecí (1034-1198). Praha.

(Stefan Albrecht)


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