Tjumenʹ (Stadt)

Tjumenʹ (russ.)

Die etwa 2144 km östlich von Moskau am westsibirischen Fluss Tura gelegene Stadt T. ist das Zentrum des gleichnamigen Rayons und Gebiets. Sie umfasst 235 km² und zählt 510.719 Einwohner (2002). T. verfügt über einen Binnenhafen und ist ein wichtiger Umschlagplatz für Bahn- und Luftverkehr.

T. ist die älteste russische Stadt in Sibirien. Sie wurde 1586 von den Heerführern Ivan Mjasin und Vasilij B. Sukin als Holzfestung an der Mündung der Flüsse Tjumenka und Tura gegründet, an der Stelle der tatarischen Stadt Tschimgi-Tura, die im 14. Jh. entstanden und 1581 von Ermak – dem russischen Eroberer Sibiriens – eingenommen worden war. Seit dem 17. Jh. ist T. ein wichtiger Transitpunkt auf dem Handelsweg von Sibirien nach China. T. wurde Handelszentrum und bedeutendes Handwerkerzentrum mit Schmieden, Glockengießereien, Lederverarbeitung und Seifenproduktion. Seit 1709 gehörte T. zum Sibirischen Gouvernement, 1796 wurde es Kreisstadt im Gouvernement Tobol’sk. Anfang des 19. Jh. war T. Zentrum der Lederverarbeitungsindustrie Westsibiriens. Mit dem Bau des ersten Schiffes in Sibirien 1838 begann in T. die Flussschifffahrt, auch wurde eine Bahnlinie nach Ekaterinburg gebaut. T. wurde zum Zentrum für Schiffbau, Holzverarbeitung und Fischfang, auch die Teppichproduktion war stark entwickelt. Jährlich fand in T. der Sommerjahrmarkt statt – einer der größten in Sibirien.

Im 19. Jh. wurde T. zur Zwischenstation für Umsiedler und Verbannte, hier wurden sie registriert und an ihre endgültigen Wohnorte in Sibirien verteilt. Seit 1934 war T. das Zentrum des Ob-Irtysch-Gebiets, seit 1944 Zentrum des Gebiets T. T. ist eines der Wirtschafts- und Kulturzentren Sibiriens und Verwaltungszentrum der Öl- und Gasförderungsindustrie im Norden der Region. Führende Industriezweige sind Maschinenbau und Metallverarbeitung, Holzverarbeitung, chemische Industrie sowie Leicht- und Nahrungsmittelindustrie.

T. hat eine Universität, eine Medizinische Akademie, vier Hochschulen, zwei Theater, Philharmonie, Zirkus und mehrere Museen, darunter eine Gemäldegalerie.

Der historische Teil der Stadt befindet sich am Fluss Tura und seinem rechten Nebenfluss Tjumenka. Die Ruinen von Wall und Graben in der Ausgrabungsstätte ›Carevoje gorodišče‹ erinnern an die tatarische Stadt, die ursprünglich hier stand.

(Ulrike Butmaloiu)

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