Amorion

Amorion (griech., latein. Amorium).

A. war im 8. Jh.nach Konstantinopel und Saloniki die drittgrößte Stadt des Byzantinischen Reiches. Ihre Einwohnerzahl wurde damals auf ca. 70.000 geschätzt. A. befand sich in Zentralanatolien, in der Nähe des heutigen türkischen Dorfes Türkmenakören, ca. 100 km südöstlich von Eskişehir.

Archäologische Funde weisen eine Besiedlung der Region seit dem 3. Jt. v. Chr. nach. Auch unter den Hethitern und Phrygern war A. ein urbanes Zentrum, wenngleich über die Bedeutung der Stadt in dieser Zeit wenig bekannt ist. Die ersten Funde aus der Stadt selbst stammen aus der Zeit des römischen Kaisers Augustus, also aus dem frühen 1. Jh. n. Chr.; A. wurde auch von Strabo erwähnt. Bis zum 3. Jh. gewann A. stetig an Bedeutung und erlebte seine Blütezeit unter den Byzantinern. Unter Kaiser Zenon wurde die Stadt durch Mauern befestigt.

A. war Hauptstadt des wichtigsten byzantinischen Militärbezirks (›thema‹) Anatolien. Der in A. residierende Oberbefehlshaber (›strategos‹) war der höchstrangige Offizier im byzantinischen Heer.

A. war Herkunftsort der Kaiser der amorischen Dynastie: Michaēl II. (820–829), Theophilos (829–842) und Michaēl III. (842–867). Den Kaisern dieser Dynastie gelang es, die byzantinische Macht in Kleinasien und auf dem Balkan wieder herzustellen. Versuche, das Reichsgebiet auf Kosten der ʿAbbāsidenkalifen auszudehnen, schlugen jedoch fehl und führten 838 zu einer Strafexpedition seitens des Kalifats. Nachdem sie den Byzantinern mehrere schwere Niederlagen beigebracht hatten, belagerten die Araber schließlich A., in dem sich eine Garnison von 30.000 byzantinischen Soldaten verschanzt hatte.

Es gelang den Arabern nicht, die stark befestigte Stadt einzunehmen; erst durch Verrat konnte eine schadhafte Mauer durchbrochen werden. Nach der Einnahme ließ der Kalif 30.000 Einwohner von A., wahrscheinlich hauptsächlich Soldaten, massakrieren. Die Stadt wurde bis auf den Großteil der Befestigungen völlig zerstört und erholte sich davon nie mehr. Unter den Seldschuken (ab 1071) und Osmanen (ab dem 14. Jh.) verlor A. seine einstige Bedeutung und wurde schließlich ganz verlassen. A. ist heute eine Ruinenstätte, in der auch archäologische Ausgrabungen vorgenommen wurden. Dabei wurden die Überreste der Stadtmauern, größere Gebäudekomplexe in der Unterstadt, die Hauptkirche und die Zitadelle freigelegt.

Treadgold W. 1988: The Byzantine Revival 780– 842. Stanford.

(Tilman Lüdke)

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