Neugeboren, Henrik

Neugeboren, Henrik (auch: Nouveau, Henri); *6.3.1901 Kronstadt (Braşov, Rumänien) †12.1.1959 Paris, Musiker und Maler.

Seine Kindheit verbrachte N. in Kronstadt, von wo er 1912 nach Budapest zog. In Budapest begann N. seine musikalische Ausbildung, die er an der Musikakademie in Berlin (1921–25) fortsetzte. Dort knüpfte N. Kontakte zur künstlerischen Avantgarde; eine erste Musikkomposition und abstrakte Aquarelle entstanden. In den Jahren darauf setzte N. sein Musikstudium bei Nadia Boulanger an der Pariser ›Ecole nationale supérieure de musique‹ (1925–27) fort. 1927-29 hielt N. sich erneut in Berlin auf; am Dessauer Bauhaus lernte er Paul Klee und Wassily Kandinsky kennen. Aus dieser Zeit stammt der Entwurf, eine Bach-Fuge in einer Plastik zu visualisieren (das Projekt wurde posthum 1967 realisiert).

Ab 1929 ließ sich der Künstler definitiv in Paris nieder. Angeregt durch die Erfahrungen am Bauhaus begann N. Collagen herzustellen, bediente sich aber zunehmend auch der Öl-, Pastell- und Gouachemalerei. Seine erste Einzelausstellung fand 1930 in Paris statt. Trotz intensiver Schaffensphase (sowohl im musikalischen als auch im bildkünstlerischen Bereich) stellte N. in der Folgezeit nicht mehr aus. Erst 1946 gelang es Picabia, den Künstler zur Teilnahme am ›Salon des réalités nouvelles‹ zu überreden. In diesem Salon war N. bis zu seinem Tod 1959 regelmäßig vertreten. Da N. in der Öffentlichkeit v. a. als Musiker wahrgenommen wurde, sorgte sein malerisches Werk für allgemeine Überraschung. Zahlreiche Ausstellungen in französischen Galerien bekräftigten seinen Ruf. Sein Werk umfasst, neben einer Vielzahl von Aquarellen, Collagen und Ölgemälde auch etwa 50 musikalische Kompositionen und eine Aphorismen-Sammlung (›Pensées et aphorismes‹, Paris 1970).

Die frühen, abstrakten Collagen N. – ausgefeilte Kompositionen von strengen geometrischen Formen – betonen allesamt die Fläche und erzeugen mit ihren sorgsam ausgewählten Farben ein wirkungsvoll strukturiertes Bildgefüge. In den späteren, nach 1930 entstandenen Bildern, die zwischen Abstraktion und Figuration oszillieren, variiert N. sein Vokabular zugunsten fließend-organischer Formen und einer differenzierten farblichen Behandlung. Der Einfluss des französischen Surrealismus, aber auch die Werke Klees machen sich bemerkbar. Nach 1950 kehrt Nouveau zur geometrischen Strenge seiner frühen Bilder zurück, behält aber die einfühlsame farbliche Behandlung und den ausgeprägten Sinn für die konstruktive Balance seiner Formen bei.

Duvivier C., Liška P., Tătatru M. J. (Hg.) 2002: Henri Nouveau: au-delà de l’abstraction, Ausstellungskatalog. Pontoise.

(Roland Prügel)

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