Bernstein (Überblick)

Bernstein

Nichts hat die baltischen Kulturen so sehr geprägt, wie der B., ein fossiles Harz. Schon die älteste Erwähnung der Region ist an den Rohstoff gebunden: Pytheas von Massilia berichtete bereits im 4. Jh. v. Chr. von einer großen Ostseeinsel, auf der B. vorkomme. Die frühen Bewohner der Region heizten offenbar mit B. Der deutsche Name weist darauf hin (mittelhochdt. ›bernen‹ = „brennen“). Von B. leiten sich darüber hinaus die Termini Glas und Elektrizität ab (Das altdeutsche glasaz ist ein anderer Ausdruck für B., ›elektron‹ die griechische Bezeichnung.) Im englischen Ausdruck ›amber‹ (der als ›ambre‹ ins Französische übernommen wurde) hat sich dagegen die Vermutung niedergeschlagen, dass B. eine Walsekretion sei.

Die litauische Mythologie wiederum erzählt, wie sich Jurate, die schöne Tochter des Götterkönigs Perkūnas in einen irdischen Fischer, Kastytis, verliebte, den sie zu sich lockte und verführte. In seinem Ärger zerschmetterte Perkunas den Palast, dessen Bruchstücke (in Form des B.) bis heute vom Meer an Land gespült werden. Die Tropfenbildungen gelten dabei als Tränen der untröstlichen Jurate.

Im Mittelalter nahm man an, dass B. aus Kohle, ›Erdharz‹ (latein. bitumen), Öl und Meeresschaum entstanden sei. Im lateinischen Ausdruck ›succinitus‹ („flüssig“, in der Bedeutung Sekretion der Bäume) hat sich die tatsächliche Herkunft des B. erhalten. Erst im 19. Jh. setzte sich die Auffassung durch, dass B. ein Harz ist, das durch Mikroorganismen verändert wurde und in über 500 verschiedenen chemischen Varianten vorkommt, die ebenso viele Farben bedingen, von hellgelb bis schwarzbraun, undurchsichtig bis durchsichtig.

Entstanden ist der Stoff vor 3 Mio. Jahren im subtropischen Klima des damals von riesigen Kiefernwäldern bedeckten Baltikums. Diese heute ausgestorbenen Kiefern produzierten große Mengen an Harz, das sich ins Meer ergoss und Insekten aller Art einschloss. Während der Eiszeit gerieten diese Harzflüsse für Jahrtausende unter eine dicke Eisschicht und lagerten sich auf dem Meeresgrund ab. Man unterscheidet bei den an Land gespülten B.-Formen von der Ablagerungsschicht abhängige maritime und terrestrische Herkunftsarten. Die weltweit bekanntesten Vorkommen befinden sich im Samland.

Die Technik der B.-gewinnung veränderte sich über die Jahrhunderte. Zunächst wurden lediglich die ans Ufer gespülten B.formen gesammelt, später Netzfischerei und Tauchbergung betrieben. Im 13. Jh. bildete sich das sog. B.regal, das Schöpfrecht der Landesherren heraus. Es ging von den Herzögen von Pommerellen auf den Deutschen Orden und von diesem 1454 an die preußischen Stände über. Abgesetzt wurde B. bis zum Ende des 14. Jh. in Lübeck, Brügge und Lemberg. 1477 bildete sich in Danzig eine erste B.dreherzunft. Danzig und Königsberg bildeten im 17. Jh. die Zentren der B.verarbeitung und B.kunst.

Im 19. Jh. wurde der erste B.tagebau eröffnet, damit begann der B.rausch und die industrielle Gewinnung in großem Ausmaß. Bis 1940 hatten die Deutschen das Monopol auf das baltische B. inne. Auf illegalen B.abbau stand die Todesstrafe. Die erste B.mine auf Samland brachte bis 1970 Mengen von 400 bis 500 t B. pro Jahr zu Tage. 1862 begann der B.abbau in Juodkrantė (in drei Jahrzehnten wurden 2500 t gefördert), ab 1869 in Jantarnyj im heutigen Kaliningrader Gebiet. Von dort stammt heute die größte Menge maritimen B.s, die Minen können besichtigt werden. B. wird heute vornehmlich von den baltischen Staaten, und insbesondere aus dem Kaliningrader Gebiet exportiert.

Beck C. W., Bouzek J. (ed.) 1993: Amber in Archaeology. Proceedings of the Second International Conference on Amber in Archaeology, Liblice 1990. Praha. Bukowski Z. 2002: Znaleziska bursztynu w zespołach z epoki brązu i z wczesnej epoki żelaza z dorzecza Odry i Wisły. Warszawa.

(Susanne Nies)

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