Kantor, Tadeusz

Kantor, Tadeusz; *6.4.1915 Wielopole Skrzyńskie (Polen) †8.12.1990 Krakau; Maler, Kunsttheoretiker, Bühnenbildner und Regisseur, Hauptvertreter der Moderne in Polen.

K. war Absolvent der Akademie der Bildenden Künste Krakau, in den Jahren 1948-49 und 1967-69 Professor ebenda. Während des Zweiten Weltkrieges leitete er in Kraków ein unabhängiges, experimentelles Theater, an dem u. a. Dramen Juliusz Słowackis aufgeführt wurden. 1947 hielt K. sich in Paris auf. 1956 gründete er das Theater ›Cricot 2,‹ wo er Werke Stanisław Ignacy Witkiewicz', u. a. „Im kleinen Gutshaus“ (poln. W malym dworku, 1961) und eigene Stücke „Die tote Klasse“ (poln. Umarla klasa, 1975), Wielopole-Wielopole 1980, „Die Künstler sollen krepieren“ (Niech sczezna artyści, 1985), „Heute ist mein Geburtstag“ (poln. Dziś są moje urodziny, 1990) inszenierte. K. ist Autor der Manifeste ›Informell‹ (1960), „Theater des Todes“ (poln. Teatr śmierci, 1975) und Initiator der „Gruppe der jüngeren Künstler“ (poln. Grupa Mlodych Plastyków, 1945), Mitgründer der „Krakauer Gruppe II“ (poln. Grupa Krakowska II) und der Galerie ›Krzysztofory‹ 1957. Seine Sicht von künstlerischer Freiheit veranlasste ihn, sich in der Zeit des Sozialistischen Realismus aus dem öffentlichen Kulturleben zurück zu ziehen.

Als Maler schuf K. zuerst figurative Bilder mit vereinfachten Figuren von dunklerer Farbigkeit und holpriger Faktur („Komposition“, poln. Kompozycja, 1944-45). Seit den 50er Jahren kreierte K. eine energiegeladene, informelle Malerei (Oahu 1957). Danach entstanden zahlreiche Assemblagen mit Applikationen von zerstörten Gegenständen, z. B. Taschen oder Schirme und Emballagen (verpackte Objekte, Gemälde und Figuren) - Metaphern der Abgeschlossenheit. In den 70er und 80er Jahren widmete K. sich intensiv dem Theater, zur Malerei kehrte er erst wieder am Ende seines Lebens zurück. Es entstanden Kompositionen mit exponierten, einsamen Figuren (Zyklus „Weiter kommt nichts mehr ...“, poln. Dalej juz nic..., 1987-88). K. engagierte sich auch in vielen paratheatralen Aktionen wie Environments (Anti-Ausstellung „Populäre Ausstellung“, poln. Wystawa Popularna, Galerie Krzysztofory Kraków 1963) und Happenings (u. a. „Panorama-Happening am Meer“, poln. Panoramiczny happening morski, Osieki 1967, „Anatomiestunde nach Rembrandt“, poln. Lekcja anatomii wedlug Rembrandta, Kunsthalle Nürnberg 1968, Galerie Foksal Warszawa 1969).

Seine Kunst ist voller Bezüge zur polnischen und jüdischen Geschichte, um den Einklang von Universalem und spezifisch Polnischem bemüht, sich Identitätsfragen stellend. K.s gesamtes Schaffen folgte einem avantgardistischen Kampfgeist und einem Weltbild, das von der ständigen Konfrontation zwischen den Guten und den Bösen ausging, diese waren für ihn labile Melancholiker, chronisch Kranke, kreativ Impotente, jene dagegen kämpferisch. Die Kunst begriff er als Akt des Terrors. Weitere grundlegende Elemente seiner existenziellen und künstlerischen Haltung waren Themen wie Reise, Tod, Einsamkeit, Raum, Illusion, Emotion.

Tadeusz Kantor 1915-1990. Leben im Werk. Nürnberg 1996. Pleśniarowicz K. 1997: Kantor. Artysta końca wieku. Wrocław.

(Ksenia Stanicka-Brzezicka)

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