Tomsk (Stadt)

Tomsk (russ., altai. Tom-Tura)

Die rund 3500 km östlich von Moskau im Südosten des Westsibirischen Tieflandes gelegene Stadt T. ist die Hauptstadt des gleichnamigen Rayons und Gebietes. Die Stadt liegt am rechten Ufer des Flusses Tomʹ, 60 km vor dessen Einmündung in den Ob. T. zählt 512.600 Einwohner (2005), umfasst eine Fläche von 294,6 km² und ist ein Knotenpunkt des Bahn-, Schiffs-, Flug- und Straßenverkehrs. Ursprünglich war der Hafen Umschlagplatz für Erdöl- und Erdgasindustrie und Ausgangspunkt zur Erschließung des Nordens. Die erste Flussfahrt fand 1846 nach Tjumenʹ statt. Heute ist der Fluss wichtigstes Verkehrsmittel für umliegende Dörfer, weiters wird Holz nach Norden transportiert.

Gegründet wurde T. 1604 von Tataren als Festung im Becken des Tomʹ. Seit 1629 war es Gebietszentrum, seit 1804 Zentrum des gleichnamigen Gouvernements. Nach dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn verlor T. seine führende Rolle als Industrie- und Kulturzentrum Sibiriens an Nowosibirsk, denn T. hatte den Bau der Strecke aus Angst vor Ruhestörung verhindert. Es wurde zum Bildungszentrum Sibiriens, zum so genannten „Sibirischen Athen“. 1880 wurde hier die erste sibirische Universität gegründet, 1896 eröffnete das erste Technische Institut Sibiriens.

Heute gehört T. zu den Industrie-, Wissenschafts- und Kulturzentren Westsibiriens mit Maschinenindustrie, Metallverarbeitung, chemischer Industrie, Holzverarbeitung und Lebensmittelindustrie. In T. befindet sich eine Außenstelle der Russischen Akademie der Wissenschaften mit sechs Instituten, zwei Universitäten und fünf Hochschulen. Es gibt drei Theater, eine Philharmonie, mehrere Museen, darunter das Sibirische Archäologie- und Ethnografiemuseum sowie das Mineralogische Museum, und einen Botanischen Garten. Architekturdenkmäler sind ein Kaufhaus aus dem 18. Jh. und die zweistöckige Auferstehungskirche (1807) im Stil des russischen Barocks. Zu Sowjetzeiten war sie Garage, ab 1930 beherbergte sie das Archiv des Fernen Ostens, 1995 wurde sie wieder zur Kirche geweiht. Vor der Revolution gab es in T. über 30 Kirchen. Heute existieren nur noch zehn orthodoxe Kirchen. In den letzten Jahren entstanden viele orthodoxe Kapellen in Krankenhäusern und Gefängnissen. Heute befinden sich in T. das „Zentrum der selbstständigen orthodoxen Diözese“ und ein Priesterseminar.

Am „Auferstehungsberg“ (›Voskresnaja gora‹) liegt der historische Stadtkern mit dem Grundstein von T. Wertvolle Holzfassadenschnitzereien zieren Fenster und Türen. Wegen des Durchbruchschnitzwerkes und vieler alter Steinhäuser wird T. auch „Sibirisches Petersburg“ genannt. Die ersten Verbannten kamen 1608 nach T., später war es Verbannungsstätte für russische Revolutionäre und Zentrum revolutionärer Studenten und der Arbeiterbewegung.

Das Wappen von T. stellt ein silbernes Pferd auf grünem Grund dar. Weiß und Grün sind Hauptfarben Sibiriens: Immergrüner Wald und bis zu acht Monate Schnee. Das Fuhrwesen war die ursprüngliche Hauptbeschäftigung der Einwohner von T.

(Ulrike Butmaloiu)

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