Elbe

Elbe (tschech. Labe)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Die E. ist 1165 km lang, sie besitzt ein Einzugsgebiet von 146.500 km² und eine Abflussmenge von 790 m³/s. Im tschechischen Riesengebirge entspringend fließt sie in südöstliche Richtung. Im Böhmischen Becken weist sie bereits den Charakter eines träge strömenden Flachlandflusses auf. Dann wendet sie sich zunächst nach Westen, anschließend nach Nordwesten bzw. Norden. Bei der Passage der nördlichen Randgebirge des Böhmischen Massivs tritt sie durch tiefe und enge Talabschnitte der Sächsischen Schweiz, wo sich spektakuläre Aussichtsberge befinden. Bei Dresden erreicht der Fluss das nordmitteleuropäische Flachland.

Vor den Eiszeiten floss die E. vom Dresdner Gebiet ziemlich genau nach Norden. Ihr Lauf wurde zuerst durch Gletscher, dann durch eiszeitliche Moränen nach Westen abgelenkt. Sie mündet bei Wittenberg in ein eiszeitliches Urstromtal, das kaum Gefälle aufweist und in dem die E. besonders träge nach Westen zieht. Der Fluss durchbricht bei Magdeburg mit stärkerem Gefälle einen weiteren Endmoränenwall und mündet in ein weiteres Urstromtal, in dem Gefälle und Fließgeschwindigkeit des Stromes erneut nachlassen. In diesem Urstromtal erreicht der Fluss bei Hamburg einen fast 100 km langen und 2–50 km breiten Ästuar, den lang gestreckten Mündungsbereich der E., in den die Gezeiten der Nordsee eindringen. Die Nordsee überflutete im Verlauf des nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstieges das von der E. vorgeformte Tal zwischen Hamburg und Cuxhaven.

Die wichtigsten Nebenflüsse der E. sind Moldau (tschech. Vltava), Saale (links) und Havel (rechts). Die Saale (Länge 427 km, Größe des Einzugsgebietes 23.079 km², Abflussmenge 92 m³/s) kommt aus dem Frankenwald und erreicht die E. zwischen Dessau und Magdeburg. Die Havel (Länge 344 km, Größe des Einzugsgebietes 24.096 km², Abflussmenge 80 m³/s) nimmt einen merkwürdigen u-förmigen Verlauf. Sie entspringt im Grenzgebiet zwischen Mecklenburg und Brandenburg, fließt nach Süden, an Berlin vorbei, wendet sich nach Westen und schließlich nach Norden. In die E. mündet sie bei Havelberg. Ein wichtiger Nebenfluss der Havel ist die Spree (sorb. Sprjewja, Länge 403 km, Größe des Einzugsgebietes 10.137 km²), deren Quellen im Lausitzer Bergland liegen und die in Berlin-Spandau die Havel erreicht.

Für den Schiffsverkehr auf der E. (schiffbar ab Pardubice in Böhmen) sind die Verbindungen über über den Mittellandkanal zu Weser und Rhein im Westen sowie den Elbe-Havel-Kanal mit seinen östlichen Fortsetzungen Oder-Havel-Kanal und Spree-Oder-Wasserstraße zur Oder und in Richtung Weichsel im Osten wichtig. In den E.-ästuar mündet der Nord-Ostsee-Kanal, eine wichtige Wasserstraße für Hochseeschiffe zwischen Nord- und Ostsee.

Die E. ist der westlichste der osteuropäischen Tieflandsströme, die auf weite Strecken nur ein geringes Gefälle aufweisen. Grobes Geröll wird in einem solchen Fluss nicht transportiert, sondern lediglich Sand und noch feineres toniges Sediment. Sand wird bei nachlassender Strömung am Grund des Flusses und an seinen Ufern abgelagert.

Die Deiche der E. sind bei Hochwasser, das zu jeder Jahreszeit nach starken Niederschlägen auftreten kann, extremen Belastungen ausgesetzt. Mit dem geringen Gefälle des Flusses hängt nämlich zusammen, dass auch große Wassermassen langsam abfließen und sich lange stauen. Je langsamer das Wasser fließt, desto eher kann sich auf einem Fluss eine Eisdecke ausbilden. Bricht diese auf, können sich einzelne Schollen übereinander schieben. Bei einem solchen sog. Eisversatz besteht die Gefahr, dass sich eine Eisbarriere ausbildet, die das Wasser staut und den Wasserspiegel ansteigen lässt. Werden die Deiche durch Eis beschädigt, kann es zu verheerenden Deichbrüchen kommen, und das Hinterland wird weithin unter Wasser gesetzt. Die Deiche der E. müssen lange Überflutungsperioden aushalten können, v. a. in den Bereichen, in denen die E. in Urstromtäler mündet (zwischen Torgau und Wittenberg sowie zwischen Magdeburg und Havelberg).

Die Vegetation am Fluss ist an lange Überflutungsperioden und darauf folgende trockene Perioden angepasst. Wo sich immer wieder Eisdecken auf Wasser ausbilden, das über die Ufer des Flusses getreten ist, können als einzige Gehölzpflanzen nur ein paar Weidenbüsche überdauern. Zwischen ihnen liegt natürliches Grasland der Stromtalwiesen; die Pflanzen der Stromtalwiesen blühen typischerweise spät im Sommer, zu einer Jahreszeit, in der normalerweise ein recht niedriger Wasserstand auftritt. Die gehölzarmen Stromtalwiesen sind sehr gute natürliche Weidegründe, die schon frühzeitig von Menschen mit ihren Weidetieren aufgesucht wurden. Die Menschen siedelten am Rand des Tales oder auf erhöhtem Terrain, auf Horsten. Dorthin konnte auch das Vieh in Zeiten der Überflutung getrieben werden.

An der E. ist nicht nur Hochwasser ein Problem, sondern auch Niedrigwasser, das nach besonders trockenen Perioden auftritt; im Einzugsgebiet der E. liegen relativ regenarme Gebiete Böhmens und Mitteldeutschlands. In solchen Zeiten ist die Wassertiefe des Flusses streckenweise sehr gering. Dann kann der Schiffsverkehr auf der E. für Wochen zum Erliegen kommen. Um das Wasser möglichst lange für die Schiffe offen zu halten, wurde der Stromstrich auf weite Strecken eingeengt. Man errichtete Buhnen, die von beiden Flussufern aus in Richtung Flussmitte vorgetrieben wurden. Die Fahrrinne zwischen den Buhnen ist dadurch eng, aber die Strömung wird in der Flussmitte erhöht, so dass sich dort kein Sand absetzt und das fließende Wasser möglichst lange die Fahrrinne freihält.

Mit diesen Problemen des Wasserabflusses hängt zusammen, dass die E. zwar schiffbar ist, aber der Schiffsverkehr auf der E. nie eine entsprechende Bedeutung erhalten hat wie auf dem Rhein. Auf der E. und ihren Nebenflüssen verkehren kleinere Schiffe als auf dem Rhein, und es ist in Kauf zu nehmen, dass immer wieder wochenlange Sperrungen der Wasserwege auftreten. Sehr günstige Voraussetzungen für die Schifffahrt bietet dagegen die vom Gezeitenstrom erreichte Niederelbe unterhalb von Hamburg, einem der wichtigsten Häfen der Welt. Kräftige Strömungen, die mit den Gezeiten die Richtung wechseln, räumen die Fahrrinne frei. Allerdings ist die Strömung nicht stark genug, um die Fahrrinne derart tief zu halten, dass die größten Schiffe der Welt den Hamburger Hafen erreichen können. Daher muss die Fahrrinne der Niederelbe regelmäßig frei gebaggert werden.

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2 Kulturgeschichte

Die E. wurde bereits von antiken Autoren (Strabo, Ptolemäus) erwähnt. Im frühen Mittelalter bildete sie etwa die Grenze zwischen dem germanisch-deutschen und dem slawischen Siedlungsgebiet. Später war sie die Ostgrenze des Karolinger- und Ottonenreiches. Magdeburg und Meißen wurden in dieser Zeit zu wichtigen Grenzbefestigungen, von denen aus Kolonisation betrieben wurde. Das Magdeburger Stadtrecht fand in Osteuropa weite Verbreitung. Im 12. Jh. war das gesamte Land östlich der E. in den Bereich deutscher Herrschaft, Siedlung und Kirchenorganisation einbezogen.

Flussschifffahrt wird auf der E. seit dem frühen Mittelalter betrieben. V. a. in der Zeit Karls IV. (1346–78) wurde die E. zur wichtigen Handelsroute. Der böhmische König und spätere deutsche Kaiser erwarb 1373 die Mark Brandenburg. Anschließend wurde Tangermünde an der E. zur Residenz- und Hafenstadt. Zwischen Prag, Tangermünde und Hamburg bestand nun eine feste Schiffsverbindung, über die u. a. Salz und Fisch flussaufwärts sowie Getreide und böhmischer Sandstein flussabwärts transportiert wurde. Bauholz wurde geflößt. Besonders wichtig war der Transport von Nadelholz an die Küste; daraus wurden Schiffsmasten hergestellt.

Mehrere Gegenden an der E. gehören zu den „romantischen Landschaften“ der Deutschen. Zu nennen ist hier v. a. das Elbsandsteingebirge, dessen malerische Bergkegel von den Malern des 18. und 19. Jh. immer wieder dargestellt wurden (u. a. von Anton Graff [1736–1813] und Ludwig Richter [1803–84]).

In Torgau an der E. trafen sich am Ende des Zweiten Weltkrieges amerikanische und sowjetische Soldaten.

(Hansjörg Küster)

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