Kurisches Haff

Kurisches Haff (litau. Kuršių marios, russ. Kuršskij zaliv); Boddengewässer an der Küste Litauens und des russischen Verwaltungsbezirks Kaliningrad (Kaliningradskaja oblastʹ), von der Ostsee durch die Kurische Nehrung getrennt, mit Durchlass zum Meer am nördlichen Ende bei der litauischen Hafenstadt Klaipeda (Klaipėda, dt. hist. Memel), entstanden am Ende der letzten Eiszeit vor rd. 12.000 Jahren in Folge des ansteigenden Wasserspiegels der Ostsee durch das Abschmelzen des skandinavischen Großgletschers.

Die ähnlich einem spitzwinkligen Dreieck geformte Lagune hat eine Grundlinie in der Breite von etwa 35 km und eine Länge von rd. 107 km, womit sie sich über eine Fläche von ca. 1584 km² erstreckt, von denen gut 413 km² zu Litauen gehören. Die durchschnittliche Wassertiefe beträgt 3,7 m, an den flachsten Stellen erreicht sie kaum mehr als 2 m und die tiefste Stelle bildet das sog. Memeler Tief am Durchlass zur Ostsee mit 7,5 m, im Hafenbereich und der Fahrrinne zur Ostsee bis 14,5 m, zukünftig soll beides bis auf 17,5 m vertieft werden.

Insgesamt enthält das Becken etwa 6 km³ Wasser. Gespeist wird das K. H. aus elf Flüsschen und Flüssen, von denen der größte, die Memel ist, die im Südosten in einem weitverzweigten Delta mündet. Das Wasser ist daher weniger salzhaltig als die Ostsee, was in einer besonderen Flora und v. a. Ichthyofauna zum Ausdruck kommt. Die mehr als 40 Fischarten (v. a. Aal, Hecht, Karpfen, Rotfeder, Schlei und Wels) waren seit frühester Zeit eine der wichtigsten Erwerbsquellen der Bewohner der Kurischen Nehrung bzw. der inländischen Küste. Mit speziellen kiellosen Booten, den sog. Kurenkähnen, betrieben sie in den wärmeren Jahreszeiten Fischfang. In den Wintermonaten fror das Haff i. d. R. zu – 1678 z. B. überquerte das brandenburgische Heer das K. H. auf Schlitten und konnte auf diese Weise die fliehenden Schweden einholen und besiegen, 1944/45 nahmen tausende der vor der Sowjetarmee fliehenden ostpreußischen Bevölkerung den Weg über das zugefrorene Haff – heute ist dies nur noch selten der Fall.

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. folgte der industrielle Abbau von Bernstein, den v. a. die Firma Stantien & Becker betrieb, die zu Spitzenzeiten über 800 Arbeiter beschäftigte. Rund um die Uhr wurde mit zuletzt 19 Dampfbaggern gearbeitet und zwischen 1860 und 1900 mehr als 2250 t Bernstein gefördert. Wegen mangelnder Rentabilität wurde der Betrieb um 1925 eingestellt.

Nach der Abtrennung des Memelgebietes vom Deutschen Reich im Zuge der Umsetzung des Versailler Vertrages gehörte auch der nördliche Teil des K. H. zum französischen Verwaltungsgebiet, nach 1924 dann zu Litauen, bis Hitler-Deutschland im März 1939 dessen Rückgabe erzwang. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 gehörte das K. H. zur Sowjetunion; mit der Unabhängigkeit Litauens 1991 gelangte der nördliche Teil unter litauische Hoheit, während der größere Teil bei Russland verblieb.

Heute werden im K. H. pro Jahr ca. 1500 t Fisch gefangen. Die ökologische Bedrohung durch Übersäuerung und andere Verschmutzung des Wassers (Schwermetalle) wächst jedoch. Gleichzeitig steigt der Tourismus exponentiell an, wozu sich nicht zuletzt das malerische Memel-Delta und die Binnenküste der Kurischen Nehrung sowie die Landzunge selbst geradezu anbieten.

(Monika Bukantaitė-Klees, Michael Klees)


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