Schwarzerde

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Der Bodentyp S. oder Tschernosem (FAO-Klassifikation: Chernozem) entsteht auf Löß und lößähnlichen Lockermaterialien. Der obere dunkelbraun oder grau-schwarze Horizont (Ah) liegt unmittelbar auf dem Ausgangsmaterial auf, ist meist 40-150 cm mächtig und erreicht einen hohen Humusgehalt von 2-15 %. Der untere Bereich des Humushorizonts weist Kalkanreicherung auf, die faden-, flecken- oder knollenartige (Lößkindel) Erscheinungen annehmen kann. Charakteristisch sind die teilweise metertiefen, mit Bodenmaterial gefüllten Gänge von Würmern und Nagetieren (Krotowinen), die Durchmesser von 10-20 cm erreichen können.

S. entsteht in gemäßigt kontinentalen Klimaten der Wald- und Langgrassteppen mit ausgeprägtem Jahreszeitenklima (kalte Winter, heiße Sommer) bei Niederschlagssummen um 500 mm/Jahr. Während der sommerlichen Trockenheit und winterlichen Kälte ist die Mineralisierung der reich vorhandenen verdorrten organischen Substanz gebremst. Die Bodenlebewesen und Nagetiere ziehen sich in die Tiefe zurück und bewirken eine Vermischung von humosem und mineralischem Material. Im Verlauf von Jahrhunderten oder Jahrtausenden reichert sich der Humus (Mull) im Boden an.

Verschiedene Subtypen der S. werden nach Humusgehalt und Degradationserscheinungen unterschieden. Durch hohen Niederschlag kommt es zu einer Entkalkung und Verbraunung der Böden. Bei über 500 mm Jahresniederschlag gehen S. in Parabraunerden (Greyzems, Phaeozems) über. Unter trockeneren Bedingungen verringert sich der Gehalt an organischem Material, bei weniger als 400 mm Jahresniederschlag bilden sich kastanienfarbene Böden (Kastanozems) heraus.

S. ist der charakteristische Bodentyp des gemäßigt kontinentalen Klimaraums und nimmt weltweit eine Fläche von etwa 23 Mio. km² ein. Verbreitet ist die S. v. a. in den Steppengebieten Eurasiens (Ungarn, Rumänien, Ukraine, Russland, Kasachstan, Nordchina) sowie im Präriegürtel Nordamerikas. In Mitteleuropa haben die S. einen Humusgehalt von 2-6 %, in Osteuropa werden teilweise über 10 % erreicht.

Die mitteleuropäischen S. können als Relikt angesehen werden. Sie entstanden wahrscheinlich 10.000–7500 Jahre v. Chr. bei kontinentalen Klimabedingungen unter
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Waldsteppe und Langgrassteppe. Mit dem Einsetzen eines humideren und ozeanisch geprägten Klimas um 7000–4500 Jahre v. Chr. schloss sich die Walddecke in Mitteleuropa und die Entwicklung der S. kam zum Erliegen. In Ost- und Südosteuropa wurde die Entwicklung der S. teilweise erst durch die einsetzende ackerbauliche Nutzung der Steppe unterbrochen. In den nicht kultivierten Bereichen der Waldsteppen der Ukraine, Russlands und des Balkans kommt es auch heute noch zur Bildung von S.

Die humusreiche S. gehört zu den fruchtbarsten Böden. Der hohe Kohlenstoff- verbunden mit dem Tongehalt bewirkt eine reiche Austauschbarkeit an Nährstoffen und eine gute Wasserspeicherung. Etwa 200 mm Niederschlag kann von Löß-S. gespeichert werden, womit die Vegetation Trockenperioden überstehen kann. Die Durchlüftung und Durchmischung des Humuskörpers ist durch die Bodentiere gut.

Die dunkle Farbe führt zu einer schnellen Erwärmung im Frühjahr, zur raschen Schneeschmelze und dadurch zu einer Verlängerung der Vegetationsperiode. Angebaut wird vorwiegend Weizen, ferner Zuckerrüben und andere Getreidearten. In Regionen mit wenig Niederschlag kann Wassermangel
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ein begrenzender Faktor für den Ackerbau sein, was durch Bewässerung, das Einpflügen von Schnee, geeignete Bodenbearbeitung, Fruchtfolgen und Brachen verbessert werden kann. Durch die meist intensive ackerbauliche Nutzung treten bei S. häufig Degradationserscheinungen auf: Der Humusgehalt verringert sich als Folge des mikrobiellen Abbaus, sofern nicht ausreichend organisches Material nachgeliefert wird. Bodenabtrag ist aufgrund der Nutzung und der Erosionsempfindlichkeit des Materials verbreitet. In den S.gebieten der Ukraine und Russlands haben sich Erosionsgräben (Ovragi) mit einer Länge von Hunderten, manchmal Tausenden von Metern eingetieft.

(Barbara Bosch)

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