Durrës

Durrës (alban. indet., alban det. Durrësi, griech. hist. Dyrrhachion, illyr. Epidamnos, ital. hist. Durazzo, latein. Dyrrachium bzw. Dyrrhachium, serb. hist. Drač, türk. hist. Dıraç).

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

D. ist die wichtigste und größte Hafenstadt und nach Tirana die zweitgrößte Stadt Albaniens mit heute ungefähr 99.546 Einwohnern (2001). Es handelt sich
Durrës
um den bedeutendsten Exporthafen Albaniens (Umsatz 2004: 2960,4 Tsd. t), v. a. von Mineralien, des Weiteren bildet D. ein Industriezentrum mit einer Werft, Fabriken für landwirtschaftliche Maschinen, chemische Produkte, Zigaretten und Lebensmittel. Etwa 5 km südlich befindet sich dicht am Strand eine große touristische Zone mit verschiedenen Hotels. D. ist Sitz einer gleichnamigen Präfektur (Qarku i Beratit) mit 280.996 Einwohnern (2004) und 766 km² sowie eines Kreises (Rrethi i Durrësit) mit 182.988 (2001) Einwohnern und 455 km².
Anfang

2 Kulturgeschichte

Um 627 v. Chr. gründeten griechische Siedler aus Korinth und Korfu im Gebiet der illyrischen Taulantier die Stadt, die zunächst den Namen Epidamnos erhielt, von der aber auch der Name Dyrrhachion überliefert ist. Unklar ist noch, ob es sich hier evtl. um zwei verschiedene, doch eng beieinander liegende Siedlungen handelt. Durch ihre Lage im Süden eines lang gestreckten, kleinen Berges, den ein See weitgehend vom Festland trennte, war die Stadt vorzüglich geschützt. 312 v. Chr. eroberten die Illyrer D. und prägten dort auch eigene Münzen.

Während der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Illyrern und Römern stellte sich D. 229 v. Chr. unter römischen Schutz. Sie wurde von den Römern in Dyrrhachium umbenannt und bildete den Ausgangspunkt der ›Via Egnatia‹, die D. mit Thessalonikē (heute Thessaloniki) und Kōnstantinoupolis (heute Istanbul) verband und die günstigste Verbindung zwischen Adria und Makedonien darstellte. Hierdurch erlangte D. handelspolitische und militärische Bedeutung bis weit in die Spätantike hinein. 65–48 v. Chr. wurde sie in die Streitigkeiten zwischen Caesar und Pompeius hineingezogen und war 48 v. Chr. Schauplatz einer Seeschlacht zwischen beiden. Unter Augustus wurden Veteranen in der Stadt angesiedelt und D. der Status einer Colonia mit römischem Bürgerrecht verliehen. Dies führte zu einer gewissen Romanisierung, worauf auch die zahlreichen lateinischen Inschriften hinweisen. Ebenso erhielt die Stadt ein Amphitheater, eines der größten der römischen Welt, das erst 1968 entdeckt wurde. Die Römer bevorzugten den Namen Dyrrachium, woraus sich auch D. ableitet, da sie womöglich im Wort Epidamnos das lateinische ›damnare‹(„verurteilen“) als schlechtes Vorzeichen deuteten.

Die römische Friedenszeit führte insbesondere im 2. Jh. zu einer großen Blüte für die Stadt, die im 4. Jh. Hauptstadt der neuen Provinz Epirus Nova sowie Bischofssitz wurde. Von den schweren Erdbeben 314 und 345 sowie dem Goteneinfall erholte sich die Stadt anscheinend weitgehend. Durch das Ende des Weströmischen Reiches verlor die Stadt ihre wirtschaftliche Funktion, doch verstärkte sich ihre strategische Bedeutung. Während der Regierungszeit des aus D. stammenden Kaisers Anastasios I. erhielt D. um 500 neue Stadtmauern, die jedoch nur einen Teil des älteren Stadtareals einbezogen. In der 1. Hälfte des 9. Jh. wurde das byzantinische ›Thema Dyrrhachion‹ eingerichtet. 1082 wurde D. von den Normannen erobert, 1085 jedoch wieder byzantinisch, im Zuge des Vierten Kreuzzuges wurde die Stadt 1205 venezianisch, fiel jedoch 1214 an den Despoten von Epirus. 1272–1368 war D. Teil des „Königreichs Albaniens“ (Regnum Albaniae), zu dessen König sich Karl von Anjou erklärte. Das anjouvinische Königreich umfasste nur einen Teil des heutigen Albanien und lag etwa im Dreieck Durrës-Berat-Vlora. Kurzzeitig im Besitz der Adelsfamilien der Balsha (serb. Balša) und Thopia, eroberten die Venezianer 1392 erneut D. und behaupteten es bis 1501 gegen die Osmanen.

Wegen der Versumpfung des umliegenden Gebietes und der damit zusammenhängenden Gefahr der Verbreitung der Malaria scheint die Stadt weitgehend verlassen worden zu sein. Die osmanischen Statthalter residierten
Moschee
im südlich gelegenen Kavajë. D. war orthodoxe Metropole, deren Bereich sich jedoch seit dem 11. Jh. zugunsten des Erzbischofssitzes von Ochrid verkleinerte. 1912 bzw. 1914 wurde D. für kurze Zeit Hauptstadt des neu gegründeten Fürstentums Albanien unter Prinz Wilhelm zu Wied. Trotz ihrer Jahrhunderte währenden Blütezeit sind in der Stadt leider nur wenige Gebäude aus der Antike und dem Mittelalter erhalten, was sich teilweise auf ein verheerendes Erdbeben aus dem 13. Jh. zurückführen lässt. Erst in den letzten 100 Jahren gewann D. als Industrie- und Hafenstadt wieder an Bedeutung. Das Stadtbild prägen heute einerseits Häuser im italienischen Stil aus der ersten Hälfte des 20. Jh., andererseits gibt es nach politischen Systemwechsel 1991 einen Zuwachs an Neubausiedlungen nordalbanischer Landbewohner im Osten der Stadt.

In der gleichnamigen Bucht von D. wurden 1997 zwecks Friedenssicherung ausländische Truppen stationiert. Seit 1999 dient dieser Stützpunkt der NATO und später der KFOR.

Ducellier A. 1981: La Façade maritime de l’Albanie au Moyen Age. Durazzo et Valona du XIe au XVe siècle. Thessaloniki. Hidri S. [ca. 1997]: Durrësi … 1900-1939 (nëpërmjet shoqatave patriotike-kulturore-aportive). Campi Salentina. Buda A., Lloshi X. (Hg.) 1985: Fjalor Enciklopedik Shqiptar. Tirana, 334, 215–218.

(Eva Anne Frantz)

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