Międzyrzecz

Międzyrzecz (poln., dt. hist. Meseritz).

Die etwa 46 km östlich von Gorzów Wielkopolski (dt. hist. Landsberg a . d. Warthe) in der Woiwodschaft Lebus (poln. Województwo lubuskie) am Fluss Obra gelegene Kreisstadt M. zählt 18.840 Einwohner (2006). Sie liegt 50 m ü. d. M. und hat eine Fläche von 9,7 km². Die bedeutendsten Wirtschaftszweige der Stadt sind Nahrungsmitteindustrie, Maschinenbau und Tourismus.

M. entwickelte sich aus einer frühmittelalterlichen slawischen Burgsiedlung des 9. Jh. Bereits vor 1005 bestand in M. eine Benediktinerabtei, von der Thietmar von Merseburg berichtet, dass sie von den Truppen Kaiser Heinrichs II. auf dem Feldzug gegen Bolesław I. Chrobry verlassen aufgefunden wurde. Die Burg wird erstmals in der Chronik des Gallus Anonymus erwähnt, als Bolesław III. Krzywousty sie 1094 von den Pommern zurückeroberte. In der Vorburg entwickelte sich vor 1259 eine Stadt nach Deutschem Recht. 1296 kam M., das im 12. und 13. Jh. Kastellaneiort war, unter brandenburgische Herrschaft, 1329 zum Königreich Polen. 1485 wurde der Stadt von König Kasimir III. Wielki das Magdeburger Stadtrecht verliehen. M., das ab dem 16. Jh. eine große jüdische Gemeinde besaß, entwickelte sich in der Folgezeit zu einem Handelszentrum sowie einem Schwerpunkt der Tuchmacherei.

Durch die zweite Teilung Polen-Litauens fiel die Stadt 1793 an Preußen, gelangte 1807 an das Großherzogtum Warschau und 1815 erneut an Preußen. Im 19. Jh. verlor M. seine wirtschaftliche Bedeutung. Nach dem Ersten Weltkrieg verblieb die Stadt selbst beim Deutschen Reich, Teile des östlichen Kreisgebietes mit überwiegend polnischer Bevölkerung wurden 1919 an die zweite Polnische Republik abgetreten. Von 1939–45 war die im M.er Vorort und jetzigen Stadtteil Obrzyce (dt. hist Obrawalde) gelegene „Landes-Heil- und Pflegeanstalt“ Schauplatz von Euthanasiemorden an ca. 10.000 psychisch Kranken. 1945 kam M. unter polnische Verwaltung. Die Zugehörigkeit der Stadt zu Polen wurde durch den Deutsch-Polnischen Grenzvertrag vom 14.11.1990 (seit 16.01.1992 in Kraft) anerkannt.

Die im Gemeindegebiet von M. liegenden, in der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs errichteten Bunkeranlagen der sog. „Pommernstellung“ sind Winterquartier zahlreicher Fledermausarten. 1980 wurden diese Anlagen teilweise, 1999 gänzlich zum Tierschutzgebiet erklärt (Nietoperek und Nietoperek II). Im Museum der Stadt wird u. a. eine bedeutende Sammlung „sarmatischer“ Grabportäts aufbewahrt.

(Thomas Himmelsbach)

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