Kormčaja kniga

Kormčaja kniga (russ., „Lenk“- oder „Steuermannsbuch“).

K. K. ist die Bezeichnung für eine Reihe von mittelalterlichen slawischen Rechtsvorschriften, die auf den byzantinischen Nomokanones und Syntagmen und dem ›Corpus Iuris Iustiniani‹ basieren.

Man unterscheidet vier Hauptredaktionen (Familien). Die Mährische (wegen des aus Ustjug stammenden Manuskripts des 13.–14. Jh. oft Ustjuger genannt) stellt die Übersetzung des Syntagmas von Iōannēs Scholastikos dar dar und wird oft mit der übersetzerischen Tätigkeit des Hl. Method in Verbindung gebracht.

Die zweite, die sog. Efrem-Redaktion, stellt die Übersetzung des Syntagmas in XIV Titeln dar, die keine Kommentare enthält. Man geht heute davon aus, dass sie im 10. Jh. in Bulgarien übersetzt wurde. Das älteste Manuskript dieser Redaktion wurde vom ostslawischen Schreiber Efrem (Ofrem) im 12. Jh. kopiert, aber das Vorhandensein dieser Redaktion in der Alten Rus‘ ist seit dem 11. Jh. durch Zitation bewiesen.

Die dritte, serbische Redaktion wurde auf dem Athos Ende des 12. Jh. übersetzt und enthält die Kanones mit den Kommentaren von Iōannēs Zōnaras und Alexeios Aristēnos, den Procheiros Nomos und andere Texte. Sie fand Verbreitung durch die Tätigkeit des Hl. Savva (*um 1175–1228) und stellte seit der Autokephalie der Serbischen Kirche (1219) deren Kirchenrecht dar. Eine Handschrift dieser Redaktion wurde dem Metropoliten der Rus geschickt und durch das Konzil in Vladimir 1274 angenommen. Die älteste südslawische Handschrift dieser Redaktion ist die heute in Zagreb aufbewahrte Handschrift von Ilovica (1262), als ältestes russisches Manuskript dieser Redaktion gilt jenes von Rjazanʹ (1284).

Die russische Redaktion wurde auf der Grundlage der Efrem-Redaktion und der serbischen Redaktion im 13. Jh. zusammengestellt. Sie zeichnet aus, dass in sie kirchenrechtliche Denkmäler ostslawischer Herkunft wie z. B. das „Russische Recht“ (Russkaja Pravda) eingegliedert sind. Während sich in den russischen Ländern und Fürstentümern die „russische“ Redaktion durchsetzte, bewahrte in den ukrainischen Gebieten die serbische Redaktion ihre Autorität (Manuskript von Wolhynien, 1286). Als Grundlage für die erste russische gedruckte Version wurde aber nicht die russische, sondern die serbische Redaktion gewählt. Diese, K. K. des Patriarchen Iosif genannte Ausgabe, erschien 1649/50, wurde aber kritisiert und zurückgerufen. Drei Jahre später befahl Patriarch Nikon den fast unveränderten – nun nach ihm benannten – Text mit einigen Ergänzungen zu veröffentlichen. Obwohl die Unterschiede zwischen den beiden Ausgaben nicht sehr bedeutend sind, akzeptieren die russischen Altgläubigen nur die Ausgabe des Patriarchen Iosif, während die Russische Orthodoxe Kirche auch die des Nikon akzeptiert.

Beneševič V. N. 1906: Drevneslavjanskaja Kormčaja XIV titulov bez tolkovanij. Sankt-Peterburg (Nachdruck: Leipzig 1974). Troickij S. V. 1952: Kako treba izdati svetosavsku krmciju (nomakanon sa tumacenjima). Beograd 1952. Žužek I. Kormčaja kniga. Studies on the Chief Code of Russian Canon Law. Roma 1964 (= Orientalia Christiana Analecta, 168). Ščapov Ja. N. 1978: Vizantijskoe i južnoslavjanskoe pravovoe nasledie na Rusi v XI-XIII vv. Moskva. Petrovič M. 1991: Zakonopravilo ili Nomokanon svetoga Save: Ilovicki prepis 1262 godina. Gornji Milanovac.

(Aleksands Lavrov)

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