Archangelsk (Stadt)

Archangelsk (russ. Archangelʹsk, bis 1613: Novocholmogory)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

A. ist die Hauptstadt des Gebietes A. im Nordwesten der Russischen Föderation am Weißen Meer. Die Stadt liegt 1133 km nördlich von Moskau entfernt, hat eine Fläche von 68 km² und 349.800 Einwohner (2005). Die mittlere Temperatur beträgt im Januar –14,5 °C, im Juli 15,8 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge beläuft sich auf 545 mm. Der See- und Flusshafen von A. (sechs Monate eisfrei) zählt mit einem Jahresumschlag von 2,81 Tsd. t (2004) zu den größten Häfen Russlands und ist wichtiger Umschlagplatz an der Nordostpassage. A. hat Anschluss an das nationale Eisenbahnnetz und einen Flughafen von regionaler und nationaler Bedeutung. Der wichtigste Wirtschaftsfaktor ist gegenwärtig die Holzindustrie (Verarbeitung und Export). Zweites Standbein ist der Maschinenbau (Ausrüstungen für die Holz verarbeitende Industrie sowie Schiffbau). A. verfügt über mehrere Hochschulen und eine Seefahrtsakademie.

2 Kulturgeschichte

Im 11. und 12. Jh. wurde im Rahmen der Ausdehnung der Rus nach Norden und Nordwesten die Gegend um A. durch Ostslawen besiedelt. Es ließen sich insbesondere Nowgoroder Kaufleute nieder, die mit Skandinavien Handel trieben. Am Beginn des Dwina-Deltas gründeten Novgoroder Mönche im 12. Jh. das Erzengel-Michael-Kloster (Michajlo-Archangelʹskij monastyrʹ), von dem sich der spätere Name der Stadt ableitet. Der Erzengel Michael gilt bis heute als Schutzpatron der Stadt A. und ist auf dem Stadtwappen abgebildet.

1553 erreichten englische Kaufleute, die auf der Suche nach einer Nordostpassage nach China und Indien waren, die Dwina-Mündung und Cholmogory, das seit dem 15. Jh. das Handelszentrum der Novgoroder Kaufleute war. Dies war der Beginn intensiver englisch-russischer Handelsbeziehungen (Moscovy Company).

A. wurde 1584 von Ivan IV. an der Mündung der Nördlichen Dwina ins Weiße Meer als hölzerne Festung der Moskauer Rus gegründet. Zunächst hieß die Festung Novyj gorod („Neue Stadt“), ab 1587 Novocholmogory („Neu-Cholmogory“). 1613 wurde die Stadt umbenannt in ›A.ij gorod‹. 1667 durch einen Brand fast vollständig zerstört, heißt sie seit den 1880er Jahren A.

A. entwickelte sich zum wichtigsten nördlichen Handelszentrum Russlands, gewissermaßen zu dessen „Tor nach Europa“. Exportiert wurden u. a. Holz, Pelze, Honig, Teer und Harze. Im Gegenzug wurden Tuch, Teppiche, Spiegel, Seide, Zucker und Gewürze eingeführt. Im 17. Jh. siedelten sich viele ausländische Kaufleute, v. a. aus den Niederlanden, Deutschland (u. a. der Hamburger Wilhelm Brandt) und England, an. Aus dieser Zeit stammt der bis heute erhaltene große Handelshof ›Gostiny Dvor‹ (1668–84), der überall in Europa ein Begriff war. 1693 gründete Peter I. eine Admiralität als Grundlage für eine russische Kriegsmarine sowie eine Werft. Er erließ ein Handelsmonopol für die wichtigsten Exportgüter, das bis 1719 anhielt.

Mit der Gründung von St. Petersburg 1703 musste A. seine Monopolstellung als Außenhandelshafen zunehmend an den Ostseehafen abtreten. A. fungierte fortan v. a. als Standort des (Kriegs)Schiffbaus. Nur während der Kontinentalsperre 1807–13 war A. der einzige Hafen, über den ausländische Waren ins Land eingeführt werden konnten. 1918–19 wurde A. durch englische, amerikanische und französische Truppen besetzt und 1920 von der Roten Armee. In A. nahmen die zahlreichen Arktisexpeditionen der UdSSR ihren Ausgang. Bis heute ist A. der Heimathafen der russischen Atomeisbrecherflotte. Die Stadt wuchs ab Ende des 19. Jh. rapide an (1897: 20.900, 1925: 71.100, 1938: 251.100, 1958: 258.123, 1978: 385.028, 1988: 415.921 Einwohner).

www.arhcity.ru [Stand 10.10.2005].

(Monika Schulze)


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