Cadrilater

Cadrilater (rumän., bulg. Južna Dobrudža)

Der Name C. bezeichnet eine 7570 km² große Region im südlichen Teil der Dobrudscha, zwischen dem Unterlauf der Donau und der Schwarzmeerküste. Die rumänische Bezeichnung bezieht sich auf die rechteckige Form (›Quadrilater‹) dieses Gebietes.

Der politische, nicht geographische, Raumbegriff entstand 1913, als Rumänien nach dem Zweiten
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Balkankrieg die Dobrudscha nach Süden hin um einen Landstreifen, der die Städte Bazargic (heute bulg. Dobrič) und Turtucaia (heute bulg. Tutrakan) einschloss, erweiterte. Die Rückgabe an Bulgarien im Frieden von Bukarest 1918 wurde bereits 1920 in Neuilly wieder rückgängig gemacht. Seit 1940 gehört die Region ohne Unterbrechung zu Bulgarien (Vertrag von Craiova, 1940, 1947 im Frieden von Paris bestätigt).

Die rumänischen Ansprüche gingen v. a. auf die Zugehörigkeit der Küstenregion zu den mittelalterlichen Fürstentümern Moldau und Walachei zurück, die bulgarischen auf die zum frühmittelalterlichen Bulgarischen Reich. Dobrič und Silistra sind seit Jahrhunderten die Wirtschaftszentren der strukturschwachen Region, deren landwirtschaftliche Entwicklung lange durch Sumpfgebiete und marodierende Armeen behindert wurde.

Die Bevölkerung (ca. 342.000 Einwohner 2004) C.s unterscheidet sich seit dem „Bevölkerungsaustausch“ von 1940 deutlich von der der Norddobrudscha. Beide kannten vorher eine Mischbevölkerung aus Rumänen, Bulgaren, Türken, Tataren, russischen Altgläubigen und deutschen Kolonisten. Heute leben im Gebiet C.s etwa 70 % Bulgaren, 22 % Türken und 7 % Roma sowie ein geringer Anteil anderer Minderheiten (2001). Die Bevölkerung verteilt sich vorwiegend auf Dobrič (100.379 Einwohner 2001), Silistra (42.153 Einwohner 2001) und einige Kleinstädte.

Die wechselseitigen Besitzansprüche und Annektierungen C.s bis 1940 haben die rumänisch-bulgarischen Beziehungen kaum nachhaltig belastet und wurden selten national-politisch instrumentalisiert. Von aktuell politischer Bedeutung ist hingegen die 1998 aufgeworfene Entschädigungsfrage, die heute 7500 Fälle von ca. 130.000 Vertriebenen betrifft.

Schmidt-Rösler A. 1994: Rumänien nach dem Ersten Weltkrieg: Die Grenzziehung in der Dobrudscha und im Banat und die Folgeprobleme. Frankfurt a. M.

(Wim van Meurs)


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