Oppeln (Stadt)

Oppeln (poln. Opole, tschech. hist. Opolí)

Hauptstadt der gleichnamigen Woiwodschaft in Schlesien (Polen). Gelegen an der Oder, ca. 160 m. ü M. Ihre Fläche beträgt 96,6 km². Die Bevölkerungszahl beträgt 127.602 (2006) Einwohner, davon sind 89,6 % Polen (2002). Die größten Minderheitsgruppen bilden Deutsche und Schlesier. Die mittlere Temperatur beträgt im Januar –4,5 °C, im Juli 18,0 °C, die jährliche Niederschlagsmenge 605 mm.

Seit dem 8. Jh. n. Ch. sind Siedlungsspuren auf dem heutigen Stadtsgebiet feststellbar. Gleichwohl erst um das Jahr 1000 formierte sich eine Kastellan-Burg, aus der in den Jahren 1163–1202 eine Residenz der oppelner Herzöge der Piastenlinie wurde. Diese Entwicklung führte zur Stadtgründung; Herzog Kazimierz I. (1211–29) verlieh O. das Stadtrecht. Franziskaner gründeten noch vor 1234 ein Kloster, die Dominikaner um das Jahr 1295. Infolge der Mongolenanfälle (1241) wurde die Unterburg von O. zerstört. Die Stadt erholte sich und wurde nach dem Vasalleneid Bolko II. von O. 1327 zum Lehen der böhmischen Krone und damit zum Teil des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Während der Hussitenkriege verfolgte O. Eigeninteressen gegenüber benachbarten Teilherzogtümern, indem es sich an die Seite der Hussiten schlug. Nach dem Tod des letzten oppelner Piastenherzog Jan III. (des Guten) 1532 ging die Stadt in Besitz der Ansbacher Hohenzollern bis 1552 über, dann an die Habsburger. Im Jahr 1600 veränderte sich das Bild von O., indem die Oder nach einer Überschwemmung ihren Lauf veränderte. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-48) plünderten 1632–34 schwedische Truppen die von ihnen besetzte Stadt. Zwischen 1645–1666 wurde O. Polen – an die Wasa – verpfändet, dann von Habsburg zurückgekauft. Infolge der Schlesischen Kriege (1740-1763) – der Siebenjähriger Krieg brachte zweimalige Eroberung der Stadt durch die Habsburger und einmal durch die Russen – wurde O. bis 1945 eine preußische Provinz und erlangte 1816 den Status einer Regierungsbezirkstadt für Oberschlesien. Der Bauernaufstand, geführt in der Opplener Gegend von Marek von Jemielnica (dt. Himmelswitz), endete mit seiner Exekution im März 1794.

Die Anwesenheit von Juden in O. ist ab 1349 belegt. 1427 erhielten Juden ein herzögliches Privileg, gleichwohl 1563 wurden sie wieder vertrieben. Erst 1822 lebten Juden wieder offiziell in O. und 1840 bauten sie eine Synagoge. Mit der Verflechtung der Stadtgeschichte mit der von Preußen verstärkte sich der evangelische Glaube in O., wo er bereits 1557-1604 Fuß gefaßt hatte, dann aber bedingt durch die Gegenreformation an Kraft verlor.

Um das Jahr 1843 erfolgte der Anschluß an die Oberschlesische Eisenbahn, der als ein Zeichen der bereits begonnenen, nun sehr expandierenden Industrialisierung angesehen werden kann. Kalksteinlager um O. wurden seit 1857 in einer Portlandzementfabrik bearbeitet, und 1925 gab es bereits acht solcher Fabriken. Die Stadt wuchs überdies durch Eingemeindungen an Fläche und durch Zuwanderung an Bevölkerung. Auch neue Kaserne wurde 1896-98 erbaut, was die tatsächliche Anzahl der Stadtbewohner erhöhte. Ihre Bevölkerungszahl wuchs von 8998 im Jahr 1858 auf 33.907 im Jahr 1910. Soziokulturell erreichte O. ebenso der Fortschritt: 1800 wurde eine polnische Druckerei eröffnet, 1828 erschien die erste deutschsprachige Zeitung – ›Stadtblatt für Oppeln‹(später ›Oppelner Stadtblatt‹). Die erste polnischsprachige Zeitung war ›Gazeta miejska dla Górnego Śląska‹ („Stadtzeitung für Oberschlesien“, 1849–50). Die Stadt schuf 1911 die erste Parkanlage, die offiziell als „Volkspark“ bezeichnet und den sozial-politischen Wandel in der Stadtverwaltung widerspiegelt. Nach dem Ersten Weltkrieg fasste die Novemberrevolution kurzfristig Fuß in O. Die Stadt wurde infolge der Volksabstimmung und der damit zusammenhängenden militärischen Auseinandersetzungen (Schlesische Aufstände 1919-1921) zum Zentrum polnischer Minderheit im reichsdeutschen Teil Schlesiens. 94,8 % der Stimmen galten bei der Abstimmung dennoch dem Deutschen Reich und kulturell blieb sie ohnehin deutsch, wenn auch die polnische Minderheit, zumindest bis 1933 ihr kulturelles Leben fortentwickeln konnte. Der Nationalsozialismus ging in O. alle wichtigen Entwicklungsstationen durch: in der Reichskristallnacht (9/10. November 1938) brannte die Synagoge aus, die nicht geflüchteten der 297 Juden wurden ab Mai 1939 in das Durchgangslager in O. eingewiesen und in der Folgezeit in verschiedenen KZs eingesperrt, die Mitglieder des Bundes der Polen in Deutschland (Związek Polaków w Niemczech) wurden nach Ravensbrück und Buchenwald abtransportiert. Am 1. Dezember 1944 wurde O. schließlich zur Festung erklärt. Die gesame Stadt wurde am 15. März 1945 von der Roten Armee eingenommen und am 24. März der polnischen Zivilverwaltung überlassen. Die polnische Bevölkerung v. a. aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten ersetzte die geflüchteten und vertriebenen Deutschen aus O. Verbliebene Deutschen werden zu Autochthonen erklärt und seit November 1945 im „Repolonisationsgymnasium“ zwangsweise im Polnischen unterrichtet. 1975 wurde O. Woiwodschaftshauptstadt, ab 1957 Sitz des Schlesischen Institutes – einer bis 1989 politisch konformen wiss. Einrichtung und 1966 einer Hochschule, die 1994 zu Universität O. umbenannt wurde. Wirtschaftlich forderte der realsozialistische Staat die Industrialisierung, v. a. dank der Zementbranche wurde der landwirtschaftliche Charakter der Umgebung von O. verändert.

1958–1965 funktionierte in O. das Theater von Jerzy Grotowski unter dem Namen ›Teatr 13 Rzędów‹(„Theater der 13 Reihen“, ab 1962 ›Teatr Laboratorium 13 Rzędów‹) seit 1963 wird das „Landesfestival des polnischen Liedes“(Festiwal Piosenki Polskiej) und 1975 wurde Teatr Nowy („das neue Theater“) gegründet. Im Jahre 1997 zerstörte die Oder-Überschwemmung große Teile der Stadt. Seit 1945 war O. der Sitz eines Administrators mit bischöflicher Funktion für den bis 1945 deutschen Teil Oberschlesiens im Rahmen des Erbistums Breslau. 1972 erlangte O. den Status einer selbständigen Diözese und wurde somit ein Bischofssitz. Darüber hinaus gibt es in O. eine bedeutende evangelisch-augsburgische Gemeinde.

Dziewulski W. (Hg.) 1975: Opole. Monografia miasta. Opole. Wahner E. 1890: Zur Geschichte der Stadt Oppeln. Oppeln.

(Roman Smolorz)

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