Aleksandr Jaroslavovič

Aleksandr Jaroslavovič, gen. Nevskij; *~30.1.1220 Perejaslavlʹ-Zalesskij †14.11.1263 Gorodec, Sohn von Jaroslav Vsevolodovič. Ab 1236 Fürst-Statthalter von Novgorod, 1249 Großfürst von Kiew und der ganzen Rusʹ, 1252 Großfürst von Vladimir.

A. blieb im kollektiven Gedächtnis wegen seiner beiden Siege am 15.6.1240 gegen das Kreuzfahrerheer der Schweden am Zusammenfluss von Ižora und Newa, der ihm den Beinamen Nevskij einbrachte, und am 5.3.1242 auf dem Eis des Peipus-Sees gegen das Kreuzfahrerheer des Deutschen Ordens. Diese Siege fielen in die Zeit, als die Mongolen im Süden der Rusʹ einfielen und 1240 Kiew einnahmen und gänzlich verwüsteten. 1248 lehnte A. einen Beistandsvertrag mit dem römischen Papst gegen die Mongolen ab. Seine Politik war von nun an defensiv gegen die „Lateiner“ im Norden und opportunistisch gegenüber den Mongolen im Süden.

1249-50 unternahm er die erste Reise nach Saray und Karakorum, wo er den ›Jarlyk‹ des Großkhans über seine Einsetzung als Großfürst von Kiew und der ganzen Rusʹ erhielt. Vier weitere Reisen sollten folgen, in denen A. im Prinzip über die Bedingungen der Unterordnung der Rusʹ unter die Mongolenherrschaft verhandelte. V. a. seine Übergabe Novgorods unter die Tributpflichtigkeit der Mongolen in den Jahren 1257-59, obwohl die Mongolen Novgorod und seine Umgebung nicht erobert hatten, hat die Historiker verwirrt. Der in der Novgoroder „Sophienchronik“ (russ. Sofijskaja letopisʹ) für das Jahr 1259 beschriebene Widerstand der Novgoroder gegen die mongolischen Steuereintreiber gilt inzwischen als übertrieben und ebenso tendenziös wie die Darstellung des Einschreitens A.s und seines Heeres zu Gunsten der Eintreiber. A. konnte sein politisches Kapital aus den Siegen gegen die Schweden und Deutschritter dazu einsetzen, das Mongolenjoch zu mildern. Seine Kooperation hat die Rusʹ wahrscheinlich vor weitreichenden Verwüstungen gerettet und sein Einfluss die Mongolen 1262 von einer Strafexpedition gegen die Mongolen abgehalten. Auf der Rückkehr von seiner letzten Reise in die Goldene Horde (1262-63) starb A., nachdem er vorher das ›Schema‹ genommen hatte und zum Mönch Aleksij geschoren worden war. Am 23.11.1263 wurde er in Vladimir beigesetzt.

Nach seinem Tode wurde A. sehr schnell als Heiliger verehrt, den man um Fürbitte für Schlachten in Nordrussland und gegen die „Lateiner“ anging. Die erste Redaktion seiner Vita stammt aus den 80er Jahren des 13. Jh., und in ihr werden Wunder berichtet, die direkt bei der Beisetzung stattfanden. Wirklich populär wurde sein Kult, wie die 60 erhaltenen Handschriften der zweiten Redaktion belegen, in den 40er Jahren des 15. Jh., als außenpolitisch Auseinandersetzungen mit Litauen vorherrschten.

Dieser Einsatz des Gedenkens an A. kennzeichnet auch den weiteren Umgang mit seinen Reliquien, die 1723 von Peter I. in das neugegründete Nevskij-Kloster in St. Petersburg überführt wurden. Peter ließ den Festtag A.s auf den Tag des den Nordischen Krieg beendenden Friedens von Nystad legen, so dass nun die Siege Peters mit dem Heiligen A. verbunden waren, und A. als Beispiel staatsbürgerlicher Pflichterfüllung im petrinischen Sinne dargestellt wurde. 1725 wurde der A.-Nevskij-Orden von Katharina I. als dritthöchster Orden des Russischen Imperiums eingeführt. Die Hauptstraße St. Petersburgs ist nach A. ›Nevskij Prospekt‹ benannt und in der russischen Literatur des 19. und 20. Jh. präsent. Im 20. Jh. wurde das Andenken A.s als Kämpfer gegen den germanischen Drang nach Osten in Sergej Ėjzenštejns Film ›Aleksandr Nevskij‹ (1938) wieder aktualisiert.

Begunov Ju., Kirpičnikov A. (red.) 1995: Knjazʹ, Aleksandr Nevskij i ego epocha. Issledovanija i materialy. Sanktpeterburg. Chitrov M. 1898: Svjatyj blagovernyj knjazʹ Aleksandr Jaroslavovič Nevskij. Podrobnoe žizneopisanie s risunkami, planami i kartami. Moskva (Reprint Moskva 1991). Pašuto V. 1975: Aleksandr Nevskij. Moskva (= Žiznʹ zamečatelʹnych ljudej. Serija biografii; 542). Waszink P. 1990: Life, Courage, Ice. A Semiological Essay on the Old Russian Biography of Aleksandr Nevskij. München (= Slavistische Beiträge; 256).

(Cornelia Soldat)

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