Kamtschatka (Halbinsel)

Kamtschatka (russ. Kamčatka, Kamčatskij poluostrov)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

K. ist eine Halbinsel in Nordostasien (Russland) zwischen Ochotskischem Meer, Beringmeer und Pazifischem Ozean. K. erstreckt sich über ca. 370.000 km² auf einer Länge von etwa 1200 km und bis zu einer Breite von 450 km. Eine 100 km schmale Landenge (Parapolʹskij dol) verbindet die Halbinsel mit dem russischen Festland. Die Ostküste ist durch steile, felsige Halbinseln und Buchten stark gegliedert, die Westküste ist flach und kaum gegliedert. Im mittleren Teil der Halbinsel liegen zwei parallel verlaufende Gebirgsketten: die zentrale (das K.-Zentralgebirge, Sredinnyj chrebet) und die östliche Gebirgskette Vostočnyj Chrebet. Die ca. 1200-2000 m hohe Zentralkette wird von erloschenen Vulkanen überragt, die höchste Erhebung ist der Vulkan Ičinskaja sopka mit 3607 m Höhe. Die Ostkette erreicht eine Höhe von 2485 m. Im Norden, Osten und Süden geht sie in die Plateaus der aktiven Vulkane über, der höchste Vulkan K.s ist der im Norden der Ostkette anschließende Ključevskaja sopka mit 4688 m Höhe. Auf K. gibt es 160 Vulkane, von denen 29 aktiv sind. Beide Gebirgsketten umschließen das 500 km lange und bis zu 50 km breite Tal des Flusses Kamčatka.

Die Flüsse der Halbinsel gelten als sehr fisch- und artenreich (Krabben, Dorsch, Hering, Lachs). Zu den weiteren zahlreichen heimischen Tierarten gehören Braunbär, Elch, Otter, Rentier, Schneeschaf, Seehund, Wolf und Zobel. Die isolierte Lage der Halbinsel mit ihrer schmalen Verbindung zum Festland führte dazu, dass viele Tierarten hier eigene Unterarten entwickelten. Die dominierende Vegetation ist eine Fichten-Lärchen-Taiga in den Senken und Küstenniederungen. In 380–400 m Höhe geht sie in einen Birkenwald über, in 900–1200 m folgen alpine Wiesen. Die höchsten Bergpartien sind von Gletschern bedeckt. Die westliche Küstenebene ist stark versumpft. Im Norden der Halbinsel dominieren Tundrawiesen.

K. liegt in der Zone des pazifischen Passatklimas mit kühlen, feuchten Sommern und kalten, trockenen Wintern. Mit –25 °C Januarmittel weist das Kamčatka-Längstal eine niedrigere Wintertemperatur als an den Küsten auf. In den Bergen fällt die Temperatur um weitere 10 °C. Das Junimittel beträgt an der Ost- und Westküste ca. 11–13 °C, im kontinentalen Längstal 14–16 °C. Die durchschnittlichen Jahresniederschlagsmengen variieren abhängig von der Lage zwischen 420 und 730 mm. In den Bergen erreicht sie stellenweise bis 2600 mm.

An Bodenschätzen werden Öl, Gold, Eisen, Kupfer, Kohle und seit 1987 auch Erdgas gefördert. Seit 2002 wird am Fuß des Vulkans Mutnovskaja sopka im ersten Geothermal-Kraftwerk Russlands Strom aus Erdwärme erzeugt.

2 Kulturgeschichte

K. wurde 1697 von dem Kosakenführer Vladimir V. Atlasov entdeckt und für das Russische Reich erobert. Grund für die Besitznahme war insbesondere der Reichtum an Pelztieren (K.-fuchs, Seeotter, Zobel). 1725-30 und 1733-43 führte der dänische Kapitän Vitus Bering im Auftrag von Zar Peter dem Großen zwei große Expeditionen nach K. durch. Georg Wilhelm Steller, deutscher Arzt und Naturwissenschaftler, der an der Zweiten K.-Expedition teilnahm, verfasste umfangreiche Aufzeichnungen der Reise.

Die im Rahmen der Industrialisierung und Militärisierung der Halbinsel zugezogenen Russen, Ukrainer und Belorussen haben im 19. und 20. Jh. die Bevölkerungsmehrheit übernommen. Die indigenen Völker K.s wie die Korjaken, Itelmenen, Ewenen, Tschuktschen und Aleuten bilden nur noch eine Minderheit.

Während K. noch vor wenigen Jahren als geschlossenes Gebiet galt, ist es heute für jeden zugänglich. Zunehmend wird K. vom Tourismus entdeckt. Neben den zahlreichen Vulkanen sind das 1941 entdeckte Tal der Geysire (russ. Dolina gejzerov) sowie die vielen Mineral- und Heißwasserquellen beliebte Zielorte der Touristenreisen. Zudem werden Wanderungen zu den Braunbären (vom WWF auf 12.000 Exemplare geschätzt) und Laichplätzen der Lachse angeboten. Als besondere Delikatesse gilt neben dem Lachs die K.-Krabbe. Die nationale Regierung hat gemeinsam mit dem WWF in den vergangenen zehn Jahren acht Naturschutzgebiete auf der Halbinsel eingerichtet. 1996 wurde K. von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. Fast ein Drittel K.s ist heute Naturschutzgebiet. Im August 2005 sank vor der Ostküste K.s ein russisches Mini-U-boot mit 7 Besatzungmitgliedern in 200 m Tiefe ab, das im Zuge einer internationalen Hilfsaktion drei Tage später von einem britischen Tauchroboter gerettet werden konnte.

Steller G.W. 1996: Beschreibung von dem Lande Kamtschatka, dessen Einwohnern, deren Sitten, Nahmen, Lebensart und verschiedene Gewohnheiten. Unveränd. Neudruck der 1774 in Frankfurt, 1793 in St. Petersburg und 1753 in Halle erstmals erschienenen Werke. Bonn.

(Monika Schulze)


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