Cherson

Cherson (russ. [hist.]/ukrain.)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Stadt und Gebietszentrum in der Südukraine mit 312.000 Einwohnern (2006). Im gleichnamigen Gebiet wohnen auf 28.500 km² 1.117.100 Einwohner. Ch. liegt in den südlichen Steppengebieten des Osteuropäischen Tieflandes am rechten Ufer des Dnjeprs oberhalb seiner Mündung ins Schwarze Meer. Das Klima der Stadt ist kontinental geprägt: Die mittlere Temperatur im Januar beträgt -3,2 °C, im Juli 23,0 °C. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge beläuft sich auf 380 mm.

Auf dem von der Ch.er Stadtadministration verwalteten Gebiet wohnen überwiegend Ukrainer (2001: 76,5 %) und Russen (19,9 %), wobei 28,2 % der Ukrainer Russisch als Muttersprache verwenden. Aufgrund eines See- und Binnenhafens ist Ch. ein wichtiges Handelszentrum insbesondere für landwirtschaftliche Güter und Holz. Industriell liegt der Schwerpunkt auf dem Schiff- und Landmaschinenbau, der Lebensmittel- und der Textilindustrie. Mit drei Universitäten und mehreren Filialen auswärtiger Hochschulen ist die Stadt ein wichtiges Bildungszentrum. Daneben gibt es in Ch. zwei Theater, eine Philharmonie und mehrere Museen. Wichtige Baudenkmäler sind die klassizistische Katharinenkathedrale (russ. Ekaterininskij sobor, ukrain. Katerynensʹkyj sobor, Ende 18. Jh.) und die Heilig-Geist-Kathedrale (russ. Svjatoduchovskij sobor, ukrain. Svjatoduchivsʹkyj sobor, 19. Jh.).

Anfang

2 Kulturgeschichte

Ch. wurde 1778 von der russischen Zarin Katharina II. auf Vorschlag des Fürsten Grigorij Potëmkin neben der 1737–39 erbauten russischen Befestigungsanlage Alexanderschanze (ukrain. Oleksandr-šanc, russ. Aleksandr-šanc) gegründet. In den Jahrhunderten vor der Stadtgründung war das Gebiet um Ch. eine schwach besiedelte Grenzregion zwischen den Kosaken im Norden und den Tataren im Süden gewesen, welche im Zuge des Russisch-Osmanischen Krieges (1768–74) Teil des Russischen Reichs geworden war.

Im 18. und 19. Jh. war die Entwicklung der damals überwiegend von Russen und Juden bewohnten Stadt durch Schiffbau und Handel geprägt. 1783 wurde in der Werft das erste Kriegsschiff der russischen Schwarzmeerflotte gebaut. Der Handel konzentrierte sich auf den Export von Weizen und Holz. Die Bevölkerung wuchs stetig. Hatte Ch. 1799 2000 Einwohner, so waren es 1859 43.900 und 1913 bereits 81.000. Ab Ende des 19. Jh. gewann die Stadt auch als kulturelles Zentrum an Bedeutung. Zu dieser Zeit lebten dort u. a. die Schriftstellerin Dniprova Čajka und der Schriftsteller Ivan Karpenko-Kary.

Im 20. Jh. wurde Ch. durch den russischen Bürgerkrieg und den Zweiten Weltkrieg stark in Mitleidenschaft gezogen. In letztgenanntem war die Stadt 1941–44 von der deutschen Wehrmacht besetzt. Von den ca. 5000 Personen der damals etwa 15.000 Mitglieder zählenden jüdischen Gemeinde, welche nicht vor der herannahenden deutschen Armee nach Osten geflohen waren, überlebte fast niemand die Besatzungszeit. Ein großer Teil derjenigen, welche geflohen waren, kehrte nach 1944 wieder in die Stadt zurück, so dass nach dem Krieg wieder ca. 10.000 Juden in Ch. lebten. Allerdings hat seit 1989 ein Grossteil der jüdischen Bevölkerung den Ort v. a. in Richtung Deutschland und Israel verlassen, sodass 2001 nur noch etwa 1400 Juden in Ch. wohnten.

In der Zwischenkriegszeit und von 1945 bis zum Ende der Sowjetherrschaft erlebte die Stadt starke Wachstumsphasen mit hohem Bevölkerungszuzug. Dieser erfolgte meist aus dem mehrheitlich von Ukrainern besiedelten ländlichen Umland, wodurch der Anteil der russischen Bevölkerung zwischen 1897 und 1959 von 47,2 % auf 29,0 % sank, während jener der Ukrainer von 19,6 % auf 63 % anstieg. Bis 1991 wuchs die Einwohnerzahl auf 371.000 an.

Anfang der 1990er Jahre ging die industrielle Produktion im Zuge der Transformationskrise stark zurück. So musste etwa die Werft, welche in der Sowjetzeit eine bedeutende Rolle spielte, den Bau neuer Schiffe einstellen. Seit Ende der 1990er Jahre befindet sich die Wirtschaft in einer leichten Erholungsphase.

Cherson Jubilejnyj 1778-2003 2003: http://www.kherson225.com.ua/. [Stand 25.6.2004]. Gornostaev E.V. 1998: Po stranicam istorii pravoslavnych cerkvej Chersona. Cherson.

(Sebastian Klüsener)

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