Tolʹjatti

Tolʹjatti (russ., 1737–1964 Stavropolʹ)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

T. ist eine bedeutende Industriestadt in der Russischen Föderation, im Verwaltungsgebiet Samara etwa 1000 km südöstlich von Moskau gelegen; der Zeitunterschied zur Moskauer Zeit beträgt plus 1 Stunde. Die Stadt hat eine Fläche von 125 km² und 704.900 Einwohner (2005). Die Struktur der Bevölkerung ist recht heterogen. Die größten Bevölkerungsanteile haben die Russen, Ukrainer, Tataren und Armenier.
Die mittlere Temperatur in T. beträgt im Januar –13 °C, im Juli 21 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge beläuft sich im Schnitt auf 450 mm.
In T. wurde 1970 ›Volžskij Avto-Zavod‹, bis heute größtes Unternehmen der Stadt und größter Automobilhersteller Russlands, gegründet (2004 wurden 718.000 PKW produziert). Es stellt u. a. den Lada her, der auf dem Inlandsmarkt ›Žiguli‹ genannt wird, und von dem 2004 91.000 ins Ausland exportiert wurden, in Westeuropa ist v. a. der Geländewagen ›Niva‹ bekannt. Weitere gegenwärtig bedeutende Wirtschaftszweige sind der Maschinenbau, die Chemie- und die Lebensmittelindustrie.
In der Stadt gibt es mehrere Universitäten und Hochschulen, zahlreiche Museen, eine Philharmonie und mehrere Theater.

2 Kulturgeschichte

T. wurde 1737 am linken Ufer der Wolga, 95 km nordwestlich von Samara, als Festung gegründet. Laut Zarendekret sollten dort christianisierte Kalmücken angesiedelt und zur Sesshaftigkeit erzogen werden. Der ursprüngliche Name war Stavropolʹ-na-Volge („Stavropolʹ an der Wolga“) und leitete sich aus dem Griechischen ›Stavropolis‹ („Stadt des Kreuzes“) ab. 1780 erhielt die Siedlung Stadtstatus. Haupterwerbsquelle der Bevölkerung war bis in die Mitte des 20. Jh. die Landwirtschaft.
Einen Wendepunkt in der Stadtgeschichte stellte die Errichtung des „Wolgaer Wasserkraftwerkes“ (Volžskaj Gidroėlektrajastancija im. Lenina, 1950–57) dar. Zunächst musste Stavropolʹ dem Kuibyschewer Stausee weichen, die Bevölkerung wurde 1954–55 in eine neuerrichtete Stadt nordwestlich des Staudamms umgesiedelt. Nun begann der wirtschaftliche Aufschwung als Industriestadt und damit verbunden ein enormes Flächen- und Bevölkerungswachstum (1897: 6000, 1958: 72.000, 1969: 250.583, 1978: 502.036, 1988: 630.543 Einwohner).
1964 wurde die Stadt in Tolʹjatti umbenannt, in Anlehnung an den italienischen Kommunistenführer Palmiro Togliatti (1893–1964), der sich im Vorfeld der Gründung des Autowerkes, die in Zusammenarbeit mit Fiat erfolgte, verdient gemacht hatte.

T. gehört zu den wenigen Städten der Russischen Föderation, die die gesellschaftlichen Transformationsprozesse der 1990er Jahre zu einem (leichten) wirtschaftlichen Aufschwung nutzen konnten, abzulesen in vergleichsweise hohen Industrieproduktions-, Investitions- und Einzelhandelskennziffern. T., die zweitgrößte Stadt im Gebiet Samara, konnte sogar das Gebietszentrum Samara in einigen Funktionen, insbesondere als Industrieproduzent, übertreffen. Das ist für Russland, wo das Gebietszentrum in der Regel das unangefochtene politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum darstellt, eher selten. Auch hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung ist der Werdegang von T. auffällig. Anders als die meisten russischen Städte hat T. in den 1990er Jahren ein kontinuierliches Bevölkerungswachstum erfahren, welches auf natürliches Bevölkerungswachstum und Zuwanderung und das wiederum auf die vergleichsweise gute wirtschaftliche Lage der Stadt zurückzuführen ist. Insbesondere der Anteil der Menschen im arbeitsfähigen Alter ist hoch, das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt bei vergleichsweise geringen 37 Jahren.

http://www.tgl.ru/ [Stand 2.3.2006].

(Monika Schulze)

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