Jaroslavlʹ (Stadt)

Jaroslavlʹ (russ.)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

J. ist Hauptstadt des Gebiets und Kreises J., ca. 280 km nordöstlich von Moskau, 603.700 Einwohner (2005) und einer Fläche von 205,7 km², die Bevölkerung besteht fast ausschließlich aus Russen. J. liegt an der Mündung des Flusses Kotoroslʹ in die Wolga. Die mittlere Temperatur in J. beträgt im Januar –10 °C, im Juli 18 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge beläuft sich auf 600 mm.
J. ist Hafenstadt, wichtiger Eisenbahnknotenpunkt an der Transsibirischen Eisenbahn und zählt als eine der ältesten russischen Städte zum sog. Goldenen Ring. Maschinenbau, Chemie-, Erdöl- und Nahrungsmittelindustrie- sind die wichtigsten Wirtschaftssektoren. Mehrere Universitäten, Hochschulen und Theater wie auch Museen und Baudenkmäler aus dem Mittelalter und aus dem 19. Jh. prägen das Bild der Innenstadt. In den Außenbezirken überwiegen Plattenbauten.

2 Kulturgeschichte

Bereits Ende des 9., Anfang des 10. Jh. n. Chr. war die Fläche des heutigen J. besiedelt. J. war ein Stützpunkt der skandinavischen Waräger, die ihren Handel mit Byzanz über die Wolga betrieben. In die Regierungszeit von Jaroslav dem Weisen fällt die eigentliche Gründung der Stadt, die ihren heutigen Namen erhielt und sich in der Folge zu einem Handels- und Handwerkszentrum entfaltete. Die Entwicklung zum Handels- und Handwerkszentrum wurde durch Wolga und Kotoroslʹ begünstigt. Zu Beginn des 13. Jh. wurde J. Zentrum eines eigenständigen Fürstentums, aber 1238 durch die Mongolen zerstört. Es blieb unter deren Oberhoheit bis Großfürst Ivan III. das Fürstentum J. 1463 in die Moskauer Rus eingliederte.
Mit dem Aufschwung des Handels zwischen Nahem und Mittlerem Osten und Westeuropa über die Wolga und den Weißmeerhafen Archangelsk wuchs in den beiden folgenden Jahrhunderten die Bedeutung J.s, Mitte des 17. Jh. war J. nach Moskau die größte russische Stadt, im Handelsvolumen nur Moskau und Kasan nachstehend. J. wurde Sitz eines Metropoliten und Mitte des 18. Jh. durch die Gründung einer Manufaktur Zentrum der Textilproduktion, 1796 Gouvernementsstadt.
Auf die reiche Kaufmannschaft der Stadt gehen bedeutende Bauten, z. B. das „Erlöser-Verklärungskloster“ (Spaso-Preobraženskij monastyrʹ) mit Kathedrale und die „Prophet-Elias-Kirche“ (Cerkovʹ Ilʹi Proroka) und eine regional bedeutsame Schule für Steinarchitektur und Freskenmalerei, zurück. Unter Fëdor Volkov wurde um 1750 das erste öffentliche Schauspielhaus Russlands gegründet. In der „Zeit der Wirren“ (Smuta) wurde J. 1608 für kurze Zeit durch polnisch-litauische Truppen besetzt. Ein Entsatzheer aus Vologda vertrieb die Polen, die die Stadt im darauffolgenden Jahr erneut belagerten. 1612 hielt sich ein Heer unter der Führung von Kuzma Minin und Großfürst Dmitrij Požarskij vier Monate in J. auf, das von dort nach Moskau vordrang und die Polen im Oktober 1612 vertrieb. Nach dem Oktoberputsch 1917 wurde auch J. bolschewistisch. Ein Aufstand der Bevölkerung gegen die kommunistische Herrschaft im Jahr 1918 wurde blutig niedergeschlagen. Zur Sowjetzeit wurde die Stadt zu einem Industriestandort ausgebaut, wobei ein großer Teil der vorrevolutionären Sakral- und Profanbauten erhalten blieb, die J.s heutige touristische Attraktivität ausmachen.

Ermolin E. 1998: Kulʹtura Jaroslavlja, Jaroslavlʹ. Milowski A. 1986: Altrussische Städte. Reiseführer zu historischen Baudenkmälern und Kunstmuseen. Moskau. http://zolotoe-koltso.ru/yaroslavl/ [Stand 15.6.2005].

(Ingo Grabowsky)


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